Controlling-Lexikon

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Gründe für das Ausbleiben von Synergie-Effekten

1. Überblick

Die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes gehört zu den wesentlichen Zielsetzungen marktwirtschaftlich orientierter Unternehmen (Shareholder Value-Ansatz). In den letzten Jahren wurde zunehmend versucht, eine solche Unternehmenswertsteigerung durch die Zusammenführung von Unternehmen und die damit in Aussicht stehenden Verbundeffekte bzw. Synergien zu realisieren. Allerdings war der Wunsch, solche möglichen Synergiepotenziale zu nutzen, in der Vergangenheit nicht selten mit enttäuschten Hoffnungen verbunden (Ansatzpunkte eines systematischen Synergie-Controllings). Häufig zeigt sich bei der späteren Abrechnung, dass die realisierten Verbundeffekte weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dabei lässt sich das Ausbleiben erwarteter Synergien im Wesentlichen auf drei Hauptursachen zurückführen:

  • Synergiepotenziale werden überschätzt.

  • Dissynergien und Integrationskosten werden nicht beachtet oder unterschätzt.

  • Tatsächlich vorhandene Synergiepotenziale werden nicht realisiert.

Ein Überschätzen von Synergiepotenzialen ist häufig Folge einer fehlenden Sorgfalt bei ihrer Ermittlung. Geht man im Rahmen einer Unternehmensübernahme z.B. vorschnell davon aus, dass die Übernahme jährliche Synergien in Höhe von 100 Mio. einbringt, die in erster Linie mit der Erzielung von Einkaufsvorteilen aufgrund gemeinsam erhöhter Einkaufvolumina begründet werden, wird man nach der Übernahme des in der gleichen Branche tätigen Unternehmens u.U. feststellen müssen, dass die Produktschwerpunkte von Zielunternehmen und eigenem Unternehmen strukturelle Unterschiede aufweisen und die erhofften Einsparungen somit ausbleiben. Anders als der Erwerber, der sich auf höherwertige Produkte spezialisiert hat, sind die Aktivitäten des Zielunternehmens z.B. auf geringwertigere Produkte des gleichen Tätigkeitsbereiches fokussiert. Die erwarteten Einkaufssynergien treten nicht auf, da es für beide Produktkategorien unterschiedliche Lieferanten gibt und die Mengenvorteile weitgehend ausbleiben.

Häufig bleiben bei der Akquise von Unternehmen mögliche negative Auswirkungen auf die Motivation von Management und Mitarbeitern der übernommenen Gesellschaft unberücksichtigt. In der Folge sinkt die Arbeitsproduktivität und die Fluktuationsrate steigt. Der Kausalzusammenhang zwischen Übernahme eines Unternehmens und verminderter Produktivität der betroffenen Mitarbeiter wird häufig nicht gesehen, nicht zuletzt, weil ein derartiger Effekt nur schwer zu fassen ist, da er sich regelmäßig mit anderen Effekten vermischt. Unterschätzt werden vielfach auch die durch eine Abwanderung von Mitarbeitern ausgelösten direkten und indirekten Kosten.

Ferner sind die im Zuge der Integration eines übernommenen Unternehmens anfallenden Kosten keinesfalls unerheblich. So erfordert die Zusammenlegung von Standorten der Partner gemeinhin zunächst Investitionen. Der gemeinsame Standort muss so konzipiert sein oder werden, dass er die erhöhte Kapazität fassen kann. Hiermit verbunden ist nicht selten eine Erweiterung oder ein Neubau von Räumlichkeiten. Nicht zu vernachlässigen sind zudem mögliche Schließungskosten für die nach dem Zusammenschluss nicht mehr benötigten Standorte.

Den positiven Synergieeffekten stehen ferner Integrationsmaßnahmen gegenüber, die mit erheblichen Kosten verbunden sein können. Der Versuch, den Integrationsaufwand zu reduzieren, kann hingegen dazu führen, dass die Integration nicht vollumfänglich gelingt und die erzielbaren Synergien nicht ausgeschöpft werden.

Eine weitere Gefahrenquelle besteht in der durch einen Zusammenschluss ggf. ausgelösten Abwanderung von Kunden zur Konkurrenz. Dies ist insbesondere dann möglich, wenn Kunden befürchten, in eine monopolähnliche Situation zu geraten. Konnten sie vor dem Zusammenschluss noch die getrennt am Markt auftretenden Einzelunternehmen gegeneinander ausspielen, um akzeptable Bezugskonditionen aushandeln, geht dies nach dem Zusammenschluss nicht mehr. Um sich einer zu starken Abhängigkeit zu entziehen, werden die Kunden daher u.U. verstärkt auf andere Lieferanten ausweichen. Der gemeinsame Marktanteil der zusammengeführten Unternehmen schrumpft in einem solchen Fall. Für eine entsprechend verringerte Absatzmenge sind die Kapazitäten der zusammengeschlossenen Unternehmen dann oftmals überdimensioniert.

In den meisten Fällen führt der Erwerb eines Unternehmens oder die Bildung eines Gemeinschaftsunternehmens nicht automatisch zu Synergie-Effekten. Im Allgemeinen müssen positive Verbundeffekte erst erarbeitet werden. Das kostet Zeit und Geld. Die organisatorische Integration beansprucht oftmals die Mitarbeiter der Partnerunternehmen ganz erheblich. Für die Realisierung von Synergien stehen dabei zunächst kaum freie Kapazitäten zur Verfügung. In der Regel sind die Mitarbeiter mit ihrem Tagesgeschäft bereits ausgelastet, müssen sich zusätzlich um die organisatorische Zusammenführung kümmern und können sich mit der konkreten Hebung geplanter Synergien vielfach (zunächst) nicht befassen. Hierdurch verzögert sich die Realisierung von Synergien erheblich.

Eine zeitliche Verzögerung lässt sich allerdings durch den Einsatz von Mitarbeitern, die speziell für solche Fälle vorgehalten werden, oder durch externe Berater reduzieren. Diesbezüglich ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich das Interesse externer Berater im Allgemeinen primär darauf richten wird, dass der „Deal“ tatsächlich zustande kommt, denn i.d.R. werden sie nur dann an der Bearbeitung der Transaktion gut verdienen. Eine vom Abschluss des Erwerbsprojektes abhängige Honorarstruktur reizt den Berater tendenziell dazu, den Nutzen der Transaktion in ein besonders positives Licht zu rücken. Dem Erwerber bzw. den Joint-Venture-Partnern werden ggf. Synergien in einem Umfang angepriesen, der später nicht zu realisieren ist.

2. Mögliche Ansatzpunkte zur Realisierung von Synergiepotenzialen

Um synergiebezogene Fehleinschätzungen zu vermeiden und die Realisierung von Verbundeffekten zu unterstützen, bietet es sich an, ein Synergie-Controlling einzurichten, das die in Abb. 1 aufgeführten Grundelemente umfasst.

Die Aufgabe einer Einzelerfassung, Quantifizierung, laufenden Überwachung und einer Fortschrittskontrolle von Synergien kann institutionell im Controlling angesiedelt werden.

Im ersten Schritt würde ein Synergie-Controlling eine konkrete Erfassung der für den jeweiligen Fall erwarteten Synergiepotenziale umfassen. In diesem Zusammenhang ist die detaillierte Herleitung und Begründung der erwarteten Verbundeffekte eine zentrale Grundlage, um Fehleinschätzungen so weit wie möglich zu vermeiden. Hierbei ist besonderer Wert auf eine Unterscheidung hinsichtlich einmalig auftretender und wiederkehrender Verbundeffekte zu legen, da vor allem die letzteren von besonderer Bedeutung sind. Zudem wird durch eine Einzelanalyse und eine Quantifizierung potenzieller Synergien die Basis für eine spätere Kontrolle gelegt, die zum einen Anpassungsmaßnahmen und zum anderen Lerneffekte auslösen kann.

Die Quantifizierung von Verbundeffekten bereitet zum Teil erhebliche Schwierigkeiten. Lassen sich Synergien im Einkauf, in der Finanzierung oder bei der Beseitigung von Doppelfunktionen in der Verwaltung zumeist noch halbwegs konkret beziffern, so wird es etwa bei den Verbundeffekten aus einer Abrundung des Sortimentes oder etwa im Hinblick auf die Übertragung von Know-how problematisch. Der mögliche Konkretisierungsgrad des jeweiligen Verbundeffektes ist stark von seinem Typus abhängig. Nahezu unmöglich erscheint es, Negativeffekte auf die Motivation von Mitarbeitern im Nachgang einer Unternehmensübernahme zu isolieren. Gleichwohl lassen sich derlei Auswirkungen mit Blick auf eine ggf. erhöhte Mitarbeiterfluktuation monetär bewerten (Personalfreisetzungs-Controlling, Personal-Controlling).

Die im Rahmen eines Zusammenschlusses von Unternehmen entstehenden Integrationskosten sind als Negativeffekte bzw. Dissynergien zu erfassen und dem Übernahmeprojekt zuzurechnen. Es wäre falsch, diese Aufwendungen quasi in den allgemeinen Verwaltungskosten des Erwerbers untergehen zu lassen, wenn sie dem Projekt direkt als dissynergetische Effekte zugeordnet werden können.

Häufig werden Synergiepotenziale zwar theoretisch richtig ermittelt, später aber nicht ausgeschöpft, weil sich niemand ernsthaft um ihre Realisierung bemüht. Daher ist die Aufstellung eines Zeitplanes und die Festlegung von Verantwortlichkeiten notwendig, um die Wahrscheinlichkeit, dass die Hebung von Verbundeffekten unterbleibt, deutlich zu mindern.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Realisierung von Synergien je nach Art der Synergie unterschiedlich schwierig sein kann. So entstehen nach einem Zusammenschluss bestimmte Verbundeffekte im Finanzbereich quasi „automatisch“, während die Realisierung von Synergien im Produktionsbereich regelmäßig sehr viel größere Schwierigkeiten bereitet. Je leichter Synergien ausgeschöpft werden können, um so größer ist natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie tatsächlich realisiert werden. Ein Synergie-Controlling steigert die Chance, auch die schwer zu realisierenden Synergien konkret nutzbar zu machen.

Ebenso wichtig wie die Festlegung eines „Realisierungsfahrplanes“ ist eine regelmäßige Fortschrittskontrolle. Nur wenn im Rahmen turnusmäßiger Kontrollen festgestellt werden kann, dass die erzielten Synergien hinter den geplanten Synergien zurückbleiben, können rechtzeitig Anpassungsmaßnahmen eingeleitet werden. Wichtig ist auch der durch die Nachkontrolle erzielbare Lerneffekt.

Eine Nachkontrolle von Synergieeffekten ist allerdings nicht in allen Fällen problemlos durchführbar. Schwierig wird es nicht nur in Fällen, in denen eine Quantifizierung nur schwer möglich ist, sondern auch dann, wenn es Überlagerungseffekte mit nicht synergetischen Entwicklungen gibt. So lassen sich Verbundeffekte in einigen Fällen kaum von Effekten aus der allgemeinen Marktentwicklung trennen. Derartige partiell auftretende Schwierigkeiten können im gewissen Rahmen durch eine näherungsweise Einschätzung behoben werden. Somit treten wie bei der konkreten Ausgestaltung einer Kostenrechnung im Zuge eines Synergie-Controllings immer wieder Zurechnungsprobleme auf, welche die Aussagekraft insgesamt aber nicht in Frage stellen.

3. Zusammenfassung

Die Erzielung von Synergien gehört zu den zentralen Ansatzpunkten zur Steigerung des Shareholder Value. Die Einrichtung und richtige Ausgestaltung eines Synergie-Controllings ermöglicht es, die Fehleranfälligkeit bei der Einschätzung von Synergiepotenzialen zu reduzieren und die Realisierung von Verbundeffekten zu unterstützen. Basis eines Synergie-Controllings sind die Einzelerfassung und Quantifizierung von Synergiepotenzialen, die Aufstellung eines Zeitplanes und die Festlegung von Verantwortlichkeiten im Hinblick auf die Realisierung der Synergien sowie eine regelmäßig durchgeführte Fortschrittskontrolle, die bei Bedarf Anpassungsmaßnahmen bzw. Lerneffekte nach sich zieht.

Die Einrichtung eines derartig gestalteten Synergie-Controllings ist ein geeigneter Weg, die mit einem Zusammenschluss einhergehenden, synergiehemmenden Probleme zu meistern. Dies betrifft insbesondere auch die in einigen Fällen auftauchenden Probleme bei der Quantifizierung und der Zurechnung von Synergien.

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