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Nachforderung von Lohnsteuer

Normen

§ 39 Abs. 4 u. 5a EStG

R 41c.3 LStR

Information

Ist beim Lohnsteuerabzug zu wenig Lohnsteuer einbehalten worden, so ist der Fehlbetrag entweder

  • vom Arbeitnehmer oder

  • vom Arbeitgeber

nachzufordern. Von der Nachforderung zu unterscheiden ist die Rückforderung und die Haftung.

Eine Rückforderung liegt vor, wenn die Finanzbehörde einen ausgezahlten Betrag zurückverlangt.

Beispiel:

Das Finanzamt hat ohne Rechtsgrundlagen an einen Nichtberechtigten irrtümlich eine Erstattung von Lohnsteuer vorgenommen.

Lösung:

Der zu Unrecht ausgezahlte Betrag ist gem. § 37 AO von dem Zahlungsempfänger zurückzufordern.

In folgenden Fällen kann die Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachgefordert werden:

  1. Der Barlohn des Arbeitnehmers reicht zur Deckung der Lohnsteuer nicht aus und die Lohnsteuer kann auch nicht aus zurückbehaltenen anderen Bezügen oder durch einen Barzuschuss des Arbeitnehmers abgeführt werden.

    Beispiel:

    Der Arbeitslohn besteht nur aus Sachbezügen oder Deputaten.

    Lösung:

    Nach § 38 Abs. 4 EStG hat der Arbeitgeber diesen Sachverhalt dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen, dieses fordert die zu entrichtende Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nach.

  2. Der Arbeitnehmer ist seiner Verpflichtung nach § 39 Abs. 4 EStG, Eintragungen auf seiner Lohnsteuerkarte (bzw. Ersatzbescheinigung) ändern zu lassen, nicht nachgekommen.

  3. Ein Freibetrag ist rückwirkend herabgesetzt worden, der Arbeitgeber behält die zu wenig erhobene Lohnsteuer aber nicht nachträglich ein. Die Nachforderung der Lohnsteuer durch das Finanzamt erfolgt nach § 39a Abs. 5 EStG.

  4. Der Arbeitgeber hat zwar zu wenig Lohnsteuer einbehalten, ist aber seiner Anzeigepflicht nach § 41c Abs. 4 EStG nachgekommen.

  5. Der Arbeitnehmer verfügt schädlich über Vermögensbeteiligungen, die der Arbeitgeber nach § 19a EStG zugewendet hat und der Arbeitgeber ist seiner Anzeigepflicht nachgekommen.

  6. Der Arbeitnehmer wird im Laufe des Kalenderjahres beschränkt steuerpflichtig und hat dies seinem Wohnsitzfinanzamt nicht unverzüglich mitgeteilt.

Der Nachforderungsbescheid ist ein Steuerbescheid gem. § 155 AO. Ein Nachforderungsbescheid kann schon während des laufenden Kalenderjahres ergehen, er kann aber noch bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen werden. Im laufenden Kalenderjahr wird die Nachforderung grundsätzlich vom Betriebsstättenfinanzamt veranlasst. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die nachzufordernde Lohnsteuer für den Jahresarbeitslohn nach der Jahreslohnsteuer zu ermitteln (R 41c.1 Abs. 6 LStR). Nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgt die Nachforderung durch das Wohnsitzfinanzamt und zwar im Regelfall im Rahmen einer Veranlagung zur Einkommensteuer. Näheres ist in R 41c.3 LStR geregelt.

Bei der Pauschalierung der
Lohnsteuer ist nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber Steuerträger und Steuerschuldner (vgl. § 40 Abs. 3 S. 1, § 40a Abs. 5, § 40b Abs. 4 S. 1 EStG). Die pauschale Lohnsteuer ist daher beim Arbeitgeber nachzufordern, sofern er die Steuer vorschriftswidrig nicht angemeldet hat.

Nach einem BFH-Urteil sind nachzufordernde Steuer und Haftungsschuld stets getrennt festzusetzen (BFH, 28.01.1983 – VI R 35/78, BStBl II 1983, 472). Werden Nachforderungsbescheid und Haftungsbescheid miteinander verbunden, so muss die Trennung klar erkennbar sein (BFH, 16.11.1984 – VI R 176/82, BStBl II 1985, 266).

Beispiel:

Während einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellt der Prüfer fest, dass der Arbeitgeber pauschale Lohnsteuer für Aushilfskräfte i.H.v. 1.000 EUR nicht angemeldet hat. Darüber hinaus stellt der Prüfer fest, dass 500 EUR Lohnsteuer, die nicht unter die Pauschalbesteuerung fallen, von den Bezügen eines Arbeitnehmers nicht einbehalten und abgeführt wurden.

Lösung:

Das Finanzamt hat einen Nachforderungsbescheid über 1.000 EUR und einen Haftungsbescheid über 500 EUR zu erlassen. Die beiden Bescheide können miteinander verbunden werden und als Gesamtzahllast 1.500 EUR ausweisen, es muss jedoch eindeutig erkennbar sein, inwieweit es sich um eine Nachforderung und inwieweit es sich um eine Haftungsschuld handelt, z.B.

Gesamtsumme

1.500 EUR

– Nachforderungsbescheid wegen nicht angemeldeter pauschaler Lohnsteuer nach § 40a EStG für Januar

1.000 EUR

– Haftungsbescheid wegen zu wenig einbehaltener Lohnsteuer für Januar Arbeitnehmer: Hans Huber, gem. Anlage Prüfungsbericht

500 EUR

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Praxistipp:

Wird der Arbeitgeber durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen, obwohl sich aus der Begründung ergibt, dass pauschale Lohnsteuer nacherhoben wird, so ist der Bescheid nach dem einem BFH-Urteil unwirksam (BFH, 15.03.1985 – VI R 30/81, BStBl II 1985, 581). Sollte vor Erlass die Festsetzungsverjährung eingetreten sein, ist die Nachforderung unzulässig.

Die vielfach von den Finanzämtern geübte Praxis, den Nachforderungsbetrag mit einem durchschnittlichen Steuersatz zu schätzen, wenn Lohnsteuer in einer Vielzahl von Fällen nachzufordern ist, entspricht nicht geltendem Recht. Auch wenn eine individuelle Ermittlung der Lohnsteuer für jeden betroffenen Arbeitnehmer mit erheblichem Zeitaufwand verbunden ist, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes. Lediglich wenn sich der Arbeitgeber mit diesem Verfahren einverstanden erklärt, kann auf eine individuelle Berechnung der Lohnsteuer verzichtet werden (BFH, 17.03.1994 – VI R 120/92, BStBl II 1994, 536). Zu der Frage, ob der Nachforderungsbetrag mit dem niedrigeren Bruttosteuersatz oder dem Nettosteuersatz ermittelt werden muss, vgl. Haftung.

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