Controlling-Lexikon

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Produktplanung

1. Überblick

Spricht man über „Produktplanung“; so sind die Vorstellungen, die mit diesem Begriff verknüpft werden, häufig unterschiedlich. Beispielsweise kann man die Produktplanung lediglich auf die Planung neuer Produkte beschränken. Demgegenüber gehören in einer weiter gefassten Auslegung zur Produktplanung alle Phasen des Produktlebens, und zwar von der Suche und Auswahl neuer Produkte über die Pflege eingeführter Produkte, eventuell notwendige Produktveränderungen bis hin zu einer möglichen Eliminierung. In dieser sehr weiten Fassung ist der Begriff der Produktplanung jedoch weitgehend deckungsgleich mit dem der Produktpolitik.

Hier sollen unter Produktplanung alle Planungsaktivitäten verstanden werden, die zur ökonomischen Fundierung von produktpolitischen Entscheidungen und deren Realisation erforderlich sind, wobei sich diese Tätigkeiten sowohl auf den Zeitraum vor als auch nach der Markteinführung beziehen. Insofern bildet die Produktplanung nur einen Teilbereich der Produktpolitik, wenn auch einen sehr wichtigen.

2. Beziehung der Produktplanung zu anderen Planungsaktivitäten

Die Produktplanung steht in engem Zusammenhang zu den anderen unternehmerischen Planungsaktivitäten. Sie leitet sich über die Marketing-Planung aus der strategischen Unternehmungsplanung ab. Da die strategische Komponente der Produktplanung eine zentrale Rolle im Rahmen einer langfristigen strategischen Planung einnimmt; kann in diesem Zusammenhang grundsätzlich zwischen der operativen und strategischen Produktplanung unterschieden werden. Ferner stellt die Produktpolitik im Allgemeinen eine Konkretisierung der aus Portfolioanalysen gewonnenen Erkenntnisse dar.

Die Verknüpfungen der Produktplanung mit der Planung der übrigen Marketing-Instrumente (Marketing-Controlling) ergibt sich daraus, dass die Planung des sonstigen Marketing-Instrumentariums in Abhängigkeit von der Planung der Produkte erfolgt, umso einen aufeinander abgestimmten Einsatz der einzelnen Instrumente zu gewährleisten.

Aus funktionaler Sicht ergeben sich für die Produktplanung ebenfalls Anknüpfungspunkte zu verschiedenen Funktionsbereichen. Da die Produktplanung in erster Linie absatzorientiert durchgeführt wird, determiniert sie in einem nicht unerheblichen Maße die Absatzplanung. Hieraus ergeben sich dann weitere Rückwirkungen wie zum Beispiel auf die Produktions- und Beschaffungsplanung. Auf der anderen Seite können auf der Beschaffungs- und/oder Produktionsseite Gegebenheiten (im Sinne von Restriktionen) vorherrschen, die sich stark auf die Produktplanung auswirken.

Auch die Abgrenzung der Produktplanung von der Planung anderer Funktionsbereiche ist nicht immer leicht möglich. Probleme dieser Art betreffen vor allem die Koordination von Produktplanung und Forschung und Entwicklung. Das Setzen klarer Prioritäten ist hier vielfach mit Schwierigkeiten verbunden und gibt Anlass zu zahlreichen Konflikten. Beispielsweise ergeben sich aus den produktpolitischen Konzepten Planungsvorgaben für die Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Auf der anderen Seiten können aus der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit des Unternehmens aber auch bestimmte Produkte entstehen, ohne dass eine systematische marktorientierte Produktplanung durchgeführt wurde.

Nicht zuletzt steht die Produktplanung in Verbindung zu einem wie auch immer gearteten Controlling-System. Bereits in der einfachsten Form wird der Controller die Produktplanung mit den übrigen Planungsbereichen koordinieren und eine Kontrolle der Erreichung der produktbezogenen Planungsvorgaben durchführen. Begleiten Absatz-Controller, Vertriebs-Controller (Vertriebs-Controlling) oder Marketing-Controller (Marketing-Controlling) die marktgerichteten Aktivitäten des Unternehmens, ergeben sich sehr viel weiter gehende Überschneidungen.

3. Phasen der Produktplanung

Im Zeitablauf durchläuft die Produktpolitik bestimmte Phasen, die sich grob in die Zeitabschnitte vor und nach der Einführung des Produktes einteilen lassen, sodass die folgenden Phasen der Produktplanung unterschieden werden können.

3.1 Neuproduktplanung

Anstöße zur Planung eines neuen Produktes können von der Umwelt (zum Beispiel technologische Entwicklungen, Änderung von Wertvorstellungen etc.), dem für das Unternehmen relevanten Markt (zum Beispiel Aktivitäten der Konkurrenz, Veränderungen auf Beschaffungs- oder Absatzmärkten etc.) oder vom Unternehmen selbst (zum Beispiel Änderung des Fertigungskonzeptes, Einführung eines PPS-Systems etc.) kommen. Der Prozess der Produktplanung beginnt dann im Allgemeinen mit systematischen Untersuchungen der Bedürfnisstruktur auf einem Markt (Kundenproblemanalyse) sowie der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungstendenzen des Marktes und des Unternehmens (Branchenanalyse, Konkurrenzanalyse, Wettbewerbsanalyse).

Keine Planung im eigentlichen Sinn ist das Finden neuer Produktideen. Hierbei handelt es sich eher um einen kreativ-schöpferischen Akt. Als begleitende, im Vorfeld durchzuführende planerische Maßnahme kommt allenfalls die sinnvolle Auswahl und Analyse der Quellen in Betracht, aus denen die Informationen für die Ideengewinnung geschöpft werden sollen (Informationsbedarf). Neben den eigens für die Produktplanung durchgeführten Marktanalysen, Konkurrenzanalysen etc. kommen als weitere interne Quellen beispielsweise das betriebliche Berichts- und Vorschlagswesen o. ä. in Betracht. Als externe Quellen bieten sich Statistiken, Marktforschungsergebnisse, Zeitschriftenarktikel o. ä. an. Dementsprechend können die für die Ideengenerierung notwendigen Informationen sowohl aus speziell dafür durchgeführten Untersuchungen (Primärforschung) als auch aus dem für andere Zwecke erhobenen Material (Sekundärforschung) stammen.

Konnten einige Produktideen erarbeitet werden, müssen diese anschließend bewertet und diejenigen ausgewählt werden, die weiterverfolgt werden sollen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Aufwand für erfolglose Produkte rasch zunimmt und umso höher ist, je später der Entwicklungsprozess abgebrochen wird. Durch eine Vorauswahl muss daher versucht werden, die Menge der weiter zu verfolgenden Ideen rasch und drastisch zu reduzieren

Im Rahmen der Produktplanung vor der Markteinführung geht es ferner darum, diejenige Kombination aller relevanten Produkteigenschaften zu finden, mit denen der anvisierte Erfolg am besten zu erreichen ist. Allerdings gehört die Abschätzung des Kundennutzens und die Bestimmung der Preisbereitschaft potenzieller Kunden zu den größten Problemen bei der Konzeption eines Neuproduktes. Zur Lösung dieses Problems kann beispielsweise auf das Conjoint Measurement zurückgegriffen werden, das eine der wichtigsten Methoden zur Messung des Kundennutzens für einzelne Produktmerkmale darstellt und insbesondere von vielen führenden Automobilherstellern wie zum Beispiel BMW oder Mercedes verwendet wird.

3.2 Produktplanung nach der Markteinführung

Produktbezogene Planungsaktivitäten für bereits am Markt eingeführte Produkte richten sich insbesondere nach dem Verlauf des Lebenszyklus des betreffenden Produktes (Produktlebenszyklus). In Abhängigkeit von der jeweiligen Produktlebenszyklusphase ergeben sich unterschiedliche Planungserfordernisse. Spezielle Aufgaben sind beispielsweise mit einer Produktdifferenzierung verbunden oder liegen vor, wenn durch Revival- oder Relaunchstrategien eine Verlängerung der Lebenszeit angestrebt wird (Lebenszyklus-Portfoliomodell).

Ferner entstehen Planungsprobleme besonderer Art, wenn ein Produkt wieder aus dem Markt herausgenommen werden soll. Hierbei geht es nicht nur darum, den betriebswirtschaftlich sinnvollsten Zeitpunkt für die Eliminierung festzulegen, sondern insbesondere auch um die Frage, was an die Stelle des ausscheidenden Produktes treten soll. Beide Fragestellungen sind unter Berücksichtigung der Verbundwirkungen zu den sonstigen Sortimentsbestandteilen zu beantworten.

4. Methoden der Produktplanung

Im Rahmen der Produktplanung können die verschiedenartigsten Methoden zum Einsatz kommen, die sich wie folgt systematisieren lassen:

  • Methoden zur Ideengenerierung

  • Methoden zur Bewertung und Auswahl von Produktalternativen

  • Methoden für den Gesamtprozess der Produktplanung

4.1 Methoden zur Ideengenerierung

Methoden zur Ideengenerierung dienen nicht nur der Lösung von Aufgabenstellungen im Rahmen der Neuproduktplanung, sondern auch der Bewältigung von Problemstellungen, die nach der Markteinführung bei einer Produktdifferenzierung bzw. -variation auftauchen können. Grundsätzlich stehen als Methoden zur Ideengenerierung Kreativitätstechniken (wie zum Beispiel Brainstorming, Brainwriting und Synektik), systematisch-logische Verfahren (wie zum Beispiel Attribute Listing, Morphologische Methode) sowie technologische Vorhersagen (wie zum Beispiel Delphi-Methode) zur Verfügung. Allerdings eignen sich nicht alle Methoden gleichermaßen für ein bestimmtes Planungsproblem. Vielmehr ist je nach situativem Umfeld, Produktplanungsphase und/oder Komplexität des Produktes aus den zur Verfügung stehenden Methoden das jeweils passende Verfahren auszuwählen.

4.2 Methoden zur Bewertung und Auswahl von Produktalternativen

Als Methoden zur Bewertung und Auswahl von Produktalternativen im Rahmen des Produktplanungsprozesses sind von Wissenschaft und Praxis zahlreiche Verfahren entwickelt worden, die sich durch unterschiedliche Grade von Handhabbarkeit, Kostenintensität und Aussagefähigkeit auszeichnen. Zu den weniger anspruchsvollen Verfahren gehören beispielsweise Rangordnungsverfahren, Scoring-Modelle oder Punktbewertungstafeln. Inhaltlich wie methodisch komplexere Verfahren stellen die Wertanalyse und die Nutzwertanalyse dar. In vielen Fällen kommt ihnen die größte problembezogene Relevanz zu.

4.3 Methoden für den Gesamtprozess der Produktplanung

Anders als bei den oben genannten Verfahren handelt es sich bei den Methoden, die den Gesamtprozess der Produktplanung abbilden, teilweise um speziell zu diesem Zweck konzipierte Planungstechniken. Direkt auf die Probleme der Neuproduktplanung zugeschnitten sind beispielsweise die Modelle DEMON (Decision Mapping Via Optimum GO-NO-Networks) und SPRINTER (Specification of PRofits with INTERaction). Gegenüber den auf der Methode des kritischen Weges basierenden Netzwerk-Modellen weisen sie den Vorteil auf, nicht von einer realitätsfernen Annahme der Sicherheit bezüglich Ausführung und/oder Dauer aller Tätigkeiten auszugehen.

Als im Rahmen der Produktplanung sehr flexibel einsetzbare Methode wird auch das so genannte GERT-Netzwerk (Graphical Evaluation and Review Technique) angesehen, das sich insbesondere zur Bewältigung von Phasenübergängen eignet.

5. Die Organisation der Produktplanung

In der Praxis wird die Organisation der Produktplanung entweder in Form eines ständigen bzw. temporär zusammentretenden Arbeitskreises oder in einer selbstständigen Abteilung durchgeführt.

Der Vorteil einer Arbeitskreis-Lösung liegt vor allem darin, dass die verschiedenen Funktionsbereiche ein besseres Verständnis füreinander entwickeln und hierdurch Querabstimmungen erleichtert werden. Diesem Vorteil stehen als Nachteile die häufig lange Zeitdauer von Entscheidungsprozessen sowie das Fehlen der Letztverantwortlichkeit der Ausschuss-Mitglieder gegenüber. Ferner sind die Fragen zu klären, welche Größe und Zusammensetzung das Arbeitskreis-Team haben soll, um die gestellten Aufgaben bestmöglich zu erfüllen.

Sofern die Produktplanung einen hohen Stellenwert im Unternehmen einnimmt, empfiehlt sich die Etablierung einer eigenen Abteilung. Um den Rückgriff auf spezifisches Know-how nicht zu erschweren und der Gefahr einer organisatorischen Verkrustung entgegenzuwirken, müssen jedoch unter Umständen begleitende aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen durchgeführt werden. Für die organisatorische Eingliederung der Produktplanungsabteilungen kommen die folgenden Möglichkeiten in Betracht:

  • Die Produktplanungsabteilung ist Stabsabteilung der Geschäftsleitung.

  • Die Produktplanungsabteilung ist Stabsabteilung anderen Linienabteilungen (beispielsweise des Marketing oder der Forschungs- und Entwicklungsabteilung).

  • Die Produktplanungsabteilung ist integriert in das Produktmanagement im Rahmen einer Linien- oder Matrix-Organisation.

Für die organisatorische Gestaltung im einzelnen Unternehmen können keine allgemein gültigen Empfehlungen gegeben werden. Vielmehr hängt eine solche Entscheidung von verschiedenen Einflussfaktoren ab, wie zum Beispiel der Größe des Unternehmens, der Organisationsstruktur, dem Stellenwert der Produktplanung im Rahmen der Gesamtplanung, dem Entwicklungsrhythmus der Produkte etc. Sofern die Installation einer solchen Abteilung gewünscht ist, bietet sich aber ein Start mit Ausschüssen an. Bei Erfolg können einige der beteiligten Mitarbeiter bei der Bildung einer Produktplanungsabteilung integriert werden. Zumindest lassen sich aber Fehlentscheidungen leichter rückgängig machen, als wenn zum Zwecke einer Abteilungsbildung eigens neue Mitarbeiter eingestellt worden sind.

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