Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat eine Stellungnahme zur Übergewinnsteuer vorgelegt. Der Beirat hat sich vor dem Hintergrund der zuletzt intensiveren politischen Debatte über die Besteuerung vorwiegend krisenbedingter außergewöhnlich hoher Gewinne mit dem Thema befasst und rät in seiner Stellungnahme dringend davon ab, eine sogenannte Übergewinnsteuer einzuführen.
Dabei hat der Rat insbesondere folgende Schlüsselfaktoren identifiziert:
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Übergewinne in der Praxis abzugrenzen und auf dieser Grundlage besteuern zu wollen, führt zu willkürlichen Belastungen und Verzerrungen in der Produktionsstruktur, wodurch schädliche Verzerrungswirkungen drohen.
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Wirtschaftliche Aktivitäten und die daraus resultierenden Erträge sind grundsätzlich zufälligen Schwankungen ausgesetzt. In diesem zufälligen Auf und Ab wird es unausweichlich Perioden geben, in denen ein „Übergewinn“ entsteht, und Perioden mit „Untergewinn“. Würde der Staat in den Perioden des „Übergewinns“ erwartbar argumentieren, dass dieser ungerechtfertigt sei und steuerlich abgeschöpft werden sollte, dann sänken Investitionsanreize und wohlfahrtssteigernde Aktivitäten unterblieben.
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Hinzu kommt, dass rapide steigende Preise und die daraus erwachsenen Gewinnerwartungen Anreize bieten, die Produktionskapazitäten gerade dort auszubauen, wo die Knappheiten besonders groß sind. Solche Anpassungen sind aus volkswirtschaftlicher Sicht in hohem Maße wünschenswert, weil sie die knappen Ressourcen der Ökonomie in die Verwendungen lenken, in denen sie den höchsten Mehrwert erbringen. Eine Übergewinnsteuer, die alle Gewinne, die aus dem höheren Preis resultieren, wegbesteuert, würde genau diese Anreize zur sozial wünschenswerten Kapazitätsausweitung zunichtemachen.
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Dieser Effekt wird noch durch die innovationsfeindliche Wirkung verstärkt. Innovationswettläufe generieren typischerweise viele Verlierer und einige wenige Gewinner. Würden Gewinne der Innovationssieger ex post „wegbesteuert“, bestünde ex ante kein Anreiz mehr, sich an produktiven Innovationswettläufen zu beteiligen.
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Das Vertrauen ins Steuersystem basiert auf dessen Regelgebundenheit. Besteuert wird, wer ein positives Einkommen bzw. Gewinne erzielt. In welchen Sektoren, mit welchen Produkten und in welchen Phasen des Weltgeschehens Gewinne erzielt werden, spielt für die Höhe der Besteuerung keine Rolle. Eine ad hoc-Besteuerung einzelner Aktivitäten würde viel von diesem lange gewachsenen Vertrauen zerstören.
Die aktuelle Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats zur Übergewinnsteuer wird in der Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen veröffentlicht und kann hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.
Bundesfinanzministerium, Pressemitteilung vom 5.8.2022