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Vereinnahmung und Verausgabung

Normen

§ 11 EStG

Information

1. Allgemeines

Der § 11 EStG regelt den für die Besteuerung sehr relevanten Zeitpunkt des Zu-/Abflusses von Einnahmen und Ausgaben. Da der Veranlagungszeitraum das Kalenderjahr umfasst (Abschnittsbesteuerung), ist eine grundsätzliche Regelung zur Zeitpunktbestimmung notwendig.

Die Regelungen des § 11 EStG sind auf der Einnahmenseite anzuwenden für Betriebseinnahmen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung) und für die Einnahmen der Überschusseinkünfte (§ 8 EStG).

Auf der Ausgabenseite findet diese Vorschrift Anwendung bei den Betriebsausgaben bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, den Werbungskosten der Überschusseinkünfte (§ 9 EStG), dem Sonderausgabenbereich (§ 10 EStG) sowie bei den außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 EStG). Die Vorschriften über die Gewinnermittlung beim Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) bleiben unberührt.

2. Zufluss

Nach § 11 EStG ist für den Zeitpunkt des Ansatzes von Einnahmen das Kalenderjahr des Zuflusses maßgebend. Einnahmen gelten als zugeflossen, wenn man darüber wirtschaftlich verfügen kann. Verfügungsmacht erlangt man i.d.R. im Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolges oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen (BFH, 13.10.1989 – III R 30/85 bzw. BFH, 13.10.1989 – III R 31/85, BStBl 90 II S. 287).

3. Abfluss

Für den Abfluss von Ausgaben gelten die unter Zufluss aufgeführten Grundsätze analog. Demnach liegt ein Abfluss vor, sobald man die wirtschaftliche Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut verloren hat.

4. Regelmäßig wiederkehrende Leistungen

Der § 11 EStG sieht für regelmäßig wiederkehrende Leistungen eine Ausnahmeregelung vor, wenn man diese kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, vereinnahmt oder verausgabt. Eine kurze Zeit ist bei einem Zeitraum bis zu 10 Tagen anzunehmen. Die Wiederkehr muss durch ein bestehendes Rechtsverhältnis begründet sein und in gleichen Zeitabständen, nicht unbedingt in gleicher Höhe erfolgen. Die Fälligkeit muss in den letzten 10 Tagen des Jahres liegen, die Zahlung darf höchsten 10 Tage nach Ende des Jahres erfolgen. Liegen also Fälligkeit und Zu-/Abfluss in der Zeit zwischen dem 21. Dezember und dem 10. Januar, erfolgt die Zuordnung dieser Einnahmen oder Ausgaben in dem Kalenderjahr, zu dem sie wirtschaftlich gehören.

Beispiel:

Ein Rechtsanwalt, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, zahlt am 09.01.2016 für den Monat Dezember 2015 eine Miete in Höhe von 1000 EUR. Die Miete für die Kanzleiräume ist laut Mietvertrag nachträglich am 31.12. eines Monats fällig.

Lösung:

Für den Rechtsanwalt stellt die Miete eine Ausgabe im Jahr 2015 dar. Die Ausgabe des Geldes im Jahr 2016 bleibt für 2016 ohne steuerliche Berücksichtigung. Für den Vermieter handelt es sich trotz der Erlangung der Verfügungsmacht im Jahr 2016 bereits im Jahr 2015 um eine Einnahme.

Hinweis:

Typischerweise findet die Ausnahmeregelung bei Beiträgen, Mieten, Pachten, Versicherungen und Zinsen Anwendung.

Praxistipp:

Das Zufluss-Abflussprinzip kann ausgenutzt werden, um Einnahmen/Ausgaben von einem Kalenderjahr ins andere zu verlagern. So lassen sich z.B. bei Freiberuflern durch eine verzögerte Rechnungserteilung die Einnahmen in ein späteres Jahr verschieben, z.B. um einen dann günstigeren Steuertarif zu nutzen. Auch bei den Versicherungsbeiträgen können Prämien aus einem Jahr, in dem sie sich steuerlich nicht mehr auswirken, in ein anderes Jahr verlagert werden, indem sie vorzeitig überwiesen oder verspätet gezahlt werden.

Hinweis:

Bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen/Einnahmen muss der Abfluss/Zufluss außerhalb des Zeitraums 21.12. – 10.01. erfolgen, da die Zahlungsverlagerung wegen der Ausnahmeregelung sonst ins Leere geht.

Für die Anwendung der 10-Tage-Sonderregelung müssen die Zahlungen innerhalb dieses Zeitraums fällig und geleistet worden sein. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen BFH, 11.11.2014 – VII R 34/12, BStBl. II 2015, 285.

5. Einzelheiten/Besonderheiten

  • Arbeitslohn
    siehe § 38a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStGArbeitslohn

  • Aufrechnung
    Die Aufrechnung mit einer fälligen Gegenforderung stellt eine Leistung nach § 11 Abs. 2 EStG dar. Der Zu-/Abfluss erfolgt mit Zugang der Aufrechnungserklärung beim Schuldner.

  • Barzahlung
    Der Zeitpunkt des Zu-/Abfluss liegt bei Übergabe des Geldes.

  • Belegschaftsaktien
    Dem Arbeitnehmer fließt beim Erwerb ein steuerpflichtiger Vorteil zu.

  • Bevollmächtigtenzahlung
    Die Leistung an und durch Bevollmächtigte ist ausreichend. Sie bestimmt den Zeitpunkt des Zu- und Abflusses.

  • Damnum
    Im Zeitpunkt der Hingabe des um das Damnum gekürzten Darlehns ist der Zufluss vollendet.

  • Depotzahlungen
    Solange es sich um eine Art Vorauszahlung handelt (z.B. Beitragsvorauszahlung an Lebensversicherung, Bausparbeiträge), liegt kein Abfluss vor. Anders ist es bei Hinterlegung zur Erfüllung.

  • Forderungsübergang
    Der Zufluss ist erst beim Eingang des Betrages bei dem neuen Gläubiger gegeben.

  • Gesamtgläubiger
    Gibt es mehrere Personen als Gesamtgläubiger, fließen diesen die Einnahmen auch dann zu, wenn der Schuldner auf Grund einer zuvor getroffenen Vereinbarung die Leistung nur an einen der Gläubiger zahlt.

  • Instandhaltungsrücklage
    Bei Einbezahlung in eine Instandhaltungsrücklage liegt noch kein Abfluss des Geldes vor. Erst die tatsächliche Inanspruchnahme begründet einen Abfluss.

  • Nutzungsrechte
    Arbeitslohn
    Sachbezüge

  • Option
    Die Einräumung eines Optionsrechts führt i.d.R. nicht zu einem Zufluss, maßgebend ist der Zeitpunkt der Rechtsausübung.

  • Postanweisung
    Hier ist die Auszahlung bzw. Einzahlung bei der Post maßgeblich für die Zeitpunktsbestimmung.

  • Schecks, Scheckkarte, Kreditkarte
    Es liegt bereits mit Entgegennahme / Erlangung der Verfügungsmacht ein Zufluss vor. Die Einlösung bei der Bank ist dabei unerheblich. Der Abfluss ist dementsprechend analog bei Hingabe erfolgt. Barscheck und Verrechnungsscheck werden hierbei gleich behandelt.

  • Treuhandkonto
    Zahlungseingänge fließen i.d.R. dem Treugeber zu.

  • Überweisung
    Der Abfluss liegt im Zeitpunkt des Eingangs des Überweisungsträgers bei der Überweisungsbank vor. Der Zufluss erfolgt bei Gutschrift auf dem Konto, die Fälligkeit und Wertstellung sind hierbei unmaßgeblich.

  • Umbuchung
    Der Abflusszeitpunkt liegt im Zeitpunkt der Umbuchung.

  • Umsatzsteuer
    Im Zeitpunkt der Verausgabung handelt es sich um eine Ausgabe, im Zeitpunkt der Vereinnahmung handelt es sich um eine Einnahme. Es liegt hier kein durchlaufender Posten vor.

  • Verrechnung
    siehe Aufrechnung

  • Verzicht
    Beim Verzicht auf Leistung fehlt es i.d.R. an einem Zu- und Abfluss.

  • Vorsteuer
    siehe Umsatzsteuer

  • Wechsel
    Der Zu-/Abfluss erfolgt mit Einlösung oder Diskontierung des zahlungshalber hingegebenen Wechsels (BFH, 05.05.1971 – I R 166/69, BStBl II 1971, 624).

  • Zahlschein
    Für den Zuflusszeitpunkt ist die Gutschrift auf dem Konto entscheidend. Die Fälligkeit und die Wertstellung sind hier unmaßgeblich. Der Abfluss erfolgt durch die Einzahlung beim Kreditinstitut.

  • Zahlkarte
    Der Zufluss ist durch die Gutschrift auf dem Postgirokonto gegeben. Der Abfluss wird durch die Einzahlung bei der Post vollendet.

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