Budgetierung

1. Überblick

Schon der Budgetbegriff (Budget) wird in der Betriebswirtschaftslehre und in der betrieblichen Praxis unterschiedlich interpretiert. Angelehnt an den Etatbegriff öffentlicher Finanzverwaltungen wird „Budget“ häufig als reine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben in Form eines Finanzplanes oder Etats interpretiert. Andere Auffassungen dehnen den Begriff auf die gesamte Unternehmensplanung mit zahlreichen Einzelbudgets und Plangrößen aus.

Diese historisch gewachsenen unterschiedlichen Interpretationsweisen spiegeln sich auch bei den Erklärungen zum Begriff der Budgetierung wider. Die weiteste Auslegung geht dabei von einer völligen Gleichsetzung von Budgetierung und Planung aus. Eine große Zahl von Autoren wertet hingegen nur einzelne Planungsstufen und Planungsfristigkeiten (beispielsweise die Jahresplanung, die operative Planung oder die taktische Planung) als Synonym zum Budgetbegriff. Tatsächlich hat sich eine Meinung durchgesetzt, die von einer weit gehenden Übereinstimmung der Budgetierung einerseits und bestimmten Planungsstufen/Planungsfristen andererseits ausgeht.

Hier soll unter Budgetierung ein Prozess verstanden werden, der alle Aktivitäten im Rahmen der Erstellung, Genehmigung, Durchsetzung und Anpassung von Budgets umfasst. Als originäres Controlling-Instrument stellt die Budgetierung dabei ein wichtiges Abstimmungsinstrument des Managements mit dem Zwang zur Koordination und wechselseitiger Information dar. Anknüpfend am Merkmal der Planungsstufen wird dabei zwischen der operativen und strategischen Budgetierung unterschieden.

  • Die operative Budgetierung beinhaltet die Aufstellung, Vorgabe und Kontrolle operativer Budgets. Sie umfasst damit die vollständige mengen- und wertmäßige Zusammenfassung der erwarteten und/oder gewollten Entwicklung der Unternehmung in der zukünftigen Planungsperiode (in der Regel ein Jahr).

  • Die strategische Budgetierung basiert auf Plänen zur langfristigen Existenzsicherung, die pro Verantwortungsbereich für die Planperiode aufgestellt werden. Die geplanten Ziele und Maßnahmen sind dabei – bezogen auf einen längerfristigen Zeitraum von drei, fünf oder zehn Jahren – vollständig in wertmäßige Größen zu überführen.

Mit der Budgetierung sind besonders die folgenden Zielsetzungen verbunden:

  • Eine wichtige Aufgabe der Budgetierung besteht darin, die zahlungsmäßigen Wirkungen der geplanten zukünftigen Maßnahmen abzuschätzen. Insoweit ist die Budgetierung eng mit der Finanzplanung verknüpft. Auf der Basis der einzelnen funktionalen Programmpläne wird hierbei der voraussichtliche Zahlungsmittelüberschuss bzw. Zahlungsmittelbedarf ermittelt.

  • Bezogen auf das gesamte Unternehmen soll die Budgetierung eine zentrale Koordinationsfunktion erfüllen, da die einzelnen Teilpläne im Rahmen des Budgetierungsprozesses aufeinander abgestimmt werden müssen.

  • Durch die Vorgabe von genau definierten Sollgrößen (Umsatz, Kosten, Erträge usw.), die es innerhalb der nächsten Planungsperiode einzuhalten bzw. zu erreichen gilt, setzen die einzelnen Budgets Maßstäbe zur Leistungsmessung und üben damit eine Leistungs- und Kontrollfunktion aus. Da durch die Vorgabe von Soll-Budgets gleichzeitig bestimmte Erwartungen an das Verhalten der Budgetbetroffenen geknüpft werden, soll die Budgetierung auch der Verhaltenssteuerung dienen, indem sie zum Beispiel die Entscheidungsträger auf bestimmte Kostenziele verpflichtet und ihnen damit konkrete Handlungsorientierungen aufzeigt.

Hinweis:

In diesem Sinne wird die Budgetierung zeitweilig auch als Teil einer umfassenden Führungskonzeption, etwa in Form des Management by Objectives (MBO), verstanden. Eine solche Interpretation setzt jedoch voraus, dass sich die budgetierten Größen mit den Verantwortungs- und Einflussbereichen der jeweiligen Führungskräfte decken.

Durch die Zielvorgabefunktion von Budgets lassen sich die Anwendungsmöglichkeiten der Budgetierung bis hin zu Leistungsbeurteilungsinstrumenten erweitern. Durch die vorgegebenen, quantifizierten Planungsgrößen können am Ende der Planungsperiode (bei zeitlicher Aufspaltung der Ziele auch innerhalb der Planungsperiode) die Zielerreichungsgrade kontrolliert werden. Somit ermöglicht die Budgetierung eine direkte Leistungsüberprüfung, die sich bei entsprechendem Detaillierungsgrad bis auf einzelne Mitarbeiter erstrecken kann.

Soll mit der Budgetierung die Motivation von Mitarbeitern gesteigert werden, ist das Setzen von realistischen Zielen sowie eine ursachengerechte Budgetkontrolle eine elementare Voraussetzung. Der Budgetierung können nämlich nur dann positive Motivationswirkungen zugesprochen werden, wenn sich die beteiligten Mitarbeiter mit den geplanten Zielen identifizieren können. Eine solche Identifikation kann jedoch nur erwartet werden, wenn die Zielvorgaben partizipativ erarbeitet werden und die Budgets als Rahmenplan verstanden werden, innerhalb dessen eigenverantwortlich entschieden und gehandelt werden kann.

2. Die Budgetierung im Planungs-, Durchführungs- und Kontrollprozess

Die Budgetierung als Instrument zur Steuerung eines Unternehmens setzt eine vorhergehende Phase der Planung voraus, in der auf Grund der Zielsetzungen unternehmerische Handlungsalternativen, zum Beispiel hinsichtlich der Absatz- und Investitionspolitik, definiert, bewertet und ausgewählt werden.

Nach diesen Entscheidungen schließt sich die Budgetierung als erster Teil derDurchführungsphase an, da zur Realisierung der ausgewählten Alternativen die notwendigen Maßnahmen festgelegt werden müssen. Hierzu werden für messbare Leistungen Produkt- und Faktoreinsatzmengen bestimmt. Durch Multiplikation mit den entsprechenden Geldfaktoren ergeben sich so die Ersten Teile des monetären Budgets. Für nicht exakt genug messbare Leistungen und zur Delegation von Einzelentscheidungen werden andere Teile des Budgets direkt festgelegt (beispielsweise für Werbung oder Verwaltung).

Im Anschluss an die Budgetierung folgt die Realisierung der Maßnahmen, die zu den Istgrößen des Mengengerüstes und der monetären Größen führt. Ausgangspunkt für die Kontrollphase ist in der Regel der sich daran anschließende Vergleich zwischen den budgetierten Sollgrößen und den tatsächlich eingetretenen Istgrößen.

3. Budgettechniken

Sowohl hinsichtlich der Hierarchiestufen des Unternehmens als auch hinsichtlich der Budgetperioden wird die Budgetierung im Allgemeinen mehrstufig vorgenommen. Der Entscheidungsspielraum nimmt dabei gewöhnlich mit der Hierarchieebene ab. Hinsichtlich der Budgetperioden muss zwischen dem operativen und strategischen Budget unterschieden werden. Beim operativen Budget steuern die Entscheidungsträger einer Sparte oder eines Funktionsbereiches die nachgeordneten Abteilungen durch Vorgabe taktischer Budgets. Mit der Kürze der Budgetperiode nimmt dabei im Regelfall der Detaillierungsgrad zu und der Entscheidungsspielraum ab, sodass zeitliche und hierarchische Abstufung der Budgetierung in gleicher Richtung verlaufen. Um die Gefahr einer zu kurzfristigen Unternehmenspolitik zu vermeiden, müssen auch die kurzfristigen Budgetvorgaben in Übereinstimmung mit den langfristigen Unternehmenszielen und den strategischen Budgetvorgaben stehen.

Ein Budget kann flexibel aufgestellt werden, wenn Leistungsart und -umfang einer budgetierten Betriebseinheit zum Zeitpunkt der Budgeterstellung noch nicht feststehen, zumindest aber messbar und der Faktoreinsatz mindestens teilweise leistungsabhängig ist. Die budgetierten Leistungs- und Kostenwerte werden dann zum Teil nicht in festen Beträgen, sondern in Abhängigkeit von Leistungsart und -umfang vorgegeben. Dieses Verfahren ist beispielsweise bei der Plankostenrechnung üblich, lässt sich aber zum Beispiel auch für die Erlösplanung anwenden. Der besondere Vorteil von flexiblen Budgets liegt in der einfacheren Budgetkontrolle und Analyse von Abweichungen.

Neben der Aufstellung von flexiblen Budgets kann es sich im Hinblick auf die Unsicherheit über den Eintritt zukünftiger Entwicklungen unter Umständen empfehlen, für verschiedene Umweltzustände und Planungen die Konsequenzen in Form von hypothetischen Budgets durchzuspielen. Die möglicherweise höhere Planungsqualität wird aber durch einen verlängerten Planungszeitraum und höhere Kosten erkauft.

Generell ist im Rahmen der Budgetierung darauf zu achten, dass alle Sparten-, Funktions- und Abteilungsbudgets sowohl horizontal als auch vertikal aufeinander abgestimmt werden und nicht in Widerspruch zueinander stehen. Absatz-, Beschaffungs- und Produktionsbudgets müssen aufeinander aufbauen, das Finanzbudget muss die hieraus resultierenden Zahlungsströme mit den budgetierten Geldzu- und -abflüssen aus Krediten und der Beteiligungsfinanzierung (Außenfinanzierung ) aufeinander abstimmen.

4. Der Budgetierungsprozess

Ausgangspunkt des Budgetierungsprozesses sind idealtypisch die jeweiligen Projekt- und Funktionsbereichspläne. Sie enthalten die verfolgten Ziele und Maßnahmen, die in Form von ökonomischen Wertgrößen (beispielsweise Kosten, Erlöse, Finanzbedarf) in die Budgets eingebracht werden müssen. Nur wenn solche Planwerke nicht vorliegen, müssen Budgetvorgaben entwickelt werden, die den groben Rahmen für die Einzelbudgets abstecken. Um sicherzustellen, dass jede budgetierte Einheit dieselben Rahmendaten zu Grunde legt, werden diese Vorgaben gewöhnlich mit Anweisungscharakter versehen. Die weiteren Daten werden bei dieser eher pragmatischen Vorgehensweise aus der Vergangenheit gewonnen und unter Abstimmung mit den Budgetvorgaben in die Zukunft fortgeschrieben.

Der idealtypische Budgetierungsprozess untergliedert sich in folgende Stufen:

  • Umsatzbudgetierung

  • Kostenbudgetierung

    • Beschaffungskostenbudget

    • Produktionskostenbudget

    • Forschungs- und Entwicklungskostenbudget

    • Marketingskostenbudget

    • Verwaltungskostenbudget

    • usw.

  • Leistungsbudgetierung

  • Finanzbudgetierung

Der erste Schritt im Budgetierungsprozess ist im Allgemeinen die Erstellung des Umsatzbudgets, weil davon wesentliche Teile der übrigen Budgets abhängen. Dem Umsatzbudget werden die Kostenbudgets der einzelnen Funktionsbereiche – bei divisionaler Organisation auch die Spartenbudgets – gegenübergestellt und zum Leistungsbudget verdichtet. Um den Finanzmittelbedarf zu ermitteln, benötigt man zur Aufstellung des Finanzbudgets jedoch alle (nicht nur die betriebsbedingten) Einzahlungen und Auszahlungen.

Als Alternative zu dieser klassischen Form der Budgetierung wurde Ende der Sechzigerjahre die so genannte Zero-Base-Budgeting (Null-Basis-Budgetierung) entwickelt. Das wesentliche Merkmal der Zero-Base-Budgeting ist darin zu sehen, dass es grundsätzlich die bestehende Ressourcenverteilung in Frage stellt und der Budgetierungsprozess somit jeweils bei „Null“ startet, das heißt die vormals erstellten Budgets bei der neuen Planung ignoriert. Um alle Verkrustungen der Vergangenheit aufzudecken, arbeitet die Zero-Base-Budgeting mit der Fiktion einer „Neuplanung“ im Sinne einer Neugründung und berücksichtigt bei der Budgetaufstellung die Denkansätze der Wertanalyse und der Kosten-Nutzen-Analyse. Folgende Fragen stehen beim Zero-Base-Budgeting im Vordergrund der Betrachtung:

  • Welche Abteilungen bzw. Funktionen werden zur Erreichung der wesentlichen Unternehmensziele wirklich gebraucht?

  • Welche Ziele verfolgen die einzelnen Abteilungen?

  • Werden, um die Ziele zu erreichen, die wirtschaftlichsten Methoden und Verfahren eingesetzt?

  • Welche Mittel sollen für den Gemeinkosten-Bereich eingesetzt werden, welche werden tatsächlich eingesetzt?

  • Welche Maßnahmen sind für eine Gemeinkostensenkung erforderlich?

Ausgangspunkt des Zero-Base-Budgeting bilden die so genannten Entscheidungseinheiten, die unabhängig von bestehenden Organisationsstrukturen unter Zusammenfassung inhaltlich ähnlicher Aufgabenbereiche gebildet werden. Für diese Entscheidungseinheiten wird ein Leistungsniveau festgelegt, das sich auf das qualitative und quantitative Arbeitsergebnis der Entscheidungseinheiten bezieht. Um das wirtschaftlichste Arbeitsverfahren für jede Einheit zu bestimmen, werden die Leistungsniveaus bei unterschiedlichen Arbeitsverfahren ermittelt und gegenübergestellt. In den nächsten Schritten werden Entscheidungsvorlagen erarbeitet, in denen jeweils drei Leistungsniveaus der untersuchten Bereiche dargestellt werden, um diese anhand von Kosten-Nutzen-Analysen in eine Prioritätsfolge zu bringen. Im letzten Schritt – auch als Budgetschnitt bezeichnet – wird geprüft, welche Konsequenzen sich zum Beispiel aus einer 20-prozentigen Kostenreduzierung in jedem Bereich ergeben. Dabei ist zwischen dem Ziel der anvisierten Kosteneinsparung und der Notwendigkeit der Leistungserbringung abzuwägen. Letztendlich wird durch diesen Budget-schnitt festgelegt, welche Ressourcen den einzelnen Bereichen zugeteilt werden.

Die Vorteile des Zero-Base-Budgeting liegen vor allem darin, dass im Gemeinkostenbereich alle Aktivitätsfelder systematisch analysiert und bewertet werden. Diesem Vorteil steht als Nachteil der hohe zeitliche und formale Aufwand gegenüber, da zur Durchführung der Zero-Base-Budgeting durchaus Zeiträume von 2-3 Jahren keine Seltenheit sind. Damit eignet sich dieses Verfahren nicht zur kurzfristigen periodischen Verwaltungskostenplanung; es ist eher als Sonderprojekt zur Reallokation und Verwaltungskostensenkung einsetzbar.

5. Dysfunktionen der Budgetierung

Bei der Koordinierung des Budgetierungsprozesses sollte der Controller immer vor Augen haben, dass die Budgetierung eine Reihe von Problemen mit sich bringt. Vor allem sollte berücksichtigt werden, dass es sich hierbei um einen stark interessenbezogenenProzess handelt, der deshalb in der Praxis von unterschiedlichen Taktiken und Manipulationen begleitet ist. In der Praxis stellt sich die Budgetierung häufig auch als politischer Prozess dar, dessen Ausgang nicht zuletzt von der Stellung, dem Verhandlungsgeschick und der Verhandlungsmacht der einzelnen beteiligten Mitarbeiter und Organisationseinheiten abhängt.

Eine vielfach zu beobachtende Taktik im Rahmen der Budgeterstellung ist beispielsweise der Aufbau von so genannten „stillen Reserven“(budgetary slacks), die dadurch entstehen, dass Kostenprognosen bewusst zu hoch und/oder Umsatzprognosen bewusst zu niedrig angesetzt werden. Hierdurch eröffnen sich Handlungsspielräume, die den Budgetbetroffenen ansonsten nicht zugestanden werden, sodass die Ziele leichter erreicht werden können.

In Teilbereichen wird durch die Vorgabe von Budgets auch das Etatdenken aufgebaut, dessen Maxime die unbedingte Etatausschöpfung ist. Ein solcher Denkansatz kann unter Umständen einer wirtschaftlichen Denkweise entgegenstehen, wenn am Ende der Planungsperiode nicht verbrauchte Mittel trotz fehlender Notwendigkeit noch vollständig ausgegeben werden. Ein weiterer negativer Effekt kann dadurch entstehen, dass im Bestreben, die eigenen Budgetansätze zu erfüllen, die Interessen der Gesamtunternehmung vernachlässigt werden, obwohl erkennbar ist, dass die strikte Budgeteinhaltung dem Unternehmensinteresse entgegensteht.

Als Konsequenz aus diesen möglichen Verhaltensweisen der Budgetbeteiligten sollte das Controlling darauf achten, dass Budgets nicht zu rigide formuliert werden und ihre Stellung im Planungsprozess nicht überbetont wird. Trotz ihres detaillierten und quantifizierten Inhalts stellen Budgets letztendlich Pläne dar, die wie alle anderen Pläne auch mit dem Problem der Unsicherheit behaftet sind.

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