Controlling-Lexikon

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Internationale Steuerplanung – Allgemeines

1. Überblick

Deutsche Konzerne zeichnen sich durch eine zunehmende Intensivierung und Ausweitung internationaler Aktivitäten aus. Die wachsende Investitionstätigkeit im Ausland hat zum Entstehen sehr heterogener globaler Unternehmensstrukturen geführt, die z.B. neu gegründete Tochtergesellschaften, Akquisitionen und Gemeinschaftsunternehmen umfassen.

Demgegenüber ist die Internationalisierung im Bereich des Steuerrechts noch nicht weit fortgeschritten. Da jeder Staat über ein eigenes Steuersystem verfügt, muss ein weltweit aufgestellter Konzern entsprechend viele unterschiedliche Steuerordnungen beachten. Auch wenn Doppelbesteuerungsabkommen Streitfragen in der Besteuerungskompetenz regeln, kann es durch grenzüberschreitende Tätigkeiten zu Mehr- bzw. Minderbelastungen im Vergleich zum deutschen Steuerniveau kommen.

Damit solche Mehr- bzw. Minderbelastungen nicht erst im Nachhinein im Rahmen der steuerlichen Veranlagung erkannt werden, ist eine Planung notwendig. Diese originär der Steuerabteilung zuzurechnende Aufgabe der Steuerplanung wirkt in viele andere Unternehmensbereiche hinein, z.B. die Investitions- und Finanzplanung. Der Koordinationsbedarf wie auch die Vielzahl der bei der Steuerplanung zu berücksichtigenden Informationen erfordern die Unterstützung durch das Controlling.

Hinweis:

Die Steuerplanung ist definiert als das vorausschauende Bestimmen der Höhe der Steuerbelastung und des Zeitpunktes der Steuerzahlung. Sie wird regelmäßig auf zwei Schwerpunkte zurückgeführt: Die Prognose von Steuerwirkungen und die zielkonforme Gestaltung von Steuertatbeständen.

Die internationale Steuerplanung muss neben der deutschen mindestens ein ausländisches Steuersystem sowie das zwischenstaatliche Recht, insbesondere in Form der Doppelbesteuerungsabkommen, berücksichtigen.

2. Aufgaben und Ziele der internationalen Steuerplanung

Die Betätigungsfelder der Steuerplanung ergeben sich aus dem steuerlichen Zielsystem. Die daraus abgeleiteten komplementären Unterziele werden in quantitative und qualitative Ziele unterschieden. Die relative Steuerminimierung wird dabei als wichtigstes quantitatives Ziel angesehen.

In den letzten Jahren gewinnt die Optimierung der Konzernsteuerquote zunehmend an Bedeutung. Mit ihrer Hilfe wird am Kapitalmarkt die Effizienz der Steuerpolitik eines Unternehmens beurteilt. Berechnet wird die Steuerquote als Verhältnis des Steueraufwands zum Jahresüberschuss vor Steuern. In der Regel werden nur Steuern vom Einkommen und Ertrag berücksichtigt, da nur sie in einem sachlichen Zusammenhang zum Jahresüberschuss stehen.

Im Zusammenhang mit der internationalen Steuerplanung lassen sich aus der relativen Steuerminimierung komplementäre Unterziele ableiten. Hierzu gehören die Vermeidung der Doppelbesteuerung und die Nutzung von Minderbesteuerungen.

Doppelbesteuerung
Eine rechtliche Doppelbesteuerung liegt vor, wenn derselbe Steuerpflichtige mit denselben Einkünften oder Vermögenswerten gleichzeitig in zwei oder mehreren Staaten zu gleichen oder vergleichbaren Steuern herangezogen wird. Bei der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung wird die Identität des Steuerpflichtigen zugunsten einer wirtschaftlich definierten Identität aufgeben. Sie liegt z.B. vor, wenn der Gewinn eines ausländischen Tochterunternehmens im Ausland der Besteuerung unterworfen wird und gleichzeitig im Inland als Beteiligunsertrag der Obergesellschaft steuerpflichtig ist.

Eine Minderbesteuerung liegt vor, wenn durch die Nutzung internationaler Belastungsunterschiede eine Senkung des Steuerniveaus im Vergleich zur Belastung im Wohnsitzstaat erreicht wird. Hierzu werden zwischenstaatliche Steuergefälle, Unterschiede in den internationalen Steuersystemen und lückenhafte zwischenstaatliche Abstimmungen ausgenutzt. Eine Minderbesteuerung kann somit innerhalb eines Konzerns entstehen, wenn Steuersubstanz, z.B. in Form von Gewinnen, auf ausländische Tochtergesellschaften verlagert wird, dort einer niedrigeren Besteuerung unterliegt und bei der Ausschüttung an die inländische Obergesellschaft von der inländischen Besteuerung freigestellt wird (Verrechnungspreise).

Neben den quantitativen Zielen werden im Rahmen der Steuerplanung auch einige, meist langfristige, qualitative Ziele verfolgt:

  • Mit dem steuerlichen Goodwill bezeichnet man einen guten Ruf der Unternehmung gegenüber der Finanzverwaltung. Er kann bei Ermessensentscheidungen des Finanzamts vorteilhaft sein.

  • Unter Anpassungsfähigkeit ist die steuerliche Flexibilität zu verstehen, mit der auf veränderte ökonomische oder steuerliche Rahmenbedingungen durch entsprechende steuerliche Gestaltungen reagiert werden kann.

  • Das Streben nach Sicherheit und Unabhängigkeit führt zu einer relativen Minimierung von steuerlichen Risiken in Form unerwarteter Steuernachzahlungen und Sanktionen. Die Anpassungsfähigkeit sowie die Sicherheit und Unabhängigkeit besitzen aufgrund der erhöhten Komplexität in der internationalen Steuerplanung einen hohen Stellenwert.

3. Systematisierung der Steuerplanung

Die Steuerplanung gehört zu den Aufgaben der Steuerabteilung und wird als Subsystem des Planungssystems angesehen. Die verschiedenen Tätigkeitsfelder der Steuerplanung können der strategischen, taktischen und operativen Planung zugeordnet bzw. in drei Partialmodelle untergliedert werden. Die folgende Abbildung stellt die Zusammenhänge zwischen diesen Systematisierungen der Steuerplanung dar:

Im Rahmen der strategischen Planung beschäftigt sich die Steuerplanung vor allem mit grundlegenden Entscheidungen wie der Rechtsformwahl und der Standortwahl. Auf der Ebene der taktischen Planung beziehen sich die Tätigkeitsfelder vor allem auf den Bereich der Investitions- und Finanzplanung. Ferner wird der taktischen Planungsebene auch die Steuerbilanzplanung zugewiesen, die versucht, die steuerlichen Ansatz-, Bewertungs- und Abschreibungswahlrechte auszunutzen, um den steuerlichen Totalerfolg belastungsminimierend auf die Einzelperioden zu verteilen. Die operative Planung bewertet den steuerlichen Einfluss auf die Produktions- und Absatzplanung.

4. Abgrenzung des Controllings im Rahmen der Steuerplanung

Die Notwendigkeit eines Controllings im Rahmen der Steuerplanung ergibt sich aus dem Einfluss der Steuern auf das Controlling sowie der controllingseitigen Unterstützung der Steuerplanung.

Zu den Zielen des Controllings zählt das Erreichen und Bewerten eines gesetzten Erfolges. Der steuerliche Erfolgseinfluss besteht darin, dass nur verbleibende Mittel (nach Steuern) einen Zielbeitrag erbringen. Im Rahmen der Erfolgsbewertung entscheidet das Controlling darüber, inwiefern Steuern als negative Erfolgsbeiträge vom ausländischen, lokalen Management beeinflussbar sind und diesem zugerechnet werden können. Ein Controlling-Ziel ist ferner die Herstellung der Vergleichbarkeit von Konzerneinheiten. Steuerlich motivierte Gestaltungen führen u.U. zu einer verzerrten Wirkung auf die Ergebnisse der Konzerneinheiten und können somit die Vergleichbarkeit einschränken.

Die Steuerbelastung muss darüber hinaus bei einer Vielzahl von unternehmerischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Es besteht ein Einfluss auf konstitutive und funktionale Entscheidungen anderer Unternehmensbereiche. Bezüglich der Kontrolle langfristiger Planungen sind insbesondere die Planungsprämissen in Form steuerlicher Rahmenbedingungen wichtig, die einer Prämissen- und Konsistenzkontrolle unterzogen werden müssen. Bei eher kurzfristiger Absatz-, Produktions-und Investitionsplanungen sollten Steuern aufgrund ihres Kostencharakters berücksichtigt werden.

Einflüsse auf das Informationssystem ergeben sich daraus, dass steuerliche Informationen aus internen und externen Quellen für andere Teilbereiche der betrieblichen Planung bereitgehalten werden müssen. Diese Informationen sind zum einen in Form von Eingangsgrößen als Anregungen für Planungsprozesse erforderlich. So sollte im Rahmen der Investitionsplanung z.B. die Möglichkeit von steuerlichen Sonderabschreibungen berücksichtigt werden. Zum anderen werden Informationen über steuerliche Planungsprämissen benötigt, um Kontrollen zu erleichtern.

In umgekehrter Wirkungsrichtung lässt sich aus den Funktionen des Controllings auch eine notwendige Unterstützung der Steuerplanung durch Controlling-Aktivitäten ableiten:

  • Im Rahmen der Koordinationsfunktion des Controllings geht es primär um die Abstimmung einzelner Entscheidungen auf ein gemeinsames Ziel hin. In der Steuerplanung werden Entscheidungen getroffen, die mit anderen betrieblichen Entscheidungen abzustimmen sind. Daher sollte sich die Koordinationsfunktion des Controllings auch auf die Steuerplanung erstrecken. Da Steuerzahlungen erst durch den betrieblichen Leistungserstellungsprozess ausgelöst werden, benötigt die Steuerplanung Informationen über andere betriebliche Teilpläne als Ausgangspunkt für die eigene Planung.

  • Die Zielausrichtungsfunktion sorgt dafür, dass sich die Aktivitäten der einzelnen Unternehmensbereiche an einem gemeinsamen Oberziel, z.B. der langfristigen Gewinnmaximierung, orientieren. Dieses Ziel gilt auch für die Steuerabteilung, da sie in Form von Verwaltungskosten und Steuerzahlungen negative Zielbeiträge leistet.

  • Die Anpassungs- und Innovationsfunktion zielt auf das frühzeitige Erkennen von Veränderungen in der relevanten Unternehmensumwelt ab. Zur Umwelt eines multinationalen Konzerns gehören auch inländische und ausländische Steuersysteme. In diesem Zusammenhang kommt der Steuerplanung die Aufgabe zu, durch Anpassungen frühzeitig auf Veränderungen zu reagieren bzw. selbst (z.B. durch Klagen vor Finanzgerichten) auf Änderungen hinzuwirken. Die Anpassungs- und Innovationsfunktion muss sich daher auch auf das frühzeitige Erkennen von Veränderungen in der steuerlichen Umwelt der Unternehmung erstrecken.

  • Die Servicefunktion bezieht sich auf das Bereitstellen geeigneter Verfahren zur Koordination sowie auf die Informationsversorgung. Steuerliche Informationen müssen sowohl in der Steuerplanung als auch in Entscheidungen anderer Funktionsbereiche Berücksichtigung finden. In den Entscheidungsprozess der Steuerplanung müssen darüber hinaus auch nicht originär als steuerlich anzusehende Informationen einfließen. Zur Sicherung dieses Informationsflusses sollte das Controlling in seiner Tätigkeit als Informationsmakler die Steuerverwaltung bei der Informationsversorgung und somit die Steuerplanung unterstützen.

Insgesamt berührt das Controlling mit der Steuerplanung ein spezifisches Aufgabenfeld der Steuerabteilung. Es handelt sich diesbezüglich aber nicht um ein umfassendes und eigenständiges Bereichscontrolling, welches sich mit koordinatorischen Problemstellungen befasst, die nicht bereits durch das allgemeine Controlling oder andere Abteilungen bearbeitet werden. Vielmehr sind unterstützende und koordinierende Controlling-Aufgaben im Rahmen des Steuerplanungsprozesses zu erfüllen.

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