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Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe

Normen

§ 16 Abs. 1 EStG

§ 16 Abs. 3 EStG

§ 16 Abs. 4 EStG

§ 34 EStG

R 16 EStR

Information

Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb, ein Mitunternehmeranteil oder ein Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien veräußert oder aufgegeben, so werden in vielen Jahren entstandene stille Reserven auf einmal aufgedeckt. Über den progressiven Einkommensteuertarif würde der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn höher besteuert, als wären die einzelnen Wirtschaftsgüter sukzessive über mehrere Jahre hinweg veräußert worden. Daher wird der Gewinn zu einem ermäßigten Steuersatz versteuert. Ohne diese Regelungen müsste der Gewinn aus der Veräußerung oder der Totalentnahme des Betriebs als laufender Gewinn des letzten Wirtschaftsjahrs des Unternehmens versteuert werden. Es handelt sich hierbei also nicht um eine Erweiterung der Besteuerung. Es wird nur eine Besonderheit besonders berücksichtigt und steuerlich behandelt.

1. 1. Veräußerungstatbestände und Aufgabetatbestände

Als Betriebsveräußerungen werden nach §§ 14, 16 Abs. 1 und 18 Abs. 3 EStG behandelt die entgeltliche Veräußerung und die Aufgabe

  1. eines ganzen Betriebs oder des ganzen einer selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens,

  2. eines ganzen Teilbetriebs oder ganzen Teils der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens,

  3. des gesamten Mitunternehmeranteils, Anteils an einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen oder Anteils an der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens,

  4. des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien.

Gewinne aus diesen Veräußerungen sind nicht laufende Gewinne und fallen daher nicht unter die Gewerbesteuer. Werden aber Teile von Mitunternehmeranteilen (Nr. 3) oder Anteilen persönlich haftender Gesellschafter von Kommanditgesellschaften auf Aktien veräußert, sind die hierbei erzielten Gewinne laufende Gewinne (§ 16 Abs. 1 Satz 2 EStG) und unterliegen dann der Gewerbesteuer.

1.1 1.1 Veräußerung oder Aufgabe eines ganzen Betriebs oder eines einer selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens

1.1.1 1.1.1 Merkmale einer Betriebsveräußerung oder einer Veräußerung eines der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens

Merkmale einer Betriebsveräußerung oder der Veräußerung des der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens sind:

  1. Veräußerung eines ganzen Betriebs oder des ganzen der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens mit seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen

  2. in einem einheitlichen Vorgang

  3. unter Beendigung der bisher in diesem Betrieb oder dem der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögen entfalteten gewerblichen oder beruflichen Betätigung

  4. gegen Entgelt an einen – fremden – Erwerber

  5. in der Weise, dass der Betrieb oder das der selbstständigen Arbeit dienende Vermögen als geschäftlicher Organismus fortgeführt werden kann,wobei es nicht erforderlich ist, dass der Erwerber den Betrieb oder das der selbstständigen Arbeit dienende Vermögen tatsächlich fortführt.

Alle wesentlichen Betriebsgrundlagen (siehe Betriebsveräußerung – Wesentl. Betriebsgrundlage) müssen an einen Erwerber veräußert werden, sodass der Betrieb als geschäftlicher Organismus fortgeführt werden kann. Werden die wesentlichen Betriebsgrundlagen an verschiedene Erwerber veräußert, wird der lebende und selbstständige Organismus zerstört. Das ist keine Betriebsveräußerung, sondern eine Betriebsaufgabe (BFH, 22.11.1988 – VIII R 323/84, BStBl II 1989, 357). Werden nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert, sondern Teile in das Privatvermögen überführt, handelt es sich ebenfalls um eine Betriebsaufgabe (BFH, 24.03.1987 – I R 202/83, BStBl II 1987, 705).

Als Veräußerer muss der Unternehmer seine mit dem veräußerten Betriebsvermögen verbundene bisherige Tätigkeit aufgeben (BFH, 12.06.1996 – XI R 56, 57/95, BStBl II 1996, 527; 16.12.1992 – X R 52/90, BStBl II 1994, 838; 21.05.1992 – X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659). Scheidet er aus dem aktiven Erwerbsleben aus und ist er nur noch gelegentlich tätig, steht das einer begünstigten Betriebsveräußerung nicht entgegen (BFH, 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl II 1997, 573).

Beim Merkmal Nr. 3 „Betätigungsaufgabe“ ist die Betriebsveräußerung von der Betriebsverlegung abzugrenzen.

1.1.2 1.1.2 Merkmale einer Betriebsaufgabe oder der Aufgabe eines einer selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens

Aufgrund eines Entschlusses, den Betrieb oder das einer selbstständigen Arbeit dienende Vermögen aufzugeben, wird die bisher in diesem Betrieb oder mit dem der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögen entfaltete Tätigkeit endgültig eingestellt.

Die Aufgabe ist anzunehmen, wenn

  1. alle wesentlichen Betriebsgrundlagen

  2. innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang, nicht nach und nach,

  3. entweder in das Privatvermögen übergeführt
    oder an verschiedene Erwerber veräußert
    oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen übergeführt werden

  4. und damit der Betrieb als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört.

Bei einer Veräußerung an verschiedene Erwerber müssen diese Unternehmer auf derselben Marktstufe wie der den Betrieb aufgebende Unternehmer sein (BFH, 09.09.1993 – IV R 30/92, BStBl II 1994,105).

Die Betriebsaufgabe muss innerhalb eines kurzen Zeitraums stattfinden. Für die Beurteilung, ob es sich um einen kurzen Zeitraum handelt, ist entscheidend, ob die Aufgabehandlungen wirtschaftlich ein einheitlicher Vorgang sind. Ein Betriebsaufgabegewinn wird in aller Regel allenfalls auf zwei aufeinander folgende Veranlagungszeiträume verteilt werden können. Es ist nicht auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die stillen Reserven des Betriebs im Wesentlichen oder nahezu vollständig aufgedeckt worden sind (BFH, 26.05.1993 – X R 101/90, BStBl II 1993, 710).

Beispiel:

U betrieb ein Furnierwerk und stellte im Juli 01 die Produktion ein. Im Juni hatte er bereits die Arbeitnehmer entlassen. Ab Juli veräußerte er Maschinen und Fahrzeuge. Zu Beginn des Jahres 02 entnahm er die Grundstücke und die Büroausstattung, verpachtete die Grundstücke und erklärte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Er veräußerte weiterhin Maschinen und Geschäftsausstattung. Bis zum Ende des Jahres 02 waren so 97,9 % der stillen Reserven aufgelöst. In den folgenden zwei Jahren veräußerte U noch weitere Maschinen.

In dem Beispiel waren innerhalb von zwei Veranlagungszeiträumen 97,9 % der stillen Reserven des Betriebs aufgedeckt. Später wurden aber noch weitere wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert. Maschinen gehören immer zu den wesentlichen Betriebgrundlagen eines Produktionsbetriebs. Ob die darin enthaltenen stillen Reserven nur einen geringen Buchteil der gesamten stillen Reserven des Betriebs ausmachen, ist unbedeutend. Im vorstehenden Beispiel handelte es sich daher auch nicht teilweise um einen begünstigten Aufgabegewinn, sondern insgesamt um laufende Veräußerungen und Entnahmen.

Der Abwicklungszeitraum kann nicht dadurch abgekürzt werden, dass Wirtschaftsgüter, die bei Aufgabe des Betriebs nicht veräußert worden sind, formell in das Privatvermögen übergeführt werden, um sie anschließend privat zu veräußern. In solchen Fällen setzt der Unternehmer in der Regel seine unternehmerische Tätigkeit fort (H 16 (2) Zeitraum für die Betriebsaufgabe EStH). Hätte daher U im vorstehenden Beispiel die letzten Maschinen zunächst in sein Privatvermögen entnommen und dann später verkauft, hätte das an der aufgezeigten steuerlichen Behandlung nichts geändert.

Im vorstehenden Fall hätte U aber den Betrieb nach der Entnahme der Grundstücke und der Büroausstattung sowie der Veräußerungen bis zum Ende des Jahres 02 endgültig aufgeben können. Gibt ein Unternehmer seinen Betrieb endgültig auf, ohne ihn zu liquidieren oder die Liquidation zu Ende zu führen, so existiert kein Betriebsvermögensbereich mehr. Mit der endgültigen Einstellung des Betriebs sind daher auch die verbliebenen Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen überführt. Sie können nur dann Betriebsvermögen bleiben, wenn sie später einem identitätswahrend fortgeführten Betrieb dienen könnten (BFH, 26.02.1997 – X R 31/95, BStBl II 1997, 561).

Die Betriebsaufgabe beginnt nicht schon mit dem Aufgabeentschluss. Es reicht auch nicht die Kundgabe des Entschlusses nach außen aus, den Betrieb demnächst aufzugeben. Erst mit den vom Aufgabeentschluss getragenen Handlungen, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens gerichtet sind, beginnt die Betriebsaufgabe (BFH, 05.07.1984 – IV R 36/81, BStBl II 1984, 711). Der Zeitraum für die Betriebsaufgabe endet mit der Veräußerung der letzten wesentlichen Betriebsgrundlage oder mit deren Überführung in das Privatvermögen.

Beispiel:

Einstellung der werbenden Tätigkeit oder die Veräußerung bestimmter für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens.

Die Betriebsaufgabe ist abzugrenzen gegenüber der

  • Betriebsverlegung

  • Betriebsverpachtung

  • Betriebsunterbrechung (siehe Sachliche Steuerpflicht – Betriebsunterbrechung).

1.2 1.2 Veräußerung eines ganzen Teilbetriebs oder Teils der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens

Auch die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs oder Teils der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens ist begünstigt (§ 14, § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 18 Abs. 3 EStG). Gleichgestellt ist die Veräußerung einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), die zum Betriebsvermögen gehört. Bei einer auch nur teilweise zum Privatvermögen gehörenden Beteiligung ist § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht anwendbar (R 16 Abs. 3 Satz 8 EStR).

Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des Einkommensteuergesetzes aufweist und für sich lebensfähig ist. Eine völlig selbstständige Organisation mit eigener Buchführung ist nicht erforderlich (R 16 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStR).

Es ist eine gewisse Selbstständigkeit, nicht eine völlige Selbstständigkeit, erforderlich. Maßgebend hierfür ist das Gesamtbild der beim Veräußerer bestehenden Verhältnisse im Zeitpunkt der Veräußerung. Es reicht daher nicht aus, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter beim Erwerber zusammengefasst das für einen Teilbetrieb maßgebende Merkmal einer gewissen Selbstständigkeit aufweisen. Umgekehrt ist es aber unerheblich, wenn der Erwerber die Wirtschaftsgüter, die beim Veräußerer zusammengefasst das Merkmal „gewisse Selbstständigkeit“ erfüllten und damit ein Teilbetrieb waren, nicht als selbstständige Einheit weiterführt, sondern in sein Unternehmen integriert (Schmidt/Wacker, EStG, § 16 Rz 149 f.).

Indizien für eine gewisse Selbstständigkeit sind

  • örtliche Trennung,

  • Verwendung jeweils anderer Betriebsmittel, insbesondere eigenes Anlagevermögen,

  • eigene Räume,

  • Einsatz verschiedenen Personals,

  • gesonderte Buchführung,

  • selbstständige Preisgestaltung,

  • eigener Kundenstamm,

  • Vergütung eines eigenen Geschäftswerts durch den Erwerber.

Diese Indizien haben unterschiedliches Gewicht, je nachdem es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt (BFH, 10.10.2001 – XI R 35/00 (NV), BFH/NV 2002, 336).

Es ist nicht erforderlich, dass der Veräußerer seine gewerblichen Tätigkeiten in vollem Umfang beendet. Es ist ausreichend, wenn er die gewerbliche Tätigkeit aufgibt, die sich auf die veräußerten wesentlichen Betriebsgrundlagen bezieht (BFH, 09.08.1989 – X R 62/87, BStBl II 1989, 973).

Beispiel:

U veräußert eine Zweigniederlassung seines Unternehmens. Im weitergeführten Unternehmen übt er seine bisherige Tätigkeit, die derjenigen der Filiale gleich ist, weiter aus.

Die Annahme einer Teilbetriebsveräußerung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Unternehmen im Übrigen anderorts weiterhin eine gleichartige gewerbliche Tätigkeit ausübt. Erforderlich für die Annahme einer Teilbetriebsveräußerung ist aber, dass das Unternehmen mit der Veräußerung des entsprechenden Betriebsteils einen eigenständigen Kundenkreis aufgibt (H 16 (3) Filialen und Zweigniederlassungen EStH).

1.3 1.3 Veräußerung oder Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils, Anteils an einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen oder Anteils an einem der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens

Die Veräußerung oder Aufgabe des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, wird als Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe behandelt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 EStG). Entsprechendes gilt für die Veräußerung eines Anteils an einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen oder Anteils an einem der selbstständigen Arbeit dienenden Vermögens (§ 14, § 18 Abs. 3 EStG).

Wird nur ein Teil eines Anteils veräußert, ist der hierbei erzielte Gewinn ein nicht begünstigter laufender Gewinn (§ 16 Abs. 1 Satz 2 EStG). Nach Verwaltungsauffassung ist aus diesem Grunde der Gewinn auch gewerbesteuerpflichtig. Jedoch wird für Veräußerungsgewinne aus Teilanteilsveräußerungen für die Zeit bis zum 31.12.2001 aus Gründen des Vertrauensschutzes Befreiung von der Gewerbesteuer zugestanden (OFD Düsseldorf, 10.09.2002 – G 1421 – 19 – St – 132 – K, GmbHR 2002, 986). Bei einer Teilveräußerung eines Mitunternehmeranteils fällt aber keine Gewerbesteuer an (Neyer, BB 2005, 577).

Beispiel:

An einer OHG sind A, B und C zu je 1/3 beteiligt. Die OHG betreibt ihr Unternehmen auf einem Grundstück, das dem A gehört. A hat das Grundstück an die OHG verpachtet. Das Grundstück wird als Sonderbetriebsvermögen des A behandelt. Die Pachteinnahmen werden A als Vorabgewinn zugerechnet. A überträgt seinen Anteil an der OHG entgeltlich dem B. Das Grundstück behält er.

Der Mitunternehmeranteil umfasst die Mitgliedschaft an der Gesellschaft, die dingliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen und, soweit es vorhanden ist, auch das Sonderbetriebsvermögen. Voraussetzung für eine begünstigte Übertragung eines Mitunternehmeranteils ist, dass die Teile des Sonderbetriebsvermögens übertragen werden, die wesentliche Betriebsgrundlagen sind (Schmidt/Wacker EStG § 16 Rz. 407). Werden anlässlich der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, zurückbehalten und in das Privatvermögen überführt, so ist dieser Vorgang nicht als tarifbegünstigte Veräußerung eines Mitunternehmeranteils in Verbindung mit einer Gewinn realisierenden Entnahme, sondern als Aufgabe des Mitunternehmeranteils zu beurteilen, die insgesamt nach den §§ 16, 34 EStG begünstigt ist (BFH, 31.08.1995 – VIII B 21/93, BStBl II 1995, 890; Schmidt/Wacker EStG § 16 Rz. 414). Im vorstehenden Beispiel war das Grundstück zwar wesentliche Betriebsgrundlage der OHG und wurde auch in das Privatvermögen des A überführt. Eine Betriebsaufgabe setzt außerdem aber voraus, dass der Betrieb als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört. Hier besteht der bisherige Mitunternehmeranteil des Gesellschafters A beim Erwerber B fort. Es handelt sich daher auch nicht um eine begünstigte Aufgabe eines Mitunternehmeranteils.

1.4 1.4 Veräußerung oder Aufgabe des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien

Begünstigt sind die Veräußerung des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters (Komplementärs) einer Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Aufgabe eines solchen Anteils. „Gesamter Anteil“ bedeutet, dass die Veräußerung oder Aufgabe auch eventuelles Sonderbetriebsvermögen umfassen muss. Wird nur ein Teil eines Anteils veräußert oder übertragen, liegt laufender Gewinn vor.

Anteil des Komplementärs ist nur seine Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter. Seine Anteile am Grundkapital der KGaA sind kein Sonderbetriebsvermögen (Schmidt/Wacker EStG § 16 Rz. 571).

2. 2. Veräußerungsgewinn, Aufgabegewinn

2.1 2.1 Veräußerungsgewinn

Veräußerungsgewinn ist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten

  • bei der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs den Wert des Betriebsvermögens übersteigt oder

  • bei der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters einer Mitunternehmerschaft den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt oder

  • bei der Veräußerung des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt.

Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils hiervon ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit als laufender Gewinn (§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG).

2.2 2.2 Aufgabegewinn

Aufgabegewinn ist der Betrag, um den die Summe der gemeinen Werte der in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter zuzüglich etwaiger Veräußerungspreise abzüglich der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt (§ 16 Abs. 3 Sätze 6 bis 8 EStG).

2.3 2.3 Ermittlung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns

Der Veräußerungsgewinn ist wie folgt zu ermitteln:

Veräußerungspreis

./.

Veräußerungskosten (Beratungs-, Notar-und Maklergebühren)

./.

vom Erwerber nicht übernommene Verbindlichkeiten

+

gemeiner Wert von ins Privatvermögen überführter Wirtschaftsgüter

./.

Buchwert des veräußerten Betriebsvermögens (Eigenkapital)

=

Veräußerungsgewinn

Der Aufgabegewinn ist zu ermitteln:

Summe der gemeinen Werte der in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter

+

Summe der Veräußerungspreise der veräußerten Wirtschaftsgüter

./.

Verbindlichkeiten

./.

Buchwert des Betriebsvermögens (Eigenkapital)

=

Aufgabegewinn

3. 3. Härteausgleich

Für die punktuelle Besteuerung der teilweise über einen längeren Zeitraum entstandenen stillen Reserven wird ein „Härteausgleich“ gewährt durch

  • einen Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und

  • eine Tarifermäßigung nach § 34 EStG

(BFH, 28.11.2007 – X R 12/07, BFH/NV 2008, 288).

3.1 3.1 Freibetrag

3.1.1 3.1.1 Alter oder Berufsunfähigkeit

Maßgeblicher Zeitpunkt (Schmidt/Wacker EStG § 16 Rz. 579)

Veräußerung

Aufgabe

Vollendung des 55. Lebensjahrs

Erfüllungsgeschäft

Ende der Aufgabe des Betriebs etc.

Berufsunfähigkeit

schuldrechtlicher Vertragsabschluss

Ende der Aufgabe des Betriebs etc.

Die Voraussetzungen für die Gewährung des Veräußerungsfreibetrags müssen bereits im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung vorliegen. Als Veräußerungszeitpunkt ist nicht der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts maßgebend, sondern der Übergang des (mindestens) wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Es reicht nicht aus, wenn das 55. Lebensjahr am Ende des Veranlagungszeitraums vollendet ist (BFH, 28.11.2007 – X R 12/07, BFH/NV 2008, 288).

Der Freibetrag ist personenbezogen. Der Steuerpflichtige selbst muss die Voraussetzungen erfüllen. Es reicht daher nicht aus, dass der mit ihm zusammen veranlagte Ehegatte das 55. Lebensjahr erreicht hat (Schmidt/Wacker, EStG, § 16 Rz 579). Das 55. Lebensjahr ist mit Ablauf des Tages erreicht, der dem 55. Geburtstag vorausgeht (§ 187 Abs. 2 i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB).

Tod ist keine dauernde Berufsunfähigkeit. Veräußern daher die Erben, kommt es darauf an, ob sie die Voraussetzungen (Alter oder Berufsunfähigkeit) erfüllen. War der Betriebsinhaber im Zeitpunkt des Kaufvertrags berufsunfähig, ist er dann gestorben und haben die Erben daraufhin den Betrieb in Erfüllung des Kaufvertrags veräußert, sind die Voraussetzungen für den Freibetrag insoweit erfüllt (BFH, 21.09.1995 – IV R 1/95, BStBl II 1995, 893).

Der Freibetrag ist in der Weise „objektbeschränkt“ als er jeder natürlichen Person im Leben nur einmal auf Antrag gewährt wird, dann aber in voller Höhe. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein ganzer Betrieb, ein Teilbetrieb, ein Mitunternehmeranteil oder ein Bruchteil eines Mitunternehmeranteils veräußert oder aufgegeben wird. Ebenso wenig, ob voll- oder teilentgeltlich veräußert wird. Wird der Freibetrag in Anspruch genommen, ist er voll verbraucht, auch wenn er sich nicht voll auswirkt (Schmidt/Wacker, EStG, § 16 EStG Rz.581).

Voraussetzungen und Höhe des Freibetrags

Voraussetzungen:

  • Vollendung des 55. Lebensjahrs

  • oder dauernde Berufsunfähigkeit

Höhe:

  • bis 2000: 60.000 DM ./. 300.000 DM übersteigender Betrag des Veräußerungsgewinns

  • 2001: 100.000 DM ./. 300.000 DM übersteigender Betrag des Veräußerungsgewinns

  • 2002 und 2003: 51.200 EUR ./. 154.000 EUR übersteigender Betrag des Veräußerungsgewinns

  • ab 2004: 45.000 EUR ./. 136.000 EUR übersteigender Betrag des Veräußerungsgewinns

Der Freibetrag wird nur einmal im Leben gewährt. Für Veräußerungen und Aufgaben vor dem 01.01.1996 in Anspruch genommene Freibeträge bleiben unberücksichtigt.

Vorschriften:

§ 16 Abs. 4,§ 52 Abs. 34 EStG

3.2 3.2 Tarifermäßigung

§ 34 EStG gewährt eine Steuerermäßigung, um die progressive Besteuerung abzumildern, die dadurch entsteht, dass in einem Veranlagungszeitraum durch die Veräußerung oder Aufgabe in vielen Jahren angewachsene stille Reserven in einem Zuge aufgedeckt werden. Siehe Außerordentliche Einkünfte.

4. 4. Gewerbesteuer

Wird ein Betrieb oder ein Mitunternehmeranteil insgesamt veräußert oder aufgegeben, ist dieser Vorgang nicht gewerbesteuerpflichtig. Die Gewerbesteuer knüpft als Objektsteuer an das Ergebnis eines lebenden Betriebs an und bezieht sich damit nur auf die Gewinnphase eines werbenden Betriebs (BFH, 22.01.2004 – III R 19/02, DStRE 2004, 512).

Veräußerungen oder Aufgaben einer 100%-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind aber gewerbesteuerpflichtig.

Siehe auch

Außerordentliche EinkünfteBetriebsveräußerung – Wesentl. BetriebsgrundlageBetriebsverpachtung

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