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Nachlassverbindlichkeiten

Normen

§ 10 Abs. 5 ErbStG

Information

1. Allgemeines

Vom steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 ErbStG) – dessen Wert nach § 12 ErbStG i.V.m. dem BewG zu ermitteln ist – sind – soweit sich nicht aus § 10 Abs. 6 bis 9 ErbStG etwas anderes ergibt – die Nachlassverbindlichkeiten i.S.d. § 10 Abs. 5 ErbStG abzuziehen.

Zum Wertansatz:

Vermögensart

Wertansatz

– Kapitalforderungen (z.B.
Sparguthaben, Festgelder, Darlehen, etc.)
Nennbetrag in EUR; ausländische
Währungen müssen entsprechend umgerechnet werden; ggf. noch nicht
gutgeschriebene Zinsen werden hinzugerechnet, § 12 BewG
– Aktien und andere an der
Börse notierte Wertpapiere
niedrigster Börsenkurs am Tag
des Erbanfalls (Todestag) § 11 Abs. 1 BewG
-> Erbschaftsteuer – Wertpapiere
– GmbH-Anteile und andere nicht
notierte Wertpapiere und Anteile
Ansatz mit dem gemeinen Wert. Ableitung des gemeinen Wertes aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen oder, falls dies nicht möglich ist, Ermittlung des gemeinen Wertes unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode.
-> Erbschaftsteuerreform – Bewertung des Betriebsvermögens
– Grundbesitz (Grundstücke,
Gebäude, Erbbaurechte), zum Teil auch Betriebsgrundstück
Grundbesitzwert nach den
§ 157, §§ 151, 159, 176 – 198 BewG (§ 12 Abs. 3 ErbStG)
– Land- und forstwirtschaftliches
Vermögen einschl. des Grundbesitzes
Land- und forstwirtschaftlicher
Grundbesitzwert nach § 157 Abs. 2 i.V.m. §§ 158 – 175 BewG.
Dieser Wert umfasst auch das sonstige, dem land- u. forstw. Betrieb dienende Vermögen.
– Nießbrauch kapitalisierter Wert der
jährlichen Nutzung (§§ 13 – 15 BewG)
– Betriebsvermögen
(Einzelunternehmen und freiberufliches Vermögen)
Gemeiner Wert des Betriebsvermögens zum Übertragungszeitpunkt §§ 95 ff. BewG (fiktive Ermittlung),
Betriebsgrundstücke werden zum Teil mit dem Grundbesitzwert nach
§§ 157, 151, 159, 176-198 BewG angesetzt. -> Erbschaftsteuerreform – Bewertung des Betriebsvermögens
– Anteile an Personengesellschaften
(Kommanditgesellschaft, offene Handelsgesellschaft)
Gemeiner Wert eines Anteils am
Betriebsvermögen zum Übertragungszeitpunkt
(§ 97 BewG). Handelt es sich nicht um eine gewerblich tätige Personengesellschaft (z. B. Grundbesitz-GbR), sind die der Gesellschaft gehörenden Wirtschaftsgüter einzeln zu bewerten
(§ 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG). -> Anteilsbewertung
– Kapitalgesellschaften siehe Aktien und nicht notierte
Anteile
– übrige
Vermögensgegenstände (Sammlungen, Bilder, Münzen, Schmuck, PKW
Edelmetalle, Edelsteine etc.)
Verkehrswert (ggf. Schätzwert)
Achtung! Bei der Bewertung des übrigen Vermögens sind eine Reihe von
Freibeträgen zu beachten.

Als Nachlassverbindlichkeiten sind abzugsfähig:

Vom Erblasser herrührende Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder Anteil an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG).

Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachten Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG).

Die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3).

2. Vom Erblasser herrührende Schulden, § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG

Schulden des Erblassers – die gem. § 1922 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1 AO auf den Erben übergegangen sind – können nur dann als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden, wenn sie rechtlich bestehen und den Erblasser im Todeszeitpunkt wirtschaftlich belastet haben (BFH, 15.1.2003 – II R 23/01, BStBl II 2003, 267). An einer wirtschaftlichen Belastung fehlt es, wenn der Erblasser als Schuldner davon ausgehen konnte, die Verpflichtungen unter normalen Umständen nicht selbst erfüllen zu müssen (vgl. BFH, 27.06.2007 – II R 30/05, DStR 2007, 1436).

Hinweis:

Kommt es zwischen dem im Rahmen eines Berliner Testaments eingesetzten Schlusserben und dem überlebenden Ehegatten zu der Vereinbarung, dass der Schlusserbe gegen Zahlung einer erst mit dem Tod des überlebenden Ehegatten fälligen Abfindung auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruch nach dem erstverstorbenen Ehegatten verzichtet, so ist nach Ansicht des BFH keine wirtschaftliche Belastung im Todeszeitpunkt gegeben (BFH, 27.06.2007 – II R 30/05, BStBl II 2007, 651).

2.1 Steuerschulden

Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen auch die vom Erblasser herrührenden persönlichen Steuerschulden, die gem. §§ 1922 Abs. 1 BGB i.V.m. 45 Abs. 1 AO auf den Erben übergegangen sind (st. Rspr., vgl. BFH, 17.02.2010 – II R 23/09, BStBl II 2010, 641).

Abzugsfähig sind aber nicht nur die Steuerschulden, die zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits rechtlich entstanden waren, sondern auch die Steuerverbindlichkeiten, die der Erblasser als Steuerpflichtiger durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen begründet hat und die – erst – mit dem Ablauf des Todesjahres entstehen (BFH, 04.07.2012 – II R 15/11, BStBl II 2012, 790). Insoweit ist entscheidend, dass der Erblasser in eigener Person – nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger – steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und somit „für den Erblasser“ als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht (BFH, 04.07.2012, – II R 15/11, BStBl II 2012, 790).

Beispiel:

Der Erblasser verstirbt am 15.06.2012. Nach § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer grds. erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, d.h. mit Ablauf des Kalenderjahres (am 1.1. 2013 um 0 Uhr). Trotzdem kann der Erbe die Einkommensteuerschuld des Erblassers für das Jahr 2012 als Nachlassverbindlichkeit geltend machen.

2.2 Steuerhinterziehung

Verheimlicht der Erblasser als Steuerpflichtiger gezielt und erfolgreich steuererhebliche Sachverhalte und rechnete er daher nicht mehr damit, hinsichtlich dieser entstandenen Steuern in Anspruch genommen zu werden, so fehlte es an einer wirtschaftlichen Belastung des Erblassers im Todeszeitpunkt (BFH, 14.11.2007 – II R 3/06, BFH/NV 2008, 574). Daher kann dessen Erbe, wenn nach Eintritt des Erbfalls dem FA diese Steuerschulden bekannt werden, diese Steuern nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehen.

2.3 Zugewinnausgleich

Macht der überlebende Ehegatte, der weder Erbe noch Vermächtnisnehmer geworden ist (§ 1371 Abs. 2 BGB), eine Zugewinnausgleichsforderung gegen den Erben geltend, so handelt es sich hierbei um eine abziehbare Nachlassverbindlichkeit. Da die Zugewinnausgleichsforderung eine Geldforderung ist, erfolgt der Abzug i.H.d. Nennwerts. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe und der überlebende Ehegatte sich vergleichsweise einigen und der Ehegatte lediglich einen Betrag unterhalb des Nennwerts erhält (BFH, 01.07.2008 – II R 71/06, BStBl II 2008, 874).

3. Mit dem Erbfall zusammenhängende Verbindlichkeiten, § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG

Dazu gehören die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen sowie geltend gemachten Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen.

Solange Pflichtteile nicht geltend gemacht werden, gelten sie nicht als Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1) und belasten den Erben nicht.

4. Beerdigungs-, Grabpflege- sowie Abwicklungs- und Erwerbskosten, § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG

Abzugsfähig sind die Kosten für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft. Dazu zählen u.a. die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erbauseinandersetzung stehenden Sachverständigen-, Notariats- und Gerichtskosten sowie Rechtsanwaltskosten (BFH, 09.12.2009 – II R 37/08. BFH/NV 2010, 1190). Zu den abziehbaren Kosten gehören auch die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung. Nicht abgezogen werden können dagegen die einem Erben entstehenden Kosten für einen Rechtsstreit, der seine eigene Erbschaftsteuer betrifft (BFH, 20.06.2007 – II R 29/06, BStBl II 2007, 722).

Testamentsvollstreckerkosten sind grds. abziehbar. Davon zu unterscheiden sind die Kosten für die Nachlassverwaltung, d.h. die reinen Verwaltungs- und Unterhaltungskosten für den Nachlass. Diese stellen keine abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten dar (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG).

Für die Kosten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG gewährt die Regelung des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG dem Erben – ohne Nachweis – eine Kostenpauschale i.H.v. 10.300 EUR. Voraussetzung ist jedoch, dass dem Erben solche Kosten dem Grunde nach entstanden sind. Wird der Pauschbetrag geltend gemacht, besteht keine Möglichkeit mehr, einzelne Kosten daneben selbständig geltend zu machen (R E 10.9 Abs. 1 ErbStR 2011). Der Erbfallkostenpauschbetrag wird nur einmal pro Erbfall abgezogen. Dies gilt unabhängig davon, wie viele Erwerber es nach einem Erbfall gibt (BFH, 24.2.2010 – II R 31/08, BFH/NV 2010; 1032). Konsequenz ist, dass Miterben diesen Pauschbetrag nur anteilig beanspruchen können.

5. Erbschaftsteuer des Erben

Nach § 10 Abs. 8 ErbStG ist die vom Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer nicht abzugsfähig, denn diese entsteht in seiner Person und nicht in der des Erblassers.

Ob ausländische Erbschaftsteuer des Erben eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit darstellt, ist bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden worden. Eine Abzugsfähigkeit wird jedoch überwiegend – mit Verweis auf die Regelung des § 10 Abs. 8 ErbStG – abgelehnt.

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