Ungekürztes deutsches Kindergeld bei fehlender Mitwirkung der ausländischen Verbindungsstelle

Die Familienkasse muss das Kindergeld für ein in Deutschland
lebendes Kind in voller Höhe auszahlen, wenn sie keine Auskunft der
ausländischen Verbindungsstelle darüber erhält, ob für das Kind Ansprüche auf
Familienleistungen nach ausländischem Recht bestehen. Dies hat der 14. Senat
des Finanzgerichts Köln entschieden.

Die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, beantragte bei
der Familienkasse Kindergeld für das bei ihr lebende Kind, das ebenfalls die
deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Vater des Kindes ist ein Angehöriger der
britischen Armee. Die Familienkasse zahlte lediglich einen Unterschiedsbetrag
zum britischen Kindergeld (»Child benefit«) aus, da sie davon ausging, dass für
den Kindsvater ein vorrangiger Anspruch auf britische Familienleistungen
bestehe. Auskunftsersuchen der Familienkasse an die britische Verbindungsstelle
blieben für die von der Klage erfassten Kindergeldmonate unbeantwortet.

Die auf Zahlung des vollen Kindergelds gerichtete Klage
hatte Erfolg. Die Richterinnen und Richter des 14. Senats entschieden, dass von
der Klägerin nicht verlangt werden könne, weitere Auskunftsersuchen abzuwarten
und damit eine faktisch endgültige Kürzung der Familienleistungen hinzunehmen.
Die Anspruchsvoraussetzungen nach nationalem Recht lägen unstreitig vor. Die
nach Europarecht nachrangig zuständige Familienkasse müsse Kindergeld nach
nationalen Vorschriften in voller Höhe zahlen, wenn aufgrund fehlender
Mitwirkung des ausländischen Trägers nicht zweifelsfrei geklärt werden könne,
ob ein den deutschen Kindergeldanspruch ausschließender Anspruch auf
ausländische Familienleistungen bestehe.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die
Familienkasse hat die vom Finanzgericht zugelassene Revision eingelegt, die
unter dem Aktenzeichen III R 28/25 beim Bundesfinanzhof in München geführt
wird.

Zur Rechtslage

Trotz des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen
Union (sog. Brexit) sind bestimmte europäische Verordnungen aufgrund des
entsprechend geschlossenen Austrittsabkommens (vgl. Art. 30, 31 Abs. 1 des am
01.02.2020 in Kraft getretenen Abkommens über den Austritt des Vereinigten
Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union und der
Europäischen Atomgemeinschaft) weiterhin auf Sachverhalte zwischen
Großbritannien und der EU anwendbar. Das betrifft auch die Koordinierung der
Ansprüche auf Familienleistungen (vgl. Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und Nr.
987/2009). Der Datenaustausch zwischen den Trägern ist weiterhin vorgesehen,
und Großbritannien nimmt am elektronischen Austausch von
Sozialversicherungsdaten teil.

FG Köln, Pressemitteilung vom 27.10.2025 zum Urteil 14 K
950/22 vom 23.05.2025 (BFH-Az.: III R 28/25)

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