Outsourcingmöglichkeiten im Rechnungswesen und Controlling
Inhaltsübersicht
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1. Überblick
Abgesehen von der mittlerweile abgeschlossenen flächendeckenden Einführung moderner Softwaresysteme und Tabellenkalkulationsprogramme hat sich das Rechnungswesen in den letzten Jahrzehnten organisatorisch kaum weiterentwickelt. Mittlerweile beginnen jedoch – ausgehend von den USA – die ersten Unternehmen damit, neue Organisationskonzepte im kaufmännischen Bereich einzuführen, um auch hier signifikante Produktivitätssteigerungen zu realisieren.
So hat z.B. Procter & Gamble bereits im Juni 2002 mitgeteilt, etwa 80 Prozent seiner Verwaltungsfunktionen (dies entsprach etwa 5.700 Mitarbeiter) an einen externen Dienstleister zu vergeben. Kurz darauf (Mai 2003) kündigte Infineon an, Zentralbereiche wie das Personalwesen an fremde Anbieter auszulagern, nachdem Ende 2002 bereits die Entscheidung für eine Verlagerung der Konzernbuchhaltung nach Portugal bekannt gegeben wurde. Bei diesen beiden Unternehmen handelt es sich nicht um irgendwelche Exoten, die einfach nur neue Wege beschreiten wollen. Sie sind vielmehr Vorreiter einer Entwicklung, die sich in den USA, aber auch in Großbritannien, in weiten Teilen bereits fest etabliert hat. Eine ganze Reihe der Fortune 500 Unternehmen folgen bereits dem Beispiel Procters und vollenden nun mit aller Konsequenz, was in den 60er-Jahren mit dem IT-Outsourcing begann: das Outsourcing von Verwaltungsfunktionen.
Die Motive und Argumente für die Auslagerung von Verwaltungsfunktionen sind vielschichtig. Als wichtige Gründe für dieses Vorgehen werden zum einen die Konzentration auf Kernkompetenzen und zum anderen Kosteneinsparungen genannt. Demgegenüber kommen zahlreiche Studien zu dem Ergebnis, dass Ausgliederungen von kaufmännischen Funktionen nicht ausschließlich kostenmotiviert sind. Vielmehr verdeutlicht Abbildung 2, dass neben der Chance auf unmittelbare Kostensenkungen strategische Motive immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Das Outsourcing von Verwaltungsfunktionen ermöglicht gleich in zweifacher Hinsicht eine stärkere Fokussierung auf Kernkompetenzen. Zum einen kann sich ein Unternehmen aus Gesamtsicht auf die Prozesse oder Tätigkeiten konzentrieren, die die Basis der jeweiligen Wettbewerbsvorteile sind. So sieht sich z.B. Procter primär als Marketing-Maschine mit angehängter Produktion und alles, was dazwischen liegt bzw. keinen direkten Wert schafft, gilt als zweitrangig und stellt damit „Overhead“ dar. Zum anderen ermöglicht Outsourcing auch aus der Sicht einzelner Funktionen eine Konzentration auf die wesentlichen Aufgaben. So können sich z.B. die Verantwortlichen im Personalwesen durch Entlastung von Routinetätigkeiten wie der Lohn- und Gehaltsabrechnung oder Schriftwechsel mit Behörden und Mitarbeitern verstärkt um die Frage kümmern, ob das Unternehmen die richtigen Mitarbeiter hat, hält und entwickelt (Personal-Controlling). Im Rechnungswesen und Controlling kann durch Entlastung von Erfassungs- und Buchungstätigkeiten ein stärkeres Augenmerk auf die Analyse und Entscheidungsvorbereitung gelegt werden.
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Beantwortung der Frage, wie Unternehmen flexibel auf Kapazitätsengpässe bzw. Kapazitätsspitzen reagieren können. Häufig ist die Einstellung neuer Mitarbeiter kurzfristig nicht realisierbar und auch – aufgrund der damit einhergehenden (langfristigen) Fixkostenbelastung – nicht wirklich gewollt. Outsourcing ermöglicht damit neben absoluten Kosteneinsparungen auch eine Variabilisierung der Kostenstruktur, denn je mehr Verwaltungsprozesse ausgelagert werden, desto stärker werden fixe Kosten in variable Kosten umgewandelt.
Da die enormen Entwicklungsgeschwindigkeiten im Technologiebereich von einem Unternehmen permanente und immer höhere Investitionen erfordern, lieferte das so genannte „Application Service Providing“ (ASP) einen ersten sehr speziellen Lösungsansatz zum Outsourcing. Beim ASP stellt ein externer Dienstleister die jeweils modernste Servertechnologie über das Internet zur Verfügung. Allerdings steht der Anwender mit der Bedienung dieser modernen Technologien und Anwendungen weiterhin allein da. Entsprechend fallen für die Bedienung dieser modernen Technologien und Anwendungen weiterhin Personalinvestitionen an, sei es durch Schulung vorhandener Mitarbeiter oder durch Einstellung neuer (zusätzlicher) Mitarbeiter. Heute geht der Trend daher weg vom Application Service Providing hin zum Process Service Providing (PSP), bei dem ein Dienstleister die Übernahme des gesamten Prozesses als voll-umfassende Dienstleistung anbietet.
Als weitere Argumente für das Outsourcing von Verwaltungsbereichen kommen ferner in Betracht:
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Das Outsourcing kann eingesetzt werden, um verschiedene Bereiche auf ein höheres Serviceniveau zu bringen. So kann es als ein Vehikel angesehen werden, um beispielsweise das Finanzmanagement oder Controlling auf einen gehobeneren Stand zu bringen, so z.B. hinsichtlich einer IFRS-Einführung oder der Einführung eines amerikanischen Reportingsystems.
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Weltweit agierende Konzerne mit einer Vielzahl von Tochtergesellschaften erfordern gleichartige Standards und Prozesse.
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Die Ressourcen und das Wissen spezialisierter Dienstleister werden genutzt, um eine Verwaltung in wenigen Wochen aufbauen zu können.
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Aufgrund der ständigen Gesetzesänderungen bei Steuern, Sozialabgaben, Reisekosten etc. sind Unternehmen verunsichert und verlagern das hiermit verbundene Risiko auf externe Partner.
Als Gründe, warum Produktivitätsfortschritte und Effizienzsteigerungen primär in der Fertigung und in den fertigungsnahen Bereichen und nicht im Verwaltungsbereich erzielt wurden, sind insbesondere zu nennen:
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Angst vor Kontrollverluste, wobei diesbezüglich unterschiedliche Hintergründe denkbar sind. Zum einen herrscht – vor allem in Deutschland – noch eine gewisse Skepsis, wenn es darum geht, Bücher von Externen führen zu lassen bzw. dass Externe überhaupt Einblick in die Bücher nehmen können. Geringe Einflussmöglichkeiten auf den Leistungsprozess, die Abhängigkeit von einem externen Dienstleister (insbesondere auch hinsichtlich dessen Geschäftsentwicklung) sowie der Verlust von internem Know-how sind weitere Bedenken in diesem Zusammenhang.
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Es mangelte lange Zeit an den technischen Möglichkeiten, um das Nachholpotenzial ausschöpfen zu können. Weiterhin sprach gegen eine Verlagerung in das billigere Ausland, dass die Arbeitskräfte dort zwar billiger, aber bei weitem nicht so produktiv waren wie deutsche Facharbeiter.
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Als Folge der ersten beiden Ursachen gab es keine Anbieter, die sich mit dieser Thematik ernsthaft beschäftigt haben.
Dass konkrete Umsetzungen jetzt vorgenommen werden, liegt daran, dass es für die genannten Probleme heute Lösungsmöglichkeiten gibt. So muss die Angst vor Kontrollverlust heute dank der Informationstechnologie als rein subjektiv bewertet werden. Moderne Outsourcing-Lösungen ermöglichen eine permanente Aktualität, sodass der Kunde in seinen Systemen permanent über aktuelle Informationen verfügt. Neben dem reinen Lesezugriff hat der Kunde natürlich auch die Möglichkeit, bestimmte Geschäftsvorfälle und Abschlussbuchungen selbst vorzunehmen. Moderne Sicherheits- und Verschlüsselungstechniken schützen zudem vor Datenmissbrauch.
2. Erschließung von Produktivitätssteigerungspotenzialen
Die beschriebenen Produktivitäts- und Effizienzsteigerungspotenziale im Rechnungswesen und Controlling beruhen im Wesentlichen auf drei Hebeln.
2.1 Standardisierung
Für viele Verwaltungsbereiche, insbesondere im Rechnungs- und Personalwesen, lassen sich Bedarfe bündeln, Abläufe standardisieren und damit kostengünstig organisieren. Hierdurch kann eine Effizienz erzielt werden, die je nach Ausgangslage um den Faktor 2 bis 3 höher ist als eine dezentrale, interne Lösung.
In erster Linie beruht dieser Produktivitätsschub auf dem in der Fertigung bekannten Konzept der Kostenerfahrungskurve, wonach die Fertigungszeiten pro produzierter Einheit mit zunehmender Stückzahl abnehmen. Dieses Konzept lässt sich ohne weiteres auf den Verwaltungsbereich übertragen. Auch kleine und mittelständische Unternehmen, denen häufig die kritische Masse für ein wirklich effektives Arbeiten fehlt, können diese Potenziale durch das Outsourcing realisieren.
Weitere Kostensenkungen lassen sich durch eine Reduzierung der Fehlerquote realisieren, die im Verwaltungsbereich auch heute noch zwischen 5 % und 8 % liegt.
Schließlich haben Projekte zur vermeintlich notwendigen Abbildung unternehmensspezifischer Besonderheiten in ERP-Systemen in der Vergangenheit die Kosten vielfach unnötig in die Höhe getrieben. Der Trend zurück zum Standard gewinnt an Bedeutung und bringt weitere Kosteneffekte.
2.2 Web-Technologie
Trotz einiger negativer Erfahrungen, die mit dem Thema Internet gemacht wurden, herrscht insgesamt doch Einigkeit darüber, dass die Perspektiven des Internets sehr positiv sind. Zu den besonderen Vorzügen des Internets gehört insb. die Möglichkeit, digitale Produkte für eine große Zahl von Kunden bzw. Prozessen zu Kosten von quasi null verteilen zu können.
Die Möglichkeiten des Internets kann man sich am Beispiel der Kreditorenbuchhaltung leicht veranschaulichen. Ein traditioneller Engpass in der Buchhaltung ist die Bearbeitung von Eingangsrechnungen. Zahlreiche Rechnungen müssen gesichtet, sortiert, einzeln erfasst und gebucht werden. Informationen wie Rechnungsnummer, -datum, Nettobetrag und Mehrwertsteuer werden dabei ausgelesen und manuell im Bearbeitungsmodul des ERP-Systems des Unternehmens erfasst. Anschließend werden die Rechnungen geprüft, freigegeben und schließlich bezahlt. Im Wesentlichen läuft dieser Prozess manuell unter Zuhilfenahme der Hauspost ab. Damit verbunden ist ein enormer Zeitaufwand insbesondere für das interne Freigabeprozedere und, bedingt durch die Eintönigkeit, eine relativ hohe Fehlerquote sowie geringe Motivation bei den Mitarbeitern. Die Verzögerung verursacht dann Verzögerungen an nachfolgenden Stellen, unnötiges Verpassen von Skontofristen, Störungen im Kunden-Lieferantenverhältnis usw.
Durch Einsatz der Web-Technologie lassen sich Eingangsrechnungen direkt online in digitaler Form versenden. Eine in Papierform vorliegende Eingangsrechnung kann zunächst gescannt und damit für die elektronische Weiterverarbeitung digitalisiert werden. Die für die Weiterverarbeitung relevanten Inhalte werden automatisch extrahiert und über eine Schnittstelle direkt in das Verarbeitungsmodul der ERP-Software übernommen. Die Buchungsmaske des entsprechenden Moduls wird automatisch gefüllt, d. h. Daten wie Belegnummer, -datum, Nettobetrag, Mehrwertsteuer und Bestellnummer werden direkt an das ERP-System übergeben. Damit kann der gesamte Prozess der Genehmigung webbasiert erfolgen, d. h., dass die entsprechenden Mitarbeiter den Beleg bereits kurze Zeit nach dem Scannen auf dem Bildschirm haben, per „Mausklick“ freigeben und u. U. auch direkt bezahlen können. Die Eingangsrechnungen werden nicht mehr in Aktenordnern abgelegt, sondern in so genannten Jukeboxen, die überdies ein einfacheres und schnelleres Wiederfinden der Belege ermöglichen.
2.3 Off-Shore-Processing
Durch Verlagerung bestimmter Prozesse in Niedriglohnländer lassen sich weitere Kosten sparen. Dies kommt zunächst für simple Dienste wie das Abtippen von Telefonbüchern in Betracht. So schaffen philippinische Datentypistinnen – meistens Hochschulabsolventinnen – bis zu 20.000 Anschläge in der Stunde, auch bei nicht englischen Texten. In Deutschland liegt der Schnitt bei 8.000 Anschlägen. Zusammen mit dem Lohnunterschied macht das eine deutsche Datentypistin bis zu achtmal teurer. Wie das Beispiel Infineon zeigt, werden zukünftig aber wohl auch qualifizierte Dienstleistungen ins billigere Ausland verlagert.
Das Off-Shore-Processing wird letztendlich erst durch den zuvor geschilderten Hebel (Web-Technologie) ermöglicht, da sich über preiswerte Datenleitungen große Mengen gescannter bzw. digitalisierter Dokumente an (nahezu) jeden Ort der Welt schicken lassen.
3. Fazit
Aufgrund der skizzierten Vorteile des Outsourcings im Verwaltungsbereich muss man heute davon ausgehen, dass die Tage, in denen jedes Unternehmen unabhängig von der Größe und Branche ein eigenes Rechnungs- und Personalwesen hat bzw. haben muss, gezählt sind. Es werden hochprofessionell geführte Servicecenter an optimalen Standorten entstehen, in denen rund um die Uhr für die unterschiedlichsten Kunden Rechnungen gebucht, unter Umständen auch gezahlt, Lohn- und Gehaltsabrechnungen erstellt und Reisekosten abgerechnet werden. Bedingt durch diese Entwicklung wird der externe Bezug von Verwaltungsleistungen in naher Zukunft so selbstverständlich und einfach verfügbar werden wie Strom.
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