Instandhaltungsanalyse
Inhaltsübersicht
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1. Überblick
Die Instandhaltungsanalyse stellt die Basis für eine fundierte Planung von Aktivitäten zur Erhaltung von Maschinen und Anlagen (Anlagenwirtschaft) dar. Sie wird im Rahmen einer Konstruktions- bzw. Systemanalyse vorbeugend durchgeführt und als Reaktion auf eingetretene Schäden als Schadensanalyse eingesetzt. Dabei kann die Analyse von Schwachstellen – als Bestandteil der Instandhaltungsanalyse – sowohl vorbeugenden als auch reaktiven Charakter haben.
Um eine ständige Verbesserung der Instandhaltbarkeit von Maschinen und Anlagen zu erreichen, ist die Instandhaltungsanalyse nicht nur ereignisorientiert (bei Neukonstruktionen oder Schäden), sondern über die gesamte Nutzungsdauer hinweg regelmäßig durchzuführen.
2. Konstruktionsanalyse
Die Konstruktionsanalyse determiniert den Instandhaltungsplan einer maschinellen Anlage. Ausgangspunkt der Konstruktionsanalyse ist eine hierarchisch gegliederte Beschreibung der Funktionen, die die zu analysierende Anlage zu erfüllen hat. Die oberste Hierarchieebene bildet die in der Planung festgelegte Gesamtfunktion der Anlage, zum Beispiel „Herstellen einer Spanplatte“. Eine solche Gesamtfunktion wird mit steigendem Detaillierungs- und Konkretisierungsgrad von Ebene zu Ebene bis zu direkt bauteilbezogenen Funktionen (wie zum Beispiel „Ventil öffnen“) in Teilfunktionen aufgegliedert.
In Abhängigkeit vom gewünschten Detaillierungsgrad werden den ermittelten Funktionen anschließend Bauteile, Komponenten und Systeme zugeordnet, mit denen die durch die Funktion festgelegten Anforderungen realisiert werden sollen. Hier beginnt die eigentliche Konstruktionsanalyse im Sinne der Instandhaltung, denn mit der Auswahl der Bauteile, Komponenten und Systeme zur Realisierung der geforderten Funktionen werden bereits in der Konstruktion die später an der Anlage anfallenden Instandhaltungsmaßnahmen festgelegt. Wird zum Beispiel ein Bauteil auf Verschleiß ausgelegt (zum Beispiel eine Reibkupplung), sind im Rahmen der Instandhaltung geeignete Maßnahmen zur Feststellung und Behandlung dieses Verschleißes erforderlich. Handelt es sich um Bauteile, für die eine Reparatur nicht wirtschaftlich ist, ergibt sich für die Instandhaltung die Notwendigkeit der Ersatzteilbevorratung. Insbesondere für den Lagerbestand macht es einen großen Unterschied, ob überwiegend baugleiche Normteile für gleiche Funktionen in der Anlage verwendet werden oder ob jeweils unterschiedliche Spezialanfertigungen bevorratet werden müssen.
Durch die Konstruktionsanalyse erhält man im Ergebnis eine detaillierte Übersicht der in einer Anlage verwendeten Bauteile mit zugeordneten Instandhaltungsmaßnahmen und eventuell benötigten Verschleiß- bzw. Ersatzteilen. Darauf aufbauend lassen sich in der Arbeitsvorbereitung Instandhaltungsstrategien, -pläne und -arbeitsabläufe entwickeln.
3. Schadensanalyse
3.1 Schadensarten und Schadensursachen
Der Zweck von Schadensanalysen besteht in der Untersuchung und Erforschung von Schäden und Schadensabläufen sowie der Erarbeitung von Verhütungsmaßnahmen für Schäden.
Praxistipp:
Ein Schaden im Sinne der Instandhaltung ist nach DIN 31051 definiert als „Zustand einer Betrachtungseinheit nach Unterschreiten eines bestimmten (festzulegenden) Grenzwertes des Abnutzungsvorrates, der eine im Hinblick auf die Verwendung unzulässige Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bedingt“.
Schäden lassen sich unter dem Gesichtspunkt der Schadensentstehung bzw. des Schadensablaufes in Primärschäden (zeitlich zuerst aufgetretene Schäden, die Ursache für weitere Schäden sein können) und Folgeschäden (Schäden, die durch einen vorangegangenen Schaden am gleichen oder einem anderen Bauteil ausgelöst werden) einteilen.
Die Schadensursache lässt sich definieren als Grund für das Eintreten eines Zustandes (Vorganges), der zur Beschädigung oder sogar Zerstörung eines Bauteiles geführt hat. Als mögliche Schadensursachen kommen grundsätzlich vier verschiedene Typen in Betracht:
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Bei Schadensursachen infolge menschlicher Fehler handelt es sich in der Regel um Fehler, für die der Mensch zwar voll verantwortlich ist, die aber nicht absichtlich begangen wurden (Herstellerfehler, Errichtungsfehler und Betriebsfehler). Zu dieser Kategorie gehören aber auch Schäden, die bei voller Verantwortung absichtlich begangen wurden (Sabotage, mutwillige Zerstörung, bewusste Falscheinstellung).
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Bei Schadensursachen auf Grund von Fremdeinwirkungen (Umwelteinflüsse, Fremdkörper und Folgeschäden) ist der Mensch nicht verantwortlich für die Entstehung eines Schadens. Allerdings kann er die Auswirkungen durch Einhaltung oder Nichteinhaltung von Vorschriften, Gesetzen etc. positiv oder negativ beeinflussen.
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Bei Schadensursachen infolge der Unvollkommenheit des Standes der Technologie lassen sich die Schadensursachen noch nicht abwenden oder durch Einhaltung von Vorschriften mindern. Sie treten am meisten in besonders modernen bzw. innovativen Technologiezweigen auf.
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Als technische Schadensursachen bezeichnet man solche, die als anomale Vorgänge oder schadensauslösende Ereignisse durch die anderen drei Ursachentypen erzeugt wurden und daher eine Stufe tiefer unmittelbar vor der Schadensart einzuordnen sind.
3.2 Ablauf einer Schadensanalyse
Eine Schadensanalyse läuft in der Regel in vier Phasen ab.
Alle Daten, die für die Untersuchung des Schadens in Bezug auf den Schadensablauf und die Schadensursache von Interesse sind, werden in der Informationsphase gesammelt. Gewonnen werden die Daten aus den Untersuchungen der durch Mensch und Umwelt hervorgerufenen Einflüsse sowie aus Untersuchungen über den Schaden selbst. Die gesammelten Daten werden anschließend aufbereitet, gegliedert und kritisch geprüft.
In der Hypothesenphase werden die in der Informationsphase gesammelten Daten zur Rekonstruktion des Schadensablaufes verwendet. Vor allem sind die Schadensursache, die chronologische Entstehung des Schadens, die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie die Schadensmechanismen zu klären. Bevor man mit einer ausreichend hohen Wahrscheinlichkeit den tatsächlichen Verlauf ermittelt hat, müssen unter Umständen verschiedene Hypothesen aufgestellt werden.
In der Ergebnisphase werden die gewonnenen Erkenntnisse dokumentiert und Gutachten oder Schadensberichte erstellt.
Eine in dieser Form durchgeführte Schadensanalyse ist nur wirtschaftlich, wenn aus den dokumentierten Schadensdaten und -informationen in der Maßnahmenphase konkrete Aktivitäten zur Beseitigung der Schadensursachen oder zur Minderung der Auswirkungen abgeleitet werden. Diese Aktivitäten sollten sowohl beim Anlagenhersteller als auch beim Anlagenbetreiber der Anlage ansetzen.
Für den Hersteller der Anlage kann auf Basis der Analysen eine Schadensstatistik erstellt und ständig aktualisiert werden, um eventuell häufiger auftretende, gleichartige Probleme zu lokalisieren. Durch Änderungen von Konstruktion, Beanspruchungen, Fertigungsverfahren, Montage und Bedienungsanleitungen lassen sich einmal identifizierte Problembereiche häufig beheben. Auf Seiten des Anlagenbetreibers kommen einerseits direkte Maßnahmen zur Schadensbeseitigung in Form von Instandsetzung, Austausch, Verschrottung und Neukauf sowie andererseits geänderte Instandhaltungsmaßnahmen (Wartungsintervalle, Schmiermittelwahl), verbesserte Bedienung und erhöhter Kontrollaufwand in Betracht.
4. Schwachstellenanalyse
4.1 Schwachstellenarten und Schwachstellenursachen
Als Ziele der Schwachstellenanalyse im Sinne der Instandhaltung kommen insbesondere in Betracht:
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Die Feststellung der wirtschaftlich und betrieblich notwendigen Instandhaltungsschwerpunkte
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Das Aufzeigen der funktionalen Zusammenhänge zwischen Instandhaltungsbedarf und einzelnen Einflussfaktoren
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Die Ableitung von Gesetzmäßigkeiten, um mithilfe statistischer Methoden Prognosen über die zukünftigen Entwicklungen abgeben zu können
Eine Schwachstelle im Sinne der Schwachstellenanalyse ist definiert als eine durch die Nutzung bedingte Schadensstelle oder schadensverdächtige Stelle, die mit technisch möglichen und wirtschaftlich vertretbaren Mitteln so verändert werden kann, dass sich Schadenshäufigkeit und/oder Schadensumfang vermindern. Dementsprechend sind drei wesentliche Eigenschaften zu berücksichtigen:
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Bei Schwachstellen handelt es sich nicht zwangsläufig um Schadensstellen.
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Es handelt sich nicht bei allen Schadens- oder schadensverdächtigen Stellen, deren Ausfallhäufigkeit sich technisch vermindern lässt, um Schwachstellen. Vielmehr macht erst die wirtschaftliche Vertretbarkeit einer Veränderung eine Schadensstelle zu einer Schwachstelle.
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Das Auftreten der Schädigung oder das Risiko des Schadensausbruches ist durch die ordnungsgemäße Nutzung der Anlage begründet.
Schwachstellenarten lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien unterteilen. Eine Möglichkeit besteht in einer Unterteilung nach der Fehlerart (Planungs-, Konstruktions-, Fertigungs-, Montage- sowie Instandhaltungsfehler). Ein weiteres Kriterium ist die Art des Ausfallverhaltens, da Schwachstellen zufällig (zum Beispiel Wackelkontakt) oder absehbar zwangsläufig (zum Beispiel schadhafte Hydraulikdichtungen) zu Schäden führen können. Wählt man das Auftrittsverhalten als Kriterium für die Einteilung von Schwachstellen, können drei Arten unterschieden werden:
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Permanente Schwachstellen lassen sich zurzeit entweder technisch oder wirtschaftlich bedingt nicht beheben. Solche Schwachstellen können jederzeit zu einem Schaden bzw. zu einer Störung führen.
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Wiederkehrende Schwachstellen lassen sich aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nur für eine bestimmte Zeitdauer beheben. Solche Schwachstellen führen nach einer bedingt festzulegenden Zeitdauer wiederkehrend zu einem Schaden oder einer Störung.
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Einmalige Schwachstellen lassen sich – sobald sie erkannt wurden – durch Änderung des Verfahrens, der Konstruktion, des Werkstoffes beseitigen.
Die Verantwortung für fertigungstechnisch oder konstruktionsbedingte Schwachstellen liegt beim Hersteller. Die Abnahmeprüfung seitens des Anwenders ist nicht immer ausreichend, um Fertigungsfehler zu entdecken, da diese sich nicht nur auf die Funktionstüchtigkeit, sondern eventuell auch auf den Abnutzungsvorrat auswirken können.
Funktions- und betriebstechnisch bedingte Schwachstellen werden durch unsachgemäßen Einsatz wie Überbeanspruchung, mangelnde Wartung oder andere Umwelteinflüsse verursacht. Diese Schwachstellen sind für die Instandhaltungsplanung von großer Bedeutung, da zum Beispiel die Inspektions- und Wartungspläne dem Auslastungsgrad der Maschinen angepasst werden. Die Auswirkungen einsatzbedingter Schwachstellen lassen sich somit durch erhöhten Instandhaltungsaufwand abschwächen und über eine direkte Einflussnahme auf die Investitions- und Beschaffungspolitik unter Umständen sogar beseitigen.
Als Schwachstellenursache tritt menschliches Versagen direkt oder indirekt auf. Bei der direkten Form handelt es sich in der Regel um Fehlbedienungen einer Maschine oder einer Anlage. Indirekt wirken sich menschliche Fehlleistungen aber auch in anderen Bereichen (zum Beispiel Konstruktion oder Fertigung) auf die Entstehung von Schwachstellen aus. Begünstigt wird menschliches Versagen durch eine unzureichende Berücksichtigung ergonomischer und sicherheitstechnischer Gesichtspunkte.
Die unvollkommene Beherrschung der eingesetzten Technologien ist ebenfalls eine potenzielle Ursache für das Entstehen von Schwachstellen. Dies betrifft zum Beispiel unvollkommene Entwurfs- und Simulationstechniken, Verfahrens-, Produktions- oder Prozesstechnologien. Durch Analysen lassen sich Ursache, Ort und Zeitpunkt der Entstehung dieser Schäden nur schlecht abschätzen. Beim Einsatz neuer oder wenig erprobter Techniken ist daher besonderer Wert auf die Bereithaltung erhöhter Instandhaltungskapazitäten zu legen.
4.2 Das Auffinden von Schwachstellen
Für das Auffinden von Schwachstellen kommen prinzipiell drei Arten von Schwachstellenanalysen in Betracht:
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Bei der kenngrößenbezogenen Schwachstellenanalyse liefern Beobachtungen und Aufschreibungen der Störungen und Schäden Hinweise auf mögliche Schwachstellen. Zum Erkennen einer Schwachstelle lassen sich zum Beispiel folgende Kenngrößen verwenden:
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Ausfallhäufigkeit von Bauelementen und Baugruppen
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Standzeiten von Bauelementen
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Stillstandszeiten von Funktionsteilen und -systemen
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Kosten, insbesondere Ersatzteilkosten, Instandhaltungskosten, Produktionsausfallkosten etc.
Die kenngrößenbezogene Schwachstellenermittlung stützt sich in erster Linie auf Erfahrungen des Betriebes. Zu ihrer Anwendung ist keine überdurchschnittliche Personalqualifikation erforderlich. Die Datenaufnahme muss allerdings möglichst systematisch und zuverlässig erfolgen. Der Hauptnachteil dieser Art der Schwachstellenanalyse besteht darin, dass erst nach Auftreten der Störung Aussagen getroffen werden können, also zu einem Zeitpunkt, in dem Kosten- und Produktionsnachteile bereits entstanden sind. Ferner hängt die Aussagefähigkeit stark von nicht exakt bestimmbaren Faktoren – wie zum Beispiel der Qualifikation des störungsaufnehmenden Personals – ab. Darüber hinaus können die verwendeten Kenngrößen nicht immer aufschlussreiche Informationen über die Gefährlichkeit einer Schwachstelle geben.
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Eine schadenstatistikbezogene Schwachstellenanalyse verwenden vor allem Versicherungen, die Technischen Überwachungsvereine und größere Firmen, da man hierbei eine größere Anzahl von Schäden analysieren muss. Die Ergebnisse spiegeln prozentual die verschiedenen Schadensarten und Schadensursachen wider. Aus den Erkenntnissen lassen sich konkrete Richtlinien zur Schadensverhütung für Hersteller und Anwender erstellen. Allerdings ist auch bei dieser Form der Schwachstellenanalyse die Gewinnung von Erkenntnissen erst möglich, wenn der Schaden bereits eingetreten ist. Ferner sind bei Anlagen mit komplizierter Technologie nur in geringem Maße Schlussfolgerungen über das weitere Funktionsverhalten möglich. Zwar kommen weniger Schäden vor, diese können dann allerdings sehr gravierend sein.
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Mit der theoretischen Schwachstellenanalyse wird versucht, potenzielle Schwachstellen rechtzeitig aufzudecken. Grundgedanke hierbei ist, dass jede als Störfall oder Schaden zum Ausbruch kommende Schwachstelle eine Phase durchläuft, bei der das betroffene Bauelement trotz seiner Fehler noch seine Funktion erfüllt. Erst das Erreichen der Schadensgrenze einzelner Bauelemente oder eine auslösende Ursache erzeugen aus der Schwachstelle eine Schadensstelle. Eine theoretische Schwachstellenanalyse besteht aus drei Schritten:
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Im Rahmen der Funktionsanalyse wird die Funktion einer Anlage nach den Gesichtspunkten der konstruktiven, werkstoff-, fertigungs- und betriebstechnischen Funktionsfähigkeit untersucht.
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Für jede erkannte potenzielle Schwachstelle wird eine Ausfalleffektanalyse durchgeführt. Hierzu werden bei angenommenem Fehler die möglichen Versagenssituationen untersucht, die Verzweigung und Fortpflanzung eines Fehlers simuliert und die dem einzelnen Fehler zugeordneten Schadensursachen gewichtet.
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Im Rahmen der eigentlichen Schwachstellenanalyse wird schließlich durchleuchtet, ob angenommene Fehler bei der Ausfalleffektanalyse tatsächlich auch am Bauteil oder an der Maschine vorhanden sind. Jede Schwachstelle wird einzeln oder im Zusammenhang mit anderen auf ihre Art, Intensität und das zeitliche Ausbruchverhalten untersucht.
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Die theoretische Schwachstellenermittlung kann beim Anwender und/oder beim Hersteller angewandt werden.