Controlling-Lexikon

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Erlöscontrolling

1. Überblick

Im Gegensatz zur Kostenanalyse, für die eine Vielzahl von Kostenrechnungsverfahren entwickelt wurde, wird die Analyse des Erlöses in der betrieblichen Praxis häufig eher stiefmütterlich behandelt. Dabei ist gerade in Märkten mit kurzen Produktlebenszyklen und intensivem Wettbewerb eine einseitige Betrachtung der Kosten nicht ungefährlich und ist in jedem Fall durch eine detaillierte Betrachtung der Erlösseite zu ergänzen. Soll-Ist-Abweichungen (Soll-Ist-Vergleich) sind daher nicht nur im Rahmen des Kostencontrolling relevant, sondern sollten auch bei den Erlösen offen gelegt und hinterfragt werden.

Die hiermit angesprochene Erlösabweichungsanalyse bildet jedoch nur einen – wenn auch den wichtigsten – Baustein des Erlöscontrolling. Neben diesen Abweichungsanalysen kommt dem Erlöscontrolling aber auch eine qualitative Aufgabe zu, in der es sich vom klassischen Kosten- und Erfolgscontrolling unterscheidet. Durch die enge Verbindung des Erlöscontrolling zum Marketing-Controlling müssen auf der Erlösseite spezifische Einflüsse wie zum Beispiel

  • die Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Marketinginstrumenten,

  • die hohe Planungsunsicherheit oder

  • die tendenziell geringeren Beeinflussungsmöglichkeiten des Erlöscontrollers

berücksichtigt werden.

Bedingt durch diese Besonderheiten stehen für den Erlöscontroller beispielsweise die folgenden Probleme und Fragestellungen im Vordergrund:

  • Wie effizient ist ein einzelnes Marketinginstrument?

  • Mit welchen Verfahren kann die Effizienz eines Marketinginstrumentes gemessen werden?

  • Welche Erlösveränderungen können mit welchen Marketinginstrumenten hervorgerufen werden?

  • Wie sind einzelne Betrachtungsobjekte (Produkte, Sparten, Kunden, Aufträge, Regionen) hinsichtlich ihrer Erlösattraktivität zu beurteilen?

  • Welche Erlöseffekte werden durch unternehmenseigene Maßnahmen, welche durch gesamtwirtschaftliche oder branchenspezifische Entwicklungen hervorgerufen?

2. Absatz- und Erlösplanung

Die Absatz- und Erlösplanung bildet einen wichtigen Bestandteil des Erlöscontrolling, denn erst hierdurch werden Analysen von Soll-Ist-Abweichungen ermöglicht. Darüber hinaus erlaubt eine detaillierte Absatz- und Erlösplanung die Einschätzung möglicher Erlösrisiken und damit ein aktives Risk-Management in Bezug auf einzelne Erlöskomponenten (Risiko-Controlling).

Als wesentliche Erlöseinflussgröße kann zur Erlösplanung das Nachfrageverhalten mittels einer Preis-Absatz-Funktion prognostiziert werden. Mit solchen Preis-Absatz-Funktionen lassen sich die Marktreaktionen der Nachfrager – zumindest in gewissen Bandbreiten – durchaus mit hinreichender Genauigkeit vorhersagen. Wichtig ist jedoch, dass als Bereich, in dem die Preis-Absatz-Funktion als gültig angesehen wird, nur eine Toleranzbreite festgelegt wird, in der Entscheidungen tatsächlich auch möglich sind (beispielsweise ein bestimmter Preiskorridor, in welchem man sich bewegen will und den man auf Grund der Konkurrenzsituation auch nicht verlassen kann).

Um einzelne Erlöskomponenten separat darzustellen und transparent zu machen, kann sich die Absatz- und Erlösplanung auch an einer detaillierten Erlösstrukturierung orientieren. Hierzu wird jeder einzelne Erlösbaustein betrachtet, das heißt in seinem Geldwert und mit seinem Risiko geplant. Solche „Erlösbäume“ können sehr schnell nach oben verdichtet werden, umso beispielsweise den Gesamterlös aufzuzeigen.

3. Strategisches Erlöscontrolling

Die große Bedeutung der Erlöse für das Unternehmen zwingt den Controller dazu, die Erlösseite auch mittels gängiger, eher qualitativ ansetzender Instrumente zu durchleuchten. Hierzu kann zum Beispiel der Portfolioansatz (Portfolioanalyse) verwendet werden. Dabei wird eine Portfolierung von Erlösquellen durch eine entsprechende Wahl der Portfoliodimensionen erleichtert. Für die betriebliche Praxis können beispielsweise die in der folgenden Abbildung dargestellten Erlösportfolios herangezogen werden, weil die dort aufgezeigten Dimensionen auf Grund von Praktiker- und Anwenderbefragungen generiert wurden.

Die einzelnen Erlösportfolios können dabei wie folgt charakterisiert werden:

  • Im Portfolio Erlösrisiko/Erlösbedeutung geht es primär um eine Gewichtung bzw. ein „Ranking“ der Erlösquellen hinsichtlich ihres monetären Gewichtes für das Unternehmen und der damit einhergehenden Unsicherheit.

  • Mit dem Deckungsbeitrags-/Erlös-Portfolio werden zwei Ziele verfolgt, die zunächst einmal auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind. Häufig ist es so, dass das Umsatzziel zu stark forciert wird und die daraus resultierenden Deckungsbeiträge unterproportional hoch sind. Dieses Ungleichgewicht muss vom Erlöscontroller aufgedeckt und zur Diskussion gestellt werden.

  • Das Portfolio Erlösrisiko/Erlöserhöhungspotenzial bezieht sich auf das – beispielsweise durch spezielle Marketingaktivitäten zum Ausdruck kommende – Engagement hinsichtlich der verschiedenen Erlösquellen.

  • Mit dem Kostenquoten-/Konkurrenzdruck-Portfolio soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Kosten auch preis- und damit erlösbeeinflussend sind (beispielsweise bei Einzelfertigern). Allerdings muss der primär kostenorientierte Preis bzw. Erlös mit dem Konkurrenzdruck konfrontiert werden, der eine lediglich unternehmensinterne bzw. kostenbasierte Sichtweise verhindert.

4. Operatives Erlöscontrolling

Gegenstand des stark quantitativ orientierten operativen Erlöscontrolling ist insbesondere die Analyse von Erlösabweichungen der Bezugsobjekte (Produkte, Sparten, Aufträge, Regionen, Kunden) im Zeitvergleich bzw. der Soll-Ist-Vergleich.

Für diese Aufgabenstellung haben sich verschiedene Instrumente etabliert, die den Erlös oder die Erlösabweichung auf unterschiedliche Weise aufgliedern und untersuchen. Zu den wichtigsten Mitteln gehört zum Beispiel die Deckungsbeitragsflussrechnung, mit dem der Erlöscontroller die Veränderungen der Deckungsbeiträge im Zeitablauf in Abhängigkeit von den Einflussgrößen „Preis“, „Menge“ und „Mix (Struktur)“ analysieren kann. Hierzu wird die aus den unterschiedlichen Effekten resultierende Größe „Deckungsbeitrag“ in die Komponenten „Preiseffekt“, „Mengeneffekt“ und „Mixeffekt (Struktureffekt)“ differenziert.

Noch weiter gehende Untersuchungen ermöglichen Erlösabweichungsanalysen (Erlösabweichungsanalyse), bei denen nach exogenen (durch unternehmensinterne Marketingaktivitäten nicht beeinflussbare) und endogenen (durch unternehmensinterne Marketingaktivitäten beeinflussbare) Einflussfaktoren differenziert wird. Zu den exogenen Faktoren gehört zum Beispiel die Veränderung des Preisniveaus der Branche (Inflation oder Deflation) oder die Veränderung des Marktvolumens der Branche (Wachstum oder Schrumpfung). Zu den endogenen Faktoren gehören die Planabweichung (Abweichung infolge falscher Einschätzung der Marktreaktion), die Realisationsabweichung (Abweichung infolge Nichtrealisation des Soll-Preises), die Preis-Effektivitätsabweichung (Abweichung infolge einer ineffektiven Preispolitik) und die Marketing-Effektivitätsabweichung (Abweichung infolge einer ineffektiven Gestaltung des übrigen Marketing-Mix). Durch diese Unterscheidung von exogenen und endogenen Einflussfaktoren kann der Erfolg oder Misserfolg der Marketingaktivitäten noch transparenter dargestellt werden, als dies mit der Deckungsbeitragsflussrechnung möglich wäre.

Ähnlich wie die Deckungsbeitragsflussrechnung lässt sich die Erlösabweichungsanalyse um eine deckungsbeitragsbezogene Perspektive erweitern. Das kann vor allem sinnvoll sein, wenn

  • die Marketingkosten zwar erlössteigernd wirken, insgesamt aber (durch zu hohe Marketingkosten) den Deckungsbeitrag schmälern oder

  • eine Erlöserhöhung gleichzeitig zu einer Kostensenkung geführt hat bzw. ohne Kostensteigerungen realisiert werden konnte.

5. EDV-Unterstützung des Erlöscontrolling

Erlöscontrolling ohne EDV-Unterstützung ist heute kaum noch vorstellbar. Branchenübergreifende Software speziell für das Erlöscontrolling, die die hier aufgezeigten Bausteine komplett und zufrieden stellend abdeckt, gibt es jedoch nicht.

Der Erlöscontroller ist daher in vielen Fällen gezwungen, auf gängige Datenbankanwendungen (zum Beispiel MS Access) und Tabellenkalkulationsprogramme (beispielsweise MS Excel) zurückzugreifen. Dass brauchbare Lösungen für das Erlöscontrolling auch mit solchen Instrumenten relativ schnell realisiert werden können, zeigen zum Beispiel die Excel-Tabellen zur Deckungsbeitragsflussrechnung (Excel-Sheet: Deckungsbeitragsflussrechnung) und zur Erlösabweichungsanalyse (Excel-Sheet: Erlösabweichungsanalyse).

6. Organisation des Erlöscontrolling

Als Bindeglied zwischen Erfolgscontrolling und Marketing-Controlling hat es sich für die praktische Anwendung bewährt, das Erlöscontrolling primär der Controllingabteilung zu übertragen. Die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Marketingdaten müssen hierfür aber exakt definiert werden und sind dem Erlöscontrolling vom Marketing regelmäßig zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug erstellt der Erlöscontroller spezielle Erlösreports, von denen besonders der Marketingbereich des Unternehmens profitieren soll. Zur Förderung der intensiven Zusammenarbeit zwischen Marketing und Erlöscontrolling können jährlich oder halbjährlich stattfindende Planungsgespräche sinnvoll sein, in denen Art und Umfang des Erlöscontrolling zwischen der Controlling- und der Marketingabteilung abgestimmt werden.

Die ausschließliche Zuordnung des Erlöscontrolling entweder zum Controlling oder zum Marketing hat sich nicht bewährt, da es hierbei häufig zu einseitigen und unvollständigen Auswertungen und Interpretationen gekommen ist.

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