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Freibetrag Betreuung/Erziehung/Ausbildung

Normen

§ 32 Abs. 6 Satz 1 EStG

Information

1. Allgemeines

Den Forderungen des BVerfG auf ausreichende Bedarfssicherung eines Kindes wurde durch die Einführung eines einheitlichen Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes Rechnung getragen.

Der Freibetrag beträgt 1.320 EUR bzw. 2.640 EUR. Im Übrigen besteht für Alleinerziehende ggf. Anspruch auf den Freibetrag für Alleinerziehende

Neben dem Kinderfreibetrag wird auch ein Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf gewährt. Hierdurch soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass sich der Bedarf eines Kindes verändert. Der zunächst überwiegende Betreuungsbedarf wird im Laufe der Zeit durch den Erziehungsbedarf und für ältere Kinder durch den Ausbildungsbedarf überlagert bzw. abgelöst, vgl. auch Stichwort Ausbildungsfreibeträge.

2. Höhe des Freibetrags

Alleinstehende

Ehegatten

Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf

2002 – 2009: 1.080 EUR

ab 2010: 1.320 EUR

2002 – 2009: 2.160 EUR

ab 2010: 2.640 EUR

3. Altersvoraussetzungen

Der Freibetrag ist nur abhängig von den allgemeinen Voraussetzungen zur Berücksichtigung eines Kindes und kann daher zunächst bis zu Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt werden. Ab der Volljährigkeit müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein. So kann er z.B. bei einem Kind in Ausbildung bis zum 25. Lebensjahr parallel zum Kinderfreibetrag gewährt werden. Für ein arbeitsloses Kind kann der Freibetrag bis zum 21. Lebensjahr gewährt werden. Einzelheiten zur Berücksichtigung von Kindern vgl. u.a. Stichwort Kinder.

Freibetrag für volljährige Kinder

Alter des Kindes

Voraussetzung

18 – 21*

Kind ist
arbeitslos

18 – 25*

Kind befindet sich in
Berufsausbildung

18 – 25*

Kind befindet sich in
Übergangszeit zwischen zwei
Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten

18 – 25

Kind kann eine Berufsausbildung
mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen
oder fortsetzen

18 – 25

Kind leistet u.a. ein
freiwilliges soziales oder ökologisches
Jahr oder Europäischen
Freiwilligendienst; internationaler Freiwilligendienst, Bundesfreiwilligendienst

* Bei einem Kind, das den gesetzlichen GWD/ZD oder davon befreienden Dienst geleistet hat, verlängert sich die Möglichkeit der Gewährung des Freibetrags über das 21./ 25.Lebensjahr hinaus für einen der Dauer des Dienstes entsprechenden Zeitraum (§ 32 Abs. 5 EStG).

Beispiel:

Die 22-jährige Tochter studiert 2016. Die Eltern haben Anspruch sowohl auf den Kinderfreibetrag von 4.608 EUR als auch auf den Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung von 2.640 EUR (Summe der Freibeträge = 7.248 EUR).

4. Kinder in einer Zweitausbildung bzw. im Zweitstudium

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums kommt eine Berücksichtigung von Kindern nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG nur noch in Betracht, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Unschädlich ist eine Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit und eine Tätigkeit im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der §§ 8 und 8a SGB IV.

5. Auslandskinder

Für den Kinderfreibetrag und den Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung ist bei Kindern im Ausland eine Notwendigkeits- und Angemessenheitsprüfung nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates vorzunehmen, was zu einer Kürzung der Freibeträge führen kann (§ 32 Abs. 6 Satz 4 EStG). Vgl. Stichwort Ländergruppeneinteilung.

6. Ausbildungsbedarf

Lediglich zur Abgeltung des Sonderbedarfs für Ausbildung wird bei volljährigen Kindern, die sich in Berufsausbildung befinden und auswärtig untergebracht sind, außerhalb des Freibetrags für Betreuung/Erziehung/Ausbildung ein Sonderfreibetrag in Höhe von 924 EUR gewährt (§ 33a Abs. 2 EStG).

7. Grundsatz der Übertragung des Freibetrags

Der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf teilt nach der Gesetzesfassung nicht das Schicksal des – übertragenen – Kinderfreibetrags. Es ist eine getrennte, abweichende Übertragung der Freibeträge möglich (§ 32 Abs. 6 Satz 8 EStG). Der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung wird auf gesonderten Antrag auf den anderen Elternteil übertragen. Der Antrag auf Übertragung muss vom „übernehmenden“ Elternteil ausgehen. Die Übertragung wird auf minderjährige Kinder beschränkt. Die Übertragung des Betreuungsfreibetrags erfolgt allein auf Antrag des Elternteiles, bei dem das Kind gemeldet ist. Die Übertragung hängt nicht davon ab, dass der andere Elternteil seine Unterhaltspflicht verletzt oder der Übertragung zugestimmt hat (BFH, 18.05.2006 – III R 71/04).

Der Freibetrag kann nach der Gesetzesfassung nicht übertragen werden, wenn das Kind in den Wohnungen beider Elternteile gemeldet ist. Die Finanzverwaltung führt jedoch stets auch die Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf mit durch, auch wenn das Kind zusätzlich bei dem Elternteil, der seinen Kinderfreibetrag abgeben muss, gemeldet ist. Die Übertragung des Freibetrages für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf (einseitigen) Antrag des Elternteils, bei dem das (minderjährige) Kind gemeldet ist, verstößt gemäß BFH-Urteil vom 22.12.2011 – III R 8/08 – nicht gegen das Grundgesetz.

Der den Eltern zustehende Kinderfreibetrag und auch der Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung kann auf Antrag einvernehmlich oder nur auf einseitigen Antrag der übernehmenden Person hin auf einen Stiefeltern- oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 32 Abs. 6 Satz 10 EStG).

Beispiel:

Die beiden minderjährigen Kinder leben gemeinsam mit der verwitweten Mutter und dem Großvater in einem Haushalt. Die Mutter überträgt den Kinderfreibetrag und den Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung auf den Großvater. Dieser muss sich im Rahmen der Günstigerprüfung das Kindergeld, das die Mutter erhalten hat, auf die steuerliche Auswirkung des Kinderfreibetrags und des Freibetrags für Betreuung/Erziehung/Ausbildung anrechnen lassen.

8. Sonderregelung der Übertragung

Eine Übertragung ist nicht möglich, wenn der andere Elternteil Aufwendungen für die Betreuung und Erziehung oder Ausbildung hat, insbesondere, wenn dieser Kosten für die Kinderbetreuung durch Dritte getragen hat. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in zunehmendem Maße in Trennungsfällen beide Elternteile den Betreuungs- und Erziehungsbedarf ihres Kindes sicherstellen.

Eine Übertragung ist ferner auch dann möglich, wenn Großeltern – z. B. mangels Leistungsfähigkeit eines oder beider Elternteile – eine konkrete Unterhaltsverpflichtung gegenüber ihren Enkelkindern trifft.

9. Vergleichsberechnung mit Kindergeld

9.1 Einbeziehung des Freibetrags

Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags eines Kindes durch den Kinderfreibetrag/Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf einerseits oder durch das Kindergeld bewirkt (§ 31 Satz 1 EStG). Die steuerliche Auswirkung auf den Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung wird in die Günstigerprüfung mit einbezogen. Vgl. auch Stichworte Familienleistungsausgleich und Familienleistungsausgleich – Wahlrecht.

Ab einem Steuersatz von ca. 31 % können Eltern mit einem Nachschlag über die Einkommensteuerveranlagung rechnen. Vielfach wird es dabei bleiben, dass die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch das im laufenden Jahre bereits gezahlte Kindergeld bewirkt wird.

Freibeträge 2015:

Kind

Kinderfreibetrag + Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf

Kindergeld

Kindergeld in % zu den Freibeträgen

1. Kind

7.152 EUR

2.256 EUR

31,5

2. Kind

7.152 EUR

2.256 EUR

31,5

3. Kind

7.152 EUR

2.328 EUR

32,5

jedes weitereKind

7.152 EUR

2.628 EUR

36,7

Freibeträge 2016:

Kind

Kinderfreibetrag + Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf

Kindergeld

Kindergeld in % zu den Freibeträgen

1. Kind

7.248 EUR

2.280 EUR

31,5

2. Kind

7.248 EUR

2.280 EUR

31,5

3. Kind

7.248 EUR

2.352 EUR

32,5

jedes weitereKind

7.248 EUR

2.652 EUR

36,6

Beispiel:

Ein 19-jähriger Sohn ist 2015 in Ausbildung. Er studiert und lebt auch am Studienort. Der steuerlichen Auswirkung der Freibeträge (4.512 EUR + 2.640 EUR = 7.152 EUR) ist das Kindergeld in Höhe von 2.256 EUR gegenüberzustellen. Erst bei einem Steuersatz von über 31.5 % kommt es zu einer Steuererstattung. Zusätzlich besteht außerhalb der Vergleichsberechnung Anspruch auf 924 EUR Ausbildungsfreibetrag.

9.2 Verrechnung mit Kindergeld

Ist der Abzug der Freibeträge für Kinder günstiger als der Anspruch auf Kindergeld, erhöht sich die unter Berücksichtigung des Abzugs der Freibeträge für Kinder ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld. (§ 31 EStG). Die Finanzverwaltung orientiert sich ausschließlich an der Übertragung des Kinderfreibetrags, weil der zivilrechtliche Ausgleichsanspruch des barunterhaltsverpflichteten Elternteils nicht von der Inanspruchnahme des Betreuungsfreibetrags/Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf abhängt (R 31 Abs. 3 EStR).
Vgl. auch die Stichworte Familienleistungsausgleich, Familienleistungsausgleich – Wahlrecht.

10. Lohnsteuerermäßigungsverfahren / ESt-Vorauszahlungen

Der Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung wirkt sich, wie auch der Kinderfreibetrag, beim Lohnsteuerabzug noch nicht aus. Die Zahl der Kinderfreibeträge hat nur Auswirkung auf die Zuschlagsteuern. Lediglich für ein Kind, für das kein Anspruch auf Kindergeld besteht, obwohl es eigentlich zu dem in § 32 EStG genannten Personenkreis gehört, wird der Kinderfreibetrag und/oder der Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung als vom Arbeitslohn abzuziehender Freibetrag auf Antrag berücksichtigt (§ 39a Abs. 1 Nr. 6 EStG).

Kinderfreibeträge und der Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung bleiben auch bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen unberücksichtigt (§ 37 EStG).

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