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Sonderausgabenabzug – Günstigerprüfung

Normen

§§ 10 ff. EStG a.F.

§§ 1 ff. AltEinkG

Information

Das Alterseinkünftegesetz regelt die steuerrechtliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen ab 2005. Vorgesehen ist der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung, d.h. Altersvorsorgebeiträge werden steuerlich sukzessive stärker entlastet und die darauf beruhenden Renten werden nach und nach stärker besteuert. Nachgelagerte Besteuerung bedeutet im Endergebnis, dass Beiträge zum Zeitpunkt der Zahlung von der Einkommensteuer freigestellt werden und erst die darauf beruhenden Renten (z.B. Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung) besteuert werden. Es können ab 2005 Beiträge für eine angemessene Altersvorsorge vermehrt als Sonderausgaben abgezogen werden, andererseits unterliegen die darauf beruhenden Altersbezüge der Besteuerung.

Trotz der Erweiterung der Abzugsmöglichkeiten für sog. Basis-Vorsorgeaufwendungen können sich im Einzelfall Nachteile für Bürger ergeben. Zur Vermeidung von Schlechterstellungen der Steuerpflichtigen beim Abzug von Vorsorgeaufwendungen werden in der Übergangsphase mindestens so viele Vorsorgeaufwendungen bei der Ermittlung der einkommensteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt, wie dies nach dem Recht bis 2004 möglich ist (Günstigerprüfung bis 2019). Dabei wird der bisherige Vorwegabzug schrittweise bis zum Jahr 2019 beginnend ab dem Jahr 2011 verringert.

Bei der Vergleichsberechnung mit dem alten Recht werden ab dem Jahr 2011 der bisherige Vorwegabzug im Rahmen der Höchstbetragsberechnung nach § 10 Abs. 3 EStG a.F. und die bisherigen Höchstbeträge im Rahmen der Berechnung der Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 2 EStG a.F. abgeschmolzen. Diese Entwicklung ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr

Vorwegabzug

Grundhöchstbetrag

Hälftiger Höchstbetrag

2005

3.068

1.334

667

2006

3.068

1.334

667

2007 – 2010

3.068

1.334

667

2011

2.700

1.334

667

2012

2.400

1.334

667

2013

2.100

1.334

667

2014

1.800

1.334

667

2015

1.500

1.334

667

2016

1.200

1.334

667

2017

900

1.334

667

2018

600

1.334

667

2019

300

1.334

667

Im Rahmen einer Günstigerprüfung werden die sich nach dem neuen Recht ergebenden Sonderausgabenabzugsbeträge für Vorsorgeaufwendungen (Altersvorsorgeaufwendungen und sonstige Vorsorgeaufwendungen) mit den Werten verglichen, die sich nach altem Recht ergeben würden. Es werden allerdings nur diejenigen Aufwendungen in die Günstigerprüfung einbezogen, die nach geltendem Recht den Vorsorgeaufwendungen zuzuordnen sind.

Hinweis:

Kapitallebens- und Rentenversicherungsverträge, die nicht zu den begünstigten Basis-Altersvorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) gehören und deren Laufzeit nach dem 01.01.2005 beginnt, werden nicht mehr als Sonderausgaben berücksichtigt.

Beispiel:

Beispiel

Beamter verheiratet, keine „neue“ begünstigte Privatrentenversicherung, aber mit UV, KV, HV + Alt-Kapitallebensversicherung => insgesamt 5.400 EUR.
Sonderausgabenabzug:
bisher nach altem Recht – EStG 2004 = 4.002 EUR
nach neuem Recht – EStG = 1.900 EUR x 2 = 3.800 EUR.
Lösung: Es soll keine Schlechterstellung erfolgen. Abgezogen werden 4.002 EUR.

Hinweis:

Bei der Günstigerprüfung wird ermittelt, ob das sich für die Vorsorgeaufwendung ergebende Abzugsvolumen nach § 10 Abs. 3 EStG und § 10 Abs. 4 EStG (Abzugsvolumen nach neuem Recht) für den Steuerpflichtigen günstiger ist als das Abzugsvolumen, welches sich unter Anwendung des § 10 Abs. 3 EStG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung mit den in § 10 Abs. 4a Satz 1 EStG genannten Höchstbeträgen für den Vorwegabzug (Abzugsvolumen altes Recht) ergibt. Der höhere Betrag wird bei der Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Dieses Verfahren führt bei bestimmten Personengruppen (z.B. bei ledigen Selbstständigen, die nicht in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung pflichtversichert sind) in besonders gelagerten Fällen dazu, dass eine zusätzliche Beitragszahlung zugunsten einer Rentenversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG (Basisrente, Rüruprente) die als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Beträge nicht erhöht. Um auch in diesen Fällen den Anreiz für eine zusätzliche Altersabsicherung in Form einer Basisrente zu erhöhen, war eine Anpassung der bestehenden Günstigerprüfung erforderlich. Mit einer Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2007 wird sichergestellt, dass zusätzliche Beiträge für eine Basisrente immer mit mindestens dem sich nach § 10 Abs. 3 Satz 4 u. Satz 6 EStG ergebenden Vomhundertsatz (2011 = 72%, 2012 = 74%, 2013 = 76%, 2014 = 78%, 2015 = 80%) als Vorsorgeaufwendungen bei der Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden. Dies erfolgt entweder durch den Ansatz der entsprechenden Beiträge im Rahmen des sich nach dem alten Recht ergebenden Abzugsvolumens oder durch den sogenannten Erhöhungsbetrag. Erst ab 2020 wird nur noch das neue Recht angewendet.

Prüfung 1:
Es wird eine Höchstbetragsberechnung nach altem Recht durchgeführt. Dabei werden wie bisher alle nach den §§ 10 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EStG grundsätzlich begünstigten Beiträge (Basisversorgung, „Rürup-Rente“, sonstige Vorsorgeaufwendungen) einbezogen. Der sich so ergebende Betrag ist mindestens abzugsfähig.

Prüfung 2:
Die Höchstbetragsberechnung wird ohne die Beiträge zur „Rürup-Rente“ durchgeführt. Zusätzlich werden die Rürup-Rentenbeiträge berücksichtigt (2015 mit 80%). Für diesen Erhöhungsbetrag kommen aber nur Rürup-Rentenbeiträge in Betracht, soweit der Höchstbetrag nach Abzug der Basisversorgungsbeiträge inkl. Arbeitgeberanteil und gleichgestellten Zuschüssen noch nicht ausgeschöpft ist.

Im Rahmen der Günstigerprüfung werden folgende Vergleiche vorgenommen:

  1. Alternative 1
    Abzugsvolumen nach neuer Rechtslage (Altersvorsorgebeiträge zuzüglich sonstige Vorsorgeaufwendungen bis 1.900 EUR/2.800 EUR, mindestens Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträge),

  2. Alternative 2
    bis 2019: Abzugsvolumen nach Rechtslage 2004 (gemeinsamer Höchstbetrag für Altersvorsorge- und sonstige Vorsorgeaufwendungen – Vorwegabzug mit Abschmelzung 2011 – 2019, i.d.R. Höchstbetrag 2001 EUR für alleinstehende Arbeitnehmer, 4.002 EUR bei verheirateten Arbeitnehmern, 5.069 EUR bei ledigen Selbstständigen),

  3. Alternative 3
    Abzugsvolumen nach Rechtslage 2004 + gesonderter Betrag für Basis-/Rürup-Rentenvertrag (gemeinsamer Höchstbetrag für Altersvorsorge- und sonstige Vorsorgeaufwendungen zuzüglich Sonderregelung für Beiträge zu einem Basis-/Rürup-Rentenvertrag).

Beispiel:

Sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer
Der kinderlose, sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer A hat 2012 einen Bruttoarbeitslohn von 36.000 EUR. Er hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Krankengeld. Außerdem wendet er 1.800 EUR jährlich für einen Rürup-Rentenvertrag sowie 1.000 EUR jährlich für Unfall- und Haftpflichtversicherungen, Arbeitslosenvers. etc. auf.

Alternative 1 – Rechtslage ab 2010:
Gesetzliche Rentenversicherungsbeiträge 19,6 % von 36.000 EUR = 7.056 EUR
Beiträge Rürup-Vertrag = 1.800 EUR
Summe = 8.856 EUR
Höchstbetrag = 20.000 EUR
74 % des niedrigeren Betrags, also von 8.856 EUR = 6.553 EUR
abzüglich ArbG-Anteil zur Rentenversicherung 9,8 % von 36.000 EUR = 3.528 EUR
abzugsfähig 3.025 EUR

7,9 % von 36.000 EUR = ArbN-Anteil zur Krankenversicherung = 2.844 EUR
+ 1,225 % von 36.000 EUR = ArbN-Anteil zur Pflegeversicherung = 441 EUR
+ weitere sonstige Vorsorgeaufwendungen = 1.000 EUR
Summe = 4.285 EUR
Höchstbetrag = 1.900 EUR
Mindestbetrag = 3.172 EUR
(Basiskrankenversicherung 96 % von 2.844 EUR = 2.731 EUR + Pflegepflichtversicherung = 441 EUR)
angesetzt wird also der Mindestbetrag von 3.172 EUR

Sonderausgabenabzug 2012 insgesamt 6.197 EUR
(Altersversorgung 3.025 EUR + Kranken- und Pflegeversicherung 3.172 EUR).

Alternative 2 – Rechtslage 2004:
Versicherungsbeiträge insgesamt:
(RV-ArbN-Anteil 3.528 EUR, Rürup 1.800 EUR, KV 2.844 EUR, PV 441 EUR, sonstige Vorsorgeaufw. 1.000 EUR) = 9.613 EUR
Vorwegabzug (2.400 EUR abzüglich 16 % von 36.000 EUR) = 0 EUR
verbleiben = 9.613 EUR
Höchstbetrag =1.334 EUR
verbleiben = 8.279 EUR
davon 50 % = 4.139 EUR
höchstens hälftiger Höchstbetrag = 667 EUR
abziehbarer Betrag = 2.001 EUR

Alternative 3 – Rechtslage 2004 mit Rürup-Erhöhungsbetrag
Versicherungsbeiträge (ohne ArbG-Anteil Rentenversicherung und ohne Rürup-Vertrag)
(RV-ArbN-Anteil 3.528 EUR, KV 2.844 EUR, PV 441 EUR, sonstige Vorsorgeaufw. 1.000 EUR) = 7.813 EUR

Vorwegabzug = 0 EUR
verbleiben = 7.813 EUR
Höchstbetrag = 1.334 EUR
verbleiben = 6.474 EUR
davon 50 % = 3.239 EUR
höchstens= 667 EUR
zuzüglich 74 % der Beiträge zum Rürup-Vertrag von 1.800 EUR = 1.332 EUR
abziehbarer Betrag mit Erhöhungsbetrag Rürup = 3.333 EUR

Fazit: Berücksichtigt wird als Sonderausgabe der sich nach der neuen Rechtslage 2010 (Alternative 1) ergebende Betrag von 6.197 EUR.

Hinweis:

Weitere Einzelheiten zur steuerlichen Behandlung von Sonderausgaben und zur Günstigerprüfung sind dem BMF-Schreiben zu entnehmen (BMF, 19.08.2013 – IV C 3 – S 2221/12/10010:004, IV C 5 – S 2345/08/0001, 2013/0760735).

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