Controlling-Lexikon

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Gesamtunternehmensstrategien

1. Überblick

Strategien sind nach verschiedenen Kriterien systematisierbar. Beispielsweise lassen sich nach dem organisatorischen Geltungsbereich Gesamtunternehmens-, Geschäftsbereichs- und Funktionsbereichsstrategien unterscheiden. Bezüglich der Entwicklungsrichtung wird zum Beispiel zwischen Wachstums-, Stabilisierungs- und Schrumpfungsstrategien und im Hinblick auf das Marktverhalten zwischen Angriffs- und Verteidigungsstrategien unterschieden. Unabhängig von organisatorischer Ebene, Entwicklungsrichtung und/oder Marktverhalten kommen beispielsweise folgende Typologien für Strategien in Frage:

  • Nach Produkten/Märkten eine Differenzierung in Marktdurchdringungs-, Marktentwicklungs-, Produktentwicklungs- und Diversifikationsstrategie

  • Bezüglich Wettbewerbsvorteilen/Marktabdeckung eine Differenzierung in Strategie der Kostenführerschaft, Differenzierungsstrategie und Konzentrationsstrategie

Im Rahmen der Strategieformulierung geht es auf der Ebene des Gesamtunternehmens vor allem um die Festlegung der generellen Stoßrichtung. Grundsätzlich müssen zwei strategische Entscheidungen getroffen werden:

  • Welche Produkte bzw. Leistungen werden auf welchen Märkten angeboten?

  • Welche Synergieeffekte sollen im Unternehmen genutzt bzw. erzielt werden?

Die Antwort auf die erste Fragestellung bezüglich der für das Unternehmen relevanten Produkt/Markt-Positionen ist grundsätzlich von der Entwicklungsrichtung unabhängig. Es kann daher sowohl um den Erhalt des Status quo als auch um eine Erweiterung bzw. Reduktion von Produkten/Leistungen und/oder Märkten gehen. Handelt es sich um Entscheidungen bezüglich Märkten, die über nationale Grenzen hinausreichen, wird gleichzeitig die strategische Grundorientierung für die internationale Geschäftstätigkeit festgelegt.

Die Beantwortung der Frage, was wem angeboten werden soll, lässt sich zum Beispiel durch die Typologie von Wachstumsstrategien konkretisieren, die Ansoff bereits im Jahre 1957 vorgestellt hat. Seine Produkt/Markt-Matrix liefert vier Strategietypen, die sich aus bestehenden und neuen Produkt/Markt-Kombinationen ergeben und das Unternehmenswachstum fördern:

Marktdurchdringungsstrategie
Marktanteilssteigerung, z.B. durch intensive Marktbearbeitung oder Preis- buzw. Kostensenkung

Marktentwicklungsstrategie
Suche nach neuen Märkten für bestehende Produkte

Produktentwicklungsstrategie
Bedienung bestehender Märkte mit neuen Produkten

Diversifikationsstrategie
Suche sowohl nach neuen Märkten als auch nach neuen Produkten

Die Beantwortung obiger Frage kann auch auf Grundlage einer Portfolioanalyse erfolgen. Portfoliokonzepte schlagen für schnell wachsende Märkte Wachstumsstrategien, für Märkte mit geringem Wachstum Abschöpfungs- und Rückzugsstrategien und für stagnierende Märkte in aller Regel Konsolidierungs- und Schrumpfungsstrategien vor. Alle genannten Strategietypen lassen sich weiter unterteilen. Beispielsweise wird für den Fall der Schrumpfung in Abhängigkeit von internen und externen Einflussvariablen folgendermaßen unterschieden:

Investitionsstrategie
Halten des Investitionsniveaus, um dadurch die Dominanz am Markt oder zumindest die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Repositioierungstrategie
Selektiver Rückzug: Desinvestition in unvorteilhaften Marktbereichen und frühzeitiges Besetzen von Marktnischen.

Austrittsstrategie
Rückzug aus dem Markt: Stufenweise Desinvestition bis hin zum sofortigen Verkauf bzw. Stilllegung.

Bei den bisher skizzierten Perspektiven und Konzepten stehen mehr oder weniger der Markt und das Produkt im Vordergrund. Zu den strategischen Entscheidungen, die – mehr oder minder eindeutig – der Unternehmensebene zugeordnet werden und die in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen haben, gehören Diversifikations-, Integrations- und Kooperationsentscheidungen.

2. Diversifikation

Allgemein versteht man unter Diversifikation die Ausdehnung der bisherigen Unternehmensaktivitäten auf einen neuen Tätigkeitsbereich. Der Diversifikationsbegriff wurde in der Vergangenheit vielfach erweitert, so dass man Diversifikation rein produkt- oder rein marktorientiert definieren kann. Die wohl wichtigste Begriffserweiterung geht jedoch von einer veränderten Perspektive aus. Danach liegt Diversifikation vor, wenn das Unternehmen zur Leistungserstellung neuartige Ressourcen und Fähigkeiten benötigt.

Um die verschiedenen Diversifikationsformen in ein System zu bringen, wird zum einen nach der Stellung im Wertschöpfungsprozess (horizontal, vertikal und konglomerat), zum anderen nach dem Verwandtschaftsgrad zum bisherigen Geschäft (verwandt oder unverwandt) unterschieden:

  • Bei der horizontalen Diversifikation werden Produkte oder Dienstleistungen dem bisherigen Angebotsprogramm angegliedert, weil sie mit diesem – sei es fabrikatorisch, verwendungs- und zielgruppenbezogen oder vertriebsorganisatorisch – in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Dem Vorteil, sich auf „vertrautem Gelände“ zu bewegen und eine Markteinführung mit relativ geringem Aufwand zu realisieren, steht als Nachteil gegenüber, dass eine bereichsübergreifende Risikostreuung auf diesem Weg im Allgemeinen nicht erzielt und eine ähnliche Strategie auch von der Konkurrenz (Konkurrenzanalyse) verfolgt werden kann.

  • Von einer vertikalen Diversifikation wird gesprochen, wenn zur Vergrößerung der Produktionstiefe vor- oder nachgeschaltete Produkte aufgenommen werden. Diese Diversifikationsform führt in der Regel zu einer Stärkung der Marktposition. Es besteht jedoch die Gefahr, dass man zu Kunden im nachgeschalteten Bereich in Wettbewerb tritt und diese deshalb zu anderen Lieferanten abwandern. Vor einer solchen Maßnahme sind die möglichen Auswirkungen auf das Verhalten der Kunden daher sorgfältig zu analysieren.

  • Bei der lateralen oder konglomeraten Diversifikation begibt sich das diversifizierende Unternehmen auf ein völlig neues, sachfremdes Gebiet. Dieser Weg ist eine Domäne von Großunternehmen und internationalen Konzernen, denn häufig sind hierfür Firmenaufkäufe erforderlich (Akquisitionsplanung).

  • Eine Abgrenzung verwandter von unverwandter Diversifikation erfordert zunächst eine Entscheidung hinsichtlich des Verwandtschaftsgrads, das heißt des Ausmaßes an Verflechtungen mit dem bisherigen Leistungsprogramm. Neben Produktverwandtschaften kann hierfür auch eine gemeinsame Nutzung von Ressourcen als Kriterium verwendet werden. Als verwandt können in dieser erweiterten Perspektive sowohl horizontale als auch vertikale und laterale Diversifikationen eingestuft werden.

Wie die verschiedenen Formen bereits erkennen lassen, werden mit der Diversifikation unterschiedliche Ziele verfolgt. Absatzziele, wie zum Beispiel eine Erweiterung der Produktlinien oder das Erschließen neuer Absatzgebiete, sind von großer Bedeutung. Es geht hierbei jedoch auch um die Reinvestition von Gewinnen, die Reduzierung von Abhängigkeiten, das Erreichen einer Mindestgröße, die Risikoreduktion und die Nutzung von Synergievorteilen. Beispielsweise können Synergievorteile durch das gemeinsame Nutzen von Produktionsanlagen, Vertriebsnetzen, Know-how oder Kernkompetenzen erzielt werden.

3. Vertikale Integration (Outsourcing)

Im Rahmen der vertikalen Integration geht es um die Entscheidung, welche Teilleistungen im Rahmen der Leistungserstellung im Unternehmen selbst erbracht oder auf dem Markt beschafft werden. In jüngerer Zeit hat diese Frage an Bedeutung gewonnen, denn auch durch die Verringerung der Fertigungstiefe lassen sich Wettbewerbsvorteile erzielen. Die gesamte Problematik wird aber auch unter einem ganz anderen Blickwinkel neu beleuchtet und das Koordinationsinstrument Markt als echte Alternative zur Hierarchie gesehen. Vorwärts- und Rückwärtsintegrationen werden nicht mehr nur aus Wachstums- und Sicherheitsüberlegungen, sondern auch aus Flexibilitäts- und Kostenüberlegungen vorgenommen.

Da mit dem Outsourcing eine dauerhafte Auslagerung von Leistungen und die daraus resultierende langfristige Aufgabenteilung zwischen Unternehmen verbunden ist, muss es als wesentlicher Bestandteil der Unternehmensstrategie angesehen werden. Es geht daher nicht bloß um eine einfache „Entweder-oder-Entscheidung“ zwischen vollständiger Integration und reiner Marktbeziehung mit freier Partnerwahl, sondern vielmehr um eine Entscheidung zwischen einer Vielzahl potenzieller Misch- bzw. Hybridformen. Entscheidungen dieser Art vollziehen sich in der Regel über mehrere Stufen:

  1. Beantwortung der Frage, welche Bereiche bzw. Funktionen als Kernkompetenzen anzusehen sind und somit nicht zur Disposition stehen.

  2. Feststellen, welche Synergien durch Auslagerungen verloren gehen und ob die im Falle einer Auslagerung entstehenden Vorteile größer sind als die hiermit verbundenen Nachteile.

  3. Vergleich von Eigenfertigungs- („Make“) und Fremdbezugsalternative („Buy“). Neben dem direkten Vergleich zwischen den Fremdbezugskosten einerseits und den entscheidungsrelevanten Kosten der integrierten Funktion andererseits gehört hierzu auch eine Bewertung hinsichtlich der Transaktionskosten und nicht-monetärer Kriterien, wie zum Beispiel einseitiger Abhängigkeit, Know-how-Verlust, reduzierte Entwicklungszeiten und ähnliches.

    Zeichnet sich nach diesen Untersuchungen keine eindeutige Überlegenheit einer der beiden gegensätzlichen Formen ab, bieten sich unter Umständen die (hybriden) Formen der Kooperation an. Hierfür müssen jedoch einige Voraussetzungen, beispielsweise hinsichtlich des Schnittstellen- und Konfliktmanagements oder der Akzeptanz bei den betroffenen Mitarbeitern erfüllt sein.

Generell gültige und somit eindeutige Vorteilhaftigkeitsaussagen hinsichtlich einer Alternative sind nicht möglich. Outsourcing-Entscheidungen können nur jeweils für den konkreten Fall und nach sorgfältigen Untersuchungen getroffen werden.

4. Kooperation

Man versteht unter einer Kooperation die Zusammenarbeit von zwei oder mehreren Unternehmen zum Zwecke der Erfüllung bestimmter Aufgaben. Die beteiligten Unternehmen bleiben rechtlich selbstständig und geben ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit nur in bestimmten Bereichen und nur für die Dauer der Zusammenarbeit – die in der Regel aber längerfristig angelegt ist – auf.

Anmerkung:

Grundsätzlich findet man Kooperationsentscheidungen auch als Umsetzung von Geschäftsbereichs- und Funktionsbereichsstrategien. Da eine solche Entscheidung aber in jedem Fall die Grenzziehung zwischen Unternehmen und Umwelt berührt und tendenziell längerfristigen Charakter hat, wird sie hier der Ebene des Gesamtunternehmens zugeordnet.

Trotz zahlreicher Systematisierungsansätze findet man zur näheren Darstellung verschiedener Kooperationsformen am häufigsten eine Unterscheidung nach der Stellung der Partner in der Wertschöpfungskette:

  • Bei vertikalen Kooperationen wird in unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen kooperiert. Man findet diese Form zum Beispiel häufig in der Automobilbranche.

  • Als horizontale Kooperationen, für die man gelegentlich auch den Begriff strategische Allianzen verwendet – bezeichnet man eine Zusammenarbeit von Unternehmen der gleichen Branche und der gleichen Wertschöpfungsstufe.

  • Eine diagonale Kooperation liegt vor, wenn Unternehmen unterschiedlicher Branchen zusammenarbeiten, die auch in den jeweiligen Wertschöpfungsketten in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

Drei Formen der Kooperation lassen sich ferner unterscheiden, wenn man nach den rechtlichen Grundlagen derartiger Kooperationen differenziert.

  • Kooperationen mit rein vertraglichen Regelungen

  • Kooperationen mit wechselseitiger Kapitalbeteiligung

  • Kooperationen durch Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens

Als Motiv für eine Kooperation kommen in erster Linie die Erweiterung der kollektiven und/oder individuellen Leistungsfähigkeit in Betracht. Dabei ist es auch durchaus möglich, dass die kooperierenden Unternehmen über zum Teil konkurrierende Zielvorstellungen verfügen. Die hiermit verbundene Problematik des Interessenausgleichs ist demnach eine zentrale Aufgabe des Kooperationsmanagements. Weitere Probleme ergeben sich aus der Tatsache, dass die Unternehmen rechtlich selbstständig bleiben. Beispielsweise müssen die verschiedenen Aufgaben möglichst eindeutig zugeordnet, Grundsätze für den Informationsaustausch vereinbart oder Regelungen für die Entscheidungsbildung, die Überwachung der angestrebten Ziele und die Handhabung von Konfliktfällen getroffen werden. Ob diese Grundprobleme für alle Beteiligten zufriedenstellend gelöst werden können, ist nicht von vornherein abschätzbar. Es besteht daher stets die latente Gefahr, dass Kooperationen scheitern.

Als Alternative zur Kooperation kommt die interne Weiterentwicklung der eigenen Leistungsfähigkeit sowie die Akquisition von Unternehmen in Betracht. Die Frage, welche Möglichkeit hier bevorzugt werden sollte, ist wiederum nur situationsabhängig zu beantworten.

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