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Werbungskosten

Normen

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG

Information

Werbungskosten sind alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, z.B. Aufwendungen eines Arbeitnehmers, die durch seinen Beruf veranlasst sind. Der Begriff der Werbungskosten ist insoweit deckungsgleich mit dem der Betriebsausgaben. Einzelheiten sind in R 9.1 bis R 9.13 LStR geregelt. Ein Werbungskostenabzug setzt die Belastung mit Aufwendung voraus (BFH, 03.02.2011 – VI R 9/10).

Für die Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ist ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 1.000 EUR (bis 2010 = 920 EUR) vorgesehen (Arbeitnehmer-Pauschbetrag). Dieser Pauschbetrag wird bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt (§ 9a EStG; Arbeitnehmer-Pauschbetrag).

Ein pauschaler Abzug von einem Drittel der Bezüge (entsprechend der Regelungen für Abgeordnete) als Werbungskosten ist nicht möglich. Das BVerfG hat diesbezügliche Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerdeführer seien nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz) verletzt. Es sei nicht grundsätzlich verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass Abgeordnete im Gegensatz zu anderen Steuerpflichtigen zur Abgeltung der mandatsbezogenen Aufwendungen eine steuerfreie pauschalierte Aufwandsentschädigung erhalten. Die darin liegende Ungleichbehandlung finde ihre Rechtfertigung in der besonderen Stellung des Abgeordneten, der über die Art und Weise der Wahrnehmung seines Mandats grundsätzlich frei und in ausschließlicher Verantwortung gegenüber dem Wähler entscheide. Dies betreffe auch die Frage, welche Kosten er dabei auf sich nimmt. Deren pauschale Erstattung solle Abgrenzungsschwierigkeiten vermeiden, die beim Einzelnachweis mandatsbedingter Aufwendungen dadurch aufträten, dass die Aufgaben eines Abgeordneten aufgrund der Besonderheiten des Abgeordnetenstatus nicht in abschließender Form bestimmt werden könnten. Die Abgeordnetenpauschale entspreche weniger einer Werbungskostenpauschale als eher einem pauschalierten Auslagenersatz für Kosten, deren tatsächlicher Anfall vermutet werde (BVerfG, Beschluss vom 26.07.2010 – 2 BvR 2227/08 und 2 BvR 2228/08). Hierzu ist ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig, Aktenzeichen: 7258/11.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH können Aufwendungen, die nur zum Teil beruflich oder betrieblich veranlasst sind, grundsätzlich insgesamt nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 12 Nr. 1 EStG). Der BFH möchte an dieser strikten Beurteilung nicht mehr festhalten und befürwortet eine Aufteilung gemischt veranlasster Aufwendungen, wenn hierfür ein objektiver Maßstab zur Verfügung steht (BFH, 21.09.2009 – GrS 1/06 ) . Streitig war in dem Rechtsstreit, ob Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt veranlassten Reisen in Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden können.

In dem zugrundeliegenden Streitfall besuchte der Kläger, der als EDV-Controller angestellt war, eine führende Computer-Messe in den USA. An vier Tagen des insgesamt siebentägigen USA-Aufenthalts nahm der Kläger an verschiedenen beruflichen Fachveranstaltungen teil. Drei Tage standen ihm für private Aktivitäten zur Verfügung. Das Finanzamt erkannte zunächst nur die Tagungsgebühren an. Die Klage hatte insoweit Erfolg, als das Finanzgericht auch die Aufwendungen für vier Übernachtungen und entsprechende Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigte. Die Kosten des Hin- und Rückflugs teilte das Finanzgericht auf und erkannte sie zu 4/7 als Werbungskosten an. Hiergegen wandte sich das Finanzamt mit seiner Revision. Der BFH ist der Auffassung, dass das Finanzgericht die Aufwendungen für die Hin- und Rückreise zu Recht aufgeteilt und teilweise als Werbungskosten berücksichtigt hat. Nach dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit seien grundsätzlich alle beruflich veranlassten Aufwendungen Werbungskosten. Folglich handele es sich auch bei den Flugkosten insoweit um Werbungskosten, als die USA-Reise beruflich veranlasst sei. Das Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt beruflich und privat veranlasste Aufwendungen stehe dem nicht entgegen. Denn das Aufteilungs- und Abzugsverbot sei nicht anzuwenden, wenn sich der dem Beruf dienende Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben von dem privat veranlassten Teil abgrenzen lasse. Dies sei hier der Fall, da für die Aufteilung der gemischt veranlassten Reisekosten das Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise herangezogen werden könne.

Mit zwei weiteren Urteilen vom 21.04.2010 – VI R 5/07 und VI R 66/04 – hat der BFH entschieden, dass Reisekosten in Werbungskosten und Aufwendungen für die private Lebensführung aufzuteilen sind, wenn die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge objektiv voneinander abgegrenzt werden können. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab komme dafür vor allem das Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile in Betracht. Der BFH bestätigt mit den Entscheidungen den o.g. Beschluss des Großen Senats vom 21.09.2009 – GrS 1/06.

In einem weiteren Streitfall wurde ein Brigadegeneral in den Ruhestand verabschiedet. Im Anschluss an die Veranstaltung fand im Offiziersheim ein Empfang statt. Die Bewirtungskosten wurden teilweise vom Stpfl. übernommen. Das FG Köln hatte die Werbungskosten nicht zum Abzug zugelassen (FG Köln, 19.03.2003 – 5 K 4506/02, EFG 2004 S. 90). Der BFH ließ den Kostenabzug jedoch zu (BFH, 11.01.2007 – VI R 52/03, DStR 2007 S. 340).

Bewirtungsaufwendungen eines angestellten Geschäftsführers mit variablen Bezügen anlässlich einer ausschließlich für Betriebsangehörige im eigenen Garten veranstalteten Feier zum 25-jährigen Dienstjubiläum können Werbungskosten sein (BFH, 01.02.2007 – VI R 25/03). Der persönliche Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG ist bei einem Arbeitnehmer nur gegeben, wenn dieser selbst als bewirtende Person auftritt. In einem Streitfall, der vor dem BFH verhandelt wurde, war der Arbeitgeber als Gastgeber und damit Bewirtender aufgetreten. Die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers konnten nach Ansicht des BFH in voller Höhe abgezogen werden (BFH, 19.06.2008 – VI R 48/07, BFH/NV 2008, 1614).
Bewirtet ein leitender Arbeitnehmer mit variablen Bezügen seine Arbeitskollegen, insbesondere ihm unterstellte Mitarbeiter, so unterliegen die Bewirtungsaufwendungen ebenfalls nicht der Abzugsbeschränkung gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG (BFH 19.06.2008 – VI R 33/07).

Zur gesonderten Ermittlung der Werbungskosten für Ehegatten siehe R 39a.3 LStR . Zur Abschreibung für Werbungskosten mit einem Anschaffungswert von mehr als 410 EUR siehe R 9.12 LStR und Arbeitsmittel.

Werbungskosten fallen neben Arbeitsverhältnissen insbesondere bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie bei Kapitaleinkünften an. Ab 2009 können bei den Einkünften aus Kapitalvermögen die tatsächlichen Werbungskosten nicht mehr berücksichtigt werden (§ 20 Abs.9 EStG). Stattdessen wird nur noch ein sog. Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 EUR bei Ledigen bzw. 1602 EUR bei Verheirateten abgezogen.

Ein Veräußerungsverlust aus einer Kapitalbeteiligung am Arbeitgeber führt nicht allein deshalb zu Werbungskosten oder negativen Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, weil die Beteiligung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses veräußert wurde. Erforderlich ist vielmehr, dass ein solcher Verlust in einem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis steht und nicht auf der Nutzung der Beteiligung als Kapitalertragsquelle beruht (BFH, 17.09.2009 – VI R 24/08). Der BFH hat mit Urteil vom 25.11.2010 – VI R 34/08 – entschieden, dass auch dann, wenn der geschäftsführende Kleingesellschafter seiner GmbH ein Darlehen aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt hat, der spätere Verzicht darauf durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein kann und dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt, soweit die Darlehensforderung noch werthaltig ist.

Mit Urteil vom 16.11.2011 – VI R 97/10 – hat der BFH entschieden, dass Ausgaben zur Tilgung einer Bürgschaftsverpflichtung durch den Arbeitnehmer einer Gesellschaft dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führen, wenn eine Gesellschafterstellung lediglich vereinbart, aber nicht realisiert worden ist. Zwar gehe die Rechtsprechung davon aus, dass die Übernahme einer Bürgschaft oder anderer Sicherheiten durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer mit nicht nur unwesentlicher Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft regelmäßig weniger durch die berufliche Tätigkeit als eher durch die Gesellschafterstellung veranlasst ist. Dabei sei jedoch stets Voraussetzung, dass ein steuermindernder Abzug der Aufwendungen aus einer Anwendung des § 17 EStG möglich ist. Der weitere Veranlassungszusammenhang mit der geplanten Gesellschafterstellung verdränge daher den beruflichen Zusammenhang nicht, weil der Kläger nicht Gesellschafter der GmbH geworden ist.

Zur Vermeidung von Einzelnachweisen der Werbungskosten können in bestimmten Fällen Pauschbeträge geltend gemacht werden (Werbungskosten-Pauschbetrag).

Werbungskosten eines Arbeitnehmers können unter bestimmten Voraussetzungen als Freibetrag beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden.

Bei den in Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmern sind die Werbungskosten nicht nach Maßgabe des § 3c EStG zu kürzen. Wie auch bei Arbeitnehmern, die nach § 3b EStG steuerfreie Zuschläge erhalten, stehen die Werbungskosten in keinem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfreien Einnahmen.

Werbungskosten eines Referendars für eine Ausbildungsstation in den USA sind bei Vorliegen von steuerpflichtigem Arbeitslohn und steuerfreier Tätigkeitsvergütung nur anteilig abziehbar (BFH, 11.02.2009 – I R 25/08).

Nach dem BFH-Beschluss, 30.06.2010 – VI R 45/09, sind Aufwendungen eines Diensthundeführers für den ihm anvertrauten Diensthund keine nicht abziehbaren Aufwendungen der privaten Lebensführung, sondern in vollem Umfang Werbungskosten.

Ausgleichzahlungen, die auf Grundlage einer Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB als Gegenleistung für einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich an den früheren Ehegatten gezahlt werden, können als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Abzug gebracht werden (BFH, 24.03.2011 – VI R 59/10).

Aufwendungen für zivil- und arbeitsgerichtliche Streitigkeiten weisen nach der ersten Vermutung regelmäßig einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften auf. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über streitige Ansprüche im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigen (BFH, 09.02.2012 – VI R 23/10).

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