Einführung des Controlling

1. Überblick

Beim Controlling handelt es sich um ein komplexes Führungssystem. Seine Einführung setzt daher eine gründliche Planung und Vorbereitung voraus.

Grundsätzlich ist bei der Einführung von Controllingsystemen zu berücksichtigen, dass es sich bei Unternehmen um soziale Systeme handelt, in denen Planungs- und Kontrollaktivitäten zu einer zielorientierten Steuerung führen und sich auch auf das Verhalten von Mitarbeitern auswirken. Auch bei Controllingsystemen sind daher – neben den rein sachlichen Erfolgsdimensionen – auch verhaltensbezogene Aspekte zu beachten.

Um das Controlling erfolgreich einzuführen, werden fünf Bausteine benötigt, die im Folgenden näher beschrieben werden.

1.1 Controllingkonzept verstehen und akzeptieren

1.1.1 Einführungsvoraussetzungen

Controlling stellt gewisse Mindestanforderungen an die Führungsphilosophie. Controllingorientierte Führung entsteht nur, wenn das Linienmanagement die Herausforderung annimmt, sich selbst über Ziele zu steuern, und sich diesen Zielen verpflichtet. Die Einführung eines Controllingsystems kann erst dann als erfolgreich bezeichnet werden, wenn sich das Linienmanagement aktiv in den Controllingprozess einbringt und sich des Controlling als Servicefunktion bedient.

Sollte die Initiative zur Controlling-Einführung nicht unmittelbar von der Geschäftsleitung ausgehen, muss gegebenenfalls der kaufmännische Leiter die Geschäftsleitung von der Notwendigkeit des Konzeptes überzeugen. Ohne die Bereitschaft der Geschäftsleitung, Controlling im Unternehmen einzuführen, ist dessen erfolgreiche Umsetzung im Allgemeinen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Unternehmensleitung muss akzeptieren, dass mit dem Controlling auch Veränderungen bei der praktischen Unternehmensführung verbunden sein können, da Kompetenzen, Verantwortung und Entscheidungsvollmachten neu, und zwar im Sinne von mehr Befugnissen für das gesamte Management, geordnet werden müssen. Insbesondere bisher autoritär geführte Unternehmen können hierdurch auf nicht unerhebliche Anpassungsschwierigkeiten stoßen.

In der betrieblichen Praxis hat es sich bewährt, zusammen mit der Geschäftsleitung einen Katalog zu erstellen, der Anworten auf die folgende Fragen gibt:

  • Was soll mit dem Controllingkonzept erreicht werden?

  • Mit welchen Konsequenzen ist bei der Controlling-Einführung zu rechnen?

Für die Einführung von Controlling sind dabei im Allgemeinen mehrere Gründe ausschlaggebend. Beispielsweise werden häufig genannt:

  • Wirtschaftliche Schwierigkeiten

  • Geringe Wachstumsraten

  • Umsatzrückgänge

  • Gewinnrückgänge

  • Starke Kostensteigerungen

  • Strukturprobleme

  • Abstimmungs- und Koordinationsprobleme

  • Geringe Flexibilität des Unternehmens

  • Strategische Fragestellungen

  • Veränderungen bei den Eigentumsverhältnissen

  • Konzernerfordernisse

  • Stärkere Kontrolle über Tochtergesellschaften, Geschäfts- oder Funktionsbereiche

  • Personelle Veränderungen im Top-Management

Wird Controlling zum Beispiel nur mit dem Motiv der Kostenorientierung und zur verstärkten Überwachung von Tochterunternehmen eingeführt, dominiert diese Orientierung auch das gesamte System. Der operative Soll-Ist-Vergleich wird zum zentralen Controllinginstrument. Allerdings wird hierdurch auch die Blickrichtung auf die Vergangenheit gelenkt, sodass dem Management wichtige Leistungen entgehen, die das Controlling für Marktorientierung und Markterfolg erbringen könnte (Marketing-Controlling, Vertriebs-Controlling).

1.1.2 Organisatorische Vorbereitungen treffen

Trägt die Geschäftsleitung die Entscheidung zur Einführung eines Controllingsystems, sind hierfür die Ersten organisatorischen Vorbereitungen zu treffen. Folgende Möglichkeiten stehen grundsätzlich zur Auswahl:

Externe Berater verfügen über die notwendige Fachkompetenz, Erfahrung, Neutralität und Autorität zur Einführung von Controllingsystemen. Nachteilig können sich unter Umständen die Betriebs- und Branchenfremdheit auswirken.

Unternehmensinterne Stabsstellen verfügen zwar über Spezialwissen, ihnen fehlt jedoch im Allgemeinen die Linienerfahrung.

Projekt-Teams können so zusammengesetzt werden, dass die gesamte Fach- und Sachkompetenz des Unternehmens repräsentiert ist. Das Team wird von der Geschäftsleitung mit den entsprechenden Führungs- und Entscheidungskompetenzen ausgestattet, sodass vom Projekt-Team die folgenden Aufgaben bearbeitet werden können:

  • Festlegung der Ziele des Controlling

  • Definition des Controllingkonzepts im Einzelnen

  • Entscheidung über den Einsatz zusätzlicher externer Berater

  • Terminplanung

  • Kontrolle des Arbeitsfortschritts

  • Auswahl von Arbeitsgruppen

  • Entscheidung über erforderliche Änderungen und/oder Anpassungen

  • Festlegung von Prioritäten

  • Konfliktlösung

  • Information der Geschäftsleitung, des Betriebsrates und der Mitarbeiter über Projektfortschritte

  • Überwachung des Projektbudgets

  • Koordination aller Maßnahmen

In der Praxis bietet es sich unter Umständen an, das Projektteam durch externe Berater zu schulen und bei später auftauchenden Spezialproblemen ebenfalls externe Berater hinzuzuziehen. Beim Einsatz solcher externen Hilfe sollte deren Fachkompetenz zur Lösung des Problems eingehend geprüft, die Aufgabenstellung (schriftlich) mit zeitlicher Fixierung klar definiert und die Kostenfrage vorab geklärt werden.

Frühzeitig sollte man sich Gedanken darüber machen, wie Mitarbeiter und Mitarbeitervertretungen über die Vorteile des Controllingkonzepts informiert und davon überzeugt werden können. Hierzu eignen sich neben Schulungen beispielsweise Präsentationen, die die Inhalte des Controlling auch einem größeren Publikum erläutern können.

1.1.3 Termine festlegen

Praktische Erfahrungen haben gezeigt, dass die Einführung eines Controllingkonzepts in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens und der Qualität der bereits vorliegenden Steuerungsinstrumente durchaus 12 bis 24 Monate in Anspruch nehmen kann. Um diesen Zeitraum nicht unnötig weiter auszudehnen, sollte ein detaillierter Terminplan für die Durchführung des Projektes aufgestellt werden, der so zu gestalten ist, dass mehrere Einzelmaßnahmen gleichzeitig durchgeführt werden können.

Es ist empfehlenswert, für einen gewissen Zeitraum das bisherige Berichtssystem und das neue Controlling-Informationssystem parallel laufen zu lassen, umso das Informationssystem zu testen und auf mögliche Fehler zu untersuchen.

1.2 Controlling-Regelkreis aufbauen

Controlling arbeitet nach dem Prinzip des kybernetischen Regelkreises mit folgenden betriebswirtschaftlichen Prozessen:

  • Zielvereinbarung

  • Planung

  • Information und Berichtswesen

  • Kontrolle und Analyse

  • Steuerung (Maßnahmen)

Bei der Einführung eines Controllingkonzepts sind diese Instrumente dementsprechend anzupassen oder einzurichten.

Die Planung ist dabei grundsätzlich firmen- und branchenunabhängig gestaltbar. Allerdings verfügt jedes controllinggerechte Planungssystem (Planungsverfahren, Budgetierung) über drei Grundelemente:

  • Zielplanung und Zielvereinbarung als Planungsbasis

  • Partizipativer Planungsprozess mit Rückkopplung (Mitarbeiterbeteiligung)

  • Planungsgliederung nach Gewinnsteuerungsgesichtspunkten

Für einen partizipativen Planungsprozess eignet sich am besten das Gegenstromverfahren.

Das Informations- und Berichtswesen (Controllerbericht) ist so aufzubauen, dass es das Sparten- oder Funktionsmanagement rechtzeitig über Plan-Ist-Abweichungen informiert. Die Gliederung ist dabei an den Steuerungsaufgaben und Informationsbedürfnissen der Berichtsempfänger auszurichten.

Betriebswirtschaftliche Abweichungsanalysen dienen der Einleitung von Korrekturmaßnahmen zur Zielerreichung. Die Steuerungsinformationen müssen vom Controlling so verdichtet werden, dass die Führungsebenen nur die Informationen erhalten, die sie für ihre Arbeit benötigen. Kernbaustein hierfür stellt im Allgemeinen die Deckungsbeitragsrechnung dar, da wichtige Erfolgssteuerungsmaßnahmen wie zum Beispiel Nutzenprovision, Engpassoptimierung, Produktprogrammoptimierung usw. ohne sie nicht umgesetzt werden können.

Eine im Vorfeld sorgfältig durchgeführte Analyse des Rechnungswesens und der Ablauforganisation werden oft ergeben, dass viele im Unternehmen bereits eingesetzte Verfahren nicht von Grund auf geändert, sondern allenfalls angepasst werden müssen. Solche Anpassungen sind im Allgemeinen sehr viel kostengünstiger als eine Neukonzeption.

1.3 Controllinggerechte Unternehmensorganisation schaffen

Für das Controllingkonzept ist grundsätzlich eine kunden- und marktorientierte Organisation mit eindeutiger Ergebnisverantwortung erforderlich. Diese Bedingung wird insbesondere von der Spartenorganisation erfüllt (strategische Geschäftseinheiten), die durch folgende Merkmale charakterisiert werden kann:

  • Klare Ergebnisverantwortung des Spartenmanagements

  • Eindeutige Zuordnung von Kompetenzen und Verantwortung zwischen zentralen Abteilungen und Spartenmanagement

  • Ausrichtung der Unternehmensstruktur auf strategische Geschäftsfelder

  • Zielgruppenorientierte Produkt-/Marktstrategie

Werden unternehmensintern zwischen den strategischen Geschäftsfeldern Leistungen ausgetauscht oder durchlaufen die Produkte bis zu einer höheren Wertschöpfungsstufe einheitliche Produktionsprozesse, ist ein Verrechnungspreissystem zu entwerfen, um ein ergebnisverantwortliches Management nach strategischen Geschäftsfeldern zu ermöglichen.

Bei der Anpassung der Organisation muss von der Geschäftsleitung in erster Linie eine pragmatische Lösung gesucht werden. Controlling lässt sich auch bei einer funktionalen Organisation (Stab-/Liniensystem) verwirklichen. Da diese Organisationsform jedoch eine klare Ergebnisverantwortung und ein kunden-/marktorientiertes Management nicht zulässt, ist ihre Beibehaltung nur in solchen Unternehmen zu empfehlen, die über eine einfache Produktions- und Absatzstruktur verfügen.

Ein effizientes Controllingkonzept erfordert im Allgemeinen eine Delegation von Verantwortung hinsichtlich Planung, Plan-Ist-Vergleich und Steuerung. Zur Umsetzung dieser Forderung kann man sich an den Grundsätzen des Management by exceptions und des Management by objectives orientieren:

  • Vorgesetzter und Mitarbeiter erarbeiten und planen Ziele gemeinsam

  • Gemeinsame Maßnahmenplanung

  • Beteiligung des Mitarbeiters an Entscheidungsprozessen

  • Delegation

  • Teamführung

  • Anerkennen von Sachautorität

  • Beteiligung der Mitarbeiter an Information und Kommunikation

  • Konfliktregelung durch Gespräch

  • Ziel- und Leistungsorientierung

In die organisatorischen Überlegungen sind auch die im Unternehmen eingesetzten EDV-Lösungen einzubeziehen, da die EDV als Mittel zur Informationsbeschaffung, -verarbeitung und -darstellung sowohl für das Unternehmen als auch für das Controlling eine immer größere Bedeutung erlangt.

1.4 Institutionalisierung des Controlling

Während bei kleinen und mittleren Unternehmen ein Zentralcontrolling häufig ausreicht, wird in größeren Unternehmen häufig eine Gliederung entsprechend der Gesamtunternehmensorganisation vorgenommen. Bei einer solchen Konstellation ist die Frage zu klären, wie das Zentralcontrolling und die dezentralisierten Controllingstellen zusammenarbeiten sollen. Von den grundsätzlich möglichen Varianten wird am häufigsten eine Lösung gewählt, bei der das dezentrale Controlling fachlich dem Zentralcontrolling, disziplinär hingegen dem Leiter der Unternehmenseinheit unterstellt ist (Dotted-line-principle).

Um bei der Erarbeitung und Einführung eines Controllingkonzepts frühzeitig mitwirken zu können, sollte die Position des (Chef-)Controllers frühzeitig besetzt werden (Controller).

1.5 Weiterentwicklung zum strategischen Controlling

Die bei der Einführung des operativen Controlling gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse sollten als Vorbereitung für den Einstieg in das strategische Controlling (Strategisches Controlling) genutzt werden. Hiermit sollte man jedoch erst beginnen, wenn das operative Controlling (Operatives Controlling) in der Praxis weit gehend reibungslos funktioniert. Für das weitere Vorgehen in dieser Richtung können folgende Schritte empfohlen werden:

  • Sofern erforderlich, Weiterbildung des Controllers zur Beherrschung von strategischen Controllingwerkzeugen

  • Information der Geschäftsleitung über den Denkansatz des strategischen Controlling

  • Entscheidung der Geschäftsleitung zur Einführung strategischer Entscheidungshilfen

  • Auswahl eines geeigneten Management-Teams, das sich primär strategischen Fragestellungen zuwendet

2. Kritische Erfolgsfaktoren

Für die erfolgreiche Umsetzung des Controlling-Gedankens spielen zwei Arten von Erfolgsfaktoren eine Rolle: solche, die primär die Einführungsphase betreffen, und solche, die der Durchsetzung des Controlling dienen. Der Übergang zwischen beiden ist jedoch fließend, da auch bei der Weiterentwicklung des Controlling einige Erfolgsfaktoren der Einführungsphase wirksam bleiben.

Akzeptanzbezogene Erfolgsfaktoren: Die Akzeptanz des Controlling entspricht im Allgemeinen der Identifikation des Controllers mit seinem Aufgabengebiet, seinem Erfahrungsschatz und seiner positiven Einstellung gegenüber dem Unternehmenszweck.

Führungsverhaltensbezogene Erfolgsfaktoren: Die Akzeptanz des Controlling hängt zu einem wesentlichen Teil vom Führungsverhalten des Controllers ab. Bei kontrolleurhaftem und entwicklungshemmendem Auftreten des Controllers ist eine gute Zusammenarbeit zwischen ihm und seinen Informationsempfängern von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Im Allgemeinen sollte sich die Intensität des Controlling an der Struktur der betrachteten Aufgabe ausrichten, sodass bei Routineaufgaben eher ein straffes, bei komplexen Aufgaben eher ein lockeres und flexibleres Controlling angebracht ist. Es darf nicht Ziel des Controllers sein, den eigenen Gestaltungsbereich und die damit verbundene Machtfülle unbeschränkt auszuweiten.

  • Strukturelle Erfolgsfaktoren: Zumindest in Teilbereichen sind Controllingsysteme stark formalisiert, auch wenn es hierdurch besonders in dezentralen Strukturen zu Konfliktsituationen hinsichtlich Gestaltung und Nutzung des Controllingsystems kommen kann. Bei aller Rücksicht auf Einheitlichkeitserfordernisse muss jedoch auch auf Seiten des (Zentral-)Controlling die grundsätzliche Bereitschaft zur Flexibilität bestehen.

  • Machtbezogene Erfolgsfaktoren: Controller können Macht – hier verstanden als das Potenzial , auf das Verhalten anderer Einfluss auszuüben – nur insofern ausüben, als sie mit prozessualer Linienverantwortung ausgestattet sind. Im Allgemeinen muss der Controller die Legitimation für Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaktivitäten aber durch eine Allianz mit Personen durchsetzen, die über formale Macht verfügen. Es ist dabei ohne Bedeutung, ob eine solche Allianz mehr formellen (beispielsweise Teilnahme an Vorstandssitzungen) oder informellen Charakter (beispielsweise ein besonderes Vertrauensverhältnis zur Geschäftsleitung) besitzt. Der Erfolg des Controlling hängt nicht zuletzt vom Funktionieren einer solchen Allianz ab.

  • Unternehmenskulturbezogene Erfolgsfaktoren: In der betrieblichen Praxis sind komplexe Controllingsysteme häufig mit hohem Misstrauen der Linienmanager konfrontiert, die Aufbau und Funktionsweise solcher Systeme nicht vollständig überblicken (können). Häufig fühlt sich der Linienmanager als „Betroffener“ oder gar „Opfer“ und nicht als Nutzer des Controlling. Generelles Ziel von Unternehmensleitung und Controlling muss es daher sein, für ein Vertrauen in das Controllingsystem zu werben.

  • Ressourcenbezogene Erfolgsfaktoren: Tendenziell wird der Erfolg des Controllingsystems – wie in anderen Abteilungen auch – umso höher sein, je besser die technische und personelle Ausstattung dieser Abteilung ist. Darüber hinaus ist auch das Know-how, über das die Controlling-Mitarbeiter verfügen, für die Realisierung der gesetzten Ziele von entscheidender Bedeutung.

Controlling darf nicht als Funktion verstanden werden, die nur dazu da ist, mangelhafte konstitutive Entscheidungen nachzubessern. Vielmehr muss der Controller alle Aktivitäten bereits in der Anfangsphase begleiten. Wird der Controller erst in späteren Phasen hinzugezogen, haftet ihm sehr schnell der Ruf eines trouble-shooters an, und das Controlling wird zum „Instrument für schlechte Zeiten“ degradiert.

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