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Grunderwerbsteuerberechnung – Einzelfälle

Normen

§ 138 BewG

§ 1

§ 8 GrEStG

§ 9 GrEStG

§ 11 GrEStG

§ 114a ZVG

1. Allgemeines

Die Grunderwerbsteuer wird in der Regel von der Gegenleistung berechnet (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber dem Veräußerer oder einer anderen Person für den Erwerb des Grundstücks gewährt (§ 9 Abs. 1 GrEStG). Als Gegenleistung gilt insbesondere nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

2. Einzelfälle

2.1 Erschließungskosten

Nach dem BFH-Urteil vom 15.3.2001 (II R 39/99, BFH/NV 9/2001, 1198) ist die Verpflichtung zur Übernahme künftiger Erschließungskosten kein Entgelt für den Grundstückserwerb. In einigen Sonderfällen, z.B. wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden ist, bei Umwandlungen oder Einbringungen, wird die Steuer vom Grundbesitzwert (§ 138 Abs. 2 oder 3 BewG) berechnet (§ 8 Abs. 2 GrEStG). Die Steuer beträgt 3,5 % der Bemessungsgrundlage (§ 11 Abs. 1 GrEStG).

2.2 Übernahme von Erwerbsnebenkosten durch den Veräußerer

Hat sich der Verkäufer eines Grundstücks im notariellen Kaufvertrag – abweichend vom Üblichen und der gesetzlichen Regel in § 448 Abs. 2 BGB – dazu verpflichtet, dem Erwerber die Erwerbsnebenkosten zu erstatten, mindert der (erworbene) Erstattungsanspruch die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer (BFH vom 17.4.2013 – II R 1/12, BStBl. II 2013, 637).

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist der Wert der Gegenleistung. Hat wie üblich der Erwerber die Erwerbsnebenkosten zu tragen, erhöhen sie nicht die Gegenleistung, denn der Erwerber schuldet diese Beträge nicht dem Veräußerer und auch nicht für die Übertragung des Eigentums. Nichts anderes gilt im umgekehrten Fall, wenn der Verkäufer diese Kosten zu tragen hat. In diesem Fall wendet der Erwerber einen Teil des Kaufpreises dafür auf, um einen Kostenerstattungsanspruch zu erwerben. Gegenleistung ist aber nur der für den Grunderwerb aufgewendete Teil des Kaufpreises. Der vereinbarte Kaufpreis ist deshalb um den Wert des erworbenen Erstattungsanspruchs zu mindern. Der Anspruch kann mit dem Nominalwert bemessen und direkt vom Kaufpreis abgezogen werden. Das gilt allerdings nicht, soweit der Verkäufer dem Erwerber auch die Grunderwerbsteuer erstattet, denn die Grunderwerbsteuer beeinflusst ihre eigene Bemessungsgrundlage nicht (§ 9 Abs. 3 GrEStG). Es wäre in diesem Fall steuerlich günstiger, wenn der Käufer die Grunderwerbsteuer selbst trägt und ein um die Grunderwerbsteuer geminderter Kaufpreis vereinbart wird.

2.3 Erwerbsgegenstand bei umfangreichen Vorplanungen zur Bebauung

Die Lieferung eines bebauten Grundstücks kann als ein einheitlicher Erwerbsvorgang anzusehen sein. Ein auf der Veräußererseite verpflichtendes abgestimmtes Verhalten bezüglich des Abschlusses sowohl des Grundstückskaufvertrages als auch der Verträge, die der Bebauung dienen, führt zu einem solch einheitlichen Erwerbsgegenstand. Dies hat zur Folge dass sich die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer erheblich erhöht. Fehlt es an einer solchen Verpflichtung, liegen bloße Dienstleistungen vor. Diese Leistungen sind nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. S. zur Abgrenzung OFD Niedersachsen, vom 24.1.2014 – S 4521 – 276 – St 262. Ein einheitlicher, auf den Erwerb des bebauten Grundstücks gerichtete Erwerbsvorgang kann selbst dann vorliegen, wenn ein abgestimmtes Verhalten auf der Veräußererseite dem Erwerber nicht erkennbar ist (BFH vom 19.6.2013 – II R 3/12, BStBl. II. 013, 965). Die Ausweitung der Bemessungsgrundlage kann zu einer Doppelbelastung des Erwerbsvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer führen. Denn die Rechtsprechung des für die Grunderwerbsteuer zuständigen II. Senats des Bundesfinanzhofs zu den Bauerrichtungsleistungen als angeblich unselbständiger Teil eines einheitlichen Leistungsgegenstandes weicht ab von der Rechtsprechung der Umsatzsteuersenate des BFH zur regelmäßigen Selbständigkeit der Bauerrichtungsleistungen, die dann mit Umsatzsteuer belastet werden, und weicht auch noch von den Grundsätzen des steuerlichen Bewertungs-, Grundsteuer und Einkommensteuerrechts ab (Niedersächsisches FG vom 20.3.2013 – 7 K 28, 29/10, juris; Az. des BFH: II R 32/13).

2.4 Herstellungskosten des Gebäudes

Wird ein unbebautes Grundstück erworben und anschließend hierauf ein Gebäude errichtet, stellt sich die Frage, ob die 3,5 %ige Grunderwerbsteuer nur auf den Grund und Boden oder vom Gesamtpreis für das fertige Objekt erhoben wird.

Maßgebend für die Antwort ist, was Käufer und Verkäufer vereinbart haben.

Ist das bebaute Gesamtwerk Gegenstand des Erwerbsvorgangs, unterliegen sämtliche Aufwendungen der Grunderwerbsteuer. Das gilt neben den Baukosten dann auch für Maklergebühren, Erschließungsbeiträge und Sonderwünsche des Bauherren. Soll hingegen erst einmal nur das Grundstück gekauft werden, wird die Abgabe nur hierauf bemessen. Dieser Weg erspart Bauwilligen schon beim Einfamilienhaus fünfstellige Beträge und kann sogar die Nachteile der gestrichenen Eigenheimzulage egalisieren. Diese vorteilhafte Sichtweise gilt beispielsweise, wenn Neubesitzer selbst nach einer passenden Baufirma Ausschau halten und hierbei keine Verbindung zum Verkäufer des Grund und Bodens besteht.

Aber auch bei der Aufspaltung in mehrere Abschlüsse vermutet das FA einen einheitlichen Vorgang von Grundstückskauf und Hausbau. Wer vom Bauträger Grund und Boden kauft, muss generell auch für die anschließende Herstellung Grunderwerbsteuer zahlen. Liegt ein Festpreisangebot vor oder steht die Art der Bebauung im Wesentlichen fest, ist ein sachlicher Zusammenhang gegeben. Nur wer in Eigenregie baut, spart hierauf die 3,5 %ige Abgabe.

Diese beiden Punkte versuchten Hausbesitzer bislang oft zu umgehen, indem sie beim FA den eigenen Einfluss auf die Baupläne geltend machten, in der Hoffnung, dass es durch diese Argumentation zu zwei getrennten Erwerbsvorgängen kommt und Grunderwerbsteuer nur auf den Grund und Boden anfällt.

Dieser Gestaltung hat der BFH ein Ende gesetzt (BFH vom 21.9.2005 – II R 49/04, BStBl II 2006, 269). Hiernach liegt bereits dann ein einheitlicher Kauf vor, wenn der Erwerber konkret in die Gestaltung des Wunschobjekts eingreift und hierzu sogar einen eigenen Architekten einschaltet. Damit behandelt der Fiskus den Vorgang genauso, als wenn das Angebot des Verkäufers unverändert übernommen wird.

Wird ein gemeinsamer Vertrag über Grundstückskauf und Gebäudebau abgeschlossen, liegt auch bei Mitspracherechten des Neubesitzers ein einheitliches Geschäft vor, das komplett besteuert wird. Wird über getrennte Abmachungen der Grundstücksverkäufer oder ein mit ihm im Zusammenhang stehender Dritter anschließend auch mit der Errichtung des Bauwerks beauftragt, müssen schon triftige Gründe vorgelegt werden, warum die Abgabe auf die Baukosten außen vor bleiben soll. Hierzu muss der Bauherr eindeutig nachweisen, dass er bei Auswahl der Bauunternehmer frei entscheiden konnte und trotzdem den Grundstücksverkäufer oder seinen Subunternehmer beauftragt hat. Als Beleg dienen hier Angebote anderer Firmen, die der Bauherr vor seiner endgültigen Wahl nicht nur zum Schein eingeholt hat.

Auch bei der Vereinbarung mehrerer Beteiligter, dass der Erwerber eines unbebauten Grundstücks dieses in bebautem Zustand erhält, liegt ein einheitlicher Erwerbsvorgang vor. Der BFH hat im Urteil vom 27.9.2012 an seiner bisherigen Rspr. entgegen der Vorinstanz festgehalten (s. BFH vom 27.9.2012 – II R 7/12, BStBl. II 2013, 86; die eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen, BVerfG Beschluss vom 20.5.2013, 2 BvR 2766/12, juris; s. auch FinMin Baden-Württemberg v. 4.7.2013 – 3-S450.0/92, juris).

Sachverhalt:

Die Eheleute erwarben durch Notarvertrag vom 16.11.2005 je zur Hälfte ein unbebautes Grundstück zum Preis von 46 314 €, worauf das FA die GrESt in Höhe von jeweils 810 € festsetzte (46 314 € × 3,5 %: 2). Später stellte sich heraus, dass die Eheleute am 30.11 2005 einen Bauerrichtungsvertrag mit dem Bauunternehmen B über die Errichtung einer Doppelhaushälfte auf dem Grundstück zum Preis von 120 013 € (einschließlich 16 % USt 2005) abgeschlossen hatten. In den Erwerb war das Baubetreuungsunternehmen C einbezogen. C hatte von den bisherigen Grundstückseigentümern die Erlaubnis, das unbebaute Grundstück am Markt anzubieten. Bereits am 20.10.2005 hatten die Eheleute mit B den Haustyp und den Kaufpreis besprochen.

Das FA nahm daraufhin einen einheitlichen Leistungsgegenstand an und setzte die GrESt durch geänderte Bescheide unter Einbeziehung der Bauerrichtungskosten auf jeweils 2 910 € fest (46 314 € + 120 013 € = 166 327 € × 3,5 % = 5 820 €: 2).

Entscheidung des BFH:

Der BFH sieht gemäß seiner bisherigen Rspr. in den Vereinbarungen einen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist zunächst das zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Kaufvertragsabschluss unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderbsteuerliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Ein solcher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag wird indiziert, wenn der Veräußerer vor Abschluss des Kaufvertrags aufgrund einer konkreten Vorplanung ein bestimmtes Gebäude zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot später annimmt.

Dabei können auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner auftreten. Entscheidend ist, dass der Kaufvertrag in ein Vertragsgeflecht einbezogen ist, das darauf gerichtet ist, dem Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen.

Wenn mehrere Vertragspartner durch abgestimmtes Verhalten sowohl auf den Abschluss des Kaufvertrags als auch des Bauvertrags hinwirken, ist dies der Fall.

Die Eheleute haben bereits im Oktober 2005 – und damit vor Abschluss des Kaufvertrags – die Einzelheiten für die schlüsselfertige Errichtung des Hauses besprochen und bereits 14 Tage nach dem Kaufvertrag den Bauvertrag abgeschlossen. Die Bebauung war somit bereits im Zeitpunkt des Kaufvertrags abschließend geplant. Mit Beschluss vom 2.4.2008 (7 K 333/06, EFG 2008, 975) hat das FG Niedersachsen dem EuGH folgende Frage vorgelegt: Verstößt die Erhebung der deutschen GrESt auf künftige Bauleistungen durch deren Einbeziehung in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstücks (sog. einheitlicher Leistungsgegenstand bestehend aus Bauleistungen sowie Erwerb des Grund und Bodens) gegen das europäische Umsatzsteuer-Mehrfachbelastungsverbot des Art. 401 der MwStSystRL, wenn die grunderwerbsteuerlich belasteten Bauleistungen zugleich als eigenständige Leistungen der deutschen USt unterliegen?

Mit Beschluss vom 27.11.2008 (C-156/08, UR 2009, 136) hat der EuGH klargestellt, dass die Doppelbelastung nicht gegen das Umsatzsteuer-Mehrfachbelastungsverbot des Art. 401 MwStSystRL verstößt. In dem vom EuGH entschiedenen Fall hatten die Käufer von einer Grundstücksgesellschaft ein unbebautes Grundstück erworben. Sie hatten sodann ein Bauunternehmen mit der Errichtung eines Einfamilienhauses auf diesem Grundstück beauftragt. Wegen der Personenidentität zwischen dem Geschäftsführer der Bauunternehmung und dem Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft hatte das FA eine Verflechtung angenommen und bei der Grunderwerbsteuer nicht nur den Wert des unbebauten Grundstücks, sondern auch den der Bauleistungen zu Grunde gelegt. Das vorlegende FG Niedersachsen hatte Bedenken wegen der doppelten Erfassung der Bauleistungen mit Umsatz- und Grunderwerbsteuer im Hinblick auf Art. 401 der MwStSystRL gehabt. Diese hat der EuGH nicht geteilt.

Auch nach Auffassung des BFH darf die für Bauleistungen angefallene USt zusätzlich der GrESt unterworfen werden. Die unter das GrEStG fallenden Umsätze sind zwar umsatzsteuerfrei. Inwieweit GrESt zu erheben ist, entscheidet sich jedoch nach dem GrEStG. Der Erwerb eines unbebauten Grundstücks, das vom Erwerber in eigener Regie bebaut wird, ist mit dem Erwerb eines bebauten Grundstücks zu vergleichen. Beim Erwerb eines bebauten Grundstücks fällt die für die Bauleistungen gezahlte USt in die Bemessungsgrundlage für die GrESt. Ebenso muss es sein, wenn die Verträge darauf gerichtet sind, dass der Erwerber das Grundstück im zukünftig bebauten Zustand erhält (s. BFH vom 27.9.2012 – II R 7/12, BStBl. II 2013, 86; die eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen, BVerfG Beschluss vom 20.5.2013, 2 BvR 2766/12, juris; s. auch FinMin Baden-Württemberg v. 4.7.2013 – 3-S450.0/92, juris).

2.5 Maklergebühr

Die Vfg. der OFD Hannover vom 10.9.2008 (S 4521 – 98 – StO 262, juris) nimmt zu der Maklergebühr als Gegenleistung für die Ermittlung der Grunderwerbsteuer Stellung. Beauftragt ein Grundstückseigentümer einen Makler mit der Vermittlung des Grundstücksverkaufs, so schuldet der Verkäufer, falls nicht abweichende Vereinbarungen getroffen werden, dem Makler beim Zustandekommen des Kaufvertrags eine Vergütung. Entsprechend der Lage auf dem Grundstücksmarkt wird jedoch in den Verträgen zwischen den Maklern und den Grundstückseigentümern in aller Regel vereinbart, dass diese von der Zahlung einer Maklergebühr frei bleiben und dass die Gebühr allein vom Käufer getragen werden soll. Hat der Makler einen Kaufinteressenten gefunden, so kommt zwischen dem Makler und dem Käufer ebenfalls ein Maklervertrag zustande. Die darin vereinbarte, vom Käufer zu tragende Maklergebühr stellt eine eigene Schuld des Erwerbers dar, die nicht zur Gegenleistung gehört (BFH vom 14.10.1981 – II R 23/80, BStBl. II 1982, 138). Das gilt auch dann, wenn die vom Erwerber zu entrichtende Gebühr wirtschaftlich ganz oder z.T. die Vergütung mit umfasst, die bei einer anderen Marktlage vom Verkäufer an den Makler zu zahlen gewesen wäre. Unerheblich ist, welche Partei die Dienste des Maklers als erste in Anspruch genommen hat.

Die Maklergebühr kann demnach nur dann zur Gegenleistung gerechnet werden, wenn im Grundstückskaufvertrag der Erwerber ausdrücklich die Schuld des Verkäufers übernimmt.

Fehlt ein derartiger ausdrücklicher Hinweis oder ist im Kaufvertrag lediglich der Hinweis aufgenommen worden, dass der Erwerber die Maklerkosten, in welcher Höhe auch immer, zu zahlen hat, ist hierin allein kein Hinweis darauf zu sehen, dass der Erwerber eine Schuld des Verkäufers übernommen hat. Es kann in diesem Hinweis grundsätzlich nur eine Bestätigung der originären Gebührenschuld des Erwerbers gesehen werden.

2.6 Grundstücksveräußerungen mit Solar- und Photovoltaikanlagen

Der Erlass der Finanzbehörde Hamburg vom 8.7.2008 (53 – S 4521 – 009/06) nimmt zum Umfang der Gegenleistung bei Grundstücksveräußerungen mit Solar- bzw. Photovoltaikanlagen Stellung.

Danach ist der auf thermische Solaranlagen/Solarkraftwerke entfallende Teil des Kaufpreises in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen und unterliegt der GrESt.

Photovoltaikanlagen sind wie folgt zu behandeln:

2.7 Befriedigungsfiktion des § 114a Satz 1 ZVG als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer

Bei dem nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG steuerpflichtigen Erwerb eines Grundstücks durch Abgabe des Meistgebots im Zwangsversteigerungsverfahren gehört gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG auch der Betrag zur Bemessungsgrundlage, in dessen Höhe ein anderer als der Ersteher des Grundstücks aufgrund der Befriedigungsfiktion des § 114a Satz 1 ZVG seine schuldrechtliche Forderung gegen den Zwangsvollstreckungsschuldner verliert (BFH vom 19.6.2013 – II R 5/11, BStBl. II 2013, 926).

Die Rechtsfolgen von § 114a Satz 1 ZVG treten auch ein, wenn der Inhaber der Forderung gegen den Zwangsvollstreckungsschuldner zwar nicht Gläubiger, aber Treugeber der Grundschuld ist und ein von ihm abhängiges Unternehmen im Zwangsversteigerungsverfahren das Meistgebot unterhalb der 7/10-Grenze abgibt und daraufhin den Zuschlag erhält (BFH vom 19.6.2013 – II R 5/11, BStBl. II 2013, 926).

2.8 Grundstücksübergänge nach § 8 Abs. 2 GrEStG

2.8.1 Verfassungsmäßigkeit der Grundbesitzwerte nach § 8 Abs. 2 GrEStG

In den Ausnahmefällen des § 8 Abs. 2 GrEStG, zu denen u.a. die in der Praxis wichtigen Grundstücksübergänge aufgrund von Umwandlungen sowie Anteilsvereinigungen und -übertragungen gehören (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 GrEStG), ist der Bedarfswert i.S.d. § 138 Abs. 2 oder 3 BewG anzusetzen. Diese Regelung ist gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG auch in den Fällen des § 1 Abs. 2a und 3 GrEStG anzuwenden. Der im Bedarfsfall festzustellende Wert i.S.d. § 138 Abs. 2 und 3 BewG ist jeweils unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt und der Wertverhältnisse zum 1.1.1996 festzustellen (§ 138 Abs. 1 Satz 2 BewG).

Das BVerfG hatte diese Bewertungsvorschriften für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als verfassungswidrig beanstandet, weil sie zu zufälligen und willkürlichen Bewertungsergebnissen führten. Diesen verfassungswidrigen Zustand hat der Gesetzgeber ab 2007 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer beseitigt und durch neue Bewertungsregeln ersetzt, hierauf aber für die GrESt verzichtet.

Der BFH hat nun das BVerfG angerufen, da er von der Verfassungswidrigkeit des Ansatzes der nur noch für die Grunderwerbsteuer maßgeblichen Grundbesitzwerte als Ersatz-Bemessungsgrundlage überzeugt ist (BFH vom 2.3.2011 – II R 23/10, BFH/NV 2011, 1074, DB 2011, 14; Az. des BVerfG: 1 BvL 13/11; BFH vom 2.3.2011 – II R 645/08, BFH/NV 2011, 1009, Az. des BVerfG: 1 BvL 14/11).

Im Verfahren II R 23/10 hatte die Klägerin, eine US-amerikanische Gesellschaft, alle Anteile an einer deutschen GmbH erworben, zu deren Vermögen in Deutschland gelegene Grundstücke gehörten. Für diese Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) wurde gegenüber der Klägerin GrESt auf der Grundlage der für die Grundstücke der GmbH festgestellten Grundbesitzwerte festgesetzt. Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des BFH ist die weitere Anwendung der §§ 138 ff. BewG für die GrESt verfassungswidrig, weil sie aufgrund des einheitlichen Steuersatzes der GrESt zu willkürlichen und zufälligen Besteuerungsergebnissen führten und daher mit dem Gleichheitssatz unvereinbar seien.

2.8.2 Keine Aussetzung der Vollziehung bis 2008

Der BFH hat mit Beschluss vom 5.4.2011 (II B 153/10, BFH/NV 2011, 1082, DB 2011, 1109) entschieden, dass die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Bewertung von Grundstücken nach § 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. §§ 138 ff. BewG für Zwecke der Grunderwerbsteuer auch für Zeiträume vor dem 1.1.2009 nicht in Betracht kommt. Soweit im Hinblick auf Entscheidungen der Finanzgerichte (z.B. durch die Vorinstanz Schleswig-Holsteinisches FG Beschluss vom 2.12.2010, 3 V 134/10) AdV gewährt worden ist, da der Anwendung des Gesetzes kein überwiegendes öffentliches Interesse entgegen stehe, da das öffentlich Interesse an einer geordneten Haushaltsführung nicht gefährdet sei und es sich weder um ein typisches Massenverfahren handele noch die Aussetzung der Vollziehung im Ergebnis zu einer vorläufigen Nichtanwendung des ganzen Gesetzes führe, werden diese Entscheidungen durch die Finanzämter widerrufen.

Für die Vorschriften des § 11 i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG und § 138 Abs. 2 bis 4 BewG kann nach Auffassung des BFH nicht angenommen werden, dass diese auf die Vorlagebeschlüsse vom 2.3.2011 II R 64/08 und II R 23/10 (jeweils a.a.O.) hin vom BVerfG rückwirkend für nichtig erklärt werden. Nach der ständigen Spruchpraxis des BVerfG ist regelmäßige Folge einer Verletzung des Gleichheitssatzes die Unvereinbarkeitserklärung. Dabei kommt eine befristete Fortgeltungsanordnung einer als verfassungswidrig erkannten Bestimmung u.a. aus Gesichtspunkten einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung in Betracht (BVerfG vom 21.7.2010 -, 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, DStR 2010, 1721, m.w.N.).

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