Rechnungswesen-Lexikon

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Segmentberichterstattung

1. Überblick

Im Zuge der weiter voranschreitenden Globalisierung und Internationalisierung geschäftlicher Aktivitäten dehnen die Unternehmen ihre Tätigkeiten zunehmend auf die internationale Ebene sowie auf verschiedene Produkte aus. Im Rahmen der Rechnungslegung stößt diese fortschreitende Diversifikation dann auf Probleme, wenn in den Jahresabschlüssen nur die aggregierten Daten der unter Umständen höchst unterschiedlichen Geschäftsbereiche und Regionen ausgewiesen werden. In diesem Fall lässt sich die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Geschäftsbereichen aus den aggregierten Daten nicht mehr entnehmen, sodass die Gefahr besteht, dass der Jahresabschluss seine Funktionen nicht mehr in ausreichendem Maß erfüllen kann.

Zwar erfolgt seit 1985 (Bilanzrichtliniengesetz) die Aufgliederung von Umsatzerlösen nach Tätigkeitsbereichen und geografisch bestimmten Märkten im Anhang des Jahresabschlusses. Abgesehen von dieser Umsatzaufgliederung ist die Segmentberichterstattung aber erst durch das KonTraG (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich) und KapAEG (Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen – Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz) in die handelsrechtlichen Vorschriften aufgenommen worden.

Nach KonTraG müssen an der Börse notierte Mutterunternehmen den Konzernanhang um eine Segmentberichterstattung erweitern. Bezüglich der Ausgestaltung wird auf internationale Standards verwiesen und die Gestaltungsaufgabe an den Deutschen Standardisierungsrat (DSR) delegiert (siehe hierzu DRS 3).

2. Segmentberichterstattung nach IFRS

2.1 Überblick

Für Geschäftsjahre, die am oder vor dem 31.12.2008 beginnen, ist der im Folgenden dargestellte IAS 14 Segmentberichterstattung anzuwenden. IFRS 8 Segmentberichterstattung löst mit zwingender Anwendung für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2008 beginnen, IAS 14 ab; IFRS 8 darf darüber hinaus auf freiwilliger Basis auch bereits früher angewendet werden.

2.2 Segment Reporting nach IAS 14

Die Segmentberichterstattung nach IAS wird durch den überarbeiteten (revised) International Accounting Standard (IAS) 14, Segment Reporting, geregelt.

Der Anwendungsbereich des IAS 14 erstreckt sich auf jeden vollständigen Jahresabschluss, der in Übereinstimmung mit den IAS erstellt wird. Verpflichtend vorgeschrieben ist die Offenlegung der durch den überarbeiteten IAS 14 geforderten Segmentinformationen aber nur für Unternehmen, deren Anteile öffentlich gehandelt werden.

2.3 Segmentierungsgrundsätze

IAS 14 schreibt die Anwendung der gleichen Rechnungslegungsgrundsätze (accounting policies) vor, die auch bei der Erstellung und Präsentation des Einzel- oder Konzernabschlusses Anwendung finden. Das IASC geht daher davon aus, dass das Management des berichterstattenden Unternehmens für den (aggregierten) Jahresabschluss bereits die angemessensten (most appropriate) Rechnungslegungsgrundsätze anwendet und dieselben somit auch für die Segmentberichterstattung heranziehen sollte. Dies darf allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass die im aggregierten Abschluss angewandten Rechnungslegungsgrundsätze in der Form auf die Segmente angewendet werden sollen, als wären sie separate „stand-alone reporting entities“.

In Bezug auf die Bewertung der Intersegment-Transferpreise beinhaltet IAS 14 eine wesentliche Eingrenzung. Anders als der alte IAS 14 schränkt die neuere Fassung den Bewertungsspielraum für Intersegment-Transferpreise indirekt ein. Nunmehr sind zwar grundsätzlich alle gängigen Bewertungskonzepte zulässig, jedoch nur, sofern sie von dem berichterstattenden Unternehmen auch intern für die Bewertung der entsprechenden Transferleistung verwendet wurden.

2.4 Segmentbildung

Die Bildung von Segmenten erfolgt nach Geschäftsbereichen (business segment) und Regionen (geographic area) in einem dreistufigen Prozess. Zunächst hat das Management – ausgehend vom Aufbau der internen Organisationsstruktur – festzulegen, welches der beiden Segmentierungskriterien als primäres und welches als sekundäres Berichtsformat präsentiert werden soll. Anschließend sind mögliche Segmente zu identifizieren und diese dann im dritten Schritt nach bestimmten Kriterien als ausweisbare (reportable) Segmente zu klassifizieren. Als Kriterien kommen insbesondere in Betracht:

  • Art der Produkte oder Dienstleistungen,

  • Art der Produktionsprozesse,

  • Typen und Gruppen von Abnehmern,

  • Vertriebsmethoden,

  • Gegebenenfalls die anwendbaren Arten von gesetzlichen oder sonstigen anwendbaren Regelungen,

  • Ähnlichkeiten in politischen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen,

  • Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen verschiedenen geografischen Gebieten,

  • Räumliche Lage von Vermögensgegenständen oder Nachfragern,

  • Besondere Risiken, die mit bestimmten Geschäftsbereichen oder geografischen Gebieten verbunden sind

  • Staatliche Eingriffe, insbesondere hinsichtlich des internationalen Geldflusses.

Mit diesen Definitionen wird ein Zusammenschluss von Produkten oder Dienstleistungen bzw. geografischen Regionen mit wesentlich voneinander abweichenden Risiken und Erträgen verhindert.

2.5 Auszuweisende Segmentinformationen

IAS 14 differenziert bezüglich der Offenlegungserfordernisse zwischen dem primären und dem sekundären Berichtsformat (primary and secondary reporting format).

Ausgangspunkt für die Festlegung des primären Berichtsformats ist die überwiegende Herkunft und Art (dominant source and nature) der Risiken und Erträge (risk and returns) des Unternehmens. Gemäß IAS 14 sollte die Feststellung dieser dominanten Risiken und Erträge unternehmensindividuell anhand des jeweiligen internen Organisations- und Managementsystems sowie des internenFinanzberichtssystems erfolgen. Danach bilden die Geschäftsbereiche das primäre und die geografischen Segmente das sekundäre Berichtsformat, wenn die Risiken und Erträge des Unternehmens überwiegend durch die Art seiner Produkte und Dienstleistungen bestimmt werden. Werden die Risiken und Erträge hingegen vor allem durch die Tätigkeit des Unternehmens in unterschiedlichen Regionen determiniert, stellen diese das primäre Berichtsformat dar.

Entsprechend den neuen Ausweiserfordernissen sind die folgenden Angaben je Segment für das primäre Berichtsformat auszuweisen:

  • Umsatz von Kunden außerhalb des Gesamtunternehmens,

  • Umsatz aus Geschäften mit anderen Segmenten,

  • Segmentergebnis,

  • Wert der im Segment gebundenen Vermögensgegenstände,

  • Segmentverbindlichkeiten,

  • Aufwendungen zur Anschaffung von Vermögensgegenständen,

  • Gesamtsumme der im Segmentergebnis enthaltenen Periodenaufwendungen für Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Segmentaktiva,

  • Gesamtbetrag der wesentlichen nicht-liquiditätswirksamen Aufwendungen, die innerhalb des Segmentaufwandes einbezogen sind und somit bei der Ermittlung des Segmentergebnisses abgezogen wurden,

  • Anteil am Reingewinn/-verlust von assoziierten, Gemeinschafts- oder anderen Unternehmen, die nach der Equity-Methode einbezogen wurden, falls die Betriebstätigkeit dieser Unternehmen fast ausschließlich im jeweiligen Segment stattfindet.

Die Ausweiserfordernisse des sekundären Berichtsformats richten sich danach, welches Segmentierungskriterium im primären Berichtsformat angegeben wurde. Bilden Geschäftsbereiche das primäre Berichtsformat, so sind für Regionen – als sekundäres Berichtsformat – Segmentumsatz, Aktiva zu Buchwerten und Investitionskosten nach geografischen Regionen offen zu legen. Entsprechendes gilt für Geschäftsbereiche, wenn diese das sekundäre Berichtsformat bilden. Zur Beurteilung der Wesentlichkeit gilt in beiden Fällen wiederum die 10-Prozent-Regel.

3. Segmentberichterstattung nach Deutschem Rechnungslegungsstandard

Mit seinem Standard zur Segmentberichterstattung – Deutscher Rechnungslegungsstandard Nr. 3 (DSR 3) – folgt der Deutsche Standardisierungsrat (DSR) weitgehend den Regelungen nach IFRS bzw. US-GAAP.

Man unterscheidet zwischen produktorientierter und geografischer Segmentierung, wobei beide Segmentierungen auch nebeneinander stehen können. Bestehen in der internen Organisations- und Berichtsstruktur mehrere Segmentierungen nebeneinander, hat sich die Unternehmensleitung bei der Segmentberichterstattung für die Segmentierung zu entscheiden, von der sie annimmt, dass diese die Chancen- und Risikostruktur des Unternehmens am besten widerspiegelt.

Bei produktorientierten Segmenten ist Homogenität gegeben, wenn sich die Segmente in den folgenden Bereichen gleichen:

  • Art der Produkte und Dienstleistungen,

  • Art der Produktions- bzw. Leistungserstellungsprozesse,

  • Kundengruppen,

  • Methoden des Vertriebs oder der Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen,

  • Spezifisches Regelungsumfeld, beispielsweise bei Kreditinstituten, Versicherungen oder öffentlichen Versorgungsbetrieben.

Für die Beurteilung der Homogenität von geografischen Segmenten sind insbesondere folgende Sachverhalte zu würdigen:

  • Gleichartigkeit der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen,

  • Beziehungen zwischen Tätigkeiten in unterschiedlichen geografischen Regionen,

  • räumliche Nähe der Tätigkeiten,

  • spezielle Risiken von Tätigkeiten in einem bestimmten Gebiet,

  • Gleichartigkeit der Devisenbestimmungen,

  • gleichartiges Währungsrisiko.

Ein Segment ist immer dann anzugeben, wenn

  • seine Segmentumsatzerlöse mit externen Kunden und anderen Segmenten mindestens 10 Prozent der gesamten externen und intersegmentären Umsatzerlöse ausmachen oder

  • sein Segmentergebnis mindestens 10 Prozent des zusammengefassten Ergebnisses aller operativen Segmente mit positivem Ergebnis oder aller operativen Segmente mit negativem Ergebnis beträgt, wobei der jeweils größere Gesamtbetrag zugrundezulegen ist oder

  • sein Segmentvermögen mindestens 10 Prozent des gesamten Vermögens aller operativen Segmente ausmacht.

Überschreitet ein operatives Segment keines der Größenmerkmale, kann es dennoch als anzugebendes Segment bestimmt werden, wenn darunter die Klarheit und Übersichtlichkeit der Segmentberichterstattung nicht leidet. Ferner können mehrere operative Segmente, die keines der Größenmerkmale überschreiten, zu Segmenten zusammengefasst werden, wenn sie überwiegend eine homogene Chancen-Risiko-Struktur aufweisen.

Wenn die den anzugebenden Segmenten zuzuordnenden externen Umsatzerlöse insgesamt weniger als 75 Prozent der gesamten konsolidierten Umsatzerlöse des Unternehmens ausmachen, sind zusätzliche operative Segmente als anzugebende Segmente zu bestimmen, bis mindestens 75 Prozent der gesamten Umsatzerlöse durch die anzugebenden Segmente erreicht werden.

Für jedes anzugebende Segment sind folgende Daten anzugeben:

  • Segmenterträge oder Segmentumsatzerlöse unterteilt nach Erträgen bzw. Umsatzerlösen mit externen Dritten sowie nach Intersegmenterträgen bzw. Intersegmentumsatzerlösen,

  • Segmentergebnis sowie die darin enthaltenen Abschreibungen, andere wesentliche nicht zahlungswirksame Posten, Zinserträge und Zinsaufwendungen, Ergebnisse von nach der Equity-Methode bilanzierten Beteiligungen des Segments Erträge aus sonstigen Beteiligungen des Segments Aufwendungen und Erträge aus Ertragsteuern,

  • außerordentliche Erträge und Aufwendungen,

  • Segmentvermögen sowie die darin enthaltenen nach der Equity-Methode bilanzierten Beteiligungen und sonstige Beteiligungen des Segments,

  • Investitionen in langfristiges Segmentvermögen,

  • Segmentschulden,

  • durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter.

Ferner wird empfohlen, den Cash-Flow aus laufender Geschäftstätigkeit je Segment anzugeben. In diesem Fall kann auf die Angabe der Abschreibungen sowie anderer wesentlicher nicht zahlungswirksamer Posten verzichtet werden.

4. Grenzen der Segmentberichterstattung

Die Segmentberichterstattung ist keinesfalls unumstritten. Kritikpunkte richten sich zunächst auf die mit der Segmentrechnung verbundenen Kosten. Zwar sind diese beim management approach vergleichsweise niedrig, weil die relevanten Informationen in der Regel bereits für interne Zwecke vorliegen. Müssen hingegen Segmente nach dem risk and reward approach erst vollkommen neu gebildet werden, kann die Anfertigung einer Segmentrechnung durchaus kostenintensiv werden.

Ein weiteres Argument gegen die Segmentberichterstattung resultiert aus dem Konkurrenzschutz. Mögliche Befürchtungen, der Konkurrenz wertvolle Daten zur Verfügung zu stellen, werden jedoch durch die in der Segmentberichterstattung begrenzte Informationstiefe relativiert.

Ferner wird darauf hingewiesen, dass intern generierte Berichtsdaten von Außenstehenden unter Umständen nicht korrekt interpretiert werden. Dies betrifft zum Beispiel Leistungsbeziehungen oder interne Verrechnungspreise. Allerdings wird die Aussagekraft der Segmentrechnung bereits dadurch erhöht, dass die Basis zur Bildung der Verrechnungspreisbildung angegeben werden muss.

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