Die Unterbrechung des Freiwilligen Sozialen Jahres wegen Krankheit führt nicht zum Verlust des Kindergeldanspruchs. Dies hat das Hessische Finanzgericht entschieden.
Geklagt hatte ein grundsätzlich kindergeldberechtigter Vater, dessen Tochter nach Abschluss des Gymnasiums ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) begann. Im Laufe des kommenden Jahres verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Kindes, welches bereits seit seiner eigenen Schulzeit an Bulimie und Anorexie litt, derart, dass es das FSJ zu Ende Mai 2018 kündigte und sich in stationäre Behandlung begab. Im Anschluss daran absolvierte es weiter ein FSJ bei einem anderen Träger.
Im Hinblick auf die Ableistung des FSJ im Anschluss an die Schulzeit erhielt der Kläger zunächst Kindergeld für das Kind. Da die Dauer dieses FSJ bis Ende August 2018 geplant war, hob die beklagte Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab Juni 2018 auf. Die Familienkasse vertrat die Auffassung, es läge keine Unterbrechung der Ausbildung vor, da das Kind das FSJ abgebrochen habe.
Der Kläger war der Ansicht, das Kind habe die Ausbildung nur krankheitsbedingt unterbrochen.
Das Hessische Finanzgericht gab der Klage statt. Es sei im Hinblick auf den Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, der die Berücksichtigung von Kindern in Ausbildung regelt, allgemein anerkannt, dass für die Zeit einer Erkrankung weiterhin Anspruch auf Kindergeld bestehe. Dies entspreche der von der Rechtsprechung angewandten Gesetzesauslegung und sei nicht lediglich eine Billigkeitsmaßnahme der Verwaltung. Dieser Grundsatz könne auf den Fall einer Erkrankung während eines Freiwilligendienstes i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG übertragen werden.
Unerheblich sei dabei auch, dass das Kind das FSJ bei einem anderen Träger fortgesetzt habe. Für das Gericht sei im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht zweifelhaft gewesen, dass das Kind stets die Absicht gehabt habe, das FSJ nach seiner Genesung fortzusetzen.
(FG Hessen, Mitteilung vom 23.04.2020 zu Urteil vom 29.01.2020 – 9 K 182/19; Revision beim BFH: Az. III R 15/20)