Controlling-Lexikon

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Patentmanagement

1. Überblick

Schon länger greifen Unternehmen auf Patente zurück, um ihre technischen Neuheiten, die oftmals die Resultate langwieriger und kostspieliger F&E-Prozesse sind, zu schützen. Um die mannigfaltigen Vorteile von Patenten auf effiziente Weise realisieren zu können, bedarf es im Unternehmen eines systematisch angelegten Patentmanagements.

Hinweis:

Patente werden für Erfindungen erteilt, die neu und gewerblich verwertbar sind. Das Patent verleiht seinem Inhaber das Recht, über seine Erfindung zu verfügen und Dritten die Nutzung der geschützten Erfindung zu verbieten. Der Inhaber des Patentes kann die Erfindung selbst anwenden oder Lizenzen vergeben. Das Patent schafft einen monopolähnlichen Schutz, und das bis zu 20 Jahre lang. Allerdings schützt ein Patent nur vor Nachahmern – einen finanziellen Gewinn kann es nicht garantieren, denn um die Verwertung eines Patents muss sich der Inhaber selbst kümmern.

Zu den wesentlichen Aufgaben des Patentmanagements gehört es, die patentbezogenen Erfolgsvoraussetzungen eines Unternehmens zielorientiert zu formen und auszuschöpfen. Dies beinhaltet eine aktive (auf die eigenen Schutzrechte bezogene) und reaktive (die Schutzrechte Dritter betreffende) Patentpolitik.

  • Im Rahmen der aktiven Patentpolitik geht es einerseits im Rahmen einer Prävention darum, für die eigenen Erfindungen Schutzpositionen zu schaffen, um deren Vorteile zu sichern und Störungen der Unternehmenspolitik zu vermeiden. Andererseits ist die aktive Patentpolitik bestrebt, eigene Schutzpositionen zu behaupten. Hierzu gehört, Patente gegen Einsprüche Dritter zu verteidigen und unberechtigte Nachahmungen der Erfindung offensiv zu bekämpfen.

  • Im Rahmen einer reaktiven Patentpolitik können offensive Maßnahmen auch auf fremde Schutzrechte gerichtet sein, die vernichtet oder eingeschränkt werden sollen. Ferner zielt die reaktive Patentpolitik auf Prävention, wenn sich z.B. zeigt, dass Wettbewerbsprodukte einen geplanten eigenen Vorstoß verhindern und deren Beseitigung beabsichtigt wird.

Die Patentpolitik erfordert vielfältige Informationen über Schutzrechte in verschiedenen technologischen Sektoren, maßgebliche Akteure oder auch den Stand der Technik einer Erfindung. Die diesbezüglich einsetzbaren Patentrecherchen stellen in informatorischer Hinsicht das wesentliche methodische Handwerkszeug des Patentmanagements dar.

Aus strategischer Sicht stellt das Patentmanagement einen wichtigen Teil der Unternehmensführung dar. In diesem Zusammenhang besteht die Hauptforderung des Patentmanagements darin, durch eine koordinierte strategische Planung und Kontrolle der Patentpositionen des Unternehmens Erfolgspotenziale zu schaffen und zu erhalten sowie deren Ausschöpfung mit zu gestalten. Zentrale Bedeutung hat dabei die Planung von Patentstrategien mit ihren Grundsatzentscheidungen über den Aufbau, die Sicherung und die Aufgabe von Patentpositionen. Diesbezüglich geht es inhaltlich nicht nur um die Sicherung der eigenen Aktionsräume, sondern um die umfassende Nutzung der vielfältigen erfolgsrelevanten Patentfunktionen. So ist neben der Sperr- und der Tauschfunktion etwa an die Motivationsfunktion des Patents oder die Reputationsfunktion zu denken. Die häufig detaillierten Marktkenntnisse des Patentmanagements legen es nahe, diese auch in die Gestaltung der Patentverwertung (z.B. durch Lizenzen) einzubeziehen.

Begleitend zur strategischen Planung werden Patentpositionen durch strategische Kontrollen fortlaufend überprüft, um entstehenden Handlungsbedarf rechtzeitig zu erkennen. Hierbei werden Planfortschritts- und Prämissenkontrollen (Beurteilung der Gültigkeit von Annahmen) sowie strategische Überwachungen eingesetzt (Frühwarnsystem, Frühaufklärungssysteme). Allgemein werden Planung und Kontrolle an den Erfordernissen der verschiedenen Aggregationsebenen des Unternehmens (Gesamtunternehmen, bestimmte Technologien, einzelne Erfindungen u.Ä.) ausgerichtet. Die enge Abstimmung des Patentmanagements mit dem Technologie- und dem Marketingmanagement sollte dabei gewährleisten, dass bei der Gestaltung des Patentschutzes technologie- und marketingstrategische Prioritäten beachtet werden.

Als Informationsgrundlage eines strategisch angelegten Patentmanagements kommen – neben den Formen der Patentrecherche – vielfältige weitere Methoden in Betracht, wie z.B. die Verfahren der strategischen Analyse und Prognose. In diesem Kontext hat vor allem die Patentportfolio-Analyse eine wichtige Bedeutung, die eine vielseitig einsetzbare Planungs- und Steuerungsmethode des Patentmanagements darstellt.

2. Patentportfolio-Analyse als Instrument des Patentmanagements

Die Patentportfolio-Analyse stellt ein ganzheitliches Verfahren zur patentbezogenen Strategieentwicklung und -überwachung dar, das im engeren Sinne drei Schritte einschließt:

  • Im Rahmen einer Bestandsaufnahme geht es zunächst um die Erfassung der Schutzrechte des Unternehmens. Bei einer größeren Zahl von Patenten ist es dabei erforderlich, aus Patenten, die Gemeinsamkeiten aufweisen, sogenannte Patentfelder zu bilden. Dies geschieht, indem z.B. Patente zusammengelegt werden, die ein spezielles Produkt des Unternehmens betreffen.

  • Die Ist-Positionen der Patente (Patentfelder) werden in einem zweiten Schritt durch eine Bewertung anhand zweier Hauptkriterien, der Attraktivität und der Stärke, ermittelt. Die Attraktivität eines Patents lässt sich an der technischen oder ökonomischen Bedeutung der geschützten Erfindung und der des Schutzrechtes messen. Bei der Stärkebeurteilung werden dagegen die rechtliche Qualität des Patents – welche z.B. vom erreichten Stand im Erteilungsverfahren abhängt – und die finanziellen Möglichkeiten des Patentinhabers zu dessen Durchsetzung berücksichtigt.

  • Im dritten Schritt erfolgt die Darstellung der Ist-Positionen der Patente (Patentfelder) in der Patentportfolio-Matrix (vgl. Abb. 1), anhand derer Handlungsempfehlungen erarbeitet werden können.

In Abbildung 1 werden die zu 13 Patentfeldern aggregierten Patente eines Unternehmens dargestellt, wobei die Kreisdurchmesser zur Anzahl der in die Patentfelder einbezogenen Patente proportional sind. Die Analyse des Patentportfolios ist für die Aufgaben des Patentmanagements auf den verschiedenen Aggregationsebenen des Unternehmens – wie im Folgenden gezeigt wird – eine bedeutende Basis.

3. Aufgabenbereiche des Patentmanagements

3.1 Patentmanagement auf der Ebene des Gesamtunternehmens

Dem Patentmanagement kommt auf der Ebene des Gesamtunternehmens zum einen die Aufgabe zu, die generelle Patentstrategie, die die Grundhaltung des Unternehmens gegenüber der Inanspruchnahme des Patentwesens bestimmt, zu formulieren (sogenannte patentpolitische Leitlinie). Zum anderen sollte anhand des Patentportfolios die Angemessenheit der Patentpolitik insgesamt angestrebt werden. Patentpolitische Leitlinien stellen längerfristig stabile, unter Beachtung der übergeordneten Unternehmensstrategie zutreffende Aussagen dar, die den Rahmen für die Patentpolitik auf den niedrigeren Aggregationsebenen bilden. Sie setzen sich aus einer Ziel- und einer Handlungskomponente zusammen. Ihre wichtigste Zielsetzung besteht in der Sicherung der Handlungsfreiheit des Unternehmens. Als weitere Ziele kommen z.B. der Aufbau von Machtpotenzialen oder die Beeinflussung von Märkten und Marktteilnehmern in Betracht.

Im Zentrum der Handlungsebene steht die Frage, wie intensiv das Patentwesen genutzt werden sollte. Als mögliche Strategien kommen z.B. in Betracht:

  • Patentierung zur Erreichung eines Patentportfolios, das für Lizenzverhandlungen günstig ist.

  • Patentierung von Erfindungen nach kurzer Prüfung, sofern Aussicht auf technischen Erfolg besteht.

  • Patentierung von Inventionen nach eingehender Prüfung, sofern starke Aussicht auf technischen Erfolg besteht.

  • Patentierung von Erfindungen, die in einem Anwendungsbezug zu den eigenen Produkten oder Verfahren stehen.

Das Patentmanagement sollte im Hinblick auf das Patentportfolio die patentpolitischen Prioritäten bestimmen und die Ausgewogenheit der Patentaktivitäten insgesamt beurteilen. Erstere legen im Einzelnen z.B. fest, welche Patentfelder besonders zu verstärken sind oder welche Objekte prinzipiell aufgegeben werden können.

3.2 Patentmanagement für Teilbereiche der Unternehmensaktivität

Dieser Bereich der patentstrategischen Planung betrifft das grundsätzliche Patentverhalten bezüglich bestimmter Technologien, Geschäftsfelder oder Produkte, die sich sowohl durch wenige Patente als auch durch viele Patentfelder repräsentieren lassen. Vor allem wenn zu einem Teilbereich, wie z.B. einer spezifischen Technologie, eine große Zahl von Patenten oder Patentfeldern gehört, sollten eigenständige Planungseinheiten vorgesehen werden. Auf der Handlungsebene sollte insbesondere bestimmt werden, wie nachdrücklich die Patentpolitik in diesem Teilbereich erfolgen soll. Es wird u.a. festgelegt, wie intensiv neue Anmeldungen anzustreben, wie bestimmt Einsprüche Dritter abzuwehren sind oder wie energisch gegen Patentverletzer vorzugehen ist.

Auf Bereichsebene dienen strategische Kontrollen z.B. zur Überprüfung, ob sich bei wichtigen Patenten oder Patentfeldern für eine bestimmte Technologie die Verbesserungen der Patentstärken wie geplant einstellen. Diese lässt sich durch die fortlaufende Betrachtung eines Patentportfolios unterstützen, welches speziell für den fraglichen Bereich gestaltet ist und nur dessen Patente oder Patentfelder zeigt.

3.3 Patentmanagement für einzelne technische Neuheiten

Planung, Realisation und Kontrolle von Patentstrategien nehmen auf der Ebene einzelner technischer Neuheiten in besonderem Maße auf die Lebensgeschichte von Patenten Bezug. Die Abwägungen erfolgen inhaltlich unter Berücksichtigung der Entscheidungsbereiche der übergeordneten Ebene, die detaillierter ausgearbeitet werden müssen. Die bereits getroffenen patent-, technologie- und marketingstrategischen Entscheidungen sind zu beachten.

Beginn der Entwicklung einer Patentstrategie ist das Vorliegen einer – mutmaßlich – patentfähigen Neuheit im Unternehmen. Ist dies der Fall, muss zunächst geprüft werden, ob diese Erfindung überhaupt gesichert (patentiert) werden soll oder zwingende Schutzerfordernisse gegeben sind (Feststellung eines Patentbedarfs). Sofern ein Patent angestrebt wird, vollziehen sich die Planung und Realisierung einer Patentstrategie entlang einer Zeitachse, die durch das Patenterteilungsverfahren geprägt ist.

  • Unter Einbeziehung aller Ereignisse, die zwischen der Patentanmeldung und dem Ende der Patentlaufzeit liegen, werden in der Entwurfphase zunächst patentstrategische Optionen generiert. Diese enthalten Aussagen über den Zeitpunkt einer Patentanmeldung, die Nutzung weiterer Schutzinstrumente (z.B. Gebrauchsmuster) und die räumliche Expansion des Schutzes. Sie umfassen ferner Überlegungen zur Dauerhaftigkeit des Patents sowie zu Verhaltensweisen, die mit der Beendigung des Patentschutzes geboten sind. So kann als Strategie z.B. vorgesehen werden, ein Patent sehr früh und in allen EU-Staaten anzumelden, es aber aus konkurrenzpolitischen Gründen nicht zu lizenzieren und es aufgrund einer hohen Innovationsdynamik kurzfristig wieder auslaufen zu lassen.

    Anschließend bilden Wirkungsanalysen die Grundlage für die Auswahl und Bewertung einer Patentstrategie. In der letzten Stufe geht es um die Entscheidung über die zu realisierende, die gesamte Laufzeit betreffende Strategie sowie die endgültige Festlegung des Verhaltens bei der Anmeldung.

  • In der Realisierungsphase geht es um die Umsetzung des strategischen Plans. Zeitliche Spielräume können dabei genutzt werden, um Entscheidungen durch strategische Kontrollen eine möglichst sichere Basis zu geben. Da eine Entscheidung über die internationale Ausdehnung des Patentschutzes erst ein Jahr nach einer nationalen Anmeldung erfolgen muss, kann innerhalb dieses Zeitraums die Gültigkeit der Annahmen (etwa in Bezug auf das räumliche Konkurrenzverhalten) geprüft (Prämissenkontrollen) und/oder umfassende Informationen gesammelt werden. Diese helfen, die Attraktivität der anvisierten Ländermärkte genauer zu analysieren.

4. Organisatorische Verankerung des Patentmanagements

Ein wirksames Handeln des Patentmanagements setzt eine enge Kooperation zwischen patent-, technologie- und marktbezogenen Stellen voraus, die es den beteiligten Einheiten erlaubt, ihr jeweiliges Spezialwissen zur Lösung der relevanten Probleme einzusetzen. Zur Förderung der Zusammenarbeit bieten sich vor allem gruppenbasierte Koordinationsformen an, in denen Absatz-, Technologie- sowie Patentverantwortliche die Patentpolitik gestalten.

Komplexere Bedingungen, wie man sie nicht selten in internationalen Unternehmen vorfindet, erfordern hingegen sogenannte Patenting Intermediaries, die man auch als „Patent Liaison“, „Intellectual Property Manager“ oder „Patent Strategy Manager“ bezeichnet, und die grundlegend das wechselseitige Verständnis sowie die Interaktion zwischen Technologie, Patentabteilungen und marktorientierten Einheiten fördern. Dies kann auch eine regelmäßige Kommunikation mit den F&E-Mitarbeitern, deren Schulungen in Fragen des Patentwesens u.Ä. einschließen.

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