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Altersvorsorge – Zertifizierung

Information

1. Allgemeines

Der Anleger erhält für seine private Altersvorsorge ab 2002 eine staatliche Förderung in Form einer Zulage (Altersvorsorge – Zulage) oder eines zusätzlichen Sonderausgabenabzuges. Die abzuschließenden Altervorsorgeverträge bedürfen zuvor einer Prüfung nach einheitlichen Kriterien und Richtlinien. Diese sind im Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz geregelt. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen prüft als Zertifizierungsbehörde vorab, ob angebotene Altersvorsorgeprodukte die vorgeschriebenen Förderkriterien erfüllen. Dieses Zertifikat stellt ausdrücklich kein staatliches Gütesiegel dar, das die Qualität des Produktes hinsichtlich Rentabilität, Gewinnspanne und Sicherheit bestätigt.

Wenige Tage vor In-Kraft-Treten der Rentenreform zum 01.01.2002 hatte das Bundesamt für das Versicherungswesen (BAV) rund 3.400 Zertifikate für verschiedene Vertragsangebote erteilt (Bekanntmachung v. 07.11.2001 im Bundesanzeiger Nr. 219 v. 23.11.2001, S. 23917). Dabei handelt es sich um Vorsorge-Modelle von Lebensversicherern, Kreditinstituten und Investmentgesellschaften, die nach der Rentenreform förderfähig sind, also vom Staat durch Steuervorteile oder Zulagen mit finanziert werden. .

2. Voraussetzungen

Nachfolgend werden die ursprünglich erforderlichen Bedingungen gem. § 1 Abs. 1 AltZertG (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz) für einen anzuerkennenden Altersvorsorgevertrag aufgezeigt:

  • Gefördert werden Anlagen, die bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs oder bis zum Beginn einer Altersrente des Anlegers aus der gesetzlichen Rentenversicherung gebunden sind und nicht beliehen oder anderweitig verwendet werden können. Bei Altersvorsorgeverträgen, die nach dem 31.12.2011 abgeschlossen werden, dürfen die sich ergebenden Altersleistungen nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres ausgezahlt werden oder auf einer vor Vollendung des 62. Lebensjahres beginnenden Leistung aus einem gesetzlichen Alterssicherungssystem des Anlegers beruhen. Das BMF hat mit Schreiben vom 06.03.2012 – IV C 3 – S 2220/11/10002 – zu den steuerlichen Auswirkungen einer Anpassung von Vorsorgeverträgen an die Anhebung des Mindestrentenalters vom 60. auf das 62. Lebensjahr ab dem Jahr 2012 sowie zu den steuerlichen Auswirkungen einer Laufzeitanpassung von Lebensversicherungsverträgen an die Anhebung des Renteneintrittsalters Stellung genommen.

  • Die Anlageformen müssen ab Auszahlungsbeginn eine lebenslange steigende oder gleichbleibende monatliche Leibrente zusichern (Rentenversicherung). Alternativ sind entsprechende Auszahlungen aus Fonds- oder Bankguthaben, die in der Leistungsphase ab Alter 85 mit einer Rentenversicherung verbunden sind (Restkapitalverrentung), möglich.

  • Zu Beginn der Auszahlungsphase müssen mindestens die eingezahlten Beträge und während der Auszahlungsphase die laufenden monatlichen Zahlungen zugesagt sein (Nominalwerthaltung). Bis zu drei Monatsraten können in einer Auszahlung zusammengefasst werden.

  • Förderunschädlich können die Anlageverträge mit einer Erwerbsminderungsrente und/oder einer Hinterbliebenenrente verbunden werden.

  • Die Anlagen sind während der Ansparphase gesetzlich vor Pfändung/Abtretung sowie Anrechnung in Sozial- und Arbeitslosenhilfe geschützt.

  • Die in Ansatz gebrachten Abschluss- und Vertriebskosten sind über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren in gleichmäßigen Jahresbeträgen zu verteilen, soweit sie nicht als Vomhundertsatz von den Altersvorsorgebeiträgen abgezogen werden.

  • Der Anbieter ist verpflichtet, den Vertragspartner jährlich schriftlich über die Verwendung der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge, das bisher gebildete Kapital, die einbehaltenen anteiligen Abschluss- und Vertriebskosten, die Kosten für die Verwaltung des gebildeten Kapitals, die erwirtschafteten Erträge sowie bei Umwandlung eines bestehenden Vertrages in einen Altersvorsorgevertrag die bis zum Zeitpunkt der Umwandlung angesammelten Beiträge und Erträge zu informieren (Informationspflicht).

  • Die Vereinbarung muss dem Vertragspartner während der Ansparphase einen Anspruch gewähren,

    • den Vertrag ruhen zu lassen,

    • den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres zu kündigen, um das gebildete Kapital auf einen anderen Altersvorsorgevertrag übertragen zu lassen,

    • mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervieteljahres die teilweise oder vollständige Auszahlung des gebildeten Kapitals für eine Verwendung zur Finanzierung selbstgenutzten Wohneigentums zu verlangen.

Hinweis:

Anlagen mit einmaligen Kapitalauszahlungen sind nicht begünstigt.

Der Anleger muss sich nicht selbst um die Zertifizierung kümmern. Er sollte sich lediglich vor Abschluss eines Vorsorgevertrages die Zertifizierungsurkunde des Anlageproduktes vorlegen lassen oder auf den Zertifizierungsvermerk achten, Altersvorsorge – Anlageprodukte.

Auch Altverträge können als Altersvorsorgeverträge anerkannt werden, wenn sie, ggf. nach Anpassung, die Voraussetzungen für eine Zertifizierung erfüllen. Die Anbieter sind sogar gesetzlich verpflichtet, auf die Möglichkeit der Umstellung eines Altvertrages hinzuweisen.

3. Anbieter

Für eine Zertifizierung als Anbieter der förderfähigen privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge kommen in Betracht (§ 1 Abs. 2 AltZertG):

  • Lebensversicherungsunternehmen im Inland oder im EWR-Raum mit versicherungsaufsichtlicher Erlaubnis,

  • Banken und Kreditinstitute im Inland oder im EWR-Raum mit Erlaubnis zum Einlagengeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG,

  • inländische Kapitalanlagegesellschaften,

  • EWR-Investmentgesellschaften und in bestimmten Fällen auch inländische Finanzdienstleistungsgesellschaften und Kreditinstitute ohne Erlaubnis zum Einlagengeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG sowie Wertpapierdienstleistungsunternehmen im EWR-Raum.

Hinweis:

Wird eine Zertifizierung für einen Vertrag erteilt, kann der Anleger davon ausgehen, dass nicht nur der Vertrag die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, sondern auch der Anbieter derartige Verträge anbieten darf (§ 1 Abs. 3 AltZertG).

Die Zertifizierungsstellen erheben für die Antragsbearbeitung Gebühren in Höhe von 5.000 EUR.
Für Anbieter, die ihrem Antrag einen zertifizierten Muster-Vertrag eines Spitzenverbandes zu Grunde legen, beträgt die Gebühr 500 EUR, wenn der Vertrag des Anbieters bezüglich der Anforderungen von dem zertifizierten Muster in Reihenfolge und Inhalt nicht abweicht und wenn der Anbieter bei seinem Antrag zusätzlich die Zertifizierungsstelle mit ihrer Postanschrift, die Zertifizierungsnummer und das Datum, zu dem die Zertifizierung wirksam geworden ist, mitteilt.
Wird der Antrag eines Anbieters durch einen dazu bevollmächstigten Spitzenverband vorgelegt, dem der Anbieter angehört, ermäßigt sich unter bestimmten Voraussetzungen die Gebühr pro Anbieter auf 250 EUR.

4. Keine Zertifizierung bei Produkten der betrieblichen Altersversorgung

Der Anbieter hat die Zertifizierungsnummer auf der nach § 10a Abs. 5 Satz 1 EStG vom Anleger dem FA vorzulegenden Anbieterbescheinigung anzugeben. Daneben gelten aber auch die nach § 82 Abs. 2 EStG aus dem individuell versteuerten Arbeitslohn des Arbeitslohns geleisteten Zahlungen in einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung (betriebliche Altersversorgungen) als förderfähige Altersvorsorgebeiträge unter den dort weiter bezeichneten Voraussetzungen. Einer Zertifizierung dieser Anlageprodukte bedarf es nicht, da durch das Betriebliche Altersversorungsgesetz für diese Anlageprodukte bereits ein Qualitätsmindeststandard besteht. Infolgedessen enthalten die in derartigen Fällen zu erteilenden Anbieterbescheinigungen im Feld „Zertifizierungsnummer“ – korrekterweise – keinen Eintrag. Diese Anbieterbescheinigungen sind daher von den Finanzämtern nicht als unvollständig zurückzuweisen. Die OFD Koblenz weist mit Kurzinformation Nr. 038/03 v. 22.05.2003 – S 2222 A darauf hin, dass die Frage, ob ein Vertrag zutreffend zertifiziert wurde, bzw. ob die in § 82 Abs. 2 EStG bezeichneten Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen die dort geforderten weiteren Voraussetzungen erfüllen, nicht in die Prüfungskompetenz der Finanzverwaltung fällt.

5. Modifizierungen durch das Alterseinkünftegesetz

Mit dem Alterseinkünftegesetz sind einige Modifizierungen und Vereinfachungen vorgenommen worden, z.B.:

  • Die bisher zu Beginn der Auszahlungsphase (bzw. nach dem Beginn der Auszahlungsphase in variablen Teilraten) zugelassene Teilkapitalauszahlung als Einmalauszahlung wird auf 30 % des zu Auszahlungsbeginn vorhandenen Kapitals erweitert.

  • Zwölf Monatsleistungen können in einer Auszahlung zusammengefasst werden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG)

  • Der Anbieter muss für den Anleger vor Vertragsabschluss die zu erwartende Beitragsrendite und die sich daraus ergebende Monatsrente berechnen und dabei die wesentlichen Kalkulationsgrundlagen darstellen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG).

  • Der Anbieter muss jährlich über die Verwendung der Beiträge und die Entwicklung des Kapitals berichten. Im Rahmen dieser jährlichen Berichterstattung muss auch ersichtlich sein, ob und wie der Anbieter ethische, soziale und ökologische Belange bei der Verwendung der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge berücksichtigt (§ 7 Abs. 4 AltZertG).

  • Ab 2006 werden bei Altersvorsorgeverträgen verpflichtend geschlechtsunabhängig berechnete Tarife (sog. Unisex-Tarife) eingeführt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AltZertG). Als Muster zu verwendende zertifizierte Altersvorsorgeverträge sind zum 01.01.2006 zu widerrufen, wenn sie diese Voraussetzung nicht erfüllen (§ 8 Abs. 5 AltZertG). Es besteht die Möglichkeit, dem Widerruf durch eine vollständige Umstellung der als Muster verwendbaren zertifizierten Altersvorsorgeverträge auf das neue Recht bis zum 31.12.2005 zu entgehen. In diesem Fall ist eine erneute Zertifizierung nicht erforderlich (§ 14 Abs. 2 Satz 1 AltZertG). Die Vertragsanpassung ist der Zertifizierungsstelle vorzulegen, damit diese überprüfen kann, ob sich die Änderungen im vorgegebenen Rahmen halten und keiner neuerlichen Zertifizierung bedürfen, da die Zertifizierung als steuerlicher Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO für behördliche Entscheidungen im Besteuerungsverfahren bindend ist. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass ab dem 01.01.2006 nur noch zertifizierte Altersvorsorgeverträge abgeschlossen werden können, bei denen die sich ergebenden Leistungen auf Grundlage geschlechtsneutraler Tarife ermittelt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene Verträge werden von der Regelung nicht beeinträchtigt; die entsprechenden Beiträge werden auch weiter gefördert.

  • Der Zeitraum, über den eine Verteilung der in Ansatz gebrachten Abschluss- und Vertriebskosten vorgesehen ist, verkürzt sich von zehn auf fünf Jahre.

  • Der Anbieter muss bereits vor Vertragsabschluss informieren z.B. über die Entwicklung des Guthabens (jeweils zum Jahresende) im Verlauf von mind. zehn Jahren, wobei das gebildete Guthaben und die zu zahlenden Beiträge für die Prognose mit Sätzen von 2 %, 4 % und 6 % jährlich zu verzinsen sind. Hierbei sollen auch die Kosten dargestellt werden, die durch einen Anbieterwechsel entstünden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG).

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