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Steuerstrafrecht – Grundsätze

Information

Ein wesentlicher Grundsatz im Steuerstrafrecht ist das sog. Legalitätsprinzip gem. § 152 Abs. 2 StPO. Hiernach ist die Finanzbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit verpflichtet, wegen aller verfolgbarer Straftaten einzuschreiten, sobald zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Dies gilt ohne Beachtung des Ansehens der Person. Das Legalitätsprinzip ist Ausfluss des Rechtsstaatsgedankens vom Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Verletzt ein Bediensteter der Strafverfolgungsbehörde diesen Grundsatz, so sind evtl. die Voraussetzungen für eine Strafvereitelung im Amt gem. §§ 258, 258a StGB zu prüfen. In der Praxis wird dieser Straftatbestand aber auf Grund des nachzuweisenden Vorsatzes bei dieser Verletzung kaum zum Tragen kommen.

Vom Legalitätsgrundsatz kann lediglich auf Grund des sog. Opportunitätsprinzips abgewichen werden. Die §§ 153 ff. StPO und § 393 AO enthalten bestimmte Einstellungsgründe, wonach von einer Strafverfolgung abgesehen werden kann.

Hinweis:

Im Bußgeldverfahren gilt ausschließlich das Opportunitätsprinzip. Die Finanzbehörden verfolgen somit die Ordnungswidrigkeiten nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 47 Abs. 1 OWiG).

Kommt es einmal vor das eine Straftat und eine Ordnungswidrigkeit zusammentreffen, so gilt der Subsidiaritätsgrundsatz, sodass allein das Strafgesetz zur Anwendung kommt.

Der Beschuldigte im Strafverfahren hat gem. Art. 20 Abs. 3 GG, Nr. 4 AStBV (St) 2014 das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren. Demnach sollen dem Beschuldigten alle Verfahrensrechte zu Gute kommen. Dies sind u.a.

  • das Recht auf Verteidigung,

  • das Recht des Beschuldigten, zur Sache zu schweigen,

  • die Gewährung von Rechtsbehelfen sowie

  • die Rechtsbehelfsbelehrung.

Ebenso soll der Ausgang des Verfahrens mit Recht und Gesetz in Einklang stehen. Das Ausüben von Druck oder sonstiger unerlaubter Mittel zur Gewinnung eines Geständnisses oder einer sonstigen Einlassung ist nicht gestattet. Das Schweigen des Beschuldigten zu dem ihm gemachten Vorwurf darf ihm nicht negativ angelastet werden.

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit soll die Verfahrensmaßnahme unter Berücksichtigung aller persönlichen und tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet, erforderlich und angemessen sein. Dabei ist eine Maßnahme dann geeignet, wenn der zu erwartende Erfolg durch sie zumindest gefördert wird. Sie ist erforderlich, wenn ein anderes, weniger belastendes Mittel nicht mit dem gleichen Erfolg eingesetzt werden kann. Überwiegen die Vorteile gegenüber den Folgen der Verfahrensmaßnahme, so ist sie auch angemessen.

Der nach dem gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan zuständige Richter darf seine Zuständigkeit für den Betroffenen nicht verlieren. Dies ist Ausfluss des Grundsatzes vom gesetzlichen und unabhängigen Richter (Art. 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 S. 1 GG; §§ 1, 16 GVG). Die Zuständigkeit darf somit nicht auf einen willkürlich ausgewählten Richter übertragen werden. Auf Grund der Unabhängigkeit soll die Freiheit des Richters in seinen Entscheidungen gewährleistet werden. Der Richter soll nur dem Gesetz gegenüber verantwortlich sein.

Vor einer Entscheidung im Straf- oder Bußgeldverfahren ist nach dem Grundsatz auf rechtliches Gehör dem Betroffenen die rechtliche Anhörung zu gewähren. Das bloße Gewähren der Möglichkeit einer Äußerung zum gemachten Vorwurf ist dabei jedoch bereits ausreichend. Es ist nicht erforderlich, dass der Betroffene diese Möglichkeit auch wahrnimmt.

Niemand darf wegen einer Tat zweimal bestraft werden. Dies stellt der Grundsatz der Einmaligkeit des Verfahrens (Art. 103 Abs. 3 GG), auch Strafklageverbrauch genannt, sicher. Der Umfang der abgeurteilten Tat ist folglich eine sachliche Begrenzung in Form eines Verfahrenshindernisses. Die Tat im prozessualen Sinne umfasst einen einheitlichen Lebenssachverhalt, in dem die Verhaltensweisen des Täters innerlich so verknüpft sind, dass eine Trennung die unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Vorgangs darstellen würde. Der Strafklageverbrauch betrifft, auf die Person bezogen, denjenigen, gegen den das Strafverfahren gerichtet ist.

Hinweis:

§ 84 Abs. 2 OWiG bestimmt für den Strafklageverbrauch im Bußgeldverfahren, dass eine Verfolgung der Tat als Straftat durch das rechtskräftige Urteil des Gerichts ausgeschlossen ist. Hat dagegen die Straf- und Bußgeldsachenstelle in Form eines Bußgeldbescheides entschieden, so ist eine Verfolgung nach h.M. nunmehr als Ordnungswidrigkeit ausgeschlossen. Bei einem rechtskräftigen Strafbefehl nennt § 373a StPO Wiederaufnahmegründe für eine weitere Verfolgbarkeit als Verbrechen. Diese Vorschrift spielt im Steuerstrafverfahren jedoch keine Rolle.

Hinweis:

Wird das Steuerstrafverfahren nach § 153a StPO eingestellt, so verhindert dies eine Verurteilung wegen eines Vergehens. Lediglich bei einer Einstellung nach§ 153 Abs. 1 StPO und § 398 AO rechtfertigen neue Tatsachen und Beweismittel eine spätere Anklageerhebung bzw. eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit.

Im Rahmen der Fürsorgepflicht aus Art. 6 Menschenrechtskommision – MRK ergibt sich das Beschleunigungsgebot, nach dem jedem das Recht zusteht, dass über seine Sache in angemessener Frist entschieden wird. Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot ist lediglich im Rechtsfolgenausspruch angemessen zu berücksichtigen. Es liegt kein Verfahrenshindernis vor. Ein rasches und zügiges Verfahren soll auch die Konzentrationsmaxime des § 299 StPO bewirken.

Nach dem Offizialprinzip steht allein dem Staat der materielle Strafanspruch zu. Seine Durchsetzung erfolgt grundsätzlich durch Staatsorgane. Ausnahmen stellen die sog. Antragsdelikte (z.B. § 247 StGB) bzw. die sog. Privatklagedelikte (siehe z.B. § 374 StPO) dar.

Die Klageerhebung durch die Staatsanwaltschaft als staatliche Anklagebehörde ist unabdingbare Voraussetzung für ein Gerichtsverfahren und folgt dem Akkusationsprinzip, dem sog. Anklagegrundsatz („Wo kein Kläger, da kein Richter“).

Ausfluss des in §§ 155 Abs. 2, 160 Abs. 2, 244 Abs. 2 StPO niedergelegten Ermittlungsgrundsatzes ist, dass von Amts wegen die Wahrheit zu erforschen ist. Sowohl Staatsanwalt als auch Richter sind zur Wahrheitsfindung verpflichtet, zu Gunsten wie auch zu Ungunsten des Angeklagten. Ein Parteienprozess findet nicht statt.

Das erkennende Gericht ist nach dem Unmittelbarkeitsgrundsatz aus § 250 StPO verpflichtet, unmittelbar alle der Urteilsfindung zu Grunde liegenden Beweise selbst festzustellen. Demnach müssen alle Beweise, die den im Urteil festgestellten Sachverhalt belegen, in der Hauptverhandlung auch festgestellt werden.

Allein der Schutz des Anklagten oder eines Zeugen rechtfertigen ein Abweichen vom Öffentlichkeitsgrundsatz nach § 169 GVG. Ansonsten ist der Öffentlichkeit Einblick in die Tätigkeit der Gerichte zu geben.

Als Entscheidungsgrundlage darf nur das in der Hauptverhandlung mündlich Vorgetragene herangezogen werden (Grundsatz der Mündlichkeit; §§ 261, 264 StPO).

Es ist im Zweifel zu Gunsten des Angeklagten zu entscheiden, der sog. Grundsatz „in dubio pro reo„. Demzufolge ist der für den Angeklagten günstigste Sachverhalt in den Fällen anzunehmen, in denen der Richter nach der vorliegenden Beweislage nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Betroffene des Strafverfahrens den ihm zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht hat.

Siehe auch
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