GoB – Ort der Buchführung
§ 146 Abs. 2 S. 1 AO
1. Allgemeines
Nach § 146 Abs. 2 S. 1 AO sind Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen im Geltungsbereich der AO grundsätzlich im Inland zu führen und aufzubewahren.
Ausnahmen von dieser Regelung bestehen für ausländische Organgesellschaften und ausländische Betriebsstätten, soweit nach dortigem (ausländischem) Recht eine Verpflichtung besteht, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, und diese Verpflichtung vom Unternehmen auch erfüllt wird. Die Ergebnisse der dortigen Buchführung müssen in die Buchführung des hiesigen Unternehmens übernommen werden, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Dabei sind die erforderlichen Anpassungen an die inländischen steuerrechtlichen Vorschriften vorzunehmen und die Anpassungen kenntlich zu machen (Analogie zu § 60 Abs. 2 EStDV).
Ausführungen zur Besteuerung inländischer Betriebsstätten eines Steuerausländers und ausländischer Betriebsstätten eines Inländers ergeben sich aus dem Betriebsstättenerlass (BMF-Schreiben vom 24.12.1999, IV B 4 – S 1300 – 111/99, BStBl I 1999, 1076, aktualisiert durch das BMF-Schreiben vom 20.11.2000, IV B 4 – S 1300 – 222/00, BStBl I 2000, 1509).
Anträge auf Buchführungserleichterungen nach § 148 AO (z.B. von Tochtergesellschaften international tätiger Konzerne, die im Inland eine buchführungspflichtige Betriebsstätte unterhalten) mit dem Ziel, Teile der Buchführung z.B. aus Gründen der Kostenersparnis oder aus Gründen der organisatorischen Abwicklung ins Ausland zu verlagern, werden bisher von der Finanzverwaltung nur unter engen Voraussetzungen genehmigt.
Es muss sichergestellt sein, dass die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung vom Inland aus lückenlos geprüft werden kann und deshalb alle durch die GoBS an ein Buchführungssystem gestellten Anforderungen im Inland erfüllt sind. Dies ist allenfalls bei kurzen Verarbeitungsvorgängen im Ausland denkbar, z.B. wenn die im Inland erfassten Daten ins Ausland lediglich zur Datenverarbeitung übermittelt werden. In diesen Fällen kommt der System- und Verfahrensdokumentation erhöhte Bedeutung zu.
Grundsätzlich soll die Kontrollfunktion der deutschen Finanzverwaltung jedoch nicht beschnitten werden.
Um im Zusammenhang mit dem elektronischen Datenzugriff dem Interessenskonflikt zwischen der Wirtschaft einerseits und der Sicherstellung einer effizienten Kontrolle durch die Steuerverwaltung und damit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung andererseits gerecht zu werden, soll durch die § 146 Abs. 2a und 2b AO der gesetzliche Rahmen einer Verlegung der Buchführung ins Ausland ab 2009 konkretisiert werden.
2. Änderungen durch das Jahresteuergesetz 2009
Mit dem Entwurf zum Jahressteuergesetz 2009 (E-JStG 2009, Stand 28.04.2008, veröffentlich auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums sollen durch Art. 9 die Vorschriften der §§ 146 Abs. 2a und 2b AO neu aufgenommen werden.
Danach kann abweichend vom Grundsatz des § 146 Abs. 2 Satz 1 AO die zuständige Finanzbehörde auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen bewilligen, dass elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft geführt und aufbewahrt werden, § 146 Abs. 2a AO (i.d.F.d. JStG 2009).
Die Verlagerung der Buchführung wird auf den EU-Raum und die meisten Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes beschränkt, weil nur mit diesen Staaten eine effektive Rechts- und Amtshilferegelung besteht.
Es darf nur die Verlagerung der mittels eines Datenverarbeitungssystems erstellten Buchführung und sonstigen Aufzeichnungen bewilligt werden. Die Papierbuchführung, insbesondere die in Papierform vorliegenden Rechnungen im Sinne des UStG, müssen im Inland verbleiben, damit eine Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b UStG) weiterhin möglich bleibt.
Voraussetzungen für die Verlagerung der Buchführung sind, dass
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der Steuerpflichtige die Zustimmung zur Durchführung eines Zugriffs auf elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen der zuständigen Stelle des Staates, in den die elektronischen Bücher und Aufzeichnungen verlagert werden sollen, vorlegt (Nachweis der Zustimmung des ausländischen Staates zum Datenzugriff; die Zustimmung des ausländischen Staates ist erforderlich, weil der Zugriff der deutschen Finanzverwaltung auf einen im Ausland befindlichen Server eine Verletzung fremder Hoheitsrechte darstellt),
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der Steuerpflichtige der zuständigen Finanzbehörde den Standort des Datenverarbeitungssystems und bei Beauftragung eines Dritten dessen Namen und Anschrift mitteilt (Mitteilung über den Standort der Buchführung; der Standort muss den Behörden bekannt sein, damit ggf. notwendige Beschlagnahmungsmaßnahmen durchgeführt werden können),
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der Steuerpflichtige seinen sich aus den §§ 90, 93, 97, 140 bis 147 und 200 Abs. 1 und 2 AO ergebenden Pflichten bisher ordnungsgemäß nachgekommen ist (Erfüllung der übrigen Auskunftspflichten; die Bewilligung wird von der bisherigen und zu erwartenden Kooperationsbereitschaft des Unternehmens abhängig gemacht – Compliance-Gedanke) und
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der Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO in vollem Umfang möglich ist (uneingeschränkter Datenzugriff erforderlich, weil der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung es gebietet, dass Steuerpflichtige, die ihre Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten im Ausland erfüllen, denselben Kontrollen unterliegen wie Steuerpflichtige, die dies im Inland tun.).
Die Bewilligung ist unabdingbar an diese Voraussetzungen gebunden.
Fällt ein Bewilligungsgrund weg, hat der Steuerpflichtige dies der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich mitzuteilen und diese hat die Bewilligung zu widerrufen und die unverzügliche Rückverlagerung der elektronischen Bücher und sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen ins Inland zu verlangen; den Vollzug hat der Steuerpflichtige nachzuweisen.
Kommt der Steuerpflichtige seiner Pflicht
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zur Rückverlagerung einer nicht erlaubten Verlagerung der elektronischen Buchführung,
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zur Einräumung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 AO,
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zur Erteilung von Auskünften oder
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zur Vorlage angeforderter Unterlagen im Sinne des § 200 Abs. 1 AO im Rahmen einer Außenprüfung nicht nach oder
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hat er seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung der zuständigen Finanzbehörde verlagert,
ist nach § 146 Abs. 2b AO (i.d.F.d. JStG 2009) ein Verzögerungsgeld von 2.500 Euro bis 250.000 Euro festzusetzen.
Um eine Schlechterstellung von Steuerpflichtigen, die ihre Bücher und sonstigen Aufzeichnungen im Inland führen gegenüber solchen Steuerpflichtigen, die dies im Ausland tun und der Finanzverwaltung aus von ihnen zu vertretenden Umständen den Datenzugriff erschweren oder verhindern, zu vermeiden, gilt für diese Personen die Anwendung des Verzögerungsgeldes im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflichten.
Für das der Finanzbehörde eingeräumte Ermessen im Hinblick auf die Höhe des Verzögerungsgeldes gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.