Controlling-Lexikon

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Corporate Governance

1. Corporate Governance-Grundsätze

Corporate Governance-Grundsätze dienen der Umsetzung einer verantwortlichen, auf Wertschöpfung ausgerichteten Leitung und Kontrolle von Unternehmen. Sie sollen das Vertrauen von gegenwärtigen und künftigen Aktionären, Fremdkapitalgebern, Mitarbeitern, Geschäftspartnern und der Öffentlichkeit zum Unternehmen vertiefen.

Aufsichtsrat, Vorstand und leitende Mitarbeiter sind durch entsprechende Verpflichtungserklärungen an Corporate Governance-Grundsätze gebunden und sollen sich mit ihnen identifizieren.

Corporate Governance-Grundsätze beziehen sich auf alle börsennotierten Gesellschaften, also auf Gesellschaften, deren Aktien an einer deutschen Börse zum Handel zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind (Aktienmarkt). Die Anerkennung und Umsetzung dieser Grundsätze und ihre Anpassung an unternehmensspezifische Gegebenheiten sind im Geschäftsbericht aufzuführen.

Auf Grund unterschiedlicher Rechtssysteme gibt es zurzeit kein international gültiges Modell für Corporate Governance. Bereits im Mai 1999 hat aber die OECD Leitlinien für Corporate Governance vorgestellt, die international akzeptiert werden. Diese Leitlinien sind allerdings sehr allgemein gehalten, da die unterschiedlichen rechtlichen und kulturellen Ausgangssituationen verschiedener Länder berücksichtigt werden müssen. Eine praxisgerechte, länderspezifische Umsetzung dieser internationalen Grundsätze ist daher gefordert. Diese Aufgabe hat in Deutschland die Grundsatzkommission Corporate Governance übernommen. Sie hat vor kurzem den Deutschen Corporate Governance Kodex erarbeitet, der der Verwirklichung einer verantwortlichen, auf Wertschöpfung ausgerichteten Leitung und Kontrolle von Unternehmen und Konzernen dienen sollen.

Lediglich die Rahmenbedingungen von Corporate Governance-Grundsätzen werden im Gesetz fixiert. In Deutschland gehören zu den einschlägigen Gesetzesquellen insbesondere die Vorschriften des Gesellschafts- und Konzernrechts, speziell des Aktienrechts und des Bilanzrechts sowie des Bankenaufsichts- und Kapitalmarktrechtes. Zusammen mit der Satzung der Gesellschaft ergeben sich hieraus zum Teil detaillierte Bestimmungen über die Zuständigkeiten und Aufgaben der Gesellschaftsorgane.

2. Schutz der Aktionäre

Nach Einführung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG, Risk Management) bestehen auf Grund des deutschen Aktiengesetzes bereits weit reichende Regelungen zum Schutz der Aktionäre. Zu den Corporate Governance-Grundsätzen zählen in diesem Zusammenhang insbesondere die folgenden Punkte:

  • Volles Stimmrecht für jede Stammaktie (§ 12 AktG)

  • Keine Eintragungs- und Registrierungsproblematik (§ 67 AktG)

  • Jederzeitige Übertragungsmöglichkeit (§ 68 AktG)

  • Volles Stimmrecht bei der Hauptversammlung (§ 134 AktG)

  • Wahl der Aufsichtsratsmitglieder (§ 101 AktG)

  • Beteiligung am Unternehmensgewinn (§ 58 AktG)

Für deutsche Unternehmen ist die Gleichbehandlung von Aktionären bereits als tragender Grundsatz gesetzlich fixiert. Darüber hinaus fordern die Corporate Governance-Grundsätze Vorkehrungen gegen Insiderhandel, In-sich-Geschäfte und die Offenlegung von persönlichen Interessen an Transaktionen oder Angelegenheiten.

Für deutsche Unternehmen ist ebenfalls durch entsprechende Auskunfts- und Offenlegungspflichten der Grundsatz der „Offenlegung und Transparenz“ festgeschrieben. Neben den hiermit verbundenen Verpflichtungen berichtet der Vorstand darüber hinaus regelmäßig – und unter Beachtung der gebotenen Gleichbehandlung aller Aktionäre – über alle Angelegenheiten des Unternehmens in Geschäfts- und Zwischenberichten, Ad-hoc-Meldungen, Analysekonferenzen und Presseveranstaltungen. Ferner wird das Unternehmen eine für internationale Vergleichszwecke geeignete Rechnungslegung anwenden (IFRS bzw. US-GAAP).

3. Der Vorstand

Vorstand und Aufsichtsrat erfüllen im Rahmen der Corporate Governance-Grundsätze unterschiedliche Funktionen.

Der Vorstand ist unter Beachtung von § 77 AktG an das Unternehmensinteresse, die geschäftspolitischen Grundsätze und Unternehmensleitlinien und die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung gebunden. Er hat die strategische Ausrichtung des Unternehmens in Beratung mit dem Aufsichtsrat zu entwickeln und für deren Umsetzung zu sorgen. Ferner ist er für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich.

Neue Tatsachen, die im Tätigkeitsbereich der Gesellschaft eingetreten und nicht öffentlich bekannt sind, muss der Vorstand unverzüglich veröffentlichen, wenn sie wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf geeignet sind, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere der Gesellschaft erheblich zu beeinflussen (Aktienmarkt).

Die Termine der wesentlichen wiederkehrenden Veröffentlichungen (unter anderem Geschäftsberichte, Quartalsberichte, Hauptversammlungen) sind in einem „‚Finanzkalender“ mit ausreichendem Zeitvorlauf (1 Jahr) anzukündigen und in übersichtlicher Form auch über das Internet zugänglich zu machen (Internet). Diese Informationspflicht umfasst unter anderem auch die Einladung zur Hauptversammlung, deren Tagesordnung, etwaige Anträge und Wahlvorschläge von Aktionären sowie die Abstimmungsergebnisse nach der Hauptversammlung. Zu veröffentlichen ist auch in englischer Sprache.

Der Aufsichtsrat wird durch den Vorstand regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle relevanten Fragen der Geschäftsentwicklung, der Risikolage und des Risikomanagements informiert (Risk Management). Sollte sich die Geschäftsentwicklung oder die Risikolage des Unternehmens gegenüber der vorgelegten Planung wesentlich verändern, hat der Vorstand den Aufsichtsrat über den Vorsitzenden unverzüglich zu informieren. Solche Entwicklungen machen gegebenenfalls eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung erforderlich.

Im Anhang des Jahresabschlusses (Jahresabschluss) hat der Vorstand alle Beteiligungen anzugeben, die 5 Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte überschreiten. Ausnahmen gelten nur für Beteiligungen, die für die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von untergeordneter Bedeutung sind oder wenn die Angaben geeignet sind, der Gesellschaft oder dem anderen Unternehmen erheblichen Nachteil zuzufügen.

Sobald der Gesellschaft bekannt wird, dass jemand durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 5, 10, 25, 50 oder 75 Prozent der Stimmrechte bzw. des Kapitals an der Gesellschaft erreicht, über- oder unterschreitet, wird dies ebenfalls vom Vorstand unverzüglich veröffentlicht.

Bei der Gewährung von Aktienoptionen und vergleichbaren Rechten an Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter des Unternehmens sind folgende Punkte zu beachten:

  • Die Ausübung der Rechte aus dem Aktienoptionsprogramm darf erstmalig nach 3 (frühestens nach 2) Jahren möglich sein. Zur Dokumentation des Anreizcharakters ist auf relevante und nachvollziehbare Vergleichsparameter (zum Beispiel die Entwicklung eines Branchenindex) abzustellen, die mindestens erreicht oder übertroffen werden sollen.

  • Im Anhang des Jahresabschlusses ist über die Struktur, den Gesamtumfang, die Ausübungspreise und -fristen sowie über im Berichtszeitraum erfolgte Zuteilungen von Aktienoptionen getrennt nach Vorstand und Mitarbeitern zu informieren. Es ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Vorgaben des Insiderrechts beachtet werden.

  • Die Gesamtvergütung des Vorstands des Unternehmens sollte nach fixen und variablen Bestandteilen im Geschäftsbericht angegeben werden.

Bei der Wahrnehmung der Unternehmensleitung dürfen Vorstandsmitglieder keine dem Unternehmensinteresse widersprechenden eigenen Interessen verfolgen. Möglicherweise bestehende Interessenkonflikte sind dem Aufsichtsrat unverzüglich mitzuteilen. Alle Geschäfte zwischen der Gesellschaft und Vorstandsmitgliedern bzw. ihnen nahe stehenden Personen müssen den branchenüblichen Standards entsprechen. Die fixierten Konditionen sind im Voraus durch den Aufsichtsrat zu genehmigen, sofern es sich nicht um Geschäfte des täglichen Lebens handelt. Die Gewährung von Krediten (Kreditwürdigkeit) an Vorstandsmitglieder bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats unter vorheriger Information des Vorstands. Bei Abschluss der genannten Geschäfte wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat vertreten.

Vorstandsmitgliedern und leitenden Mitarbeitern ist es auch außerhalb ihrer dienstlichen Tätigkeit untersagt, für sich oder nahe stehende Personen Geschäfte vorzunehmen, die gegen die Interessen der Gesellschaft verstoßen.

Während ihrer Tätigkeit für das Unternehmen unterliegen Vorstandsmitglieder und leitende Mitarbeiter einem umfassenden Wettbewerbsverbot. Nebentätigkeiten von Vorstandsmitgliedern (insbesondere die Übernahme von Aufsichtsratsmandaten) bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats. Nebentätigkeiten von leitenden Mitarbeitern bedürfen der Zustimmung des Vorstandes.

4. Der Aufsichtsrat

Bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates ist darauf zu achten, dass sie die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen mitbringen. Ferner müssen die Mitglieder eine ausreichende zeitliche Verfügbarkeit gewährleisten, um ihre Tätigkeit sorgfältig und gewissenhaft ausüben zu können. Bei der Festlegung der Größe und der Zusammensetzung des Aufsichtsrats ist die Effizienz der Arbeit des Aufsichtsrats zu beachten.

Die Vergütung des Aufsichtsrats soll der Verantwortung, dem Tätigkeitsumfang und der Unternehmenswertsteigerung angemessen Rechnung tragen. Die Gesamtvergütung ist im Anhang des Jahresabschlusses anzugeben.

Die wichtigste Aufgabe des Aufsichtsrates besteht darin, eine unabhängige Beratung bzw. Überwachung des Vorstandes zu gewährleisten. Der Aufsichtsrat bestellt die Mitglieder des Vorstandes und sorgt gemeinsam mit dem Vorstand für eine langfristige Nachfolgeplanung. Die Wahl ausscheidender Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat sollte nicht den Regelfall bilden.

Der Aufsichtsrat kann bestimmte Geschäfte von seiner Zustimmung abhängig machen. Insbesondere handelt es sich hierbei um Investitionsvorhaben, Kredite, Unternehmensgründungen und Erwerb bzw. Veräußerung von Beteiligungen ab einer bestimmten Größenordnung.

Der Aufsichtsrat erteilt dem Abschlussprüfer (Jahresabschluss) den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluss. Zur Sicherung der Prüferunabhängigkeit hat er darauf zu achten, dass der beauftragte Abschlussprüfer in den letzten 5 Jahren jeweils nicht mehr als 30 Prozent seiner Gesamtumsätze mit der Prüfung und Beratung des Unternehmens oder mit Gesellschaften, an denen dieses mit mehr als 20 Prozent beteiligt ist, erwirtschaftet hat und dies auch für das laufende Geschäftsjahr nicht zu erwarten ist. Ferner darf bei der Abschlussprüfung kein Wirtschaftsprüfer beschäftigt sein, der in den vorhergehenden zehn Jahren den Bestätigungsvermerk über die Prüfung der Jahres- oder Konzernabschlüsse des Unternehmens in mehr als sechs Fällen gezeichnet hat (KonTraG).

Den Prüfungsauftrag kann der Aufsichtsrat um eigene Prüfungsschwerpunkte ergänzen.

Alle Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten rechtzeitig die Prüfungsberichte vor den jeweiligen Aufsichtsratssitzungen. Die entsprechenden Sitzungen werden in Anwesenheit des Wirtschaftsprüfers abgehalten.

5. Ausschüsse

Zur Lösung komplexer Problemstellungen kann der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Geschäftsordnung verschiedene Ausschüsse bilden, bei deren Besetzung auf die notwendige fachliche Eignung der jeweiligen Ausschussmitglieder zu achten ist. Insbesondere kommt die Bildung folgender Ausschüsse in Betracht:

  • Präsidial- und Strategieausschuss: Der Präsidialausschuss steht dem Vorstand beratend zur Seite. Er bereitet die dem Aufsichtsrat obliegenden Entscheidungen vor und befasst sich mit grundsätzlichen Fragen des Unternehmens.

  • Bilanz- und Prüfungsausschuss: Zum Aufgabenbereich des Bilanz- und Prüfungsausschusses gehört insbesondere die Rechnungslegung und Prüfung der Gesellschaft und des Konzerns einschließlich des Risikomanagements (KonTraG). Hierzu wertet der Bilanz- und Prüfungsausschuss die Prüfungsberichte des Abschlussprüfers aus und berichtet dem Aufsichtsrat darüber. Ferner prüft er die Prämissen der vom Vorstand vorgelegten Planungsrechnungen für das Unternehmen und seine Geschäftsfelder. Zu den regelmäßigen Aufgaben gehören vor allem:

    • Unterstützung bei der Vorbereitung zur Auswahl des Abschlussprüfers

    • Festlegung von ergänzenden Prüfungsschwerpunkten

    • Vereinbarung des Prüfungshonorars

    • Würdigung der Feststellungen und Empfehlungen des Abschlussprüfers in einem so genannten Management Letter

    • Vorbereitung der Prüfung des Jahres- und Konzernabschlusses durch den Aufsichtsrat einschließlich der jeweiligen Lageberichte

    • Vorbereitende Diskussion des Berichts des Vorstands zur Vergabe von Spenden oberhalb eines vom Aufsichtsrat festzulegenden Betrages

  • Personalausschuss: Zum Tätigkeitsbereich des Personalausschusses gehören alle Personalangelegenheiten der Vorstandsmitglieder inklusive der Nachfolgeplanung. Dementsprechend gibt der Personalausschuss Empfehlungen für den Inhalt von Anstellungsverträgen mit Vorstandsmitgliedern und deren Vergütungen. Ferner ist er für die Zustimmung zur Übernahme von Nebenbeschäftigungen gegen Entgelt durch Vorstandsmitglieder zuständig.

  • Auswahl- und Ernennungsausschuss: Der Auswahl- und Ernennungsausschuss befasst sich insbesondere mit der Zusammensetzung, Größe und Ausgewogenheit des Aufsichtsrates. Ferner ist er für die Erarbeitung der Wahlvorschläge für die Hauptversammlung zuständig.

Siehe auch

Corporate Governance Kodex (Hintergrund)Deutscher Corporate Governance KodexComply-or-explain-Ansatz

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