Steuerlexikon

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Bilanzkorrekturen

Normen

§ 4 Abs. 2 EStG

Information

1. Bedeutung des Abschlussstichtages für Bilanzierung und Bewertung

1.1 Bilanzstichtag

Bilanzstichtag ist der Tag, an dem das Geschäftsjahr (Handelsrecht) bzw. das Wirtschaftsjahr (Steuerrecht) endet. Die steuerlichen Regelungen zum Wirtschaftsjahr ergeben sich im Wesentlichen aus § 4a EStG bzw. § 7 Abs. 4 KStG (die Regelungen für Kapitalgesellschaften entsprechen denen der Gewerbetreibenden mit Eintragung im Handelsregister).

Die folgende schematische Darstellung fasst die Regelungen zusammen:

Das Wirtschaftsjahr umfasst im Regelfall 12 Monate. Es kann allerdings in bestimmten Fällen einen kürzeren Zeitraum (Rumpfwirtschaftsjahr) umfassen. Dies gilt für Betriebseröffnungen, Betriebsübernahmen, Betriebsaufgaben oder -veräußerungen, Umstellungen des Wirtschaftsjahres, vgl. § 8b EStDV.

Beispiel:

Gewerbebetrieb:

Betriebseröffnung am 01.12.2007 mit Abschluss zum 31.12., Bilanzstichtagswechsel (mit Zustimmung des Finanzamts) abweichend vom Kalenderjahr (Kj.) mit Wirkung vom 01.05.2009, Betriebseinstellung am 19.07.2010.

Daraus ergeben sich folgende Wirtschaftsjahre und Bilanzstichtage:

Zeitraum

Wirtschaftsjahr (Wj.)

Bilanzstichtag

steuerliche Erfassung des Gewinns im Jahr

01.12.07 – 31.12.07

07 (Rumpf-Wj.)

31.12.07

07

01.01.08 – 31.12.08

08 (Wj. = Kj.)

31.12.08

08

01.01.09 – 30.04.09

09 (Rumpf-Wj.)

30.04.09

09

01.05.09 – 30.04.10

09 / 10 (abweichend)

30.04.10

10

01.05.10 – 19.07.10

10 (Rumpf-Wj.)

19.07.10

10

1.2 Grundsätze für die Bilanzierung

Nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB sind die Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlussstichtag zu bewerten. Dabei sind die an diesem Bilanzstichtag objektiv vorliegenden Tatsachen und Umstände zu berücksichtigen.
Nach dem Bilanzstichtag eingetretene Tatbestände, die den Wert beeinflussen, bleiben bei der Bewertung unberücksichtigt; dies gilt selbst dann, wenn sie noch vor der Bilanzerstellung eintreten.
Werden allerdings Tatbestände, die bereits am Bilanzstichtag eingetreten waren, erst danach bekannt, so können diese bis zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung erlangten Kenntnisse über die Verhältnisse am Stichtag verwertet werden (Wertaufhellung), vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.
Steuerlich maßgeblich für die Berücksichtigung wertaufhellender Umstände ist der Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz (vgl. Maßgeblichkeitsgrundsatz).

Werden die wertbeeinflussenden Tatbestände erst nach der Bilanzaufstellung bekannt, so können sie grundsätzlich nicht mehr (bzw. nur im Rahmen der Bilanzänderung) berücksichtigt werden, vgl. 3.

Beispiel 1:

Ein Unternehmer X wird zur Zahlung von Entschädigungen aufgefordert. Da er hierzu nicht bereit ist, wird eine Klage erhoben. Das Verfahren ist zum Bilanzstichtag (31.12.2008) anhängig. Da der Unternehmer X den Streitwert am 31.12.2008 noch nicht kennt, schätzt er diesen zunächst auf 30.000 EUR. Der Kläger verlangt allerdings eine höhere gutachtlich ermittelte Entschädigungszahlung, die mit den weiteren Anwalts- und Prozesskosten einen Aufwand i.H.v. 50.000 EUR bewirken könnte; dies wird dem Unternehmer X erst am 15.05.2009 bekannt.

Der Unternehmer X bildet zulässigerweise eine Prozesskosten-Rückstellung i.H.v. 50.000 EUR in seiner am 31.05.2009 aufgestellten Bilanz.

Beispiel 2:

Im Jahre 2008 ergeht ein Urteil in erster Instanz, nach dem der Unternehmer X dem Kläger 40.000 EUR an Entschädigung zu zahlen hat. Dagegen wendet sich der Unternehmer X und in zweiter Instanz verpflichtet das Gericht mit Urteil vom 28.12.2008 den Unternehmer X zur Zahlung von lediglich 35.000 EUR. Am 04.01.2009 verzichtet der Entschädigungsempfänger auf ein Rechtsmittel. Der Unternehmer X bildet eine Prozesskosten-Rückstellung zum 31.12.2004 i.Hv. 40.000 EUR in seiner am 31.05.2009 aufgestellten Bilanz.

Als „wertaufhellend“ sind nur die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden. Der zu beurteilende Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung ist daher auf die am Bilanzstichtag -objektiv- bestehenden Verhältnisse zu beziehen, vgl. BFH, 30.01.2002 – I R 68/00, BStBl II 2002, 688. In diesem Beispielsfall liegt lediglich ein noch nicht rechtskräftiges Urteil in zweiter Instanz vor, das den Unternehmer X zur Entschädigungszahlung von 35.000 EUR verpflichtet. Der Verzicht auf Rechtsmittel ist also kein nachträglich bekannt gewordener sondern ein nachträglich eingetretener Umstand. Daher ist er kein wertaufhellender Umstand, der den Unternehmer X verpflichten würde, die Prozesskosten-Rückstellung mit lediglich 35.000 EUR zu passivieren, da zum Stichtag 31.12.2008 noch das Risiko bestand, 40.000 EUR zahlen zu müssen.

Beispiel 3:

wie Beispiel 2, aber das Urteil in zweiter Instanz wird bereits zum 28.12.2008 rechtskräftig. Zum Bilanzstichtag 31.12.2008 steht damit fest, dass der Unternehmer X eine Entschädigung von 35.000 EUR zahlen muss. Die Verpflichtung ist somit dem Grunde und der Höhe nach gewiss. Sie ist damit als Verbindlichkeit (und nicht als Rückstellung) i. H. v. 35.000 EUR zu passivieren.

Mit Urteil vom 21.09.2011 – I R 89/10 – hat der BFH nochmals verdeutlicht, dass es nach seiner Auffassung für die Beurteilung von voraussichtlich dauernden Wertminderungen bei börsennotierten Wertpapieren im Anlagevermögen nicht darauf ankommt, ob ein zum Bilanzstichtag gefallener Kurswert vor der Bilanzaufstellung wieder gestiegen ist (keine Wertaufhellung).

2. Der Bilanzenzusammenhang

Bilanzenzusammenhang (Bilanzidentität) bedeutet, dass das Betriebsvermögen am Schluss eines Wirtschaftsjahres identisch sein muss mit dem Betriebsvermögen zu Beginn des darauf folgenden Wirtschaftsjahres.
Dieser Grundsatz bewirkt, dass eventuelle Fehler, die sich in einer Bilanz ergeben haben und sich formellrechtlich nicht mehr in dieser Bilanz korrigieren lassen (z.B. wegen Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 169 AO), in einer späteren Bilanz wieder ausgeglichen werden. Damit ist sichergestellt, dass sich der Fehler nicht auf den Totalgewinn auswirkt.

Beispiel:

Ein Bauunternehmer hat ein unbebautes Grundstück in 2001 für 150.000 EUR erworben und im gleichen Jahr unzulässigerweise eine Teilwertabschreibung i.H.v. 80.000 EUR vorgenommen. Das Grundstück ist seitdem mit einem Wert von 70.000 EUR aktiviert. Im Jahr 2008 verkauft er das Grundstück für 200.000 EUR. Unterstellt, die Steuerbescheide bis 2007 können formellrechtlich nicht mehr korrigiert werden, bedeutet dies, dass der Bauunternehmer stille Reserven i.H.v. 130.000 EUR aufdecken muss.

Auswirkungen auf den Totalgewinn ergeben sich jedoch nicht:

Ansatz des Grundstücks

Gewinnauswirkung

0 EUR

50.000 EUR

Anschaffung in 01

150.000 EUR

Teilwertabschreibung

– 80.000 EUR

– 80.000 EUR

Ansatz zum 31.12.01-31.12.07

70.000 EUR

Veräußerung in 08 für 200.000 EUR

-70.000 EUR

+ 130.000 EUR

Hätte der Bauunternehmer von Anfang an richtig bilanziert, wäre das Grundstück bis zum Verkauf mit einem Wert von 150.000 EUR aktiviert worden. Bei einer Veräußerung für 200.000 EUR wären somit stille Reserven von 50.000 EUR aufgedeckt worden.

3. Bilanzberichtigung und Bilanzänderung

3.1 Allgemeines

Nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG darf der Steuerpflichtige (Stpfl.) die Bilanz auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den GoB nicht entspricht (Bilanzberichtigung).
Die im Gesetz gewählte Formulierung „darf“ signalisiert zwar ein Wahlrecht zur Erstellung der korrigierten (Handels-)Bilanz. Steuerrechtlich besteht jedoch die Verpflichtung zur Korrektur durch § 153 Abs. 1 AO zumindest dann, wenn durch die bisherige Bilanz auch ein falscher Gewinn ermittelt wurde.
Die Bilanzberichtigung ist nach h. M. daher als Gebot zu sehen.

Nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG ist darüber hinaus eine Änderung der Bilanz (Bilanzänderung) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung steht und soweit die Auswirkung der Bilanzberichtigung auf den Gewinn reicht (Rechtslage ab 2000, Anwendung nach § 52 Abs. 9 EStG auch für Zeiträume vor 1999).

Nach § 4 Abs. 2 S. 1, 2. Halbsatz EStG ist ab 2007 geregelt, dass die Bilanzberichtigung nicht zulässig ist, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.
Bei Land- und Forstwirten ist nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG der Gewinn des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr beginnt, und auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr endet, entsprechend dem zeitlichen Anteil aufzuteilen. Eine Bilanzberichtigung und eine damit im Zusammenhang stehende Gewinnänderung beeinflusst daher zwei Steuerfestsetzungen. Die Bilanzberichtigung muss also in diesen Fällen für beide Jahre zulässig sein.

3.2 Bilanzberichtigungen

3.2.1 Falscher Bilanzansatz

Bilanzberichtigungen sind vorzunehmen, wenn ein steuerlich falscher Bilanzansatz vorliegt. Dieser kann handelsrechtlich durchaus richtig sein.

Beispiel:

Ein entgeltlich erworbener Firmenwert (150.000 EUR) wird handelsrechtlich zulässigerweise auf 5 Jahre abgeschrieben (§ 255 Abs. 4 HGB). Der Unternehmer übernimmt diesen Ansatz in seine Steuerbilanz und weist zum Bilanzstichtag einen Wert von 120.000 EUR (150.000 EUR abzgl. 20 % AfA) aus.

Steuerrechtlich ist der Unternehmer verpflichtet, den Firmenwert auf 15 Jahre abzuschreiben (§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG). Er muss eine berichtigte Steuerbilanz abgeben, in der er den Firmenwert mit 140.000 EUR (150.000 EUR abzgl. 1/15 AfA) und den Gewinn um 20.000 EUR (Differenz der AfA-Beträge) höher ausweist.

Eine Bilanz kann also auch dann gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG berichtigt werden, wenn ein darin enthaltener Ansatz nicht gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), sondern nur gegen steuerrechtliche Vorschriften verstößt (BFH, 14.03.2006 – I R 83/05, BStBl II 2006, 799). Kann eine Bilanz auf verschiedenen Wegen berichtigt werden, so obliegt die Auswahl des Korrekturwegs dem Unternehmer.

Ob eine Bilanz in dem zu korrigierenden Punkt unrichtig ist, beurteilt sich nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung und nicht danach, ob sie bei rückschauender Betrachtung objektiv gegen die GoB oder einkommensteuerrechtliche Vorschriften verstößt. Ein Bilanzansatz ist danach richtig, wenn sie den Kenntnisstand widerspiegelt, den der Unternehmer im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung haben konnte, auch wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass er objektiv fehlerhaft war.

Zur Möglichkeit, die Bilanz im Fall geänderter Rechtsprechung zu korrigieren, vgl. Tz. 3.2.2.1.

Als falscher Bilanzansatz gilt auch eine zu Unrecht vorgenommene oder eine zu Unrecht nicht vorgenommene Bilanzierung.

Diese Grundsätze sind auch auf Sonderbilanzen im Rahmen einer Personengesellschaft anzuwenden (vgl. BFH, 30.03.2006 – IV R 25/04, BStBl II 2008, 171).

3.2.2 Zeitpunkt der Bilanzberichtigung

3.2.2.1 Grundsätze
  • Ist die Bilanz in dem Jahr der Veranlagung, in dem der Fehler erfasst wurde (Fehlerjahr) nach den Vorschriften der AO (§§ 129, 164, 172 ff.) noch änderbar, dann ist die Schlussbilanz des Fehlerjahres entsprechend der GoB zu berichtigen, vgl. Tz. 3.2.2.2 – Beispiel 1.

  • Ist die Bilanz des Fehlerjahres nicht mehr nach den Vorschriften der AO änderbar, dann ist die Schlussbilanz des ersten Jahres zu berichtigen, das sich nach den Vorschriften der AO noch ändern lässt. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:

    • Fehler, die sich nicht auf den Gewinn ausgewirkt haben, sind erfolgsneutral (über das Kapitalkonto) zu korrigieren, vgl. Tz. 3.2.2.2, Beispiel 2.

    • Fehler, die sich auf den Gewinn ausgewirkt haben, sind erfolgswirksam zu korrigieren, vgl. Tz. 3.2.2.2, Beispiel 3.

    • Fehler, die sich durch falsche AfA-Beträge auf den Gewinn ausgewirkt haben, sind nicht im Einmalbetrag erfolgswirksam zu korrigieren, vgl. Tz. 3.2.2.2, Beispiele 4 bis 6.

Ändert sich die Rechtsprechung, so gilt Folgendes:
Ein Bilanzansatz ist nicht fehlerhaft, wenn er der im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht. Kommt es später zu einer Änderung der Rechtsprechung, so würde der Bilanzansatz in derjenigen Bilanz fehlerhaft, in der die Änderung der Rechtsprechung erstmals berücksichtigt werden kann (BFH, 12.11.1992 – IV R 59/91, BStBl II 1993, 392), also der ersten nach der geänderten Rechtsprechung aufgestellten Bilanz, vgl. Tz. 3.2.2.2, Beispiel 7.

Die Finanzverwaltung vertritt hierzu für die Fälle, in denen sie in der Vergangenheit z.B. Rückstellungen nicht anerkannt hat, sich dann aber einer erstmaligen anderweitigen BFH-Rechtsprechung anschließt, folgende Auffassung:
Rückstellungen können frühestens in der ersten nach dem Datum der Entscheidung aufzustellenden Bilanz und müssen spätestens in der ersten nach der amtlichen Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl aufzustellenden Bilanz passiviert werden.
In Fällen, in denen der Steuerpflichtige bis zur amtlichen Veröffentlichung des BFH-Urteils die Rückstellung entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung nicht ausgewiesen hat, besteht die Möglichkeit einer Bilanzberichtigung rückwirkend bis zur ersten nach dem Datum der Entscheidung aufgestellten Bilanz.

Der BFH hat mit Urteil vom 23.01.2008 – I R 40/07, entschieden, dass das Fehlen einer Rückstellung keinen Grund für eine Bilanzberichtigung darstellt, wenn das Urteil, das die Berechtigung einer Rückstellungsbildung festlegt, erst nach Bilanzaufstellung ergeht. Das Fehlen der Rückstellung führt also nicht zur Unrichtigkeit dieser Bilanz, weil es im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung mit der kaufmännischen Sorgfalt vereinbar war, die Rückstellungsbildung zu unterlassen.

3.2.2.2 Beispiele
Beispiel 1 (Berichtigung des Fehlerjahres):

Im Rahmen einer Betriebsprüfung (Bp) wird festgestellt, dass für im Voraus gezahlte Versicherungsbeiträge (für das folgende Wirtschaftsjahr) keine aktive Rechnungsabgrenzung gebildet wurde. Die Veranlagung steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Die Steuerbescheide des Fehlerjahres sind nach § 164 Abs. 2 AO zu berichtigen. Die durch die Bp aufgestellte Prüferbilanz ersetzt nicht die berichtigte Bilanz des Unternehmers, da nicht das Finanzamt sondern der Stpfl. verpflichtet ist, eine berichtigte Bilanz aufzustellen, vgl. auch BFH, 04.11.1999 – IV R 70/98, BStBl II 2000, 129. In der Praxis ist die Prüferbilanz häufig die Grundlage für die Herstellung des Bilanzenzusammenhangs zwischen dem letzten Prüfungsjahr und dem Anschlussjahr.

Beispiel 2 (erfolgsneutraler Fehler):

Im Jahr 2001 erwarb der Unternehmer X (Gastronomiebetrieb) aus Eigenmitteln ein unbebautes Grundstück incl. Nebenkosten für 50.000 EUR. Die Teilwerte betrugen zum 01.01.2004 = 55.000 EUR und zum 01.12.2005 = 70.000 EUR.
Dieses Grundstück, das an ein gepachtetes Grundstück angrenzt, wurde seit dem Kauf als Parkplatz für Gäste genutzt.
In 05 bebaute der Unternehmer X das Grundstück mit einem zweigeschossigen Gebäude. Das Untergeschoss (60 % der Nutzfläche und der Baukosten) wurde als Veranstaltungsraum für den Betrieb genutzt. Das Obergeschoss wurde zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Die erstmalige Nutzung des gesamten Gebäudes erfolgte im Dezember 2005. Hinsichtlich des unbebauten Grundstücks erfolgten keine Buchungen, es wurde nicht bilanziert. Die Veranlagungen bis einschließlich 2003 sind nach den Vorschriften der AO nicht mehr änderbar.

Das unbebaute Grundstück ist seit dem Kauf notwendiges Betriebsvermögen (R 13 Abs. 1 EStR). Es ist in der Anfangsbilanz des ersten berichtigungsfähigen Jahres zu erfassen, d.h. das Grundstück ist über eine Kapitalangleichung zum 01.01.2004 zu aktivieren. Die bilanzberichtigende Einbuchung erfolgt mit dem Wert, mit dem das Grundstück bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde (R 15 EStR), also mit den Anschaffungskosten von 50.000 EUR. Da das später gebaute Objekt teilweise zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und kein Betriebsvermögen ist, erfolgt mit der erstmaligen Nutzung am 01.12.2005 eine Entnahme ins Privatvermögen des Unternehmers X in Höhe des neu entstandenen Wirtschaftsgutes „eigene Wohnzwecke“ (Anteil = 40 %). Die Entnahme erfolgt mit dem Teilwert zum 01.12.2005 (40 % von 70.000 EUR = 28.000 EUR). Die stillen Reserven (40 % v. 20.000 EUR = 8.000 EUR) sind zu realisieren.

Hinweis:

In der Literatur wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dass durch die Kapitalangleichung der Bilanzenzusammenhang durchbrochen wird. Danach müsste das Grundstück zunächst gewinnerhöhend eingebucht und diese Gewinnerhöhung anschließend außerhalb der Bilanz wieder korrigiert und damit per Saldo erfolgsneutral gestellt werden. In der Praxis wird dies ggf. bei vereinzelten EDV-Buchführungssystemen erforderlich sein.

Beispiel 3 (erfolgswirksamer Fehler ohne AfA):

Unternehmer X hat ein gewerbliches Einzelunternehmen und ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Auf Grund von Liquiditätsengpässen bei der GmbH gewährt sein Einzelunternehmen dieser im Januar 2001 ein betriebliches Fälligkeitsdarlehen i.H.v. 200.000 EUR, das noch im Dezember des gleichen Jahres wieder zurückgezahlt wurde. Die vereinbarten Zinsen i.H.v. 6 % (12.000 EUR) werden in 2004 auf das Privatkonto des Unternehmers X gezahlt. Hinsichtlich der Zinsen wurde der Vorgang nicht gebucht. Die Veranlagungen 2001 und 2002 sind nach den Vorschriften der AO nicht mehr änderbar.

Die Zinsforderung ist im ersten berichtigungsfähigen Jahr zu erfassen. Sie ist in der Schlussbilanz des Jahres 2003 erfolgswirksam i.H.v. 12.000 EUR zu aktivieren (Gewinn + 12.000 EUR). Im Jahr 2004 ist die Forderung dann gegen eine Privatentnahme auszubuchen.

Beispiel 4 (erfolgswirksamer Fehler mit AfA, fehlende Aktivierung):

Im Jahre 01 wurden Mietereinbauten (H 4.2 (3) Abs. 3 EStH) i. H. v. 50.000 EUR versehentlich als Mietaufwand erfasst, obwohl sie über 10 Jahre hätten abgeschrieben werden müssen. Die Veranlagungen bis einschließlich 2003 sind nach den Vorschriften der AO nicht mehr berichtigungsfähig.

Die Mietereinbauten sind im ersten berichtigungsfähigen Jahr mit dem Wert der „fortgeführten Anschaffungskosten“ erfolgswirksam zu aktivieren. Im Jahr 2004 ist somit zunächst die Korrektur des Betriebsausgabenabzugs aus 01 i.H.v. 35.000 EUR (50.000 EUR abzgl. 30 % AfA) vorzunehmen. Die Mietereinbauten werden dann jährlich mit jeweils 5.000 EUR bis zum Jahr 2010 abgeschrieben, vgl. BFH, 24.10.2001 – X R 153/97, BStBl II 2002, 75.

Beispiel 5 (erfolgswirksamer Fehler mit AfA, fehlende Abschreibung bei beweglichen Wirtschaftsgütern):

Für einen im Januar 2003 für 144.000 EUR angeschafften LKW (Nutzungsdauer 9 Jahre) ist versehentlich die AfA (linear, 16.000 EUR) im ersten Jahr unterblieben. Das Jahr 2003 kann nach den Vorschriften der AO nicht mehr berichtigt werden.

Die nicht in Anspruch genommene AfA darf über den Weg nachgeholt werden, dass der zu hohe Buchwert (144.000 EUR statt 128.000 EUR) ab 2004 auf die betriebsgewöhnliche Rest-Nutzungsdauer von 8 Jahren abgeschrieben wird. Die ab 2004 jährlich zu erfassende AfA beträgt somit 144.000 EUR / 8 = 18.000 EUR. Der Totalgewinn wird dadurch nicht beeinträchtigt (18.000 EUR x 8 Jahre = 16.000 EUR x 9 Jahre = 144.000 EUR).

Beispiel 6 (erfolgswirksamer Fehler mit AfA, überhöhte Abschreibung bei Gebäuden):

Im Jahre 2003 wurde ein Gebäude ins Betriebsvermögen eingelegt (Teilwert 500.000 EUR, fremde Wohnzwecke) und degressiv nach § 7 Abs. 5 Nr. 1 EStG mit 10 % abgeschrieben, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. Das Gebäude darf unstreitig lediglich mit 2 % abgeschrieben werden, § 7 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG. Das Jahr 2003 kann nach den Vorschriften der AO nicht mehr berichtigt werden.

Bei dem Gebäude, das typisiert abgeschrieben wird, ist ab dem ersten berichtigungsfähigen Jahr die AfA vom Einlagewert und dem maßgeblichen AfA-Satz vorzunehmen (2 % von 500.000 EUR = 10.000 EUR ab 2004). Eine Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage oder die erfolgswirksame Aufstockung des Restwertes von 450.000 EUR (500.000 EUR abzgl. 10 % AfA) auf 490.000 EUR (500.000 EUR abzgl. 2 % AfA) kommt nicht in Betracht, weil die Berichtigung eines Bilanzwertes dann nicht geboten ist, wenn sich der Fehler in den folgenden Jahren durch Ansatz des zutreffenden AfA-Satzes von selbst aufhebt, vgl. BFH, 04.05.1993 – VIII R 14/90, BStBl II 1993, 661. Die Korrektur ergibt sich durch eine kürzere Abschreibungsdauer.

Beispiel 7 (geänderte Rechtsprechung)

Der BFH hat mit Urteil vom 19.08.2002 entschieden, dass Rückstellungen für Kosten hinsichtlich der Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen zu bilden sind (vgl. Tz. 6 zu Aufbewahrungspflichten). Das Urteil wurde am 10.03.2003 im BStBl. veröffentlicht. Der Stpfl. erstellte seine Bilanz zum 31.12.2002 am 02.02.2003. Die Rückstellung kann nach Auffassung der Finanzverwaltung erstmals bereits zum 31.12.2002, müsste jedoch spätestens in der Bilanz zum 31.12.2003 gebildet werden.

3.2.3 Bilanzberichtigung und verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Fraglich ist, inwiefern sind Sachverhalte, die bei einer Kapitalgesellschaft zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen, im Rahmen einer Bilanzberichtigung zu korrigieren sind.

Die Rechtsprechung des BFH zu dieser Frage ist nicht einheitlich und wird u.a. in der Urteilsbegründung einer Entscheidung des FG Saarland, 05.02.2003 – 1 K 49/99 dargelegt:

Grundsätzlich sind vGA außerhalb der Bilanz zu erfassen.

Beispiel:

Verspricht eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Umsatztantieme, die als vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu beurteilen ist, so ist dennoch sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz für die Umsatztantieme eine Rückstellung zu bilden. Die entsprechende Gewinnminderung ist dann außerhalb der Bilanz als vGA dem Einkommen wieder hinzuzurechnen. Für eine Berichtigung der Steuerbilanz um die Tantiemerückstellung besteht solange kein Rechtsgrund, als die Verbindlichkeit zivilrechtlich noch existent ist, also eine entsprechende vertragliche Verpflichtung vorliegt, vgl. BFH, 29.06.1994 – I R 137/93, BStBl II 2002, 366.

Nach dem Urteil des BFH, 18.12.1996 – I R 26/95, BFH/NV 1997, 232 liegt allerdings keine vGA vor, wenn die Gesellschaft zivilrechtliche Ansprüche gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer hat, die in der Steuerbilanz erfolgswirksam zu aktivieren sind. Ist die Aktivierung einer solchen Forderung unterblieben, ist die Steuerbilanz entsprechend zu berichtigen. Für die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (vGA) besteht dann kein Raum.
Dagegen hat der BFH in seinem Urteil (BFH, 24.03.1998 – I R 79/97, BStBl II 1998, 578) dem ein Sachverhalt zu Grunde liegt, in dem der Geschäftsführer Gelder vereinnahmt, die der GmbH zustehen, die Auffassung vertreten, die Forderungsaktivierung sei lediglich eine Einlage, weil sie der Rückgängigmachung einer vGA dienen würde.
Auch in anderen Fällen hat der BFH die Auffassung vertreten, eine vollzogene vGA könne nicht durch spätere Bilanzkorrekturen rückgängig gemacht werden (zuletzt BFH, 30.05.2001 – I B 176/00, BFH/NV 2001, 1456, wonach die vGA nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die GmbH die an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer erbrachte Leistung nach § 31 GmbHG oder als Schadensersatzleistung zurückfordern kann).

In der o. g. Entscheidung des FG Saarland, 05.02.2003 – 1 K 49/99, EFG 2003, 566-568 (Bestätigung durch BFH, 22.10.2003 – I R 23/03, BFH/NV 2004, 667-668), ist eine der GmbH zustehende Versicherungsleistung nach einem Brandschaden auf dem Konto des Gesellschafter-Geschäftsführers gutgeschrieben und bei der GmbH nicht gebucht worden. In diesem Fall hat das FG entschieden, dass bei einer falschen Bilanzierung die Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (vGA) der Vorschrift über die Bilanzberichtigung des § 4 Abs. 2 EStG jedenfalls dann vorgeht, wenn diese unter Umständen geschieht, die unter fremden Dritten nicht vorstellbar wären.

Nach § 8 Abs. 1 KStG bestimmt sich das, was als Einkommen einer Körperschaft gilt und wie es zu ermitteln ist, nach den Vorschriften des EStG. Dies bedeutet, dass die „Einkommensermittlungsvorschriften“ – wie beispielsweise die §§ 4 ff. EStG und damit auch § 4 Abs. 2 EStG – auf Körperschaften nur Anwendung finden, soweit ihnen nicht spezielle Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes vorgehen. Zu den körperschaftssteuerlichen Vorschriften der Einkommensermittlung gehört § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, wonach vGA das körperschaftsteuerliche Einkommen nicht mindern dürfen. Das körperschaftsteuerliche Institut der vGA geht deshalb für seinen Anwendungsbereich als speziellere Regelung der Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 EStGvor. Einer vGA, die in einem Veranlagungszeitraum stattgefunden hat und häufig erst durch eine Betriebsprüfung festgestellt wird, kann nicht durch eine spätere Bilanzkorrektur der Boden entzogen werden.

Bloße irrtümliche Fehlbuchungen führen allerdings nicht zu einer vGA (BFH, 18.04.2002 – III R 43/00, BFH/NV 200, 1264 und BFH, 24.03.1998 – I R 88/97, BFH/NV 1998, 1374). Sie können zwar eine Vermögensminderung dokumentieren, sie sind aber – im Gegensatz zur vGA – nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

Beispiel:

Unterlässt ein Steuerberater es irrtümlich, das Verrechnungskonto des Gesellschafter-Geschäftsführers einer von ihm betreuten GmbH zu verzinsen, dann führt dies nicht zur Annahme einer vGA, weil es sich um einen Buchungsfehler handelt, vgl. FG Saarland, 21.05.2001 – 1 K 326/97. Die Zinsforderung wäre im Wege der Bilanzberichtigung erfolgswirksam zu aktivieren. Erst der Verzicht auf die Zinsen würde in diesem Fall zu einer vGA führen, nachdem vorher die Forderung wieder gewinnmindernd hätte ausgebucht werden müssen.

Wäre der Geschäftsführer von Anfang an von der Zinsschuld tatsächlich wirksam befreit, so läge ebenfalls eine vGA vor, weil die Vermögensminderung dann durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht wäre (Umkehrschluss aus BFH, 13.09.2000 – I R 10/00, BFH/NV 2001, 584-585).

3.3 Bilanzänderung

3.3.1 Wahlrecht als Voraussetzung

Bilanzänderungen können unter bestimmten Umständen vorgenommen werden, wenn ein steuerlich zulässiger Bilanzansatz durch einen anderen steuerlich zulässigen Bilanzansatz ersetzt wird.

Beispiel 1:

Das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens wurde zu Buchwerten in eine Personengesellschaft eingebracht, § 24 UmwStG. Später soll jedoch im Rahmen einer Bilanzänderung das Wahlrecht dahingehend ausgeübt werden, dass die Einbringung zu Teilwerten erfolgen soll, damit beim Einzelunternehmen die Vergünstigungen nach den §§ 16 und 34 EStG in Anspruch genommen werden können.

Eine Bilanzänderung ist nicht mehr möglich, weil (abgesehen vom fehlenden Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung) § 4 Abs. 2 S. 2 EStG es nicht erlaubt, Geschäftsvorfälle rückgängig zu machen. Die Personengesellschaft ist an das einmal von ihr ausgeübte Wahlrecht gebunden und eine Bilanzänderung ist als nachträgliche Sachverhaltsgestaltung ausgeschlossen, vgl. BFH, 26.01.1994 – III R 39/91, BStBl II 1994, 458.

Beispiel 2:

Ein Fahrzeug, das zu 40 % betrieblich genutzt wird, wird im Jahr der Anschaffung (2004) zunächst nicht bilanziert. Als im Jahr 2005 die Bilanz aufgestellt wird, fällt dem Unternehmer auf, dass er das Fahrzeug doch von Anfang an als (gewillkürtes) Betriebvermögen behandeln möchte, um die Abschreibung geltend zu machen. Mit der Bilanz 2005 reicht er eine geänderte Bilanz 2004 ein, in der das Fahrzeug aktiviert wurde.

Eine Bilanzänderung ist nicht möglich, weil das Wahlrecht, ein Wirtschaftsgut dem Privatvermögen zuzuordnen, mit der Nicht-Aktivierung in der laufenden Buchführung 2004 ausgeübt wurde und nicht rückwirkend geändert werden kann.

Beispiel 3 (Änderung der AfA-Methode):

Eine Leasinggesellschaft, die Agrar-Fahrzeuge an land- und forstwirtschaftliche Betriebe verleast, schreibt in ihrer Handelsbilanz, die sie auch der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde legt, einen in 07 gebraucht erworbenen 5 Jahre alten Mähdrescher auf 3 Jahre linear ab. Im Rahmen einer Betriebsprüfung, die u.a. das Jahr 07 umfasst, wird die Abschreibung bemängelt. Die Bp legt der Abschreibung eine nicht zu beanstandende Restnutzungdauer von 5 Jahren zugrunde.
Das Unternehmen beantragt darauf hin, den Mähdrescher degressiv abzuschreiben und die dadurch erhöhte AfA steuerlich abzuziehen, soweit die Gewinnänderungen aus anderen Feststellungen reichen.
Zur Änderung einer bereits durch ein Wahlrecht ausgeübten AfA-Methode sind bisher 3 einschlägige Urteile veröffentlicht:

Der BFH hat mit Urteil vom 17.08.2005 – IX R 3/03, BFH/NV 2006, 269, festgelegt, dass die Wahl einer Abschreibungsmethode nicht geändert werden kann, wenn sie in einem bestandskräftigen Steuerbescheid berücksichtigt worden ist.
Ob aus diesem Urteil die Schlussfolgerung zu ziehen ist, dass die Abschreibungsmethode noch geändert werden kann, wenn der zugrunde liegende Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig ist, ist allerdings vor dem Hintergrund des Urteils vom FG Münster vom 22.10.1996, 11 K 2958/96 E zweifelhaft. Dies hatte entschieden, dass der Steuerpflichtige an die im Jahr der Anschaffung gewählte AfA-Methode gebunden und ein späterer Wechsel von der linearen zur degressiven AfA unabhängig davon unzulässig sei, welche Gründe im Jahr der Anschaffung zum Ansatz der linearen AfA geführt haben.
Eine insoweit klärende höchstrichterliche Entscheidung liegt jedoch nicht vor.

Mit dem BFH-Urteil vom 24.01.1990, I R 17/89, BStBl II 1990, 681, wurde jedoch zudem entschieden, dass die Inanspruchnahme der degressiven AfA-Methode voraussetzt, dass diese Methode in der Handelsbilanz zugrunde gelegt wird.
Wurde in der Handelsbilanz von der Absetzung in gleichen Jahresbeträgen ausgegangen, kann die degressive AfA-Methode gemäß § 7 Abs. 2 EStG a.F. nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn die Handelsbilanz geändert wird.
Eine Änderung der Handelsbilanz ist auch dann erforderlich, wenn bei der degressiven AfA-Methode ein AfA-Satz gewählt werden soll, der im Jahre der Investition den bisherigen der Besteuerung zugrunde gelegten AfA-Betrag ergäbe.
Nicht geklärt hingegen ist, ob eine geänderte Handelsbilanz erneut zu testieren wäre und wie der Sachverhalt bei einer Einheitsbilanz zu beurteilen ist.

Hinweis: Die degressive AfA wurde für alle beweglichen Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2007 und vor dem 01.01.2009 angeschafft oder hergestellt wurden oder werden, abgeschafft.

War ein Bilanzansatz im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung rechtlich vertretbar, erweist er sich jedoch im weiteren Verlauf als unrichtig, so kann er unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich geändert werden (BFH-Urteil vom 17.07.2008, I R 85/07).

Eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG liegt jedoch nicht vor, wenn sich einem Steuerpflichtigen überhaupt erst nach Einreichung der Bilanz die Möglichkeit eröffnet hatte, erstmalig sein Wahlrecht, z.B. im Sinne des § 6b Abs. 1 oder Abs. 3 EStG, auszuüben.
Wenn die bisher fehlende Ausübung des Wahlrechts jedoch auf einem fahrlässigen Verhalten beruhte, z.B. der Nichterfassung des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns, so kann § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich angewendet werden (BFH, 27.09.2006 – IV R 7/06, BFH/NV 2007, 326). Der Umfang der Bilanzänderung ist dann auf den Gewinnanteil beschränkt, der sich im jeweiligen Wirtschaftsjahr aus der Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ergibt.

In seiner Entscheidung vom 02.10.1997 – IV R 84/96, BStBl II 1998, 104, hat der BFH betont, dass

  • die Änderung von Bewertungswahlrechten,

  • die Ausübung einer Bewertungsfreiheit oder

  • der Verzicht auf deren Ausübung

durch die Vorschriften zur Bilanzänderung gedeckt sind.

Tatsächliche Vorgänge wie die Einlage oder auch Entnahme von Wirtschaftsgütern in ein bzw. aus einem Betriebsvermögen können damit jedoch nicht rückgängig gemacht werden.

Inwieweit bei einer Personengesellschaft eine Sonderbilanz eine Bilanz ist, die das Änderungsverbot des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG auslöst, ergibt sich aus dem BFH-Urteil vom 25.01.2006, IV R 14/04, BStBl II 2006, 418.

3.3.2 Zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung

Der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen Bilanzberichtigung und Bilanzänderung setzt lt. BMF-Schreiben vom 18.05.2000 (IV C 2 – S 2141 – 15/00, BStBl. 2000 I 2000 S. 587) voraus, dass sich beide Maßnahmen auf dieselbe Bilanz beziehen. Die Änderung der Bilanz eines bestimmten Wirtschaftsjahres ist danach unabhängig von der Frage, auf welche Wirtschaftsgüter oder Rechnungsabgrenzungsposten sich die Berichtigung dieser Bilanz bezieht, bis zur Höhe des gesamten Berichtigungsbetrages zulässig. Ein zeitlicher Zusammenhang liegt darüber hinaus nur vor, wenn die Bilanz unverzüglich nach einer Bilanzberichtigung geändert wird (ständige Rechtsprechung, u.a. durch BFH, 27.09.2006 – IV R 7/06, BFH/NV 2007, 326).

In der Praxis werden Anträge auf Bilanzänderungen in der Regel im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung gestellt. In diesen Fällen ist der zeitliche Zusammenhang gegeben, wenn die geänderte Bilanz – unter Einbeziehung der Änderungen aus der Prüferbilanz – bis zu den durch die Bp veranlassten Änderungen der Veranlagungen oder spätestens im Rahmen eines Einspruchs eingereicht wird.

Die Höhe der Gewinnminderungen durch Bilanzänderungen ist begrenzt auf die Höhe der Gewinnerhöhungen durch Bilanzberichtigungen.

Der Zusammenhang einer Bilanzänderung mit einer Bilanzberichtigung liegt auch dann vor, wenn sich die Gewinnänderung im Rahmen der Bilanzberichtigung aus der Nicht- oder fehlerhaften Verbuchung von Entnahmen und Einlagen ergibt, BFH, 31.05.2007 – IV R 54/05, BFH/NV 2007, 1973, vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben vom 13.08.2008 (IV C 6 – S 2141/07/10004, BStBl I 2008, 845).

Ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen einer Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG und einer Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG besteht jedenfalls dann, wenn sich beide Vorgänge auf dieselbe Bilanz beziehen und die Änderung der Bilanz unverzüglich nach der Bilanzberichtigung begehrt wird, BFH-Urteil vom 17.07.2008,I R 85/07.

Eine außerbilanzielle Gewinnerhöhung berührt jedoch keinen Bilanzansatz und kann daher auch nicht die Rechtsfolge des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG herbeiführen, vgl. BFH, 23.01.2008 – I R 40/07.

3.3.3 Beispiele zur Bilanzänderung im Zusammenhang mit Bilanzberichtigungen

Beispiel 1 (Sonderabschreibung nach § 7g EStG):

Im Rahmen einer Betriebsprüfung (Bp) für die Jahre 2003 bis 2005 werden Urlaubsrückstellungen korrigiert, weil Weihnachtsgelder unzulässigerweise in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurden, vgl. BFH, 08.07.1992 – XI R 50/89, BStBl II 1992, 910. Die Rückstellungen entwickeln sich wie folgt:

Rückstellung

lt. Steuerbilanz

lt. Prüferbilanz

Gewinnänderung

01.01.03

20.000 EUR

20.000 EUR

Minderung 03

15.000 EUR

15.000 EUR

0 EUR

31.12.03

5.000 EUR

5.000 EUR

Zuführung 04

10.000 EUR

5.000 EUR

+ 5.000 EUR

31.12.04

15.000 EUR

10.000 EUR

Zuführung 05

20.000 EUR

10.000 EUR

+ 10.000 EUR

31.12.05

35.000 EUR

20.000 EUR

Der Unternehmer möchte im Rahmen einer Bilanzänderung in jedem Jahr i. H. v. 8.000 EUR eine zulässige Sonderabschreibung nach § 7g EStG auf verschiedene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vornehmen.

Im Jahr 03 ist die Bilanzänderung nicht zulässig, weil in diesem Jahr keine Bilanzberichtigung erfolgt ist (kein sachlicher Zusammenhang). Im Jahr 04 ist die Bilanzänderung nur i.H.v. 5.000 EUR zulässig, weil die Gewinnminderung die Gewinnerhöhung durch die Bilanzberichtigungen nicht übersteigen darf. Im Jahr 05 ist die Bilanzänderung i.H.v. 8.000 EUR möglich.

Praxistipp:

Bei einer im Rahmen einer Bilanzänderung neu gebildeten Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG (nach altem Recht) ist zu beachten, dass die Voraussetzungen des § 7g Abs. 3 Nr. 3 EStG (die Bildung muss in der Buchführung verfolgt werden können, geplante Investitionen müssen gesondert ausgewiesen werden) vorliegen müssen. Die Erhöhung einer bestehenden Rücklage (z.B. von 20 % auf 30 % der geplanten Investitionen) ist nach h.M. ebenfalls im Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung grundsätzlich möglich, weil die Änderung der Bilanz eines bestimmten Wirtschaftsjahres lt. BMF-Schreiben vom 18.05.2000 (BStBl. 2000 I, 587) unabhängig von der Frage, auf welche Wirtschaftsgüter oder Rechnungsabgrenzungsposten (oder Rücklagen) sich die Berichtigung dieser Bilanz bezieht, bis zur Höhe des gesamten Berichtigungsbetrages zulässig ist.

Mit Urteil vom 17.06.2010 (III R 43/06) hat der BFH entschieden, dass eine 7g-Rücklage nach altem Recht zwar grundsätzlich auch nachträglich im Wege der Bilanzänderung zur Kompensation eines Betriebsprüfungsmehrergebnisses gebildet werden konnte, dies aber voraussetze, dass ein Finanzierungszusammenhang zwischen der Investition und der Rücklagebildung bestehen müsse. Dieser Finanzierungszusammenhang sei nicht gegeben, wenn die Rücklage erst mehr als zwei Jahre nach der Investition gebildet wird/wurde. Dabei ist dieser Zeitabstand nicht auf den Ablauf eines Wirtschaftsjahres sondern taggenau zu berechnen.

Beispiel 2 (nicht abzugsfähige Betriebsausgaben):

Im Rahmen einer Bp werden für das letzte Prüfungsjahr 2005 folgende Feststellungen getroffen:

Erhöhung der nicht abzugsfähigen Bewirtungskosten, § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG

+ 8.000 EUR

Erhöhung der nicht abzugsfähigen Aufwendungen für das Chartern einer Segelyacht mit Geschäftsfreunden, § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG

+ 15.000 EUR

Erhöhung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG

+ 7.000 EUR

Gewinnerhöhung (vor Steuerrückstellungen)

+ 30.000 EUR

Im Rahmen einer Bilanzänderung für 2005 sollen mehrere neu angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgüter nunmehr degressiv statt linear abgeschrieben werden; dies führt zu einer Gewinnauswirkung von – 20.000 EUR.

Die Bilanzänderung ist nicht möglich, da kein Bilanzpostens berichtigt wird. Die Gewinnkorrekturen erfolgen außerhalb der Bilanz, führen also nicht zu Bilanzberichtigungen und lassen sich daher nicht mit Bilanzänderungen verrechnen.

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