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Bewertung des Betriebsvermögens

Normen

§ 12 Abs. 5 ErbStG

§ 11 Abs. 2 BewG

§§ 95 Abs. 1 bis 97 BewG

§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG

§§ 199 bis 203. BewG

Information

1. Allgemeines

Gem. § 12 Abs. 5 ErbStG ist inländisches Betriebsvermögen, für das ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG festzustellen ist, mit dem auf den Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) festgestellten Wert anzusetzen. Ausländisches Betriebsvermögen wird dagegen nach § 31 BewG bewertet. Gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG sind der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen gesondert festzustellen.

2. Begriff des Betriebsvermögens

Nach § 95 Abs. 1 BewG umfasst das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG , die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Dem Gewerbebetrieb steht die Ausübung eines freien Berufs i.S.d. § 18 Absatz 1 Nr. 1 EStG gleich (§ 96 BewG).

Zu den Teilen eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Absatz 1 und 2 EStG zählen grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze sowie Schulden und sonstigen Abzüge, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Dies gilt aber nur, soweit das ErbStG in Verbindung mit dem BewG nicht ausdrücklich etwas anderes vorschreibt oder zulässt (R B 95 Abs. 1 ErbStR 2011).

3. Gemeiner Wert

Nach § 109 Abs. 1 BewG ist das Betriebsvermögen von Gewerbebetrieben i.S.d. § 95 BewG und das Betriebsvermögen von freiberuflich Tätigen i.S.d. § 96 BewG jeweils mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Hierbei gilt § 11 Abs. 2 BewG für die Ermittlung des gemeinen Wertes entsprechend.

Gem. § 109 Abs. 2 BewG ist auch der Wert eines Anteils am Betriebsvermögen einer in § 97 BewG genannten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit dem gemeinen Wert anzusetzen (z.B. gewerblich geprägte Personengesellschaft). Für die Ermittlung des gemeinen Werts gilt ebenfalls § 11 Abs. 2 BewG entsprechend.

Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln (§ 11 Abs. 2 BewG).

Wird der gemeine Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelt, so ist als Mindestwert der Substanzwert anzusetzen (R B 11.3 Abs. 1 ErbStR 2011). In die Berechnung des Substanzwerts sind alle Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die nach §§ 95 bis 97 BewG zum Betriebsvermögen zählen (R B 11.3 Abs. 2 ErbStR 2011).

4. Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens, § 199 BewG

Ist der gemeine Wert von Betriebsvermögen oder eines Anteils am Betriebsvermögen nach § 109 Abs. 1 und 2 BewG i.Vm. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten zu ermitteln, so kann nach § 199 Abs. 2 BewG das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden, sofern dieses nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.

Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist nicht anzuwenden, wenn branchentypisch ertragswertorientierte Verfahren ausgeschlossen sind. Dies ist z.B. der Fall, wenn der gemeine Wert des Betriebsvermögens nach Multiplikatorenverfahren oder Substanzwertverfahren ermittelt wird (R B 199.1 Abs. 1 ErbStR 2011).

5. Wahlrecht des Steuerpflichtigen

Der Steuerpflichtige kann wählen, ob das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden soll oder nicht. Voraussetzung hierfür ist, dass dieses Verfahren nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (vgl. R B 199.1 Abs. 4 ErbStR 2011).

Bestehen seitens des FA Zweifel an der Anwendbarkeit des vereinfachten Ertragswertverfahrens (vgl. R B 199.1 Abs. 4 ErbStR 2011), dann muss die Behörde diese substantiiert darlegen und dem Steuerpflichtigen Gelegenheit geben, sich hierzu zu äußern (R B 199.1 Abs. 4 ErbStR 2011).

6. Vereinfachtes Ertragswertverfahren, § 200 BewG

Zur Ermittlung des Ertragswerts ist nach § 200 BewG – vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 der Regelung – der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag (§§ 201 und 202 BewG) mit dem Kapitalisierungsfaktor (§ 203 BewG) zu multiplizieren. Daraus ergibt sich der Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens.

Dem Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens sind noch hinzurechnen (vgl. R B 200 Abs. 1 ErbStR 2011):

  • Nettowert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens (§ 200 Absatz 2 BewG )

  • Wert der Beteiligungen an anderen Gesellschaften (§ 200 Absatz 3 BewG )

  • Nettowert des jungen Betriebsvermögens (§ 200 Absatz 4 BewG)

Das Ergebnis stellt den nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten gemeinen Wert dar.

6.1 Ermittlung des Jahresertrags, §§ 201, 202 BewG

Die Grundlage für die Bewertung bildet der zukünftig nachhaltig zu erzielende Jahresertrag. Für die Ermittlung dieses Jahresertrags bietet der in der Vergangenheit tatsächlich erzielte Durchschnittsertrag eine Beurteilungsgrundlage (§ 201 Abs. 1 BewG).

Der Durchschnittsertrag ist regelmäßig aus den Betriebsergebnissen (§ 202 BewG) der letzten drei vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten. Die Summe der Betriebsergebnisse ist durch drei zu dividieren und ergibt den Durchschnittsertrag. Das Ergebnis stellt den Jahresertrag dar (§ 201 Abs. 2 Satz 1 und 3 BewG).

Hinweis:

Das gesamte Betriebsergebnis eines am Bewertungsstichtag noch nicht abgelaufenen Wirtschaftsjahres ist anstelle des drittletzten abgelaufenen Wirtschaftsjahres einzubeziehen, wenn es für die Herleitung des künftig zu erzielenden Jahresertrags von Bedeutung ist (§ 201 Abs. 2 Satz 2 BewG). Das noch nicht abgelaufene Wirtschaftsjahr wird mit dem vollen Betriebsergebnis berücksichtigt, so dass die Summe der Betriebsergebnisse ebenfalls durch drei geteilt wird (R B 201 Abs. 3 ErbStR 2011).

Hat sich im Dreijahreszeitraum der Charakter des Unternehmens nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nachhaltig verändert oder ist das Unternehmen neu entstanden, ist von einem entsprechend verkürzten Ermittlungszeitraum auszugehen (§ 201 Abs. 3 Satz 1 BewG). In diesem Fall ist die Summe der Betriebsergebnisse durch zwei zu dividieren (R B 201 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2011). Bei Neugründungen innerhalb eines Jahre vor dem Bewertungsstichtag bestehen begründete Zweifel an der Anwendbarkeit des vereinfachten Ertragswertverfahrens (R B 201 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2011).

Bei Unternehmen, die durch Umwandlung, durch Einbringung von Betrieben oder Teilbetrieben oder durch Umstrukturierungen entstanden sind, ist bei der Ermittlung des Durchschnittsertrags von den früheren Betriebsergebnissen des Gewerbebetriebs oder der Gesellschaft auszugehen. Soweit sich die Änderung der Rechtsform auf den Jahresertrag auswirkt, sind die früheren Betriebsergebnisse entsprechend zu korrigieren (§ 201 Abs. 3 Satz 2 BewG).

6.1.1 Betriebsergebnis, § 202 BewG

Zur Ermittlung des Betriebsergebnisses ist nach § 202 Abs. 1 Satz 1 BewG vom Gewinn i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG – und nicht von dem zu versteuerndem Einkommen – auszugehen (Ausgangswert).

Hinweis:

In den Fällen des § 4 Abs. 3 EStG – bei nicht bilanzierenden Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen – ist Ausgangswert der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 202 Abs. 2 BewG, R B 202 Abs. 4 ErbStR 2011).

Der Ausgangswert des einzelnen Betriebsergebnisses ist hinsichtlich solcher Vermögensminderungen oder Vermögensmehrungen zu korrigieren, die einmalig sind oder jedenfalls den künftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrag nicht beeinflussen (R B 202 ErbStR 2011).

6.1.1.1 Hinzurechnungen zum Ausgangswert, § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG

Hinzuzurechnen sind

  • Investitionsabzugsbeträge, Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen, Bewertungsabschläge, Zuführungen zu steuerfreien Rücklagen sowie Teilwertabschreibungen;

    Hinweis:

    Es sind nur die normalen Absetzungen für Abnutzung zu berücksichtigen. Diese sind nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei gleichmäßiger Verteilung über die gesamte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu bemessen. Die normalen Absetzungen für Abnutzung sind auch dann anzusetzen, wenn für die Absetzungen in der Steuerbilanz vom Restwert auszugehen ist, der nach Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen oder erhöhten Absetzungen verblieben ist (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 bis 4 BewG).

  • Absetzungen auf den Geschäfts- oder Firmenwert oder auf firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter;

  • einmalige Veräußerungsverluste sowie außerordentliche Aufwendungen;

  • im Gewinn nicht enthaltene Investitionszulagen, soweit in Zukunft mit weiteren zulagebegünstigten Investitionen in gleichem Umfang gerechnet werden kann;

  • der Ertragsteueraufwand (Körperschaftsteuer, Zuschlagsteuern und Gewerbesteuer);

  • im Zusammenhang mit Vermögen i.S.d. § 200 Abs. 2 und 4 BewG stehende Aufwendungen und übernommene Verluste aus Beteiligungen i.S.d. § 200 Abs. 2 bis 4 BewG.

6.1.1.2 Abzugsposten vom Ausgangswert, § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BewG

Abzuziehen sind

  • gewinnerhöhende Auflösungsbeträge steuerfreier Rücklagen sowie Gewinne aus der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 und Nr. 2 Satz 3 EStG;

  • einmalige Veräußerungsgewinne sowie außerordentliche Erträge;

  • im Gewinn enthaltene Investitionszulagen, soweit in Zukunft nicht mit weiteren zulagebegünstigten Investitionen in gleichem Umfang gerechnet werden kann;

  • ein angemessener Unternehmerlohn, soweit in der bisherigen Ergebnisrechnung kein solcher berücksichtigt worden ist.

    Hinweis:

    Die Höhe des Unternehmerlohns bestimmt sich nach der Vergütung, die eine nicht beteiligte Geschäftsführung erhalten würde. Neben dem Unternehmerlohn kann auch fiktiver Lohnaufwand für bislang unentgeltlich tätige Familienangehörige des Eigentümers berücksichtigt werden (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. d Satz 2 bis 3 BewG).

  • Erträge aus der Erstattung von Ertragsteuern (Körperschaftsteuer, Zuschlagsteuern und Gewerbesteuer, § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. e BewG);

  • Erträge, die mit Vermögen i.S.d. § 200 Abs. 2 bis 4 BewG im Zusammenhang stehen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. f).

    Hinweis:

    Nach § § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BewG sind auch sonstige wirtschaftlich nicht begründete Vermögensminderungen oder -erhöhungen mit Einfluss auf den zukünftig nachhaltig zu erzielenden Jahresertrag und mit gesellschaftsrechtlichem Bezug hinzuzurechnen oder abzuziehen, soweit sie nicht nach § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BewG berücksichtigt wurden. Zu diesen Vermögensminderungen oder -erhöhungen zählen auch solche, die mit Angehörigen des Unternehmers oder Gesellschafters oder sonstigen diesem nahe stehenden Personen im Zusammenhang stehen (R B 202 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ErbStR 2011).

    Eine wirtschaftlich nicht begründete Vermögensminderung ist z.B.gegeben,wenn eine Gesellschaft an den Gesellschafter-Geschäftsführer einen überhöhten Unternehmerlohn zahlt. Die Differenz zwischen dem angemessenen und dem überhöhten Unternehmerlohn ist dem Ausgangswert hinzuzurechnen (Hinweis B 202 ErbStH 2011).

6.1.2 Abgeltung des Ertragsteueraufwands, § 202 Abs. 3 BewG

Zur Abgeltung des Ertragsteueraufwandes ist ein positives Betriebsergebnis nach § 202 Absatz 1 oder 2 BewG um i.H.v. 30 % zu mindern. Dies gilt i.d.R.auch bei Ausübung eines freien Berufs (R B 202 Abs. 4 ErbStR 2011).

6.2 Kapitalisierungsfaktor, § 203 BewG

Der im vereinfachten Ertragswertverfahren anzuwendende Kapitalisierungszinssatz setzt sich zusammen aus einem Basiszins und einem Zuschlag von 4,5 % (§ 203 Abs. 1 BewG).

Der für das Jahr 2012 geltende Basiszins nach § 203 Absatz 2 BewG ist im BMF-Schreiben vom 02.01.2012 (IV D 4 – S 3102/07/10001, BStBl I 2012, 13) bekanntgegeben worden. Er beträgt 2,44 %. Dieser Zinssatz ist gem. § 203 Abs. 2 Satz 3 BewG für alle Wertermittlungen auf Bewertungsstichtage in diesem Jahr anzuwenden.

Der Kapitalisierungsfaktor ist der Kehrwert des Kapitalisierungszinssatzes (§ 203 Absatz 3 BewG ).

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