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Tatsächliche Verständigung

Information

1. Allgemeines

Bei aufwendigen Ermittlungen ist eine tatsächliche Verständigung zulässig. Auf Grund des Legalitätsprinzips (§ 85 AO) ist das Finanzamt generell verpflichtet, die Steuern auf Grund geltender Gesetze festzusetzen und zu erheben. Insbesondere muss es sicherstellen, dass die Steuern weder verkürzt (zu niedrig) noch zu Unrecht (zu hoch) festgesetzt und erhoben werden.

Nach den durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entwickelten Grundsätzen ist es aber auch zulässig, zwischen dem Unternehmer/Arbeitgeber und dem Finanzamt eine Einigung mit bindender Wirkung = tatsächliche Verständigung herbeizuführen.

Hinweis:

Tatsächliche Verständigungen dienen dem Ziel, Unsicherheiten und Ungenauigkeiten in einem konkreten Besteuerungssachverhalt zu beseitigen.

Die tatsächliche Verständigung kann in jedem Verfahrensstadium,

  • anlässlich einer Außenprüfung

  • während eines Veranlagungsverfahrens und

  • während eines anhängigen – gerichtlichen oder außergerichtlichen – Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelverfahrens

getroffen werden (BFH, 11.12.1984 – VIII R 131/76, BStBl II 1985, 354; BFH, 05.10.1990 – III R 19/88, BStBl II 1991, 45; BFH, 06.02.1991 – I R 13/86, BStBl II 1991, 673; BFH, 08.09.1994 – V R 70/91, BStBl II 1995, 32).

Der Bundesfinanzhof öffnet damit den Beteiligten (Finanzamt und Unternehmer bzw. Arbeitgeber) die Möglichkeit, Unklarheiten einvernehmlich – ohne langwierige Rechtsbehelfsverfahren – aus dem Weg zu räumen.

Praxistipp:

Von einer solchen Vereinbarung kann auch bei Steuerfahndungsprüfungen bzw. nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens Gebrauch gemacht werden (OFD Nürnberg, 17.07.2003 – S 0223 – 20 – St 24).

In Fällen, in denen der Sachverhalt nur unter erschwerten Umständen ermittelt werden kann, dient es unter bestimmten Voraussetzungen

  • der Effektivität der Besteuerung und

  • allgemein dem Rechtsfrieden,

wenn sich die Beteiligten einigen können. Die Einigung bezieht sich auf einen bestimmten Sachverhalt und eine bestimmte Sachbehandlung. Weitere Voraussetzung ist, dass für den Sachverhalt z.B. ein Beurteilungs-, Schätzungs- und Bewertungsspielraum besteht (Abschnitt 69 AEAO (Nr. 1) zu § 88 AO und Abschnitt 147 AEAO (Nr. 5) zu § 201 AO.

Hinweis:

Eine tatsächliche Verständigung ist ausgeschlossen

  • zur Klärung zweifelhafter Rechtsfragen,

  • bei Zweifeln über den Eintritt bestimmter Rechtsfolgen (BFH, 03.04.2008 – IV R 54/04),

  • bei Zweifeln über die Anwendung bestimter Rechtsvorschriften und

  • wenn sie zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt (BFH, 06.02.1991 – I R 13/86, BStBl II 1991, 673)

Eine zulässige und wirksame tatsächliche Verständigung ist für beide Seiten bindend. Sie entfaltet Bindungswirkung zwischen den Beteiligten entweder nach dem Grundsatz von Treu und Glauben oder als öffentlich-rechtlicher Vertrag.

Um was es sich letztendlich handelt, kann nach der BFH-Rechtsprechung offen bleiben (BFH, 09.08.1989 – I R 181/85, BStBl II 1989, 990; BFH, 31.07.1996 – XI R 78/95, BStBl II 1996, 625; BFH, 24.01.2002 – III R 49/00, BStBl II 2002 II, 408).

2. Voraussetzungen

Eine tatsächliche Verständigung ist ausschließlich im Bereich der Sachverhaltsermittlung zulässig.

Voraussetzung hierfür ist, dass der steuerliche Sachverhalt nur äußerst schwer ermittelt werden kann. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich einzelne Sachverhalte nur

  • mit überdurchschnittlichem Arbeitsaufwand und/oder

  • mit überdurchschnittlicher Zeitdauer

ermitteln lassen (OFD Nürnberg, 17.07.2003 – S 0223 – 20 – St 24).

Trotz des in § 85 AO festgelegten Legalitätsprinzips (Festsetzungspflicht) und nach ständiger Rechtsprechung wird die Aufklärungspflicht der Finanzbehörden von der Zumutbarkeit begrenzt (BFH, 07.12.1955 – V Z 183/54 S, BStBl III 1956, 75; BFH, 09.03.1967 – V 96/64, BStBl III 1967, 379).

Für die Ermittlungspflicht kann es eine Rolle spielen, wenn die Aufklärung einen nicht mehr vertretbaren Zeitaufwand erfordert (BFH, 23.02.1967 – IV 344/65, BStBl III 1967, 322).

Ebenfalls kann auf das Verhältnis zwischen dem voraussichtlichen Arbeitsaufwand und dem steuerlichen Erfolg abgestellt werden. Dabei dürfen die Finanzämter auch berücksichtigen, in welchem Maß sie durch ein zu erwartendes finanzgerichtliches Verfahren belastet werden (Abschnitt 69 AEAO (Nr. 2) zu § 88 AO; BVerfG, 20.06.1973 – 1 BvL 9/71 u. 10/71, BStBl II 1973, 720).

Hinweis:

Hiervon betroffen ist nicht nur der Aufwand für das Finanzamt, sondern auch der Ermittlungsaufwand, der dem Unternehmer/Arbeitgeber bzw. Steuerberater entsteht.

Die tatsächliche Verständigung kommt insbesondere in Fällen in Betracht, in denen ein

  • Schätzungsspielraum,

  • Bewertungsspielraum,

  • Beurteilungsspielraum oder

  • Beweiswürdigungsspielraum

besteht.

Die tatsächliche Verständigung unterscheidet sich von der verbindlichen Auskunft dadurch, dass sie sich ausschließlich auf abgeschlossene Sachverhalte bezieht (BFH, 13.02.2008 – I R 63/06).

Wirkt sich der in der tatsächlichen Verständigung festgelegte Sachverhalt auch für die Zukunft aus, tritt – gleich bleibende tatsächliche Verhältnisse vorausgesetzt – insoweit ebenfalls eine Bindungswirkung ein (BFH, 13.08.1997 – I R 12/97, BFH/NV 1998, 498).

3. Besonderheiten für Gerichte

Eine finanzgerichtliche Klage kann nur Erfolg haben, wenn der Steuerbescheid rechtswidrig ist. Den Finanzgerichten ist es daher nicht gestattet, etwa unter Abwägung des Arbeitsaufwands und des steuerlichen Erfolgs von einer weiteren Aufklärung abzusehen. (BFH, 20.06.1967 – II 73/63, BStBl III 1967, 794; BFH, 13.08.1969 – II 213/65, BStBl II 1970, 338; BFH, 29.10.1970 – IV R 141/67, BStBl II 1971, 92).

4. Beteiligte Personen

Die „Vereinbarung“ muß bestimmte Personen treffen. Die tatsächliche Verständigung dient der Herstellung des Rechtsfriedens bei gleichzeitiger Beschränkung des Arbeits- und Zeitaufwandes auf ein vertretbares Maß.

Für eine tatsächliche Verständigung sind bestimmte formelle Voraussetzungen erforderlich. So müssen auf der Seite des Finanzamts Personen anwesend sein, die entscheidungsbefugt sind. Dies ist in erster Linie der Vorsteher des Finanzamts. Eine Sachverhaltsvereinbarung kann aber auch

  • vom zuständigen Sachgebietsleiter des Veranlagungsbereichs,

  • im Rechtsbehelfsverfahren vom Leiter der Rechtsbehelfsstelle oder

  • vom für die Außenprüfung zuständigen Sachgebietsleiter, wenn diese Stelle die Prüfungsfeststellungen selbst auswertet (veranlagende Außenprüfung)

getroffen werden (BFH, 05.10.1990 – III R 19/88, BStBl II 1991, 45).

Eine wirksame Beteiligung an der tatsächlichen Verständigung liegt nicht vor, wenn der zuständige Sachgebietsleiter die ergehenden Steuerbescheide nur abzeichnet. In diesem Fall mangelt es an der Anwesenheit bei Abschluss der tatsächlichen Verständigung (BFH, 31.07.1996 – XI R 78/95, BStBl II 1996, 625; BFH, 05.10.1990 – III R 19/88, BStBl II 1991, 45; BFH, 25.11.1997 – IX R 47/94, BFH/NV 1998, 580).

Neben der entscheidungsbefugten Person (Vorsteher oder Sachgebietsleiter) sollte auf Seiten des Finanzamts auch zusätzlich der Außenprüfer bzw. der Sachbearbeiter anwesend sein – dieser hat ermittelt und kennt den gesamten Sachverhalt.

Vorsicht bei Vereinbarungen mit dem Außenprüfer:

Der Außenprüfer (Lohnsteuer-Außenprüfer, Umsatzsteuer-Sonderprüfer oder Betriebsprüfer) wird vom Finanzamt nur mit der Prüfung beauftragt. Er entscheidet nicht über den Steueranspruch, sondern ermittelt lediglich die Besteuerungsgrundlagen und berechnet die Steuern (§ 199 Abs. 1 AO; § 202 Abs. 2 AO).

Alle weiteren Maßnahmen (z. B. Steuerbescheide, Nachforderungs- und Haftungsbescheide) erledigt der Sachbearbeiter im Finanzamt. Eine Ausnahme besteht nur bei der veranlagenden Außenprüfung, die die Prüfungsfeststellungen selbst auswertet.

Hinweis:

Der Außenprüfer darf im Rahmen der Außenprüfung weder mit dem Unternehmer/Arbeitgeber noch mit dem Steuerberater eine Vereinbarung über die Höhe einer Steuernachforderung treffen. Weiterhin sind ihm untersagt Zusicherungen über

  • Ratenzahlungen und

  • eine strafrechtliche Würdigung (§ 201 Abs. 2 AO)

abzugeben.

Zusagen durch den Außenprüfer binden keinen Beteiligten: Eine Zusage durch den Außenprüfer ist für das Finanzamt nicht bindend. Die nachzufordernden Steuern- bzw. Steuerabzugsbeträge können in abweichender Höhe festgesetzt werden, als es mit dem Außenprüfer vereinbart wurde (BFH, 06.02.1991 – I R 13/86, BStBl II 1991, 673).

Praxistipp:

Gleiches Recht für Alle: Was für das Finanzamt gilt, gilt natürlich auch für den Unternehmer/Arbeitgeber bzw. Steuerberater. Haben diese Personen mit dem Prüfer über die steuerliche Behandlung eines bestimmten Sachverhalts eine Absprache getroffen, brauchen Sie sich an die getroffene Vereinbarung ebenfalls nicht mehr zu halten.

Auch auf Seiten des Unternehmers/Arbeitgebers sind nur bestimmte Personen berechtigt, Vereinbarungen mit dem Finanzamt zu treffen. Hierzu zählen:

bei der/dem

der

Aktiengesellschaft

Vorstand

GmbH

Geschäftsführer

Kommanditgesellschaft

Komplementär

Offenen Handelsgesellschaft

jeder Gesellschafter

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

jeder Gesellschafter

Einzelunternehmen

Inhaber

Der Unternehmer/Arbeitgeber kann sich mit einer schriftlichen Vollmacht vertreten lassen. In der Vollmacht sollte genau fixiert sein, welcher Vertretungsbereich abgedeckt ist. Bei einer uneingeschränkten Vollmacht gilt diese auch für die tatsächliche Verständigung (§ 80 Abs. 1 S. 2 AO).

Hinweis:

War an der tatsächlichen Verständigung seitens des Finanzamts ein unzuständiger Beamter beteiligt, ist die Vereinbarung unwirksam. Eine nachträgliche Genehmigung der Vereinbarung durch den entscheidungsbefugten Beamten ist nicht möglich (BFH, 28.07.1993 – XI R 68/92, BFH/NV 1994, 290).

Eine tatsächliche Verständigung bezieht sich in der Regel nur auf einen einzelnen Sachverhalt. Sind aber mehrere Sachverhalte unklar, können auch mehrere von einander unabhängige tatsächliche Verständigungen angestrebt werden.

Praxistipp:

Paketlösungen (Einzelregelungen, die voneinander abhängig gemacht werden) sind zulässig, wenn eine Klärung der offenen Sachverhaltsfragen nur auf diesem Weg erreicht wird (OFD Frankfurt, 12.04.2000 – S 0223 A – 5 – St II 42).

5. Einzelheiten

Die tatsächliche Verständigung

  • sollte immer schriftlich erfolgen:

    Für die tatsächliche Verständigung ist die Schriftform grundsätzlich nicht vorgeschrieben. Jedoch ist eine schriftliche Fixierung und die Unterzeichnung durch die Beteiligten sinnvoll – vor allem bei schwierig aufzuklärenden und zu beurteilenden Fallgestaltungen (BFH, 31.07.1996 – XI R 78/95, BStBl II 1996, 625).

    In die Vereinbarung sollte ein Passus aufgenommen werden, der die Beteiligten auf die Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung hinweist (OFD Frankfurt, 12.04.2000 – S 0223 A – 5 – St II 42).

    Hinweis:

    Andere Beweismittel über den Abschluss einer tatsächlichen Verständigung sind nicht ausgeschlossen – z.B. Zeugenvernehmung (BFH, 31.07.1996 – XI R 78/95, BStBl II 1996, 625).

  • kann auch unwirksam sein:

    Die tatsächliche Verständigung ist unwirksam, wenn Sie zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Das vereinbarte Gesamtergebnis muss dem Lebenssachverhalt möglichst nahe kommen. Es darf dabei ebenfalls kein fiktiver (angenommener) Sachverhalt der Besteuerung zu Grunde gelegt werden (BFH, 07.07.2004 – X R 24/03, BStBl II 2004, 975).

  • ist eine Vereinbarung mit dem Finanzamt:

    Mit der Unterschrift unter die tatsächliche Verständigung binden sind beide Parteien an die steuerliche Behandlung einer bestimmten Tatsache. Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben sind hierdurch spätere Rechtsstreitigkeiten ausgeschlossen.

    Praxistipp:

    In der tatsächlichen Verständigung brauchen nur die Bemessungsgrundlage und die Rechtsvorschriften der Besteuerung angegeben zu werden. Die Steuer selbst muss durch einen Steuerbescheid festgesetzt werden.

    Mit dem Abschluss einer wirksamen tatsächlichen Verständigung sind die Beteiligten an die vereinbarte Tatsachenbehandlung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gebunden.

  • ist für das Finanzamt mit der Unterschrift verbindlich:

    Eine im Rahmen einer Außenprüfung bzw. eines Veranlagungs- oder Rechtsbehelfsverfahrens getroffene zulässige und wirksame tatsächliche Verständigung bindet das Finanzamt bereits vor Erlass der Steuerbescheide (BFH, 31.07.1996 – XI R 78/95, BStBl II 1996, 625).

    Die in der tatsächlichen Verständigung zu Grunde liegende Vereinbarung wird in den Steuerbescheid übernommen. Diese Bindungswirkung bleibt auch dann bestehen, wenn der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) oder vorläufig (§ 165 AO) ergeht.

    Eine Änderung des Steuerbescheides in sonstigen Punkten hat keinen Einfluss auf die tatsächliche Verständigung – diese bleibt hiervon unberührt.

  • ist für das Finanzamt bei falschen Angaben unbeachtlich:

    Die tatsächliche Verständigung ist für das Finanzamt nicht bindend, wenn vom Unternehmer/Arbeitgeber bzw. Steuerberater oder einem sonstigen Bevollmächtigten bewusst der Sachverhalt verfälscht oder verschleiert wurde und für die Besteuerung wesentliche Tatsachen verschwiegen wurden (OFD Frankfurt, 12.04.2000 – S 0223 A – 5 – St II 42).

6. Muster

Muster einer tatsächlichen
Verständigung

Protokoll über eine tatsächliche
Verständigung zur Vereinfachung und Beschleunigung des
Besteuerungsverfahrens

Teilnehmer

das Finanzamt Münster vertreten durch den/die
Sachgebietsleiter(in) Herrn/Frau ………

der Arbeitgeber Herr Max Steuer, Gartenstiege 722,
48161 Münster, vertreten durch Herrn Karl Alleskönner
-Steuerberater-Schloss-Str. 95, 59394 Nordkirchen

Mit Abschluss der Vereinbarung sind die
Beteiligten an die vereinbarte Tatsachenbehandlung gebunden. Diese ist damit
späteren Rechtsstreitigkeiten entzogen.

Nach Erörterung der Sachlage erklären
die Beteiligten übereinstimmend und verbindlich, dass wegen erschwerter
Sachverhaltsermittlung die Voraussetzungen für eine tatsächliche
Verständigung vorliegen. Sachverhalt:
Für das Kalenderjahr 2004 wurden steuerfreie Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von insgesamt 162.325 EUR an die Arbeitnehmer gezahlt. Für einen Teilbetrag von 56.813 € liegen die Voraussetzungen der steuerfreien Auszahlung (§ 3 Nr. 16 EStG) nicht vor.

Begründung:
Im Rahmen der Außenprüfung wurden Belege über Verpflegungsmehraufwendungen ausgewertet. Hiervon erfüllen 50% nicht die Voraussetzung für eine steuerfreie Erstattung. Durch einen Brand wurden teilweise Belege vernichtet. Beide Parteien vereinbarten, dass für 40% der gebuchten Aufwendungen die Steuerfreiheit entfällt.

Die Lohnsteuer wird mit einem Pauschalsteuersatz von 25% zzgl. Annexsteuern erhoben (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG).

Die tatsächliche Verständigung ist für alle Beteiligten bindend.

Der/die Vertreter(in) des/der Steuerpflichtigen hat heute eine Ausfertigung dieser Niederschrift erhalten.

Datum:

Datum:

Unterschrift Finanzamt(Sachgebietsleiter/in)

Unterschrift Arbeitgeber(oder Vertreter)

7. Aufhebung

Die einseitige Aufhebung der vereinbarten tatsächlichen Verständigung ist grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme besteht nur, wenn beide Parteien – das Finanzamt und der Unternehmer/Arbeitgeber – im beidseitigen Einvernehmen die getroffene Vereinbarung aufheben.

Hinweis:

Durch die Aufhebung der tatsächlichen Verständigung wird nicht gleichzeitig auch der Steuer-, Haftungs- und/oder Nachforderungsbescheid aufgehoben.

Diese Bescheide können nur innerhalb der Rechtsbehelfsfrist mittels Einspruch angefochten werden. Zu einem späteren Zeitpunkt kann der entsprechende Bescheid lediglich geändert werden, wenn die Abgabenordnung eine Berichtigungsvorschrift vorsieht.

8. Unwirksamkeit

Eine tatsächliche Verständigung ist nicht zulässig und damit unwirksam, wenn sie unter dem Druck eines anhängigen Steuerstrafverfahrens getroffen wurde.

Schon die Möglichkeit, dass die Vereinbarung unter einer solchen Beeinflussung zu Stande gekommen ist, reicht aus, um sie aufzuheben. Eine unzulässige Beeinflussung liegt z.B. vor, wenn für den Fall des Nichtabschlusses einer Vereinbarung mit Konsequenzen in dem noch anhängigen Steuerstrafverfahren gedroht wird.

In diesen Fällen ist zunächst einmal das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren abzuschließen und erst danach kann eine tatsächliche Verständigung für das Besteuerungsverfahren erfolgen.

Andererseits kann eine tatsächliche Verständigung mit dem Finanzamt nicht angefochten werden, weil die Erklärung nur aus Sorge vor weiteren lästigen Ermittlungen und unter dem Druck eines laufenden Steuerstrafverfahrens abgegeben wurde (OFD Nürnberg, 17.07.2003 – S 0223 – 20 – St 24).

Die Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung kommt ferner in Betracht bei

  • Mängeln in der Vertretung auf Seiten des Finanzamts und des Unternehmers/Arbeitgebers (§§ 164 ff BGB)

  • einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis, d.h. die Vereinbarung verstößt gegen die Regeln der Logik oder gegen allgemeine Erfahrungswerte (BFH, 06.02.1991 – I R 13/86, BStBl II 1991, 673).

Als weitere Gründe für die Unwirksamkeit einer tatsächlichen Verständigung kommen in Betracht:

  • Scheingeschäft, § 117 BGB,

  • Anfechtung, §§ 119, 120, 123 BGB,

  • offener Einigungsmangel, § 154 BGB,

  • Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, (OFD München, 17.07.2003 – S 0223 – 6 St 312).

9. Auswirkung auf die Steuerbescheide bei einer unwirksamen tatsächlichen Verständigung

Der Unternehmer/Arbeitgeber hält die tatsächliche Verständigung für unwirksam

Steuerbescheide liegen noch nicht vor

Steuerbescheide liegen vor

/

/

Das Finanzamt teilt mit, dass die getroffene
Vereinbarung als aufgehoben gilt.

Das Finanzamt ist anderer Meinung und hält die
tatsächliche Verständigung für wirksam

Der Steuerbescheid ist noch nicht
bestandskräftig

Der Steuerbescheid ist bestandskräftig

/

/

Das Finanzamt muss die Besteuerungsgrundlagen neu
ermitteln – oder es kommt zu einer neuen tatsächlichen
Verständigung.

Gegen die hieraus resultierenden Steuerbescheide
ist der Rechtsbehelf des Einspruchs möglich. Der Unternehmer/Arbeitgeber
kann in einem anschließenden Rechtsbehelfsverfahren seine
Rechtsauffassung weiterverfolgen.

Die Unwirksamkeit ist weder eine nachträglich
bekannt gewordene Tatsache (§ 173 AO) noch
ein rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 1 Nr. 2
AO). Sie hat keine Auswirkung auf die
Steuerfestsetzung.

Ist die tatsächliche Verständigung unwirksam, ist das Finanzamt gezwungen die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln. Die hierbei erstmalig bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel können z.B. zu einer Änderung der Steuerbescheide nach § 173 AO führen.

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