Controlling-Lexikon

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Kontingenzplanung

1. Überblick

Die Kontingenzplanung erfasst Ereignisse, die wegen ihrer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit zwar nicht Gegenstand der Basisplanung sind, jedoch auf Grund ihrer als bedeutend eingeschätzten Auswirkungen hinsichtlich Chancen und Risiken in der Unternehmensplanung insgesamt berücksichtigt werden sollten. Dementsprechend zeichnet sich die Kontingenzplanung durch folgende Merkmale aus:

  • Die Kontingenzplanung berücksichtigt ungewöhnliche Ereignisse.

  • Die berücksichtigten Ereignisse zeichnen sich durch eine geringe bis sehr geringe Eintrittswahrscheinlichkeit aus.

  • Es handelt sich um Ereignisse, die im Falle des Eintritts von großer Relevanz sind.

  • Bei Eintritt der berücksichtigten Ereignisse muss das Unternehmen sehr schnell reagieren können.

Die Kontingenzplanung, die vereinzelt auch als Eventualplanung, Schubladenplanung oder Notfallplanung bezeichnet wird, darf nicht mit der Alternativplanung verwechselt werden, bei der unterschiedlichePlanvarianten im Rahmen des Entscheidungsprozesses ermittelt werden.

Anders als bei der flexiblen Planung, die alle Anpassungen auf Grund geänderter Datenkonstellationen im Basisplan berücksichtigt, tritt der Kontingenzplan bei Eintritt bestimmter Datensituationen an Stelle des bis dahin gültigen Basisplans.

In erster Linie sollen durch die Kontingenzplanung die Mengen an Entscheidungen, die bei Eintritt bestimmter Veränderungen innerhalb kürzester Zeit im Unternehmen zu treffen sind, verringert werden. Durch die gedankliche Vorwegnahme solcher Ereignisse und der Erarbeitung von Handlungsalternativen kann somit schnellstmöglich sowohl auf Gefahren als auch auf Risiken reagiert werden. Durch das Suchen nach unternehmungsexternen und -internen Chancen und Risiken sowie deren Bewertung wird gleichzeitig die Urteilsfähigkeit gegenüber komplexen Sachverhalten gestärkt und die Planung rationell gestaltet.

2. Planungsprozess

2.1 Bestimmung der zu untersuchenden Ereignisse

Der schwierigste Teil der Kontingenzplanung besteht in der Identifizierung von zukünftig möglichen Chancen und Risiken. Zur Lösung dieses Kernproblems wird durch Anwendung von Kreativitätstechniken oder Prognosetechniken (beispielsweise Delphi-Methode oder Portfolioanalyse) eine Stärken- und Schwächenanalyse des Unternehmens erstellt, die sowohl krisen- und chancenreiche Situationen im Unternehmen selber (Unternehmensanalyse) als auch mögliche Einflüsse von außerhalb analysiert. Zur Auffindung von krisen- und chancenreichen Situationen kann man unter Umständen auf Schlüsselgrößen des Basisplans zurückgreifen. Dabei setzt das Erkennen von möglichen zukünftigen, in der Kontingenzplanung zu berücksichtigenden Ereignissen grundsätzlich ein hohes Maß an Marktkenntnis, Sachverstand und Kreativität des Planenden voraus.

Neben der Eintrittswahrscheinlichkeit sollten vor allem das Ausmaß der Auswirkungen auf die Unternehmensprozesse und die zur Verfügung stehende Reaktionszeit nach Eintritt für die Auswahl der zu berücksichtigenden Ereignisse herangezogen werden. Zur Bestimmung der Relevanz von Ereignissen haben sich vor allem Sensitivitätstechniken (Sensibilitätsanalyse) und Simulationen bewährt, mit denen aufgezeigt werden kann, welche Konsequenzen entstehen würden, wenn das Unternehmen bei Eintritt des betrachteten Vorgangs nicht reagieren würde.

Bei der Auswahl der im Rahmen der Kontingenzplanung zu untersuchenden Ereignisse sollte man sich – nicht zuletzt aus Gründen der Wirtschaftlichkeit – auf die besonders kritischen Ereignisse beschränken. Einige Autoren empfehlen hierzu, auf keinen Fall mehr als sechs mögliche Vorkommnisse näher zu untersuchen.

2.2 Entwicklung von Abwehr- und Anpassungsstrategien

In der nächsten Phase des Planungsprozesses sind für die ausgewählten Ereignisse Abwehr- und Anpassungsstrategien zu entwickeln. Diese können einerseits darauf hinauslaufen, den ursprünglichen Basisplan nach Abschluss der durch die Kontingenzplanung beherrschten Zeitspanne wieder verwirklichen zu können, andererseits aber auch zum Ziel haben, nach Eintritt des Ereignisses einen gewissen Zeitraum optimal zu überbrücken, um einen neuen Basisplan zu entwickeln.

Zur Darstellung von bedingten Reaktionen auf bestimmte Ereignisse und den sich daran anschließenden möglichen Entwicklungen eignet sich besonders die Entscheidungsbaumtechnik.

Bezogen auf die Reaktionszeit sind die Abwehr- und Anpassungsstrategien ausreichend detailliert zu formulieren. Tendenziell verhält sich hierbei die Reaktionszeit auf ein eingetretenes Ereignis und der Detailliertheitsgrad des Kontingenzplanes umgekehrt proportional. Erfordert ein bestimmtes Ereignis eine sofortige Reaktion, ist dementsprechend ein großer Detaillierungsgrad erforderlich, und umgekehrt.

2.3 Beurteilungsphase

Der Einsatz von Kontingenzplänen ist unter Umständen mit nicht unerheblichen Investitionen verbunden. Zur Beurteilung, welche Kontingenzpläne bereitgehalten werden sollen, können allgemeine Planungstechniken verwendet werden (beispielsweise Nutzwertanalyse). Bei der Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen sind auch mögliche Reaktionen der Konkurrenz (Konkurrenzanalyse) zu berücksichtigen.

3. Realisationsprozess

Nach Festlegung der Abwehr- und Anpassungsstrategien sind für jeden Kontingenzplan konkrete Vorgehensweisen festzulegen. Der Detaillierungsgrad dieses Prozesses ist wiederum abhängig von der möglichen Reaktionszeit. Darüber hinaus sind Interventionspunkte zu fixieren, bei deren Erreichen oder Überschreiten der Kontingenzplan eingesetzt werden soll. Um die erforderlichen Informationen möglichst frühzeitig zu erhalten, ist im Allgemeinen die Installation eines Frühwarnsystems erforderlich.

Im nächsten Schritt sind die Personen zu bestimmen, die die relevanten Informationen aufnehmen und an den Personenkreis weiterleiten, der über die Aktivierung von Kontingenzplänen zu befinden hat. Um Verzögerungen in der Realisationsphase zu vermeiden, sollten Personen, die an der Erstellung des Basisplans beteiligt waren, nicht an der Erfassung und Weiterleitung dieser Informationen mitwirken.

Unabhängig von ihrer Auslösung sind Kontingenzpläne regelmäßig im Hinblick auf sich verändernde Strategien und/oder Vorgehensweisen zu überprüfen und gegebenenfalls an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen. Nach erfolgtem Einsatz eines Kontingenzplanes sind im Rahmen einer Abweichungsanalyse die vorausgesagten Auswirkungen mit den tatsächlich eingetretenen Veränderungen zu vergleichen. Auf Grund des Ereigniseintritts und der festgestellten Abweichungen sind die weiteren, auf Abruf liegenden Kontingenzpläne entsprechend zu korrigieren.

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