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Sachliche Steuerpflicht – Beginn Gewerbebetrieb

Normen

§ 2 GewStG

Information

1. Allgemeines

Der Beginn und das Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht sind nicht ausdrücklich im Gewerbesteuergesetz geregelt. Der Beginn eines Gewerbebetriebs ist aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den Betrieb bezogenen Objektsteuer zu bestimmen und daraus folgend durch einschränkende Auslegung des Begriffs des Gewerbebetriebs.

2. Beginn des Gewerbebetriebes im Einkommenssteuerrecht

Im Einkommensteuerrecht beginnt der Gewerbebetrieb grundsätzlich dann, wenn alle in § 15 Abs. 2 EStG genannten Tätigkeiten erfüllt sind. Auf die Handelsregistereintragung kommt es nicht an. Bei natürlichen Personen und Personengesellschaften beginnt die betriebliche Tätigkeit mit den ersten Vorbereitungshandlungen, die der Betriebsgründung dienen und mit dieser in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Laufende Ausgaben, die zeitlich vor der eigentlichen Betriebseröffnung anfallen, wie z.B. Miete für das Geschäftslokal, Schuldzinsen, Inserate oder Reisekosten, werden als sog. vorweggenommene Betriebsausgaben bezeichnet. Diese „Aufbaukosten“ werden nach den allgemeinen Grundsätzen als Betriebsausgaben abgesetzt. Sie sind als Verluste aus Gewerbebetrieb innerhalb der übrigen Einkünfte ausgleichsfähig (§ 2 Abs. 3 EStG, „vertikaler Verlustausgleich“).

3. Beginn des Gewerbebetriebes im Gewerbesteuerrecht

In Abgrenzung zur Einkommensteuer ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche Leistungen entstandene Gewinn. Damit ist der Beginn des Gewerbebetriebes im Gewerbesteuerrecht eigenständig zu bestimmen. Da nur das gleiche Objekt besteuert wird, kommt es auf einen vertikalen Verlustausgleich wie bei der Einkommensteuer nicht an. Soweit danach Aufwendungen in der Planungs- und Vorbereitungsphase nicht berücksichtigt werden können, scheidet auch die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG aus.

Zu den bloßen, gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen werden z.B. gerechnet:

  1. Anmietung eines Geschäftslokals,

  2. Kauf eines Lieferwagens vor Eröffnung des Handelsgeschäftes,

  3. Errichtung eines Fabrikgebäudes, indem nach Fertigstellung Waren produziert werden

  4. Errichtung eines Hotels, mit dessen Betrieb erst nach Fertigstellung begonnen wird.

  5. Herstellung eines Wasserkraftwerks (FG Sachsen-Anhalt, 06.05.2010 – 5 K 1712/08, EFG 2011, 258; Az. des BFH: IV B 56/10). Erst mit Inbetriebnahme, um die zum Verkauf vorgesehene elektrische Energie zu erzeugen, beginnt gewerbesteuerlich der Gewerbebetrieb.

Der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten (z.B. Fertigungsbetrieb oder Handelsbetrieb) unterschiedlich zu bestimmen sein.

Praxistipp:

Die Abgrenzung darf aber nicht dazu führen, den Beginn des Gewerbebetriebs auf einen zu späten Zeitpunkt zu verlagern. So ist z.B. bereits der Beginn der Herstellung von später zu veräußernden Waren Gegenstand des gewerblichen Betriebs.

Ist keine Betriebsstätte erforderlich, ist an andere Merkmale anzuknüpfen, wie z.B. der Beginn von Kundenbesuchen oder Werbemaßnahmen.

Diese Grundsätze gelten sowohl für Einzelgewerbetreibende wie für Personengesellschaften BFH, 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900). Sie sind unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter (BFH, 30.08.2012 – IV R 54/10, DB 2012, 2433, DStR 2012, 2180). Die Bestimmung des § 2 Abs. 2 GewStG, nach der bei einer GmbH allein aufgrund der Rechtsform die Gewerbesteuerpflicht von Anfang an – also auch in der Gründungsphase – besteht, kann nicht auf Personengesellschaften übertragen werden. Die Unterschiede zwischen juristischen Personen und Personengesellschaften sind verfassungsgemäß. Durch den ab dem Jahr 2002 geltenden § 7 Satz 2 GewStG hat sich an diesen Regeln zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht nichts geändert. Durch die Entscheidung des BFH wird Rechtsklarheit geschaffen.

Beispiel:

S. H 2.5 Abs. 1 [Beginn der Gewerbesteuerpflicht eines Personenunternehmens] GewStH 2009.

Praxistipp:

Die Handelsregistereintragung einer ausschließlich aus Kapitalgesellschaften bestehenden Personengesellschaft führt aus diesem Grunde nicht bereits zum Beginn der Gewerbesteuerpflicht. Die Geprägerechtsprechung und die Regelungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sind nicht geeignet, den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht zeitlich vorzulegen. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines von einer Personengesellschaft, deren Gesellschafter ausschließlich Kapitalgesellschaften sind, zu betreibenden Unternehmens beginnt daher erst, wenn sämtliche tatbestandlichen Merkmale eines Gewerbebetriebs erfüllt sind und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt ist.

Entscheidend ist, wann die Voraussetzungen für eine werbende Tätigkeit, für die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sind, sodass sich das Unternehmen mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann (BFH, 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl II 1995, 900).

Bei Unternehmen, für die der Grund für die Befreiung von der Gewerbesteuer wegfällt, beginnt die Gewerbesteuerpflicht im Zeitpunkt des Wegfalls des Befreiungsgrundes.

4. Besonderheiten bei den Gewerbebetrieben kraft Rechtsform und wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs

Die Steuerpflicht kraft Rechtsform beginnt bei Kapitalgesellschaften mit der Eintragung in das Handelsregister, bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften mit der Eintragung in das Genossenschaftsregister und bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit mit der aufsichtsbehördlichen Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb. Ab diesem Zeitpunkten kommt es auf Art und Umfang der Tätigkeit nicht an. Bei einer Kapitalgesellschaft, die zum Zwecke der Übernahme eines Gewerbebetriebs gegründet wird, beginnt die Gewerbesteuerpflicht nicht erst mit dem Zeitpunkt der Fortführung des übernommenen Betriebs, sondern mit der Eintragung in das Handelsregister. Die Steuerpflicht kann aber vor den bezeichneten Zeitpunkten durch die Aufnahme einer nach Außen in Erscheinung tretenden Geschäftstätigkeit ausgelöst werden. Die nach Außen tätig gewordene Vorgesellschaft bildet zusammen mit der später eingetragenen Kapitalgesellschaft oder einem anderen Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG einen einheitlichen Steuergegenstand (BFH, 08.04.1960 – III 129/57 U, BStBl III, 319; BFH, 18.07.1990 – I R 98/97, BStBl II 1990, 1073; R 2.5 Abs. 2 GewStR 2009).

Praxistipp:

Soweit vor Aufnahme des Geschäftsbetriebs erhebliche Anlaufkosten entstehen, sollte in Erwägung gezogen werden, den Gewerbebetrieb in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft zu führen, da bei Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften Vorbereitungshandlungen nicht berücksichtigt werden können.

Allerdings sind dabei auch die Folgen der Aufgabe des Betriebs mit in Erwägung zu ziehen. Während beim Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften Veräußerungs- bzw. Betriebsaufgabegewinne nicht der Gewerbesteuer unterliegen (s. Stichwort „Gewerbeertrag„), ist dies bei Gewerbebetrieben kraft Rechtsform immer der Fall. In der Gesamtbetrachtung kann dies ggf. nachteilig sein.

Bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und den nichtrechtsfähigen Vereinen (§ 2 Abs. 3 GewStG) beginnt die Steuerpflicht bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen mit der Aufnahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.

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