Die Beteiligten stritten darüber, ob das beklagte Finanzamt Einkommensteuerbescheide öffentlich zustellen durfte.
Der Kläger lebt seit dem Jahr 2013 in der Schweiz. Der Aufforderung des Beklagten, einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu bestellen, kam er nicht nach. Stattdessen bat der Kläger den Beklagten, ihm sämtliche Schreiben an seine Wohnanschrift in der Schweiz zu schicken.
Im April 2017 erließ der Beklagte geänderte Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2013. Er ordnete die öffentliche Zustellung der Bescheide an und informierte den Kläger darüber. Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass eine Zustellung der Bescheide in der Schweiz nicht zulässig sei. Da der Kläger keinen Empfangsbevollmächtigten benannt habe, könne eine Zustellung nur im Wege der öffentlichen Zustellung erfolgen.
Dagegen hat sich der Kläger erfolgreich gewehrt. Das Finanzgericht hat seiner Klage mit Urteil vom 08.10.2019 (Az. 10 K 963/18 E) stattgegeben und festgestellt, dass die Einkommensteuerbescheide mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden seien.
Eine öffentliche Zustellung habe nicht erfolgen dürfen, weil eine Zustellung in der Schweiz möglich gewesen sei. Der Beklagte hätte die Bescheide dem Kläger in der Schweiz persönlich zustellen können.
Das Gericht stützte sich in seiner Begründung auf eine überarbeitete Fassung des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Übereinkommen gelte in der Schweiz seit dem Jahresbeginn 2017 und erlaube die Zustellung von Einkommensteuerbescheiden in der Schweiz per Einschreiben mit Rückschein. Das Gericht führte aus, dass diese Möglichkeit – entgegen der Ansicht der deutschen Finanzbehörden – nicht nur für Einkommensteuerbescheide ab dem Veranlagungszeitraum 2018, sondern für sämtliche Einkommensteuerbescheide bestehe.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
(FG Düsseldorf, Mitteilung vom 12.11.2019 zu Urteil vom 08.10.2019 – 10 K 963/18)