Die von den Städten Bochum, Essen,
Dortmund und Gelsenkirchen festgelegten höheren Hebesätze zur Bestimmung der
Grundsteuer für in der jeweiligen Gemeinde liegende Nichtwohngrundstücke
verstoßen gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit.
Darauf basierende Grundsteuerbescheide sind rechtswidrig. Dies hat das
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteilen vom 4. Dezember 2025 entschieden.
Die Klägerinnen und Kläger sind
Eigentümer von Grundstücken in der jeweilig beklagten Gemeinde. Sie klagen
gegen Grundsteuerbescheide, mit denen die Gemeinde die Grundsteuer für ihre
Grundstücke festgesetzt hat. Diese Grundstücke hatten die zuständigen Finanzämter
jeweils im Grundsteuerwertbescheid für das Verwaltungsgericht bindend als
Nichtwohngrundstück eingeordnet. Es handelt sich um
Geschäfts-/Gewerbegrundstücke und um unbebaute Grundstücke. In allen vier
Verfahren hat die jeweilige für 2025 geltende Gemeindesatzung über den
Grundsteuerhebesatz für die Grundsteuer B unterschiedliche Hebesätze für
»Wohngrundstücke« und »Nichtwohngrundstücke« vorgeschrieben. Damit haben die
Gemeinden von einer ihnen durch das Land Nordrhein-Westfalen im Zuge der Reform
des Grundsteuerrechts eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht.
»Wohngrundstücke« in diesem Sinne sind Grundstücke mit Einfamilien- und
Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum. Die beklagten
Städte wollten durch die differenzierten Hebesätze u. a. die Wohnnebenkosten
aus sozial- und gesellschaftspolitischen Gründen reduzieren oder zumindest auf
dem bisherigen Niveau halten. Die dadurch verminderten Grundsteuereinnahmen
sollten die höheren Hebesätze für Nichtwohngrundstücke ausgleichen. Die
Klägerinnen und Kläger sehen sich gegenüber Eigentümern von Wohngrundstücken
ungerechtfertigt benachteiligt.
Die 5. Kammer des
Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen gab den Klägerinnen und Klägern recht und hat
die sie betreffenden Grundsteuerbescheide aufgehoben. Die höheren Hebesätze für
die Besteuerung der Nichtwohngrundstücke in den Satzungen der Gemeinden verstoßen
gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Sie
benachteiligen die Eigentümer von Nichtwohngrundstücken ohne rechtlich
tragfähigen Grund gegenüber den Eigentümern von Wohngrundstücken. Bei dem
gleichen Steuergegenstand sind einheitliche Hebesätze steuergerecht.
Abweichungen durch unterschiedliche Hebesätze sind zu rechtfertigen. Hierfür
reichen rein fiskalische Gründe nicht aus.
Die Abweichungen von einem
einheitlichen Hebesatz nach unten zur Privilegierung von Wohngrundstücken durch
niedrigere Hebesätze können sachlich durch Gemeinwohlzwecke gerechtfertigt
sein, wenn sie einen Anstieg der Wohnkosten vermeiden sollen. Jedoch finden
sich zur Überzeugung der Kammer keine sachlichen Gründe für die Abweichungen
von einem einheitlichen Hebesatz nach oben durch die höheren Hebesätze für die
Nichtwohngrundstücke. Diese dienten dazu, das Gesamtaufkommen der Grundsteuer
für die Gemeinden nicht deutlich unter das Vorjahresaufkommen sinken zu lassen,
wenn der Hebesatz für Wohngrundstücke niedriger bestimmt wurde. Dieser rein
fiskalische Zweck eignet sich nicht als Rechtfertigung für die erhöhten
Hebesätze zulasten der Nichtwohngrundstücke.
Die Urteile sind noch nicht
rechtskräftig. Die Kammer hat die Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht für
das Land Nordrhein-Westfalen und die Sprungrevision bei dem
Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
Aktenzeichen: 5 K 2074/25 (Essen),
5 K 3234/25 (Bochum), 5 K 3699/25 (Dortmund), 5 K 5238/25 (Gelsenkirchen)
VG Gelsenkirchen, Pressemitteilung
vom 04.12.2025 zu den Urteilen 5 K 2074/25, 5 K 3234/25, 5 K 3699/25 und 5 K
5238/25 vom 04.12.2025 (nrkr)

