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Innergemeinschaftliche Lieferungen

Normen

§ 4 Nr. 1b UStG

§ 6a UStG

Information

Innergemeinschaftliche Lieferungen sind Lieferungen an andere Unternehmer innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Bei Erfüllung entsprechender Voraussetzungen werden sie wie eine steuerfreie Ausfuhrlieferung, also eine Lieferung in Staaten, die nicht der Europäischen Gemeinschaft angehören, behandelt. Somit werden grundsätzlich alle Lieferungen im Unternehmensbereich aus dem Inland heraus steuerfrei gestellt. Eine Besteuerung erfolgt erst in dem Land, in dem die Ware verbraucht wird (Bestimmungsland). Innerhalb der EG wird dies durch die Besteuerung als innergemeinschaftlicher Erwerb im Land des Lieferungsempfängers sichergestellt. Diese Regelung wurde erforderlich, da durch den Wegfall der Grenzkontrollen ab dem 01.01.1993 eine Erhebung der bis dahin allgemein geltenden Einfuhrumsatzsteuer nicht mehr möglich war. Daher wurde die Besteuerung von grenzüberschreitenden Lieferungen innerhalb der EG auf die beteiligten Unternehmer übertragen. Ausschließlich zu Kontrollzwecken muss der Unternehmer, der innergemeinschaftliche Lieferungen erbringt, diese in eine gesonderte Zusammenfassende Meldung aufnehmen. Die Steuerfreiheit wird nicht gewährt, wenn die innergemeinschaftliche Lieferung an einen Privatmann erfolgt oder der Abnehmer den Gegenstand nicht für sein Unternehmen erwirbt. Sonderregelungen gibt es allerdings für innergemeinschaftliche Versendungslieferungen. Besondere Schwierigkeiten in der Praxis bereitet das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft, wenn mehrere Unternehmer in mehreren Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Lieferverträge abschließen und alle Verträge anhand einer durchgehenden Lieferung erfüllen.

1. Voraussetzungen

  1. 1.

    Lieferung eines Gegenstandes oder Verbringen eines Gegenstandes von einer inländischen zu einer ausländischen Betriebsstätte unternehmensintern;

  2. 2.

    Ort der Lieferung im Inland und Warenweg vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet;

  3. 3.

    der Erwerber ist Unternehmer und erwirbt für sein Unternehmen oder juristische Person und erwirbt nicht für ihr Unternehmen oder Käufer eines neuen Fahrzeugs;

  4. 4.

    der Erwerb des Gegenstandes unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Staat der Besteuerung;

  5. 5.

    Nachweis der obigen Angaben, insbesondere der Beförderung oder Versendung;

  6. 6.

    Gesonderte Aufzeichnung der die Lieferung betreffenden Daten.

Grundfall

M in Münster verkauft eine Werkzeugmaschine an einen Kunden in Frankreich und liefert die Maschine mit eigenem LKW nach Paris in die Fabrik des Kunden.

M erbringt eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, der französische Kunde muss die erhaltene Lieferung der Erwerbsbesteuerung in Frankreich unterwerfen.

Hinweis:

Lieferer und Erwerber müssen im Besitz einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) sein, damit eine Überwachung durch das einheitliche Kontrollverfahren möglich ist. Beide USt-IdNr. sind in die Rechnung aufzunehmen. Ist die Nummer des Erwerbers im Zeitpunkt der Lieferung ungültig oder für den Erwerber nicht gültig, verliert der Lieferer die Steuerfreiheit, es sei denn, er hat sich die Gültigkeit durch das Bestätigungsverfahren beim Bundesamt für Finanzen nachweisen lassen.

Der BFH hat in einem Urteil (BFH, 02.04.1997 – V B 159/96) entschieden, dass ein Schutz des Guten Glaubens nicht in Betracht kommt, wenn trotz erheblicher Geschäfte mit einem neuen unbekannten Kunden das Bestätigungsverfahren für die Richtigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht in Anspruch genommen wird.

2. Zu den einzelnen Voraussetzungen

2.1 Lieferung eines Gegenstandes

Die Steuerbefreiung gilt nur für eine Lieferung, bei sonstigen Leistungen ist sie nicht anzuwenden. Diese muss durch einen Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt ausgeführt worden sein. Lieferungen von Unternehmern außerhalb ihres Unternehmens werden wie Lieferungen von Privatleuten behandelt und kommen nicht in den Genuss der Steuerfreiheit. Auch juristische Personen können nur steuerfreie Lieferungen innerhalb ihres Unternehmens erbringen, die Lieferungen z.B. einer Gemeinde aus ihrem Hoheitsbereich fallen nicht darunter.

Unternehmensinternes Verbringen eines Gegenstandes von einer inländischen zu einer Betriebsstätte in einem anderen EG-Mitgliedstaat ist gegeben, wenn dies nicht nur zur vorübergehenden Verwendung erfolgt. Eine nicht vorübergehende Verwendung liegt vor, wenn der Gegenstand Anlagevermögen der Betriebsstätte des anderen Staates wird, dort als Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoff verarbeitet oder verbraucht wird oder dort unverändert weiterverkauft werden soll. Die typischen Fälle vorübergehender Verwendung sind Gegenstände, die zu Reparaturzwecken oder zur Durchführung bestimmter Arbeiten eingesetzt werden oder auf Messen vorgestellt werden, bei denen also die Verwendung der Art nach zeitlich begrenzt erfolgt. Eine vorübergehende Verwendung kann auch dem Grunde nach zeitlich begrenzt erfolgen, die Frist beträgt bspw. 6 Monate für Straßenfahrzeuge, 12 Monate für wissenschaftliches Gerät und 24 Monate für Berufsausrüstung, Modelle und Vorführwaren. Werden sie überschritten, so gilt der Gegenstand als geliefert mit der Folge, dass auch die Erwerbsbesteuerung vorgenommen werden muss. Die Fristen gelten nicht, wenn ein Gegenstand im Rahmen einer sonstigen Leistung, z.B. einer Vermietung oder einem Leasinggeschäft in einen anderen Staat verbracht wird.

Beispiel:

M in Münster bringt verschiedene Werkzeugmaschinen und Ersatzteile in sein eigenes Auslieferungslager nach Paris, ohne für die Waren schon Abnehmer zu haben.

Das Verbringen wird einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt, die in Deutschland steuerfrei ist. M muss in Frankreich den innergemeinschaftlichen Erwerb besteuern.

Werden Gegenstände nur zur vorübergehenden Verwendung in einen anderen Mitgliedstaat verbracht und später dort verkauft, wird in diesem Zeitpunkt ebenfalls eine innergemeinschaftliche Lieferung getätigt, die eine entsprechende Erwerbsbesteuerung auslöst.

Beispiel:

M bringt einen Gabelstapler in sein französisches Auslieferungslager, um dort größere Umräumarbeiten auszuführen. Anschließend soll der Stapler zurück nach Deutschland geholt werden. Ein französischer Kunde will den Stapler unbedingt haben und kauft ihn M zu einem sehr guten Preis ab.

Im Zeitpunkt des Verbringens erfolgt keine innergemeinschaftliche Lieferung, diese ist erst im Zeitpunkt des Weiterverkaufs an den französischen Abnehmer getätigt.

Bei Verkäufern auf Wochenmärkten und vergleichbaren Unternehmern sind nur die Gegenstände als verbracht anzusehen, die tatsächlich weiterverkauft werden, soweit unverkaufte Waren wieder mit zurückgenommen werden, liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen vor.

2.2 Ort der Lieferung

Die Bestimmungen über den Ort der Lieferung finden sich in § 3 Abs. 6 u. 7 UStG. Die Steuerfreiheit kann nur gewährt werden, wenn die Ware in einen anderen Mitgliedstaat transportiert wird. Die Lieferung von Waren an einen ausländischen Unternehmer, die dieser im Inland verbraucht, ist nicht steuerfrei. Dies gilt z.B. für die Lieferung von Benzin, dabei ist immer von einem Verbrauch im Inland auszugehen. Bei der Warenbewegung können andere Staaten, die nicht der EG angehören, durchquert werden, ohne die Steuerfreiheit zu gefährden (Versandverfahren). Die Warenbewegung muss nicht in dem Mitgliedstaat enden, in dem der Erwerber ansässig ist oder unter dessen USt-IdNr. er auftritt. In diesen Fällen treten Schwierigkeiten bei der Durchführung der Erwerbsbesteuerung auf, die dann vorläufig doppelt vorgenommen wird.

2.3 Erwerber

Die Steuerfreiheit gilt grundsätzlich nur für Lieferungen innerhalb der Unternehmerkette, Lieferungen an Privatpersonen oder Unternehmer für ihren privaten Bereich sind davon ausgenommen, es sei denn neue Fahrzeuge werden geliefert.

Grundsatz

Tritt der Abnehmer mit einer gültigen USt-IdNr. eines anderen EG-Mitgliedstaates auf, spricht die Vermutung dafür, dass er die Waren als Unternehmer für sein Unternehmen erwirbt. In Zweifelsfällen, insbesondere bei Waren, die auch für den Privatbereich bezogen werden könnten, ist es ratsam, sich zusätzlich eine Bestätigung des Erwerbers ausstellen zu lassen, aus der hervorgeht, dass ein Erwerb für das Unternehmen erfolgt.

Neben den typischen Unternehmern erfüllen die Abnehmervoraussetzungen auch juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, also Städte, Gemeinden, Kreise usw. sowie Vereine und Genossenschaften. Diese Einrichtungen brauchen nicht Unternehmer zu sein bzw. können auch Waren für ihren nichtunternehmerischen Bereich steuerfrei erwerben, da sie mit allen ihren Erwerben der Erwerbsbesteuerung unterliegen. Das Gleiche gilt für die Lieferung von neuen Fahrzeugen, Erwerber kann jede Person sein, sie unterliegt immer der Erwerbsbesteuerung. Außer den Erwerbern von Neufahrzeugen müssen alle Kunden mit einer USt-IdNr. aus einem anderen Mitgliedstaat auftreten, müssen aber nicht dort ansässig sein. Somit können u.U. auch deutsche Unternehmer, die mit einer USt-IdNr. eines anderen Mitgliedstaates auftreten, Bezieher steuerfreier Lieferungen sein.

Praxistipp:

Bestehen Zweifel an der Unternehmereigenschaft des Käufers oder an der unternehmerischen Verwendung insbesondere bei Abholfällen und Verkäufen über den Ladentisch, kann der Lieferer zur Vermeidung eines eigenen Risikos den Verkauf steuerpflichtig behandeln und den Abnehmer auf das Vergütungsverfahren hinweisen. In Deutschland ist die Vergütung der Umsatzsteuer auch für steuerfreie Lieferungen möglich. Die einschränkende Regelung der 6. EG-Richtlinie, die solche Vergütungen nicht zulässt, ist bisher nicht in deutsches Recht umgesetzt worden.

2.4 Lieferung unterliegt der Erwerbsbesteuerung

Kunden, die mit einer USt-IdNr. eines anderen Mitgliedstaates auftreten, erklären damit, dass sie in diesem Staat der Erwerbsbesteuerung unterliegen und die erhaltene Lieferung auch der Erwerbsbesteuerung unterwerfen wollen. Soweit dies tatsächlich nicht der Fall ist, z.B. weil sie für private Zwecke erwerben, geht die Steuerfreiheit der Lieferung verloren. Eine Belastung des Lieferanten kann unter bestimmten Voraussetzungen vermieden werden. Vertrauensschutz

2.5 Nachweis der Voraussetzungen

Sämtliche Angaben, die erforderlich sind, um die Steuerbefreiung nachzuweisen, müssen in den dem Lieferanten vorliegenden Belegen enthalten sein. Name, Anschrift und USt-IdNr. des Kunden ergeben sich im Regelfall aus der Rechnungsdurchschrift, Angaben über die Warenbewegung sind vom Einzelfall abhängig. Die Voraussetzungen sind hierfür nicht so hoch wie bei steuerfreien Ausfuhrlieferungen, da eine Kontrolle innerhalb der EG möglich ist.

Im Einzelnen sind folgende Möglichkeiten zugelassen:

  • Versendung Spediteurbescheinigung

  • gemeinschaftliches Versandverfahren Bestätigung der Zollstelle

  • Beförderung durch Lieferer

  • Eigenbeleg über den Bestimmungsort oder Abnehmer und Empfangsbestätigung des Abnehmers

  • Beförderung zusätzlich Versicherung des Abnehmers durch Abnehmer über Verbringung ins übrige Gemeinschaftsgebiet

2.6 Gesonderte Aufzeichnung

Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit müssen nach § 17c UStDV außerdem buchmäßig nachgewiesen werden. Da auch die Rechnungen Bestandteil der Buchführung sind, müssen nur noch darin nicht enthaltene Angaben gesondert aufgezeichnet werden. Ausführliche Angaben in der Rechnung machen es u.U. möglich, auf gesonderte Aufzeichnungen zu verzichten.

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