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Gewerbebetrieb – Abgrenzung Vermögensverwaltung

Normen

§ 2 Abs. 1 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG

Information

Das Gewerbesteuergesetz enthält keine eigene Bestimmung des Begriffs „Gewerbebetrieb“. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG verweist vielmehr auf das Einkommensteuerrecht. Die Frage, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt und somit auch die sachliche Steuerpflicht nach dem Gewerbesteuergesetz gegeben ist, bestimmt sich daher nach § 15 Abs. 2 EStG. Sind die dort genannten Merkmale insgesamt zu bejahen, ist auch das GewStG anwendbar.Keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG stellt die Verwaltung eigenen Vermögens dar. Diese ist damit das dritte negative und ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebes. Die Vermietung bzw. Verpachtung von Immobilien gehört daher i.d.R. zum Bereich der Vermögensverwaltung. Nur wenn besondere Umstände hinzutreten, wie z.B. die kurzfristige Vermietung, die Bereitstellung einer gewerblichen Organisation oder die Ausnutzung substanzieller Werte durch Umschichtung statt durch längerfristige Nutzung (z.B. beim gewerblichen Grundstückshandel) kann ein Gewerbebetrieb vorliegen (Einzelheiten in R 15.7 EStR und die entspr. Hinweise; s. dazu auch „Gewerblicher Grundstückshandel und „Gewerblicher Grundstückshandel – Prüfungsschema“). Auch wenn ein Steuerpflichtiger in eigener Person kein einziges Objekt veräußert, kann er allein durch die Zurechnung der Grundstücksverkäufe von Personengesellschaften oder Gemeinschaften einen gewerblichen Grundstückshandel betreiben (BFH, 22.08.2012 – X R 24/11, BFH/NV 2012, 2068).

Der An- und Verkauf von Wertpapieren kann nur ausnahmsweise zum Gewerbebetrieb werden (H 15.7 Abs. 9 [An- und Verkauf von Wertpapieren]“ EStH).

Beispiel:

S. BFH, 22.08.2012 – X R 24/11, BFH/NV 2012, 2068:

Sachverhalt:
Die Klägerin sowie Herr X. waren zu je 50% Gesellschafter einer OHG, die einen gewerblichen Grundstückshandel betrieb und im Zeitraum von 1991 bis 1995 insgesamt 14 Objekte veräußerte. Ferner war die Klägerin – ebenfalls mit X – zu Bruchteilen zu je 50% an insgesamt mindestens sechs weiteren Objekten beteiligt. Eines dieser Objekte (Objekt R) wurde Ende 1990 erworben. Durch anschließende Neu- und Umbaumaßnahmen entstand ein Gewerbeobjekt mit Arztpraxen, Büroräumen und Ladenlokalen, das im Jahr 1992 fertiggestellt wurde. Im April 1995 wurde dieses Objekt veräußert. Die übrigen Objekte der Grundstücksgemeinschaft wurden langfristig gehalten.
Das Finanzamt setzte (nach durchgeführten Klageverfahren) Einkünfte aus einem in eigener Person unterhaltenen gewerblichen Grundstückshandel in Höhe von 747.608 DM an. Die Tätigkeit der Grundstücksgemeinschaft selbst wurde nicht als gewerblich angesehen, da bei der Beurteilung der Tätigkeit der Grundstücksgemeinschaft die auf dem Grundstücksmarkt entfalteten Aktivitäten der personenidentischen OHG nicht einzubeziehen seien (BFH, 17.12.2008 – IV R 72/07, BStBl. II 2009, 529).

Lösung des BFH:
Die anteilige Grundstücksveräußerung durch die Grundstücksgemeinschaft (die für sich betrachtet keinen Gewerbebetrieb unterhält, sondern nur vermögensverwaltend tätig ist), ist in einen von der Klägerin unterhaltenen gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen. Seit der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 03.07.1995 (GrS 1793, BStBl. II 1995, 617) erfasst die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung des Gesellschafters oder Gemeinschafters alle Tätigkeiten auf dem Gebiet des Grundstückshandels, die dem Gesellschafter zuzurechnen seien, in einer Gesamtwürdigung nach Maßgabe des jeweils einschlägigen Steuertatbestands.

Der Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin in eigener Person kein einziges Objekt veräußert hat, sondern Grundstücksgeschäfte ausschließlich über eine – unstreitig einen gewerblichen Grundstückshandel betreibende – Mitunternehmerschaft (OHG) einerseits und eine als solche vermögensverwaltend tätige Grundstücksgemeinschaft andererseits durchführt. Auch in diesem Fall muss in der Person der Klägerin eine Zusammenrechnung der dieser zuzurechnenden Aktivitäten der OHG und der Grundstücksgemeinschaft vorgenommen werden.

Grundstücksgeschäfte einer als solcher vermögensverwaltenden Gesellschaft auf der Ebene des Gesellschafters sind auch dann im Wege der Umqualifizierung als Teil eines gewerblichen Grundstückshandels anzusehen, wenn der Gesellschafter in eigener Person keine Grundstücksgeschäfte tätigt, jedoch an einer den gewerblichen Grundstückshandel betreibenden Mitunternehmerschaft beteiligt ist. Wenn einerseits Grundstücksgeschäfte, die vermögensverwaltende Personengesellschaften tätigten, bei der Besteuerung des Gesellschafters auch in solchen Fällen als zu einem gewerblichen Grundstückshandel gehörig umqualifiziert werden können, in denen der Gesellschafter selbst keine Objekte veräußert, und andererseits keine Unterscheidung zwischen vermögensverwaltenden und gewerblich tätigen Personengesellschaften vorzunehmen ist, dann ist eine zusammenfassende Würdigung auch dann möglich und geboten, wenn der Gesellschafter sowohl an vermögensverwaltenden als auch an mitunternehmerischen Personengesellschaften beteiligt ist. Andernfalls wäre die „sachlich zutreffende Besteuerung des Gesellschafters“ nicht zu erreichen. Die eigene Tätigkeit des Steuerpflichtigen, auf die im Rahmen der hier vorzunehmenden Beurteilung am Maßstab des Steuertatbestands des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG abzustellen ist, ist unabhängig davon, ob er Grundstücksgeschäfte durch eine gewerbliche oder eine vermögensverwaltende Personengesellschaft tätigen lässt, „steuerrechtlich gleichwertig“. Grundsätzlich sind alle Veräußerungen der Gesellschaft auf der Ebene des Gesellschafters zu berücksichtigen.
Denn es kann auf den verschiedensten – außersteuerlichen – Gründen beruhen, ob jemand ein Objekt zu Alleineigentum erwirbt oder ob er – etwa zum Zwecke der besseren Finanzierbarkeit oder als Ausfluss einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft – Bruchteilseigentum zusammen mit einem Dritten erwirbt. Derartige Gestaltungsfaktoren sind aber für die Würdigung der eigenen Tätigkeit des Steuerpflichtigen am Maßstab des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ohne Belang. Zudem ist kein Grund ersichtlich, dem Steuerpflichtigen ein Geschäft, das er als Bruchteilseigentümer tätigt, nur deshalb nicht zuzurechnen, weil auch noch ein Dritter – mit einem möglicherweise nur geringfügigen Anteil – daran beteiligt ist.

Die Entscheidung des X. Senats vermeidet rechtsmissbräuchliche Gestaltungsmöglichkeiten. Der Große Senat des BFH hat bereits klargestellt, dass ein Gesellschafter, der einer grundstückshandelnden Gesellschaft beitritt, in der das Mehrheitsprinzip gilt, sich diesem Mehrheitsprinzip damit auch insoweit unterwirft, als er sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, er habe eine Mehrheitsentscheidung der übrigen Gesellschafter nicht mitgetragen (BFH, 03.07.1995 -GrS 1/93, BStBl II 1995, 617). Im Streitfall konnten die Teilhaber der Grundstücksgemeinschaft über den gemeinschaftlichen Gegenstand ohnedies nur im Ganzen gemeinschaftlich verfügen (§ 747 Satz BGB). Ein Verkauf des Grundstücks gegen den Willen der Klägerin war damit ausgeschlossen.

Ebenso verneint der BFH die von der Klägerin beklagte Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Frage, ob ein Grundstückshändler neben seinem Gewerbe auch Grundstücke im Privatvermögen halten und verwalten könne. Diese Frage ist bereits geklärt (BFH, Urt. v. 28.11.2002 – III R 1/01, BStBl. II 2003, 250).

Beispiel:

Die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an mehr als drei am Grundstücksmarkt tätigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) kann zu einem gewerblichen Grundstückshandel führen. Dies gilt laut BFH selbst dann, wenn es sich bei den Gesellschaften um gewerblich geprägte Personengesellschaften handelt (BFH, 05.06.2008 – IV R 81/06, BStBl. 2010, 974 ). Eine gewerbliche Prägung liegt vor, wenn bei einer eigentlich nur vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft die persönliche Haftung ausschließlich von einer oder mehreren Kapitalgesellschaften übernommen wird (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Eine ihrerseits gewerblich geprägte Personengesellschaft steht dabei einer Kapitalgesellschaft gleich.

Die Veräußerung der Mitunternehmeranteile ist der Veräußerung der zu den jeweiligen Gesamthandsvermögen gehörenden Grundstücke gleichzustellen. Die Gewinne aus den Anteilsveräußerungen sind folglich, soweit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, als laufende Gewinne aus gewerblichem Grundstückshandel im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung (Gewinnfeststellung) und der Gewerbesteuerveranlagung des Gesellschafters zu erfassen.

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Grundstücksgesellschaft, die zwar lediglich vermögensverwaltend tätig ist, jedoch wegen ihrer gewerblichen Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gleichwohl gewerbliche Einkünfte erzielt, ist nach §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt (BFH, 14.12.2006 – IV R 35/05, BFH/NV 2007, 692). Dies gilt jedoch nicht, wenn mehr als drei solcher Gesellschaftsanteile veräußert werden. Die Veräußerung des Anteils an einer vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaft ist der Veräußerung von zumindest einem Grundstück gleichzustellen. Die Anteile sind Objekte im Sinne der sog. Drei-Objekt-Grenze (BFH, 07.03.1996 – IV R 2/92, BStBl II 1996, 369; BFH, 10.12.1998 – III R 61/97, BStBl II 1999, 390; s. auch BMF-Schreiben vom 26.03.2004 – IV A 6 – S 2240 – 46/04, BStBl I 2004, 434, Rz 18: bei einer Beteiligung von mindestens 10 v.H.). Ein Gesellschafter, der innerhalb von fünf Jahren mehr als drei solcher Gesellschaftsanteile erwirbt und verkauft, überschreitet regelmäßig ebenso die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung und wird damit zum gewerblichen Grundstückshändler, wie in dem Fall, in dem er mehr als drei Grundstücke (oder z.B. zwei Grundstücke und zwei solcher Gesellschaftsanteile) veräußert.

Allein der Umstand, dass die Gesellschaften, deren Anteile veräußert werden, gewerblich geprägt sind, kann nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Denn ebenso wie bei nicht gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaften ist die getrennte Zurechnung der gesamthänderisch gebundenen Anteile der Gesellschafter an den Grundstücken der Objektgesellschaften bei den einzelnen Gesellschaftern i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO erforderlich. Es macht für die Beurteilung des gewerblichen Unternehmens „Grundstückshandel“ keinen Unterschied, ob die unter Beteiligung Dritter abgewickelten Grundstücksgeschäfte auf der Gesellschaftsebene gewerblich oder lediglich vermögensverwaltend sind. Die eigene Tätigkeit des Beteiligten, soweit sie für die subjektive Anknüpfung des Steuertatbestandes maßgebend ist, ist in beiden Fällen steuerrechtlich gleichwertig (BFH, 03.07.1995 – GrS 1/93, BStBl II 1995, 617). Beim einzelnen Gesellschafter einer Obergesellschaft bzw. beim unmittelbaren Gesellschafter der Objektgesellschaft ist die eigenständige Prüfung vorzunehmen, ob durch Anteilsveräußerungen die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist. Ist dies der Fall, sind Gewinne, die dem Gesellschafter aus der Veräußerung seiner Anteile zufließen, nicht nach §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt.

Praxistipp:

Die nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG aufgrund der gewerblichen Prägung steuerpflichtigen gewerblichen Gewinne sind nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung festzustellen. Grundsätzlich sind sie infolge der Bindungswirkung des § 182 Abs. 1 AO auch bei einer Obergesellschaft als begünstigte Einkünfte zu erfassen (BFH, 26.01.1995 – IV R 23/93, BStBl II 1995, 467; BFH, 05.06.2008 – IV R 81/06, BStBl. II 2010, 974 ), sodass die Tarifbegünstigung an ihre Gesellschafter weitergeleitet werden kann.
Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Tarifermäßigung nach §§ 16, 34 EStG keine Anwendung finden kann, z.B. bei körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaftern der Obergesellschaft (BFH, 21.02.1991 – IV R 93/89, BStBl II 1991, 455).
Eine Ausnahme gilt auch dann, wenn erst die Betrachtung der Gesamtumstände auf der Ebene der Obergesellschaft erkennen lässt, dass wegen der Vielzahl der Anteilsveräußerungen im Rahmen des sie betreffenden Gewinnfeststellungsverfahrens tarifbegünstigte Einkünfte nicht festzustellen sind.

Für die Gewerbesteuer gilt Folgendes:

Liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs 2 EStG bei einem Einzelunternehmen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor, ist auch die Gewerbesteuerpflicht gegeben.

Der Gewinn einer Personengesellschaft ist regelmäßig bei deren Gewerbeertrag zu erfassen. Sofern er anteilig auch in den gewerblichen Gewinn des Gesellschafters eingeht, ist dessen Gewinn nach § 9 Nr. 2 GewStG um die betreffenden Gewinnanteile zu kürzen. Die Kürzung findet unabhängig davon statt, ob die Personengesellschaft (Untergesellschaft) der Gewerbesteuerpflicht unterliegt. Anders verhält es sich allerdings bei einem Gewinn, der aus der Veräußerung des Anteils des Gesellschafters an der Personengesellschaft herrührt. Er geht grundsätzlich weder in den Gewerbeertrag der Personengesellschaft (Untergesellschaft) noch in den des Gesellschafters (der Obergesellschaft) ein, wird daher auch nicht von der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG erfasst (BFH, 25.05.1962 – I 78/61 S, BStBl III 1962, 438).

Werden Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an Objektgesellschaften erst bei der beschriebenen Gesamtbetrachtung auf der Ebene des Gesellschafters (Obergesellschaft) als laufende Einkünfte erfasst, gilt dies nicht. Denn nur beim Gesellschafter (bzw. bei der Obergesellschaft), nicht jedoch bei den einzelnen Objektgesellschaften, lässt sich erkennen, dass innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl von Anteilen veräußert worden ist, sodass – da es sich um Grundstücksgesellschaften handelt – die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist. Das führt dazu, dass zwar auf der Ebene der Personengesellschaften (Untergesellschaften) die jeweiligen Veräußerungsgewinne nicht im Gewerbeertrag erfasst werden, dass sie aber beim Gesellschafter (bei der Obergesellschaft) als laufende Einkünfte in den Gewerbeertrag aufzunehmen sind.

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