Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG greift auch dann ein, wenn Miterben zunächst die Bildung von Bruchteilseigentum und in einem zweiten Schritt die Übertragung auf einen Miterben vereinbaren, wenn dieser unmittelbar Alleineigentümer wird. Dies hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.
Die Klägerin war zusammen mit ihrer Schwester Miterbin ihrer Eltern. Zur Erbengemeinschaft gehörte ein Grundstück. Im Rahmen eines notariellen Vertrags vereinbarten die Schwestern die Aufhebung der Erbengemeinschaft und die Umwandlung des Gesamthandseigentums in Bruchteilseigentum. Sodann sollte die Klägerin den hälftigen Grundstücksanteil ihrer Schwester für 31.500 Euro erwerben. In Umsetzung dieses Vertrags wurde die Klägerin unmittelbar als Alleineigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Das Finanzamt setzte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.047 Euro (6,5 % von 31.500 Euro) fest. Die für die Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften geltende Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG greife nur für den Erwerb des Bruchteilseigentums von der Erbengemeinschaft, nicht aber für den gesondert zu beurteilenden Erwerb des Miteigentumsanteils von der Schwester ein.
Das Gericht hat dies anders gesehen und der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben. Entgegen der Auffassung des Finanzamts sei § 3 Nr. 3 EStG für den gesamten Vorgang einschlägig. Die Klägerin habe den Grundstücksanteil zur Teilung des Nachlasses von der Erbengemeinschaft erworben. Die Steuerbefreiung greife zwar nicht ein, wenn das Gesamthandseigentum in Bruchteilseigentum umgewandelt und später der Miteigentumsanteil übertragen wird. Vorliegend sei jedoch tatsächlich kein Bruchteilseigentum an dem Grundstück gebildet worden. Hierfür wären zunächst eine Auflassung und eine Eintragung beider Schwestern als Miteigentümerin in das Grundbuch erforderlich gewesen. Da die Klägerin ohne Zwischenschritt als Alleineigentümerin ins Grundbuch eingetragen wurde, habe es bis zu diesem Zeitpunkt noch im Gesamthandseigentum der Erbengemeinschaft gestanden.
An dieser Beurteilung ändere auch der vom Finanzamt zutreffend beurteilte Umstand nichts, dass durch die notarielle Vereinbarung zwei Erwerbsvorgänge verwirklicht worden seien. Diese beiden Vorgänge seien im Rahmen einer Gesamtvereinbarung zu beurteilen und daher insgesamt steuerfrei. Da davon auszugehen sei, dass der eine Teil des Rechtsgeschäfts nicht ohne den anderen vorgenommen worden wäre, liege ein einheitlicher Vertrag vor.
(FG Münster, Mitteilung vom 16.11.2020 zu Urteil vom 29.10.2020 – 8 K 809/18)