Konzernplanung
Inhaltsübersicht
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1. Einleitung
Gegenüber der Einheitsgesellschaft gewinnt die rechtlich-organisatorische Strukturierung der Unternehmen als Konzern immer mehr an Bedeutung.
Ein Konzern ist ein Zusammenschluss mehrerer (mindestens zweier) rechtlich selbstständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung. Hierbei gibt es eine rechtlich-formale und eine wirtschaftlich-materielle Seite. Da die Konzernleitung die Befugnis besitzt, ihre Konzerngeschäftspolitik gegenüber der Leitung der einzelnen Konzerngesellschaften durchzusetzen, ist der Konzern im betriebswirtschaftlichen Sinne in seiner Gesamtheit ebenfalls als Unternehmen zu bezeichnen.
Die wachsende Bedeutung von Konzernen hängt unmittelbar mit der weiter voranschreitenden Internationalisierung der Märkte und der Notwendigkeit zusammen, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbundenen Risiken möglichst breit zu streuen (Diversifikation). Weitere Ziele können darin liegen, den Wettbewerb weitestgehend auszuschalten oder Rationalisierungsmöglichkeiten durch Ausschöpfen von Synergiepotenzialen zu nutzen. Die Konzernbildung kann dabei sowohl durch Akquisition bereits bestehender ökonomisch-rechtlicher Einheiten, Neugründung von Tochtergesellschaften oder Ausgliederung bereits bestehender Unternehmenseinheiten (Sparten, Divisionen, Niederlassungen) erfolgen.
2. Gegenstand der Konzernplanung
Im Konzern bezieht sich die Planung auf eine wirtschaftliche Einheit, die aus mehreren rechtlich selbstständigen Gesellschaften besteht. Dementsprechend umfasst die Konzernplanung das gesamte System mit allen untergeordneten Systemen (Subsystemen). Zusätzlich sind die Beziehungen zwischen den Subsystemen und den Umsystemen zu berücksichtigen. Ein Konzernplanungssystem besteht damit sowohl aus Planungen der Konzernzentrale als auch aus Planungen der einzelnen Konzerngesellschaften. Dabei stellt die Konzernplanung eine subsystemübergreifende Planung für die gesamte wirtschaftliche Einheit dar, deren konkrete Ausgestaltung primär von der Struktur des Leistungsprogramms, der Standortstruktur, der Organisationsstruktur sowie dem Führungsstil der oberen Führungskräfte in der Konzernspitze abhängt.
Bezüglich des Führungsstils lassen sich als extreme Führungsformen eine primär autoritär-zentrale und eine primär kooperativ-dezentrale Führung unterscheiden, wobei mit zunehmender Konzerngröße eine Tendenz zu dezentral orientierten Lösungen vorherrscht. Ferner beeinflussen weitere situative Faktoren wie zum Beispiel die Konzernaufgabe, die kulturelle Einbettung im internationalen Kontext u.a. die Ausprägung des praktizierten Führungsstils.
3. Generelle Zielplanung
Ziele sind im betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch „gewollte zukünftige Zustände“. Sie sind – anders als bestimmte Sachverhalte, die als Daten zu akzeptieren sind – gestaltungsfähige Variablen, die der Planbarkeit unterliegen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es das Ziel des Unternehmens nicht gibt, sondern Zielkomplexe, die sich aus zahlreichen Einzelelementen mit unterschiedlichsten wechselseitigen Beziehungen zusammensetzen, die sich darüber hinaus im Zeitablauf auch ändern können (Zielsystem). Dementsprechend ist die Zielplanungals ein Prozess zu verstehen, der nicht nur einmalig, sondern ständig abläuft und dabei Veränderungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens berücksichtigt.
Im Rahmen der Konzernplanung sind Ziele bezüglich Inhalt, Umfang und zeitlicher Geltung in wechselseitiger Abhängigkeit für das gesamte System und die Subsysteme zu spezifizieren. Im Allgemeinen werden zur Durchführung der Planung Ziele als Planungsgrößen auf der Basis einer Zielvorschau von jeweils über- und untergeordneten Führungsebenen erarbeitet und von der für ihre Vorgabe autorisierten Führungsgruppe verabschiedet.
Für die ökonomische Zielkonzeption sind im Hinblick auf die Sachziele Angaben darüber erforderlich,
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in welchen Wirtschaftszweigen,
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in welchen Sektoren (geografischen Räumen, Märkten) und
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in welcher Tiefe der Leistungserstellung
das Tätigkeitsfeld des Konzerns liegen soll. Hierbei wird gegebenenfalls die Sachzielkonzeption der Gesellschaft bereits festgelegt, da sie bei extrem zentraler Führung nur durch deren jeweilige oberste Führung bestimmt werden kann.
Im Rahmen der ökonomischen Formalziele geht es um die Fixierung des jeweiligen Wirtschaftlichkeitsgrades, der das Resultat des Abwägens von Einsatz- und Ergebnisgrößen in Werten ist. Für das Gesamtunternehmen, die einzelnen Gesellschaften und die Obergesellschaft werden die oberen Wertziele (Gewinn- und Rentabilitätsgrößen, Liquidität usw.) und gegebenenfalls Wertzielkomponenten (Ertrags-, Aufwands-, Leistungs-, Kostenziele usw.) festgelegt und daraufhin kontrolliert, ob sie erreicht werden. Für den Gesamtkonzern werden Wertziele und Wertzielkomponenten nach Produkten bzw. Produktgruppen, Regionen sowie Großobjekten gesondert geplant, sofern sich diese Bezugsgrößen nicht mit denen der Subsysteme bzw. Tochtergesellschaften decken.
Im Rahmen der sozialen Zielkonzeption ist festzulegen, wie sich der Konzern gegenüber der Öffentlichkeit und seinen Mitgliedern verhalten will. Zwar erfolgt – zumindest nach außen hin – kaum eine gesellschaftsbezogene Differenzierung zu Kommunen, Marktpartnern, Kapitalgebern usw., im Innenverhältnis – gegenüber den Mitgliedern – ist es jedoch durchaus möglich, in einzelnen Konzernteilen unterschiedliche Bedürfnisse der Mitarbeiter anzusprechen (Anreizsysteme).
4. Strategische Konzernplanung
Bezogen auf das Gesamtsystem und die jeweiligen Subsysteme umfasst die strategische Konzernplanung die Geschäftsfeld-Planung, die Organisations- und Rechtsstrukturplanung sowie die Führungskräfteplanung.
4.1 Geschäftsfeldplanung
Bei dezentraler Führungsorganisation sind die Führungsorgane der Subsysteme eines Konzerns für die Geschäftsfeldplanung weitgehend selbst verantwortlich. Die Koordinationsstellen haben überwiegend nur beratende Funktionen, sodass hier die strategische Geschäftsfeldplanung des Konzerns in den einzelnen Gesellschaften weitgehend autonom erfolgt. Die Aufgabe der Zentralstellen beschränkt sich darauf,
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die Einzelpläne zu einem gesamtunternehmensbezogenen Plan zu verdichten,
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auf gravierende Diskrepanzen hinsichtlich der Gesamtunternehmensziele hinzuweisen und
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beratend auf eine Gesamtintegration hinzuwirken.
Im Rahmen ihres Abschreibungsvolumens bestimmt jede Gesellschaft ihre Investitionen selbst – zumindest, wenn die in Konzernrichtlinien definierten Ergebniskriterien erfüllt werden können. Teilweise wird den Gesellschaften – vor allem bei internationalen Konzernen – auch bei der Außenfinanzierung in einem gewissen Rahmen Autonomie eingeräumt. Allerdings werden von der Zentrale für Investitionsrechnungen und -beurteilungen allgemeine Prognoseunterlagen, Zinssatzangaben sowie zu verwendende Investitionsrechnungsverfahren einheitlich vorgegeben. Ferner bedürfen zur Wahrung konzernpolitischer Interessen Programm- und Potenzialplanungen, die einen bestimmten Umfang überschreiten, stets der Zustimmung der Konzernleitung.
Bei zentraler Führungsorganisation gibt die Zentrale den Gesellschaften den langfristigen Produktprogramm- und Potenzialplan entweder autonom entwickelt vor (evtl. detailliert untergliedert nach Produkten und Märkten). Oder es wird zusammen mit den Führungskräften der Gesellschaften aus ihren eingereichten Planungsunterlagen im so genannten Gegenstromverfahren ein langfristiger Plan für das Gesamtunternehmen und die Gesellschaften entwickelt. Im letzten Fall ist die Abgrenzung zwischen zentraler und dezentraler Führung fließend.
4.2 Organisationsplanung
Sowohl die Planung der Organisations- und Rechtsstruktur des Konzerns als auch die Führungskräfteplanung obliegt im Konzern der obersten Konzernführung und wird somit grundsätzlich zentral durchgeführt.
Als grundlegende Organisationsalternativen eines Konzerns bieten sich – ausgehend von den generellen ökonomischen und sozialen Zielen – ein- und mehrdimensionale Organisationsmodelle an. Ferner ist in diesem Zusammenhang über die Zahl der Konzernstufen sowie über die Ausgestaltung der Konzernspitze zu entscheiden.
In Abhängigkeit von der Programmstruktur, der Unternehmensgröße, der Standortstruktur, der Homogenität oder Heterogenität der im Konzern zusammengefassten Unternehmensstrukturen und von zahlreichen weiteren internen und externen Bedingungsfaktoren ökonomischer, gesellschaftlicher, technologischer, rechtlicher oder politischer Art ergeben sich für die Vorteilhaftigkeit einzelner Organisationsalternativen unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe. Andererseits lässt sich jede Konzernorganisation durch die Beschreibung einzelner „Bausteine“ (Subsysteme) präzisieren, wobei für das Entstehen eines Konzerns mindestens zwei Ebenen von Subsystemen vorausgesetzt werden:
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Den Grundeinheiten kommt im Rahmen der gestellten Konzernpolitik die Sachaufgabenerfüllung zu. Es handelt sich hierbei entweder um rechtlich selbstständige Tochtergesellschaften oder um rechtlich unselbstständige Betriebseinheiten. Zur Begründung eines Konzernverhältnisses muss mindestens eine Grundeinheit rechtliche Selbstständigkeit erlangen.
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Die Spitzeneinheit setzt sich aus den verschiedenen Kernabteilungen, Koordinierungsabteilungen und Stabsabteilungen der Zentrale zusammen. Sie bestimmt und kontrolliert die Gesamtpolitik des Konzerns entweder als rechtlich selbstständige Holding-Gesellschaft oder als rechtlich unselbstständiger Teil der herrschenden Muttergesellschaft.
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Daneben können mehrere Grundeinheiten zu Zwischeneinheiten zusammengefasst werden. Diese Organisationseinheiten entlasten im Allgemeinen die Spitzeneinheit, beispielsweise durch Bildung von regionalen Zwischengesellschaften in international tätigen Konzernen. Solche Zwischeneinheiten können entweder rechtlich unselbstständig bleiben oder rechtlich verselbstständigt werden (Zwischenholding).
Durch Kombination der Spitzen-, Zwischen- und Grundeinheiten gelangt man zu zwei grundlegenden Strukturalternativen der Konzernorganisation:
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Beim so genannten Stammhaus-Konzept bildet die Konzernspitze keine rechtlich selbstständige organisatorische Einheit. Im Allgemeinen übernimmt die Führungsspitze der dominierenden, auch operativ tätigen Konzerngesellschaft (der Muttergesellschaft) die Leitung des Konzerns in Personalunion. Diese Organisationsform kommt insbesondere bei homogenen Produktprogrammen sowie starker leistungswirtschaftlicher Dominanz der Muttergesellschaft in Betracht.
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Beim so genannten Holding-Konzept stellt die Konzernspitze rechtlich und organisatorisch eine selbstständige Einheit dar, die im Extremfall nur aus einem Vorstandsvorsitzenden und Vorstandsmitgliedern der Ressorts Finanzen und Controlling sowie Personal (Führungskräfte) besteht. Diese Organisationsform kommt insbesondere bei stark heterogenem Produktprogramm und/oder starker Standortdezentralisation in Betracht. Allerdings dient das Halten von Unternehmensbeteiligungen in diesem Fall mehr der Finanzanlage oder risikomindernden Kapitalstreuung als der Konzernierung.
Neben diese beiden Grundformen tritt als weitere Alternative das Konzept der geschäftsnahen Führung des Konzerns, bei dem die Führungsspitze des Konzerns zwar verselbstständigt wird, die Besetzung des Leitungsorgans jedoch durch die Vorsitzenden der wichtigsten Tochtergesellschaften in Personalunion erfolgt.
4.3 Rechtsstrukturplanung
Bezüglich der Rechtsstrukturplanung im Konzern eröffnen sich zunächst bei der rechtlichen Gestaltung des gesamten Konzerngebildes verschiedene Varianten.
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Im Falle des Unterordnungskonzerns wird das Über-/Unterordnungsverhältnis und die daraus resultierende einheitliche Leitung der abhängigen, rechtlich selbstständigen Gliedbetriebe durch die Konzernobergesellschaft betont. Die einheitliche Leitung im Gleichordnungskonzern wird ohne die Konstatierung eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen den Konzerneinheiten ausgeübt. Dementsprechend kann sich die einheitliche Leitung im Gleichordnungskonzern nicht auf die Macht eines der Unternehmen über die anderen stützen, sondern ist auf andere Koordinationsmittel angewiesen.
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Beim faktischen Konzern beruht das Weisungsrechts der Konzernspitze lediglich auf der faktischen Macht einer der Konzerneinheiten gegenüber den anderen Konzerngesellschaften, die diese in ein Abhängigkeitsverhältnis drängt (zum Beispiel durch Mehrheitsbeteiligung, Stimmenmehrheit oder personelle Verflechtung). Da hierbei die Durchsetzung des einheitlichen Willens durch eine Reihe von Vorschriften des Aktiengesetzes (vgl. hierzu die §§ 311 ff.) beschränkt ist, wird häufig ein Beherrschungsvertrag angestrebt. In diesem Fall bildet der Konzern dann eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Einheit.
Natürlich berührt die Wahl der Rechtsform der einzelnen Konzerngesellschaften zunächst den Entscheidungstatbestand der Rechtsformwahl in den Einzelgesellschaften. Diese Entscheidungen sind unter Berücksichtigung von Gewinn- und Verlustbeteiligung, der sich bietenden Finanzierungsmöglichkeiten, der Steuerbelastungen usw. jeweils separat zu treffen.
4.4 Führungskräfteplanung
Im Konzern kommt der strategisch orientierten Führungskräfteplanung und der Planung der Führungskräfteentwicklung (Personalentwicklungs-Controlling) besondere Bedeutung zu. Grundlage der erforderlichen Planungsaktivitäten sind die Ist- und Sollkonzeptionen der organisatorischen und rechtlichen Strukturierung des Konzerns sowie die Anforderungsprofile von Führungsstellen und Beurteilungsprofile des aktuellen Führungskräftepotenzials. Der Bedeutung der Führungskräfteplanung entsprechend obliegt dieser Aufgabenbereich in erster Linie der Konzernspitze.
5. Operative Planung
Ob die operative Produktprogrammplanung zentral oder dezentral erfolgen sollte, hängt vornehmlich vom Konzerntyp ab. Bei horizontal gegliedertem Konzern und heterogenem Produktprogramm ist eher eine dezentrale Produktprogrammplanung vorzuziehen. Bei homogenem Produktprogramm wird die Produktprogrammplanung meistens zentral bzw. kombiniert zentral-dezentral vorgenommen (Gegenstromverfahren). Unabhängig vom Produktprogramm wird bei vertikal gegliederten Konzernen überwiegend eine zentrale Produktprogrammplanung erfolgen.
Existieren so genannte Service-Center (beispielsweise rechtlich verselbstständigte EDV-Center oder Forschungs-Center), sind von ihnen die üblichen Pläne zu erstellen (Center-Organisation).
6. Ergebnis- und Finanzplanung
Die Ergebnis- und Finanzplanung ist im Konzern für die Obergesellschaft von besonderer Bedeutung, weil vielfach zeitlich versetzt Gewinne von Tochtergesellschaften an sie abgeführt und sie allein Gewinne an die Aktionäre ausschütten.
Um die Ergebnislage und -entwicklung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit beurteilen zu können, sind neben dem üblichen ergebnisorientierten Rechenwerk konsolidierte Jahresabschlüsse des Konzerns zu planen. Ferner werden – ausgehend von den Finanzplänen der Tochtergesellschaften und der Zentrale nach Konsolidierung der konzerninternen Zahlungsströme – kurz-, mittel- und langfristige Konzernfinanzpläne abgeleitet. Grundsätzlich wird die Finanzplanung im Konzern zentral durchgeführt. Lediglich in internationalen Konzernen sind Ausnahmen erforderlich.
Center-OrganisationFinanzplanungGegenstromverfahren