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Steuerbefreiung Betriebsvermögen

Normen

§ 13a ErbStG

§ 13b ErbStG

Information

1. Allgemeines

Die beim Erwerb von Betriebsvermögen, Betrieben der Land- und Forstwirtschaft sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften zu gewährenden Steuerbefreiungen sind in den §§ 13a und 13b ErbStG geregelt.

Hinweis:

Der BFH (27.09.2012 – II R 9/11, BFH/NV 2012, 1881) hält § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der im Jahr 2009 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) für verfassungswidrig. Seiner Ansicht nach sind die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen nicht durch ausreichende Sach- und Gemeinwohlgründe gerechtfertigt und weisen einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang auf. Die Verfassungsverstöße führen teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die Steuerpflichtige, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt werden. Der BFH hat die Sache dem BVerfG vorgelegt.

2. Begünstigtes Vermögen, § 13b Abs. 1 BewG

Zum begünstigten Vermögen gehören nach § 13b Abs. 1 ErbStG:

  • der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 BewG) – mit Ausnahme der Stückländereien (§ 168 Abs. 2 BewG) und selbst bewirtschaftete Grundstücke i.S.d. § 159 BewG sowie entsprechendes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des EWR dient;

  • inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 BewG) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eines Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des EWR dient;

  • Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des EWR hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war (Mindestbeteiligung).

Hinweis:

Ob der Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung erfüllt, ist gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht ggü. nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.

3. Wahlmöglichkeiten des Erwerbers

Für den Erwerber gibt es hinsichtlich der Steuervergünstigungen zwei Möglichkeiten: Die Regelverschonung oder – auf Antrag – die Optionsverschonung. Der Antrag ist unwiderruflich. Bei der Regelverschonung bleiben 85 % des nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögens außer Ansatz, d.h. insoweit ist der Erwerb steuerfrei (§§ 13a Abs. 1 i.V.m. 13b Abs. 4 ErbStG). Darüber hinaus wird ein Abzugsbetrag – von höchstens 150.000 EUR – gewährt (§ 13a Absatz 2 ErbStG). Bei der Optionsverschonung sind 100 % des i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögens steuerbefreit (§ 13a Absatz 8 ErbStG). Allerdings hat der Steuerpflichtige hier strengere Voraussetzungen zu erfüllen.

4. Regelverschonung, §§ 13a Abs. 1 i.V.m. 13b Abs. 4 ErbStG

Die Regelverschonung stellt den Normalfall dar.

4.1 Verschonungsabschlag, § 13a Abs. 1 ErbStG

Nach der Regelung des § 13a Abs. 1 ErbStG bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 13b Abs. 4 ErbStG insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Gem. § 13b Abs. 4 ErbStG sind 85 % des in § 13b Abs. 1 ErbStG genannten Vermögens begünstigt.

Hinweis:

Hinsichtlich des Erwerbs von Anteilen an einer in einem Drittstaat ansässigen Kapitalgesellschaft dürfte es auch nach aktuellem Recht keinen Verstoß gegen die Kapitalverkehrfreiheit darstellen, dass die Steuerbegünstigungen der §§ 13a und 13b ErbStG keine Anwendung finden, wenn der Erwerber zu mehr als 25 % an der Gesellschaft beteiligt ist (EuGH, 19.07.2012 – Rs. C- 31/11, DStR 2012, 1508). Der EuGH ging in seiner Entscheidung davon aus, dass bei einer Beteiligung von mehr als 25 % ein sicherer Einfluss auf die Gesellschaft besteht und sah in der Behaltensregelung des § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. (vgl. § 13a Abs. 5 ErbStG n.F.) ein Hindernis dafür, einen Erwerb lediglich zum Zweck der Geldanlage annehmen zu können. Daher kam er zu dem Ergebnis, dass die Grundfreiheit der Niederlassungsfreiheit betroffen war, die der Kapitalverkehrsfreiheit allerdings vorgeht. Die Niederlassungsfreiheit ist – im Gegensatz zur Kapitalverkehrsfreiheit – in Drittstaatenfällen nicht anwendbar. Diese Grundsätze müssten auf einen Erwerb von Betriebsvermögen eines in einem Drittstaat ansässigen Betriebs entsprechend anwendbar sein.

Hinweis:

Betriebsvermögen ist nicht begünstigt, wenn es zu mehr als 50 % aus sog. Verwaltungsvermögen i.S.d.§ 13b Abs. 2 ErbStG besteht.

Voraussetzung für den Verschonungsabschlag ist gem § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs, innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Dies bedeutet, dass das Unternehmen fünf Jahre fortgeführt werden muss und in dieser Zeit eine bestimmte jährliche Mindestlohnsumme zu erreichen ist. Eine Definition des Begriffs „Lohnsumme“ findet sich in § 13a Abs.4 ErbStG.

Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer endenden Wirtschaftsjahre (§ 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG).

Die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG sind nicht zu erfüllen, wenn die Ausgangslohnsumme 0 EUR beträgt oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG).

Für den Fall, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme unterschreitet, vermindert sich nach § 13a Abs. 1 Satz 5 ErbStG der nach Satz 1 zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

4.2 Abzugsbetrag, § 13a Abs. 2 ErbStG

Von den nicht begünstigten 15 % des Betriebsvermögens (vgl. § 13b Abs. 4 ErbStG) werden nach § 13a Abs. 2 ErbStG 150.000 EUR abgezogen, Allerdings verringert sich dieser Abzugsbetrag, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150.000 EUR übersteigt, um 50 % des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden.

4.3 Prüfungsreihenfolge beim FA

Das FA hat also zu prüfen (R E 13a.1 Abs. 1 ErbStR 2011):

  1. 1.

    den Umfang des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG

  2. 2.

    die Höhe der Lohnsumme (§ 13a Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie Abs. 4 ErbStG)

  3. 3.

    ob bereits gegen die Behaltensregelungen des § 13a Absatz 5 ErbStG verstoßen wurde

4.3.1 Verwaltungsvermögen, § 13b Abs. 2 ErbStG

Zum Verwaltungsvermögen gehören insbesondere:

  1. a)

    Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten.

    Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn

    1. aa)

      der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte.

    2. bb)

      die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 3 EStG führt und

      • der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder

      • die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist. Für den Fall, dass der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.

    3. cc)

      sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern i.S.d. § 4h EStG gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt;

    4. dd)

      die überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten zum Betriebsvermögen, zum gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert;

    5. ee)

      Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten an Dritte zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden.

  2. b)

    Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital 25 % oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes oder eines Finanzdienstleistungsinstitutes eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind.

    Ob die Beteiligungsgrenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht ggü. nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich ausüben.

  3. c)

    Beteiligungen an Personengesellschaften, wenn deren Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt.

  4. d)

    Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen, soweit sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes, eines Finanzdienstleistungsinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind.

  5. e)

    Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, wenn der Handel mit diesen Gegenständen oder deren Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.

Die Frage, ob Verwaltungsvermögen gegeben ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Besteuerungszeitpunkt (R E 13b.8 Abs. 2 ErbStR 2011).

Hinweis:

Zur Frage, ob eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft Verwaltungsvermögen sein kann vgl. BayLfSt vom 24.11.2011 – 1 S 3812b.1.1-3 St 34.

Wenn der Anteil des Verwaltungsvermögens 50 % (bei der Optionsverschonung 10 %) des Betriebsvermögens nicht übersteigt, ist grundsätzlich das gesamte Betriebsvermögen einschließlich des darin enthaltenen Verwaltungsvermögens begünstigt.

Jedoch ist in diesem Fall zu beachten, dass solches Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satzes 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG nicht zum begünstigten Vermögen gehört, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen, § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG)..

4.3.2 Lohnsumme, § 13a Abs. 4 ErbStG

Die Lohnsumme umfasst alle Vergütungen (Löhne und Gehälter und andere Bezüge und Vorteile), die im maßgebenden Wirtschaftsjahr an die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten gezahlt werden. Zu den Vergütungen zählen alle Geld- oder Sachleistungen für die von den Beschäftigten erbrachte Arbeit, unabhängig davon, wie diese Leistungen bezeichnet werden und ob es sich um regelmäßige oder unregelmäßige Zahlungen handelt.

Hinweis:

Nicht berücksichtigt werden Vergütungen an solche Arbeitnehmer, die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind.

Zu den Löhnen und Gehältern gehören auch alle von den Beschäftigten zu entrichtenden Sozialbeiträge, Einkommensteuern und Zuschlagsteuern. Dies gilt auch dann, wenn sie vom Arbeitgeber einbehalten und von ihm im Namen des Beschäftigten direkt an den Sozialversicherungsträger und die Steuerbehörde abgeführt werden.

Auch zu den Löhnen und Gehältern zählen:

  • Sondervergütungen,

  • Prämien,

  • Gratifikationen,

  • Abfindungen,

  • Zuschüsse zu Lebenshaltungskosten,

  • Familienzulagen,

  • Provisionen,

  • Teilnehmergebühren und vergleichbare Vergütungen.

Hinweis:

Zur Ermittlung der Löhne und Gehälter vgl. den Erlass des FinMin Hessen vom 23.12.2010 – S 3812a A-005-II 6a.

Hinweis:

Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs darf innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten. Geschieht dies doch, so entfällt der Verschonungsabschlag anteilig und zwar in dem Verhältnis, in dem die tatsächliche Lohnsumme unter der Mindestlohnsumme liegt (R E 13a.4 Abs. 1 ErbStR 2011). Der Steuerbescheid ist dann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern (Nachversteuerung, R E 13a.4 Abs. 1 ErbStR 2011).

Beispiel:

Der gemeine Wert des Betriebes beträgt zum Zeitpunkt des Erwerbs 10.000.000 EUR. Hier bleiben zunächst 8.500.000 EUR steuerfrei und 1.500.000 EUR (15% von 10.000.000 EUR) sind zu versteuern.

Die Lohnsumme erreicht in den folgenden fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) 360 % (= 9/10) bei einem gemeinen Wert des Betriebes zum Zeitpunkt des Erwerbs 10.000.000 EUR.

Der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG verringert sich nunmehr um ein Zehntel (8,5 %) von 85 % auf 76,5 %.

Wegen des Verstoßes gegen die Mindestlohnsumme bleiben nur noch 76,5% von 10.000.000 EUR steuerfrei, mithin 7.650.000 EUR.

Im Ergebnis sind nunmehr 2.350.000 EUR zu versteuern. Die zunächst gezahlte Steuer wird verrechnet.

4.3.3 Behaltensfrist

Der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG und der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG fallen nach Maßgabe des § 13a Abs. 5 Satz 2 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung (Behaltensfrist) gegen eine der Behaltensregelungen verstößt.

Dies ist gegeben, wenn er z.B.

  • einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, einen Anteil an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert. Als Veräußerung gilt hierbei auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (vgl. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ErbStG);

  • als Inhaber eines Gewerbebetriebs, Gesellschafter einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des EStG oder persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150.000 EUR übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt (vgl. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG);

  • Anteile an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 13b ErbStG ganz oder teilweise veräußert (vgl. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 ErbStG).

Hinweis:

Die Finanzverwaltung betrachtet es nicht als Verstoß gegen die Behaltensregelungen, wenn begünstigtes Vermögen durch Erwerb von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden übergeht. (R E 13a.5 Abs. 2 ErbStR 2011)

Hinweis:

Zur Behaltensfrist bei Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft vgl. FinMin Niedersachsen vom 24.05.2012 – S 3812a – 32-35 1.

Nach st. Rspr. führt auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu einem Verstoß gegen die Behaltensfrist.

4.4 Nachversteuerung

Soweit der Erwerber gegen die Behaltensregelungen verstößt, entfallen der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag. Es kommt zu einer entsprechenden Nachversteuerung, wobei der erbschaftsteuerrechtliche Wert im Zeitpunkt der Steuerentstehung anzusetzen ist. Bei Überentnahmen kommt es auf den ertragsteuerrechtlichen Wert im Entnahmezeitpunkt an (R E 13a.12 Abs. 1 ErbStR 2011).

Eine Nachversteuerung hat zu unterbleiben, wenn in den Fällen des § 13a Abs. 5 Satz. 1 Nr. 1, 2 und 4 ErbStG – z.B.bei Veräußerung eines Gewerbebetriebs oder von wesentlichen Betriebsgrundlagen – der Veräußerungserlös innerhalb der nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögensart verbleibt. Hiervon ist auszugehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in entsprechendes Vermögen investiert wird, das nicht zum Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG gehört. (§ 13a Abs. 5 Satz 2 bis 4 ErbStG).

Als Reinvestition kommt neben der Anschaffung von neuen Betrieben, Betriebsteilen oder Anlagengütern, die zu einem Ersatz des veräußerten Vermögens führen, auch die Tilgung betrieblicher Schulden oder die Erhöhung von Liquiditätsreserven, die nicht zum Verwaltungsvermögen gehören, in Frage. Die Reinvestition muss dabei jedoch stets innerhalb der nach § 13b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögensart erfolgen (R E 13a.11 ErbStR 2011).

5. Optionsverschonung, § 13a Abs. 8 ErbStG

Der Erwerber kann sich statt für die Regelverschonung auch für die Optionsverschonung entscheiden.Der Antrag kann grds. bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer gestellt werden (R E 13a.13 Abs. 2 ErbStR 2011)

Er hat dann nach § 13a Abs. 8 ErbStG unwiderruflich zu erklären, dass die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 1 bis 7 ErbStG i.V.m. § 13b ErbStG nach folgender Maßgabe gewährt wird:

  • Lohnsummenfrist von sieben Jahren,

  • Maßgebende Lohnsumme von 700 %,

  • Behaltensfrist von sieben Jahren,

  • Prozentsatz für Verwaltungsvermögen von 10 %.

Erfüllt der Erwerber diese Voraussetzungen, dann bleiben 100 % des begünstigten Betriebsvermögens steuerfrei.

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