Bewertung der verdeckten Gewinnausschüttung durch die Übertragung eigener Anteile einer GmbH an den Alleingesellschafter

Der 9. Senat des Finanzgerichts
Münster hat entschieden, dass die Übertragung eigener Anteile einer GmbH an den
(faktischen) Alleingesellschafter zwar eine verdeckte Gewinnausschüttung
darstellt, diese aus Sicht des Alleingesellschafters jedoch mit 0 Euro zu
bewerten ist.

Die Klägerin ist eine GmbH, an der
der Gesellschafter-Geschäftsführer C zu 1/3 beteiligt war. Nachdem die Klägerin
im Jahr 2015 die Anteile der Mitgesellschafter von C erworben und danach als
eigene Anteile gehalten hatte, übertrug sie diese im Jahr 2016 wiederum auf C.
Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Anteilsübertragung zu einer
verdeckten Gewinnausschüttung an C geführt habe, die anhand des Substanzwertes
der Klägerin zu bewerten sei, sodass Kapitalertragsteuer hierauf anfalle. Die
Klägerin war hingegen der Auffassung, C keinen Vermögensvorteil zugewendet zu
haben.

Der 9. Senat hat der Klage
stattgegeben. Zwar liege dem Grunde nach eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Denn C habe durch die Anteilsübertragung ein veräußerbares Wirtschaftsgut
erhalten, welches er zuvor nicht gehabt habe. Da die Klägerin dieses Wirtschaftsgut
auch nicht unentgeltlich einem Dritten überlassen hätte, habe der Anlass dafür
im Gesellschaftsverhältnis gelegen.

Die zugewandten Wirtschaftsgüter
hätten für C jedoch keinen Wert. Zwar habe der Bundesfinanzhof in früheren
Entscheidungen mehrfach entschieden, dass die Übertragung eigener Anteile auf
einen Gesellschafter bei diesem zu einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe
des gemeinen Werts der Anteile führe. In seiner jüngeren Entscheidung vom 13.
Mai 2025 (Az. VIII B 33/24) habe der Bundesfinanzhof demgegenüber
offengelassen, wie ein solcher Vorteil beim Gesellschafter zu bewerten sei, und
ausgeführt, dass er es grundsätzlich für nachvollziehbar halte, dass der
Alleingesellschafter einer GmbH durch den Erwerb zuvor von der GmbH gehaltener
Anteile nichts Substantielles hinzugewonnen habe, da er bereits vor der
Übertragung (faktisch) Alleingesellschafter gewesen sei.

Nach Auffassung des 9. Senats sei
den besonderen rechtlichen Gegebenheiten, die den Wert der eigenen Anteile
prägen, Rechnung zu tragen, sodass der Vorteil jedenfalls im Streitfall mit 0
Euro zu bewerten sei. Mit Blick auf das Gebot der Besteuerung nach der
individuellen Leistungsfähigkeit müsse Berücksichtigung finden, wenn sich ein
aus Sicht eines fiktiven objektiven Empfängers werthaltiges Wirtschaftsgut
ausnahmsweise für den tatsächlichen Empfänger als wertlos (oder weniger
werthaltig) darstelle, weil er es in seiner Situation nicht oder nur
geringfügig wirtschaftlich nutzen und verwerten könne. Dies sei der Fall
gewesen. Die Position von C habe sich weder rechtlich-wirtschaftlich (im
Verhältnis zur Klägerin, zu deren Geschäftspartnern sowie zu Dritten) noch
steuerrechtlich durch den Anteilserwerb in einer Weise verändert, die es
gebieten würde, den erworbenen Anteilen einen Wert beizumessen.

Der 9. Senat hat die Revision zum
Bundesfinanzhof zugelassen.

FG Münster, Mitteilung vom
17.11.2025 zum Urteil 9 K 1180/22 Kap vom 29.10.2025

Zurück
Nach oben