Quality Function Deployment (QFD)
Inhaltsübersicht
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1. Überblick
Quality Function Deployment (QFD) ist die Ausrichtung aller betrieblichen Entscheidungen an den Wünschen und Vorstellungen der tatsächlichen und potenziellen Kunden. Für den Erfolg des Unternehmens ist QFD daher sehr wichtig. (Kundenproblemanalyse). Nach den QFD-Grundsätzen sollte ein Betrieb seine Leistungen auf die vorhandenen und latenten Bedürfnisse der Abnehmer ausrichten (Bedürfnis). Die Ansprüche der Kunden müssen hierzu durchgängig für alle Entwicklungs-, Planungs-, Prozess- und Prüfschritte bekannt sein.
Abbildung 1: Quality Function Deployment
Quality Function Deployment (QFD) versteht sich als ein Ansatz zur Gestaltung der Produktqualität (Qualität, Qualitätscontrolling) und möchte die Stimme des Kunden in die Sprache des Ingenieurs übersetzen. Den Grundstein zu diesem Ansatz legten 1972 die Manager der Werft von MitsubishiIndustries in Kobe, indem sie einen neuen Ansatz zur nachfrageorientierten Entwicklung und Produktion von Erzeugnissen vorstellten (Produktplanung). Bei ihren Bemühungen stand die Absicht im Mittelpunkt, Ansprüche und Bedürfnisse der Nachfrager zum Ausgangspunkt der Produktkonzeption zu erheben. Dieses QFD-Konzept wurde von Toyota und seinen Zulieferern kurze Zeit später aufgegriffen und in der Folgezeit auf vielfältige Weise weiterentwickelt.
Als teamorientierte Methode zur systematischen und ganzheitlichen Qualitätsplanung werden beim Quality Function Deployment in interdisziplinären Teams die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden analysiert und in klar definierte Qualitäts-, Zuverlässigkeits- und Kostenziele umgewandelt. Dabei werden die verschiedenen Zielsetzungen über den Entwicklungsprozess weiter aufgegliedert. Zur Realisierung der Zielsetzungen werden geeignete Technologien und Konzepte ausgewählt. Alle Entwicklungsbeteiligten stimmen sich ab, bis eine Zielkonvergenz (Zielsystem)erreicht ist.
Der Leitsatz beim QFD besagt, dass den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden immer und in jeder Phase der Produktentwicklung ein höherer Stellenwert beizumessen ist als den Realisierungswünschen der Mitarbeiter. Es kommt nicht darauf an, ob etwas technisch machbar ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob und wie es zur Erfüllung der Bedürfnisse und Wünsche der Kunden beiträgt. Hierzu werden verkaufsentscheidende Produkteigenschaften gezielt herausgearbeitet und in den Vordergrund gestellt. Das wichtigste Ziel besteht in der wirtschaftlichen Entwicklung und Herstellung eines Produktes (Target Costing), das genau die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden erfüllt und sich durch eine hohe Gebrauchstauglichkeit auszeichnet.
2. Qualitätstabellen
Im Rahmen des Planungsprozesses von Quality Function Deployment ist es von elementarer Bedeutung, die Fragen „WAS will der Kunde?“ und „WAS ist auf Grund übergeordneter Planungsergebnisse zu beachten?“ möglichst exakt zu beantworten. So lässt sich klären, WIE die Kundenforderungen möglichst umfassend befriedigt werden können und WIE die technische und wirtschaftliche Lösung hierfür aussehen soll.
Die zur Lösung des Problems durchgeführten Analysen, Diskussionen und Zielfestlegungen werden mittels Qualitätstabellen systematisiert und dokumentiert. Durch ihre gute Visualisierung unterstützen die Qualitätstabellen in idealer Weise das Arbeiten im Team.
Abbildung 2: Qualitätstabellen
Qualitätstabellen bestehen aus einer Reihe von Beziehungsmatrizen, die sämtliche Zusammenhänge und Erfüllungsgrade zwischen Anforderungen (WAS) und Produkt- bzw. Prozesseigenschaften (WIE) verdeutlichen und so eine objektive Bewertungsgrundlage für die Zielfestlegung liefern. Zur strukturierten Analyse der Anforderungen und Produkt- bzw. Prozesseigenschaften werden Baumdiagramme verwendet. Abbildung 2 verdeutlicht den prinzipiellen Aufbau einer Qualitätstabelle.
Zur Bestimmung von kunden- und marktorientierten Zielsetzungen kommen für die jeweiligen Entwicklungsschritte und Unternehmensbereiche unterschiedliche Qualitätstabellen zum Einsatz, so dass über den gesamten Entwicklungsprozess ein „Geflecht“ von Qualitätstabellen entsteht.
Für den Einsatz und die Verknüpfung der Qualitätstabellen werden zwei Grundansätze unterschieden.
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Der ursprüngliche Ansatz von Y. Akao besteht aus einem System von Qualitätstabellen zur differenzierten Qualitäts-, Technologie-, Kosten- und Zuverlässigkeitsentwicklung. Dieses Konzept wurde durch den Amerikaner B. King weitgehend systematisiert und als Matrix der Matrizen dargestellt. Der Ablauf und die zu erstellenden Qualitätstabellen sind dabei variabel. In Abhängigkeit von den vorliegenden Produktspezifika (zum Beispiel Komplexität, spezielle Problembereiche), dem Typ des Entwicklungsprojektes (Neuentwicklung, Auftragsentwicklung etc.) und der Unternehmensspezifika (zum Beispiel Entwicklungsorganisation, Wissen und Erfahrung der Mitarbeiter etc.) werden geeignete Qualitätstabellen ausgewählt und verknüpft.
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Der andere Quality Function Deployment-Ansatz stammt von Makabe und D. Clausing. Er wird allgemein als „Vier-Phasen-Ansatz“ bezeichnet. Er verwendet nur einige Qualitätstabellen des Originalansatzes und verknüpft diese entsprechend der Produktentwicklungsphasen. Aus den jeweiligen Vorstufen resultiert dabei ein Pflichtenheft für die nächste Planungsstufe. Weitergegeben werden besonders beachtenswerte Merkmale, zum Beispiel:
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Merkmale, die mit einem hohen Risiko verbunden sind
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Merkmale, die sich voraussichtlich nur schwer realisieren lassen
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Merkmale, die mit vielen Kundenforderungen korrelieren
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Merkmale, deren Lösung besondere Marktchancen eröffnen
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Abbildung 3: Vier-Phasen-Ansatz
In Phase 1 werden die Forderungen und Wünsche der Kunden (WAS) in Merkmale und Eigenschaften des Produktes übersetzt (WIE). In Phase 2 werden die besonders beachtenswerten Merkmale und Eigenschaften des Produktes (WAS) in Merkmale und Eigenschaften der Komponenten, Baugruppen, Teile etc. übersetzt (WIE). Phase 3 leitet die besonders beachtenswerten Merkmale und Eigenschaften der Komponenten, Baugruppen, Teile etc. (WAS) in Anforderungen an die Bearbeitungsprozesse weiter (WIE). In Phase 4 werden nach den wichtigen bzw. kritischen Anforderungen an die Bearbeitungsprozesse (WAS) die Fertigungs- und Prüfmittel ausgelegt (WIE).
Die Planungsprozesse des Quality Function Deployment sind generell nicht auf das Ausfüllen von Qualitätstabellen beschränkt. Der Vorgang der markt- und kundenorientierten Qualitätsplanung mithilfe des Quality Function Deployment schließt verschiedenste Analysen (zum Beispiel Marktanalyse, Funktionsanalyse, Wertanalyse etc.) und methodisch unterstützte Ideenfindungs- und Problemlösungsprozesse (zum Beispiel Brainstorming, Verwandtschaftsdiagramm etc.) ein (Kreativitätstechnik). Qualitätstabellen sind also Hilfsmittel, um den Zielfindungsprozess zu systematisieren, die interdisziplinäre Teamarbeit zu fördern und die Entscheidungswege und Ergebnisse des Quality Function Deployment übersichtlich zu dokumentieren.
3. House of Quality
Das „House of Quality“ (kurz HoQ) ist die bekannteste Qualitätstabelle und meistens Ausgangspunkt für den weiteren Quality Function Deployment-Prozess. Die in das House of Quality eingehenden Wünsche und Bedürfnisse der Kunden werden in Zielsetzungen für das Produkt übersetzt.
Wie bei allen anderen Qualitätstabellen ist der Aufbau des House of Quality nicht starr vorgegeben, sondern entsprechend der Anwendungssituation variabel gestaltbar. Es bleibt dem Anwender überlassen, welche Analyseergebnisse in die Planung mit einbezogen und in der Qualitätstabelle dokumentiert werden sollen.
Abbildung 4: HoQ-Struktur
Die der Konkretisierung und Analyse der Bedürfnisse und Wünsche (WAS) dienenden Tabellen und Matrizen werden auf der horizontalen Achse des House of Quality angeordnet, die der Konkretisierung und Analyse der Umsetzung (WIE) dienenden Tabellen und Matrizen auf der vertikalen Achse.
Zur Erstellung eines House of Quality sind folgende Arbeitsschritte erforderlich:
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Die Ermittlung und Bearbeitung der Kundenforderungen basiert in der Regel auf Marktforschungsergebnissen. Bevor die Kundenbedürfnisse in das House of Quality eingetragen werden, sind diese zunächst näher zu interpretieren und zu strukturieren. Die Bedeutung der Forderungen für den Kunden werden durch Kennzahlen gewichtet (z.B. 1 = niedrig, 10 = hoch). Die Interpretation, Strukturierung und Gewichtung der Kundenforderungen muss aus Sicht des Kunden vorgenommen werden. Um Fehler zu vermeiden, ist folgendes zu beachten:
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Es sind nur die Forderungen der anvisierten Kundengruppe zu betrachten.
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Es sind – soweit möglich – nur Originalaussagen von Kunden zu verwenden.
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Zu nutzen ist vor allem das Wissen von Abteilungen mit intensiven Kundenkontakten (zum Beispiel Vertrieb, Marketing etc.).
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Es ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Forderungen nicht explizit geäußert werden. Es handelt sich hierbei insbesondere um grundlegende Forderungen an das Produkt (Basisanforderungen).
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Abbildung 5: HoQ-Beispiel
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Im nächsten Schritt geht es um die sachliche Feststellung der Zusammenhänge. Zunächst wird keine Zielrichtung für die Produktmerkmale festgelegt. Die Produktmerkmale sollten keine Lösungen darstellen, sondern Merkmale, mit denen die Kundenforderungen qualitativ beschrieben werden. In welchem Maße die gefundenen Produktmerkmale die Kundenforderungen abdecken, wird in der Beziehungsmatrix durch Ziffern (zum Beispiel 0 = nicht bis 3 = stark) oder Symbole gekennzeichnet. Anhand dieser Erfüllungsgrade lässt sich prüfen, ob alle Kundenforderungen durch entsprechende Produktmerkmale abgedeckt und die Kundenforderungen mit hoher Gewichtung ausgewogen durch Produktmerkmale erfüllt werden.
Zu den Produktmerkmalen lassen sich durch Multiplikation der Kennwerte für die Bedeutungen der Kundenforderungen absolute und relative Kennwerte ermitteln, mit denen die Wichtigkeit des jeweiligen Produktmerkmals aus Kundensicht angegeben wird.
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Im nächsten Schritt werden für die Produktmerkmale Optimierungsrichtungen festgelegt. Dabei wird die Optimierungsrichtung der Merkmale beispielsweise mithilfe graphischer Symbole dargestellt.
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Anschließend wird im Dach des House of Quality vermerkt, welche Wechselwirkungen es zwischen den Produktmerkmalen und den Optimierungsrichungen gibt. Gegenläufige Tendenzen werden als negative Wechselwirkung, gleichläufige Tendenzen als positive Wechselwirkung bezeichnet. Durch Symbole lassen sich diese Wechselwirkungen kennzeichnen (zum Beispiel ein Minus (-) für negative Wechselwirkung und ein Plus (+) für positive Wechselwirkung). Da bei negativen Wechselwirkungen Konflikte vorliegen, die sich durch Änderung des Produktkonzeptes lösen lassen, liegt hier der Analyseschwerpunkt
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In der nächsten Phase wird das geplante Produkt sowohl aus Sicht des Kunden als auch unter technischen Gesichtspunkten mit Konkurrenzprodukten verglichen. Aus Kundensicht soll hierbei aufgezeigt werden, wo bezüglich der Kundenforderungen Nachholbedarf besteht. Demgegenüber liefert der technische Vergleich Hinweise, wie und wo Änderungen am Produktkonzept vorgenommen werden sollen. Folgende Fragen stehen hierbei zum Beispiel im Mittelpunkt:
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Auf welche Weise löst der Wettbewerber bezüglich der Produktmerkmale die Kundenforderungen?
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Ist der Lösungsansatz des Wettbewerbers kostengünstiger?
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Ist die Lösung des Wettbewerbers technisch zweckmäßiger?
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Für die Produktmerkmale werden nachfolgend messbare bzw. qualitativ beurteilbare Zielwerte vorgegeben. Diese Zielwerte sind allerdings nicht als endgültige Vorgaben zu verstehen. Sie stellen dar, was das Team zur vollständigen Befriedigung der Kundenforderungen – unter Beachtung der Marktverhältnisse und technischen Möglichkeiten – für notwendig erachtet.
4. Zusammenfassung
Beim Quality Function Deployment handelt es sich um eine umfassende und systematische Planungsmethode, die in allen Phasen der Produktentwicklung angewandt werden kann. Das Konzept ermöglicht das Zusammenfassen und Koordinieren von Wissen und Fähigkeiten aus allen Unternehmensbereichen. Ziel ist es, ein Produkt zu entwickeln und herzustellen, welches den Bedürfnissen und Wünschen der tatsächlichen oder potenziellen Kunden gerecht wird. Ein konsequenter Einsatz der Quality Function Deployment-Methode ermöglicht zum Beispiel:
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Reduzierung von Entwicklungszeiten (Produkteinführung)
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Reduzierung der Anlaufkosten
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Verringerung von Änderungen und Nacharbeit (Qualitätskosten)
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Frühzeitiges Aufzeigen von Problemen
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Wegfall zahlreicher Problembesprechungen