Controlling-Lexikon

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Strategische Grundbegriffe

1. Überblick

Im Gegensatz zu vielen anderen betriebswirtschaftlichen Begriffen wird der der „Strategie“ vergleichsweise einheitlich definiert. Danach hängen Strategien mit den langfristigen Zielen(Ziel, Zielsystem) eines Unternehmens zusammen und beinhalten Entscheidungen und Handlungen, bei denen Merkmale des Unternehmens und seiner Umwelt (zum Beispiel Wettbewerb) berücksichtigt werden (Umweltanalyse, Unternehmensanalyse).

2. Ziele als Voraussetzung zur Strategiebildung

Bezüglich der Unternehmensziele wird seit einiger Zeit teilweise suggeriert, dass es für Unternehmen in marktwirtschaftlichen Systemen eigentlich nur ein sinnvolles langfristiges Ziel gäbe: die langfristige Maximierung des Shareholder Values (Shareholder Value-Ansatz). Bisher stehen dieser Aussage aber nicht nur die Ergebnisse der deskriptiven Zielforschung entgegen, es fehlt auch der Nachweis, dass mit einer Maximierung des Shareholder Value die berechtigten Interessen anderer Anspruchsgruppen, der so genannten Stakeholder (Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Kreditgeber, Staat, Öffentlichkeit etc.), adäquat berücksichtigt werden.

Insofern ist nicht abschließend geklärt, ob die Maximierung des Shareholder Value tatsächlich ein Oberziel darstellt, das mit anderen Zielen langfristig in einer Komplementaritätsbeziehung (und nicht in einer Konkurrenzbeziehung) steht.

Demgegenüber ist weitgehend unbestritten, dass die Unternehmensziele von vielen externen und internen Faktoren beeinflusst werden. Hierzu gehören zum Beispiel die rechtlichen und politischen Rahmenordnungen, mit denen ein Unternehmen konfrontiert ist. Von größerer Bedeutung sind auch die Unternehmenskultur und die Unternehmensvision. Unter Unternehmenskultur versteht man die Gesamtheit der Grundannahmen, Werte, Normen, Einstellungen und Überzeugungen innerhalb eines Unternehmens. In der Unternehmensvision drückt sich eine nur schwer fassbare, in Ansätzen aber dennoch vorhandene Vorstellung über die langfristige Zukunft des Unternehmens aus.

Nicht zu vernachlässigen ist schließlich die Art und Weise, wie in einem Unternehmen Ziele entstehen, da in Abhängigkeit von Zielbildungsprozess und Machtkonstellation einzelne Aktoren und Anspruchsgruppen des Unternehmens (z.B. Eigentümer, Top Management etc.) ihre Interessen, Wünsche und Bedürfnisse in unterschiedlichem Ausmaß einbringen können.

Summa summarum ist festzuhalten, dass sich Strategien nur aus den Unternehmenszielen ableiten lassen. Ohne Ziele kann es keine (sinnvollen) Strategien geben.

Zur Umsetzung jeglicher aus den Unternehmenszielen abgeleiteten Strategien sind die Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen eines Unternehmens von besonderer Bedeutung.

Unter Ressourcen versteht man alle materiellen (tangiblen) und immateriellen (intangiblen) Aktiva eines Unternehmens, also Güter, Systeme und Prozesse. In diesem Zusammenhang wird in der letzten Zeit vor allem den immateriellen Ressourcen eine große Bedeutung beigemessen, da diese ein besonders hohes Potenzial zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen beinhalten. Demgegenüber haben materielle Ressourcen – zumindest wenn es um den Aufbau, die Pflege und die Nutzung von Wettbewerbsvorteilen geht – an Bedeutung verloren. Dies liegt unter anderem daran, dass sich immaterielle bzw. intangible Ressourcen von potenziellen Wettbewerbern nur schwer imitieren lassen und kaum substituierbar sind.

Bei den intangiblen Ressourcen unterscheidet man ferner zwischen „intangible assets“ und „skills“: Während Intangible Assets Vermögenswerte wie zum Beispiel Patente (Lizenzen), Copyrights und Marken (Markenbewertung) beinhalten, werden die Fähigkeiten und Kompetenzen eines Unternehmens als Skills bezeichnet. Zu diesen Fähigkeiten zählen beispielsweise Organisations-, Innovations- und Lernfähigkeiten.

Besondere Bedeutung haben die dynamischen Fähigkeiten (dynamic capabilities): Dieser Begriff verweist darauf, dass Unternehmen Fähigkeiten entwickeln (müssen), die es ihnen erlauben, ihre interne Struktur im Sinne einer größeren Fortschrittsfähigkeit permanent zu verändern.

Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen machen jedoch alleine aber noch keine Strategie aus. Eine besondere Rolle spielt daher die Umwelt, die einen wesentlichen Einfluss darauf hat, ob Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen eines Unternehmens auch zur Geltung kommen.

3. Umwelt und Strategie

In der Literatur zum Strategischen Management finden sich zahlreiche Hinweise darauf, was die Umwelt bzw. das Umfeld eines Unternehmens ausmacht. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen Faktoren der Makroumwelt und solchen der Mikroumwelt.

Zu den Faktoren der Makroumwelt gehören insbesondere:

  • Die natürliche Umwelt (Klima, Rohstoffvorkommen etc.)

  • Die politische Umwelt (politische Stabilität, Demokratie etc.)

  • Die rechtliche Umwelt (Rechtssicherheit, Auflagen etc.)

  • Die staatliche Umwelt (Investitionsanreize in Form von öffentlichen Subventionen)

  • Die steuerliche Umwelt (Steuerbelastung, Steuergerechtigkeit)

  • Die makroökonomische Umwelt (Konjunktur, Inflation, Arbeitslosigkeit)

  • Die technologische Umwelt (technologischer Entwicklungsstand, Innovationen)

  • Die demografische Umwelt (die Altersstruktur der Bevölkerung)

  • Die ausbildungsbezogene Umwelt (Niveau der Schul- und Universitätsausbildung)

  • Die kulturelle Umwelt im engeren Sinne (das Wertesystem)

  • Die sprachliche Umwelt (Ein- oder Mehrsprachigkeit)

  • Die religiöse Umwelt (die Bedeutung der Religion)

  • Die soziopsychologische Umwelt (die Bedeutung von Familie und Verwandtschaft, Arbeit, Konsum etc.)

Zu den Faktoren der Mikroumwelt bzw. Aufgabenumwelt gehören insbesondere:

  • Absatzmärkte (Marktgröße, Marktwachstum, Handelshemmnisse)

  • Beschaffungsmärkte (Rohstoffverfügbarkeit, Aufnahmebereitschaft der Kapitalmärkte, Know-how-Erwerb)

  • Branche und Konkurrenz (Wettbewerbsintensität, Stellenwert der Branche etc.)

Um die genannten Faktoren der Mikroumwelt zu analysieren, greift man häufig auf das Instrumentarium von Michael Porter zurück (Porters Strategiekonzept). Mit seiner Five-Forces-Analyse hat Porter ein Hilfsmittel entwickelt, mit dem sich die Aufgabenumwelt systematisch erfassen und beurteilen lässt. Dabei wird deutlich, dass man die Mikroumwelt zwar analytisch von der Makroumwelt trennen kann, diese in der Praxis aber hochgradig mit ihr verflochten ist.

Insofern kommt es darauf an, aus der Vielzahl möglicher Umweltelemente und -dimensionen diejenigen zu identifizieren, die für das Unternehmen und seine (künftigen) Strategien tatsächlich relevant sind.

4. Erfolgspotenziale

Strategien sollen helfen Erfolgspotenziale zu erschließen. In diesem Zusammenhang gilt es, die Begriffe „Erfolgspotenziale“ und „Erfolgsfaktoren“ voneinander abzugrenzen.

Zu den Erfolgsfaktoren gehören alle Faktoren, die für den langfristigen Erfolg und damit für die Realisierung der langfristigen Ziele eines Unternehmens von größerer Bedeutung sind. In der betriebswirtschaftlichen Forschung zum Strategischen Management versucht man seit langem, generelle Erfolgsfaktoren von und für Unternehmen zu identifizieren. Doch die Erfolgsfaktorenforschung ist problematisch, denn es bereitet außerordentlich große Schwierigkeiten, diese Erfolgsfaktoren zu identifizieren. Darüber hinaus kann man auch die Ansicht vertreten, dass es bereits von der Grundidee her fragwürdig ist, an die Existenz von „einfachen Erfolgsgesetzen“ im Sinne einer Auflistung oder im Sinne einer Entwicklung von Erfolgsformeln zu glauben.

Gäbe es nämlich tatsächlich derartige Erfolgsgesetze, so könnten sich nach ihnen richten, sodass Unternehmen auf Grund des „gleichartigen“ Verhaltens ihre Einzigartigkeit verlieren würden. Zugleich würde die Rolle des Managements darauf reduziert, diese „Erfolgsgesetze“ anzuwenden.

Vor diesem Hintergrund scheint es sinnvoller zu sein, über „Erfolgspotenziale“ nachzudenken. Hierbei handelt es sich – im Sinne von Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen – um so genannte Vorsteuergrößen, die Wettbewerbsvorteile generieren und die Realisierung der langfristigen Unternehmensziele sicherstellen sollen.

Ein Unternehmen kann solche Erfolgspotenziale nutzen, muss es aber nicht automatisch tun. Erfolgspotenziale werden erst erfolgswirksam, wenn es gelingt, sie zu mobilisieren. Werden Erfolgspotenziale nicht aktiviert und ausgeschöpft, kann ein Unternehmen auch kaum Wettbewerbsvorteile erzielen und wird seine langfristigen Ziele nicht optimal erreichen.

5. Wettbewerbsvorteile

Unternehmen können auf der Basis von Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen Wettbewerbsvorteile erringen, die als Positionsvorteile eines Unternehmens im Vergleich zu konkurrierenden Unternehmen angesehen werden können. Zur Beurteilung, ob ein bestimmtes Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hat, ist ein Vergleich mit den Konkurrenten erforderlich (Konkurrenzanalyse, Wettbewerbsanalyse), da Wettbewerbsvorteile niemals absolut, sondern immer relativ (zu den Wettbewerbern) zu sehen sind. Zudem können Konstellationen, die aus heutiger Sicht als Wettbewerbsvorteil gelten, in Zukunft anders zu bewerten sein.

Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen stellen somit zunächst nur Voraussetzungen für künftige Wettbewerbsvorteile dar, sie sind keine Garantie dafür.

Beispiel:

Die hohe Innovationsfähigkeit eines regional operierenden Unternehmens ist wertlos, wenn die Kunden in dieser Region auf diese Innovationen keinen Wert legen

Um das Zusammenspiel von internen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen einerseits und der Umwelt andererseits zu verdeutlichen, wird seit Jahrzehnten die SWOT-Analyse (Strengths-Weaknesses-Opportunities-Threats-Analyse) verwendet.

6. Geplante und emergente Strategien

Bei Strategien handelt es sich – zumindest teilweise – um geplante Maßnahmenbündel, die nach einer umfassenden strategischen Analyse entworfen und anschließend im Unternehmen implementiert werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von intendierten und deliberaten Strategien. Der Strategiebildungsprozess enthält die Schritte Strategische Analyse, Strategieformulierung und -auswahl sowie Strategieimplementierung.

Im Rahmen dieses Prozesses werden zunächst die internen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen dem Umfeld gegenübergestellt. Im nächsten Schritt sind darauf aufbauend Strategieoptionen zu entwickeln, zu bewerten und die günstigste Option auszuwählen und anschließend zu implementieren. Bei der Bewertung der verschiedenen Strategieoptionen kann man sich an den durch die Strategie voraussichtlich zu generierenden Cash-Flows orientieren, da diese einen Hinweis auf die Vorteilhaftigkeit der Strategie liefern.

Strategien basieren nicht notwendigerweise auf einer ausführlichen Analyse. Auch werden nicht alle Strategien ausdrücklich geplant. Vielmehr können sie sich auch als Muster in einem Strom von Entscheidungen und Handlungen des Unternehmens „ergeben“:

Solche emergenten Konzepte entspringen zwar keiner formalen strategischen Analyse und keiner expliziten Formulierung – dennoch entsteht faktisch eine Strategie. Einzelmaßnahmen formieren sich in diesem Fall zumindest rückblickend zu einem bestimmten Muster. Retrospektiv ist unter Umständen sogar eine vergleichsweise einheitliche, konsistente Strategie zu erkennen.

Die Gründe für eine derartige Emergenz sind äußerst vielschichtig. Zunächst lassen sich die generellen Grenzen der Planbarkeit dafür verantwortlich machen, die zum Beispiel aus der Komplexität und Dynamik der Umwelt, aus dem Charakter der kollektiven politischen Entscheidungsprozesse in Unternehmen und aus beschränkten Problemlösungskapazitäten von Individuen resultieren.

7. Strategiearten und Instrumente zur Abbildung von Strategien

Das Spektrum von Strategien, die Unternehmen formulieren und realisieren, ist sehr breit. So lässt sich zum Beispiel zwischen

  • Entwicklungsstrategien (zum Beispiel Wachstums-, Stabilisierungs-, Schrumpfungsstrategien),

  • Produkt-Markt-Strategien (zum Beispiel Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung, Diversifikation),

  • Wettbewerbsstrategien (zum Beispiel Kostenführerschaft, Differenzierung, Fokussierung) und

  • Internationalisierungsstrategien (zum Beispiel Markteintrittsstrategien, Zielmarktstrategien, Allokationsstrategien)

differenzieren.

Dabei können sich die einzelnen Strategien auf unterschiedliche Ebenen beziehen. Einige betreffen die oberste (Gesamt-)Unternehmensebene („corporate level“), andere Strategien die Geschäftsbereichs- bzw. Geschäftsfeldebene („business level“), weitere die Funktionalbereichsebenen („functional level“) und wieder andere Strategien die Regionalbereichsebenen („regional level“). Ferner ist zu berücksichtigen, dass in Unternehmen zumeist mehrere Strategien nebeneinander existieren.

Der Formulierung von (intendierten) Strategien sollte eine umfassende strategische Analyse vorausgehen. Hierzu stehen verschiedene Methoden und Verfahren zur Verfügung, wie zum Beispiel die

  • Lebenszyklusanalysen (Lebenszyklus-Portfoliomodell, Produktlebenszyklus),

  • Erfahrungs- und Lernkurvenkonzepte (Erfahrungskurve),

  • Portfolioinstrumente (zum Beispiel BCG-Portfolio, Technologie-Portfolio, Portfolioanalyse),

  • Benchmarkingverfahren (Benchmarking),

  • Wertkettenanalysen (Target Cost Management),

  • Organisations- und Kulturanalyse oder

  • Prognoseverfahren (z. B. Szenariotechnik).

Zwar sind der Planbarkeit Grenzen gesetzt, doch sollte die strategische Analyse im Unternehmen niemals zu kurz kommen. Allerdings wird der Formulierung von Strategien in vielen Betrieben mehr Aufmerksamkeit geschenkt als einer fundierten strategischen Analyse. In solchen Fällen sind Implementierungsprobleme bereits vorprogrammiert.

Siehe auch

BenchmarkingErfahrungskurveLebenszyklus-PortfoliomodellPorters StrategiekonzeptSzenariotechnikUmweltanalyseUnternehmensanalyseZielsystem

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