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Gruppenunfallversicherung

Normen

§ 40b Abs. 3 EStG

R 8.1 Abs. 3 Satz 4 LStR

R 40b.2 LStR

Information

Von den Beiträgen für eine Unfallversicherung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 20 % der Beiträge erheben, wenn mehrere Arbeitnehmer gemeinsam in einem Gruppen-Unfallversicherungvertrag versichert sind und bestimmte Grenzen nicht überschritten werden. Je nach Vertrag ergeben sich hinsichtlich der Besteuerung und des Kostenabzugs beim Steuerpflichtigen unterschiedliche Auswirkungen. Entscheidend für eine Steuerpflicht der Beiträge ist der jeweilige Auskehrungsanspruch. Sind die Beitragszahlungen noch nicht lohnsteuerpflichtig, greift ggf. die spätere nachgelagerte Besteuerung der Versicherungsleistungen.

1. Versicherungen des Arbeitnehmers

Aufwendungen für eine Versicherung ausschließlich gegen Unfälle, die mit der beruflichen Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang stehen (einschließlich der Unfälle auf dem Weg zur Arbeitsstätte), sind Werbungskosten (Berufsunfälle).

Aufwendungen des Arbeitnehmers für eine Versicherung gegen außerberufliche Unfälle sind Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG).

Aufwendungen für eine Unfallversicherung, die das Unfallrisiko sowohl im beruflichen als auch im außerberuflichen Bereich abdeckt, sind zum einen Teil Werbungskosten und zum anderen Teil Sonderausgaben. Der Gesamtbeitrag einschließlich Versicherungsteuer für beide Risiken ist entsprechend aufzuteilen. Für die Aufteilung sind die Angaben des Versicherungsunternehmens darüber maßgebend, welcher Anteil des Gesamtbeitrags das berufliche Unfallrisiko abdeckt. Fehlen derartige Angaben, ist der Gesamtbeitrag durch Schätzung aufzuteilen. Die Anteile können auf jeweils 50 v.H. des Gesamtbeitrags geschätzt werden.

Vom Arbeitgeber übernommene Beiträge sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Das gilt nicht, soweit Beiträge zu Versicherungen gegen berufliche Unfälle und Beiträge zu Versicherungen gegen alle Unfälle auch das Unfallrisiko bei Dienstreisen abdecken. Der auf Unfälle bei Dienstreisen entfallende Beitrag ist als Vergütung von Reisenebenkosten steuerfrei (§ 3 Nr. 13 und Nr. 16 EStG). Bei der Aufteilung des auf den beruflichen Bereich entfallenden Beitrags in steuerfreie Reisekostenvergütungen und steuerpflichtigen Werbungskostenersatz kann der auf steuerfreie Reisekostenvergütung entfallende Anteil auf 40 v.H. des auf den beruflichen Bereich entfallenden Beitrags/Beitragsanteils geschätzt werden. Der Beitragsanteil, der als Werbungskostenersatz dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen ist, gehört zu den Werbungskosten des Arbeitnehmers.

2. Versicherungen des Arbeitgebers

Handelt es sich bei vom Arbeitgeber abgeschlossenen Gruppen-Unfallversicherungen seiner Arbeitnehmer um Versicherungen für fremde Rechnung (§ 179 Abs. 2 i.V.m. §§ 75 bis 79 VVG), bei denen die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem Arbeitgeber zusteht, so stellen die Beitragsleistungen des Arbeitgebers keinen Arbeitslohn dar (BFH, 16.04.1999 – VI R 60/96, BStBl II 2000, 406; BFH, 16.04.1999 – VI R 66/97, BStBl II 2000, 408 i.V.m. BMF, 17.07.2000 – IV C 5 – S 2332 – 67/00, BStBl I 2000, 1204 bzw. BMF, 28.10.2009 – IV C 5 – S 2332/09/10004, BStBl I 2009, 1275 ).

Dagegen gehören die Beiträge als Zukunftssicherungsleistungen zum Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV), wenn der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Einzelunfallversicherung oder eine Gruppenunfallversicherung handelt. Beiträge zu Gruppenunfallversicherungen sind ggf. nach der Zahl der versicherten Arbeitnehmer auf diese aufzuteilen.

Steuerfrei sind Beiträge oder Beitragsteile, die das Unfallrisiko auf beruflich veranlassten vorübergehenden Auswärtstätigkeiten (R 9.4 Abs. 2 LStR 2008) abdecken und deshalb zu den steuerfreien Reisekostenvergütungen gehören. Für die Aufteilung eines auf den beruflichen Bereich entfallenden Gesamtbeitrags in steuerfreie Reisekostenvergütung und steuerpflichtigen Werbungskostenersatz ist die o.g. Vereinfachungsregelung anzuwenden.

3. Werbungskosten- oder Sonderausgabenabzug

Der Arbeitnehmer kann die dem Lohnsteuerabzug unterworfenen Versicherungsbeiträge als Werbungskosten oder als Sonderausgaben geltend machen (s.u. 1.).

4. Leistungen aus Unfallversicherungen

4.1 Zuordnung zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit

Stellen die im Kalenderjahr des Versicherungsfalles geleisteten Beiträge des Arbeitgebers keinen Arbeitslohn dar, weil die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich ihm zustehen, gehört die vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ausgekehrte Leistung aus der Unfallversicherung wegen eines im privaten Bereich eingetretenen Versicherungsfalls in voller Höhe zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Durch die Bezugnahme auf das Kalenderjahr des Versicherungsfalles soll deutlich gemacht werden, dass für die lohnsteuerliche Behandlung der Versicherungsleistungen nicht der Zeitpunkt (das Kalenderjahr) der Auszahlung der Versicherungsleistung, sondern immer der Zeitpunkt (das Kalenderjahr) des Unfallereignisses maßgebend ist. Für die steuerliche Behandlung der Versicherungsleistungen bei einem Arbeitgeberwechsel im Kalenderjahr ist daher das zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bestehende Versicherungsverhältnis und Beschäftigungsverhältnis maßgebend, aus dem die Versicherungsleistung gezahlt wird.

Steht der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem Arbeitgeber zu und wickelt das Versicherungsunternehmen die Auszahlung der Versicherungsleistung unmittelbar mit dem Arbeitnehmer ab, so ist davon auszugehen, dass das Versicherungsunternehmen den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer regelmäßig über die Zahlung informiert. Der Arbeitgeber hat den Lohnsteuerabzug vorzunehmen. Soweit der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen. Soweit der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstätten-Finanzamt anzuzeigen.

Bei einem im beruflichen Bereich eingetretenen Unfall gehört die Auskehrung des Arbeitgebers nicht zum Arbeitslohn, soweit der Arbeitgeber gesetzlich zur Schadensersatzleistung verpflichtet ist oder soweit der Arbeitgeber einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen schuldhafter Verletzung arbeitsvertraglicher Fürsorgepflichten erfüllt (BFH, 20.09.1996 – VI R 57/95, BStBl II 1997, 144).

Handelt es sich um Leistungen aus einer Unfallversicherung, die der Arbeitnehmer gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann, gehören die Leistungen zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, soweit sie Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG darstellen, der Unfall im beruflichen Bereich eingetreten ist und die Beiträge ganz oder teilweise Werbungskosten waren (bzw. steuerfreie Reisenebenkostenvergütungen). Die Versicherungsleistungen unterliegen nicht dem Lohnsteuerabzug. Der als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerpflichtige Anteil, der im Rahmen der Veranlagung des Arbeitnehmers zur Einkommensteuer zu erfassen ist, ist durch Schätzung zu ermitteln.

4.2 Zuordnung zu den sonstigen Einkünften

Die wiederkehrenden Leistungen aus der Unfallversicherung können, soweit sie nicht steuerpflichtiger Arbeitslohn sind, zu den Einkünften nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören. Leistungen aus der Unfallversicherung, die in Form gleichbleibender Bezüge auf die Lebenszeit des Versicherungsberechtigten gezahlt werden, sind gegebenenfalls Leibrenten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG. Schadenersatzrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse (§ 843 Abs. 1 2. Alternative BGB) sowie Schmerzensgeldrenten nach § 847 BGB sind nicht steuerbar.

5. Lohnsteuerabzug von Beitragsleistungen

Soweit die vom Arbeitgeber übernommenen Beiträge oder die Beiträge zu Versicherungen des Arbeitgebers dem steuerpflichtigen Arbeitslohn zuzuordnen sind, sind sie im Zeitpunkt ihrer Zahlung dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen, wenn nicht eine Pauschalbesteuerung für eine Gruppenunfallversicherung nach § 40b Abs. 3 EStG durchgeführt wird. Voraussetzung für die Lohnsteuerpauschalierung ist, dass der nach der Zahl der versicherten Arbeitnehmer aufgeteilte steuerpflichtige Gesamtbeitrag – ohne Versicherungssteuer – keinen höheren Durchschnittsbeitrag als 62 EUR jährlich ergibt (R 40b.2 LStR 2008).

Wird die Beitragsgrenze von 62 EUR überschritten, ist bei Unfallversicherungen anders als bei Direktversicherungen die Pauschalierung insgesamt ausgeschlossen.

Voraussetzung für die Pauschalierung ist, dass mehrere Arbeitnehmer (mindestens 2) gemeinsam in einem Unfallversicherungsvertrag versichert sind.

6. Anwendung der 44-EUR-Grenze

Die Gewährung von Versicherungsschutz ist eine Dienstleistung im Sinne von § 8 EStG. Für den Arbeitnehmer handelt es sich um einen Sachbezug, wenn der Arbeitgeber als Versicherer den Versicherungsschutz gewährt. Anders ist es nach Verwaltungsmeinung, wenn der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer Versicherungsschutz gewährt (= Barzuwendung). Die 44-EUR-Freigrenze ist deshalb nach Auffassung der Finanzverwaltung auf eine Gruppenunfallversicherung nicht anwendbar (R 8.1 Abs. 3 Satz 4 LStR ). Diese Handhabung hat der BFH bestätigt (BFH, 26.11.2002 – VI R 68/01, BStBl II 2003, 492).

7. Neue Rechtsprechung

Erhält ein Arbeitnehmer Leistungen aus einer durch Beiträge seines Arbeitgebers finanzierten Gruppenunfallversicherung, die ihm keinen eigenen unentziehbaren Rechtsanspruch einräumt, so führen im Zeitpunkt der Leistung die bis dahin entrichteten, auf den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers entfallenden Beiträge zu Arbeitslohn, begrenzt auf die dem Arbeitnehmer ausgezahlte Versicherungsleistung. Diese neue Sichtweise ergibt sich aus dem BFH-Urteil vom 11.12.2008 – VI R 9/05. Der auf das Risiko beruflicher Unfälle entfallende Anteil der Beiträge führt als Werbungskostenersatz auch zu Werbungskosten des Arbeitnehmers, mit denen der entsprechende steuerpflichtige Arbeitslohn zu saldieren ist. Regelmäßig kann nach dem Urteil davon ausgegangen werden, dass die Beiträge jeweils hälftig auf das Risiko privater und beruflicher Unfälle entfallen. Das BMF-Schreiben vom 17.07.2000 – IV C 5 – S 2332 – 67/00 ist überarbeitet worden (BMF, 28.10.2009 – IV C 5 – S 2332/09/10004, BStBl I 2009, 1275).

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