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Kinder – Zweitausbildung

Normen

§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG

Information

Volljährige Kinder werden grundsätzlich bis zum 25. Lebensjahr berücksichtigt, wenn sie sich z.B. in Berufsausbildung befinden. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums wird ein volljähriges aber nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a SGB IV sind unschädlich.

Umkehrschluss:
Im Rahmen einer Erstausbildung oder (so die Auslegung durch die Finanzverwaltung) eines Erststudiums ist es unerheblich, ob das Kind Einkünfte oder Bezüge hat bzw. einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Begünstigt sind auch Ausbildungsgänge (z.B. Abendschulen, Fernstudium), die neben einer (Vollzeit-) Erwerbstätigkeit ohne eine vorhergehende Berufsausbildung durchgeführt werden.

Im Rahmen einer Zweitausbildung und/oder eines Zweitstudiums ist es schädlich, wenn das Kind in dieser Phase einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

Ausnahmen:

  • Erwerbstätigkeit bis zu 20 Std./wöchentlich

  • Ausbildungsdienstverhältnis

  • Geringfügige Beschäftigung (Mini-Job)

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums besteht die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten und damit nicht mehr zu berücksichtigen ist. Die Vermutung gilt durch den Nachweis als widerlegt, dass das Kind sich in einer weiteren Berufsausbildung befindet und tatsächlich keiner („schädlichen“) Erwerbstätigkeit (s. die oben aufgeführten Ausnahmen) nachgeht, die Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch nimmt.

Ein Studium stellt (auch) dann ein erstmaliges Studium im obigen Sinne dar, wenn es sich um eine Erstausbildung handelt.

Befindet sich ein volljähriges Kind in einer Übergangszeit (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) oder kann eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht begonnen oder fortgesetzt werden (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG), ist das Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums ebenfalls nur zu berücksichtigen, wenn es nicht überwiegend erwerbstätig ist.

Praxistipp:

Das volljährige Kind kann Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung oder aus Beteiligungen an einem Gewerbebetrieb in jedem Fall in unbegrenzter Höhe erzielen, ohne die kindbedingten Entlastungen der Eltern zu gefährden. Nur Erwerbstätigkeit kann unter den vorgenannten Umständen zum Ausschluss führen.

Das BMF-Schreiben vom 07.12.2011 – IV C 4 – S 2282/07/0001-01, DStR 2011, 2462, enthält Auslegungsvorschriften zu den gesetzlichen Neuregelungen.

Erstmalige Berufsausbildung:
Diese ist gegeben, wenn keine andere abgeschlossene Berufsausbildung bzw. kein abgeschlossenes berufsqualifizierendes Hochschulstudium vorausgegangen ist.

Beispiel:

A wird nach dem Schulabschluss zunächst als Gerüstbauer im Rahmen einer Hilfsarbeitertätigkeit beschäftigt. Mit 23 Jahren holt er eine Ausbildung als Gerüstbauer nach. Dabei handelt es sich jetzt (noch immer) um eine erstmalige Berufsausbildung.

Erststudium:
Ein solches liegt vor, wenn kein anderes, durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium bzw. keine andere abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung vorangegangen ist.

Beispiel:

B macht nach dem Abitur eine Berufsausbildung zum Bankkaufmann. Parallel studiert er an der FernUni BWL. Mit Abschluss der Ausbildung zum Bankkaufmann handelt es sich bei dem Studium um ein Zweitstudium/Zweitausbildung.

Praxistipp:

Die BFH-Rechtsprechung ist zunehmend elternfreundlich ausgerichtet. Ein Masterstudium ist jedenfalls dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist (sog. konsekutives Masterstudium; vgl. BFH v. 3.9.2015 VI R 9/15). Im Urteilsfall war der Masterstudent als studentische Hilfskraft mehr als 20 Stunden wöchentlich tätig. Der BFH sah dies als unschädlich an.

Der Tatbestand „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG muss nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss (z.B. in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang) erfüllt sein. Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das bestimmte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann (BFH v. 15.4.2015 V R 27/14. Im Streitfall befand sich der Sohn S bis einschließlich Februar 2012 in beruflicher Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik. Nach erfolgreichem Abschluss bewarb S sich im selben Monat für einen Platz an einer Technikerschule sowie einer Fachoberschule für Technik. Bereits zu diesem Zeitpunkt strebte er diese Weiterbildungsmaßnahmen mit dem Fernziel der Erlangung des Abschlusses eines Elektroingenieurs an. Am 28.2.2012 unterschrieb S einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag in üblich bezahlter Vollzeit-beschäftigung, aufgrund dessen er von März bis Juli 2012 in seinem erlernten Beruf arbeitete. Nachdem er eine Zusage der Fachoberschule für Technik erhalten hatte, beendete er das Arbeitsverhältnis vorzeitig, um ab Mitte August 2012 diese Bildungseinrichtung besuchen zu können. Der einjährige Vollzeitunterricht erfolgte zur Vorbereitung des Studiums an einer Fachhochschule und war für S Voraussetzung, ein solches aufnehmen zu können. Die Familienkasse lehnte die Kindergeldfestsetzung für die Monate März bis Juli ab. Ein Anspruch auf Kindergeld bestehe nicht, da S – nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung im Februar 2012 – ab März bis Juli 2012 einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Stunden pro Woche nachgegangen sei. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der BFH sah dagegen die Revision als begründet an.

Fachschulbesuch

Da berufliche Erstausbildung vorausgesetzt wird, liegt i.d.R. keine Erstausbildung bzw. kein Erststudium vor.

Wechsel bzw. Unterbrechung des Studiums

Bei Abbruch des Studiums gilt dieses nicht als Erststudium.

Mehrere Studiengänge

Nach Abschluss des ersten Studiums stellt das weiter fortgesetzte Studium kein Erststudium mehr dar.

Erstes juristisches Staatsexamen

Ein anschließendes Referendariat stellt eine Zweitausbildung dar, aber hier handelt es sich um ein Ausbildungsdienstverhältnis.

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