Controlling-Lexikon

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Trends im Controlling – Instrumente und Aufgaben

1. Neue Aufgaben des Controllings

1.1 Lean Controlling

Von kleinen Unternehmen einmal abgesehen ist das Thema Lean Management weiterhin ausgesprochen aktuell. Scheinbar natürliche Konsequenz von Lean Management ist als Analogieschluss das Lean Controlling. Die Hauptursachen hierfür sind vor allem darin zu sehen, dass im Rahmen der flexiblen Gestaltung von immer schlankeren und kürzeren Prozessen und bei der Realisierung von ganzheitlichem Denken und Handeln die Prozessverantwortlichen selbst sehr viel mehr das Gedankengut des Controllings praktizieren müssen. Im Zuge dieser Entwicklung breitet sich der Controlling-Gedanke weiter aus und das „Controlling-Geschäft“ wird zunehmend auch von ursprünglich nicht gelernten Controllern betrieben.

Für den Controller bedeutet dies, dass er im Rahmen einer Coaching-Funktion die Linien-Manager dahin führt, dass sie das operative Controlling-Geschäft selbst professionell betreiben können. Zwar wird damit der interne Kunde Manager zum Wettbewerber, dennoch müssen Controller diesen Prozess aktiv fördern. Mit der daraus resultierenden „Entlastung“ kann sich der Controller neuen Aufgaben zuwenden. Diese Aufgabenverlagerung geht in Richtung Entscheidungsunterstützung und Beschäftigung mit Unternehmensvision und Strategien.

Bei dieser Tendenz zum Selbstcontrolling der Linien-Manager sind zwei Faktoren zu beachten, die bei der Umsetzung dieser Sichtweise immer wieder Probleme bereiten können:

  • unzureichende Zeit der Manager und

  • fehlende Methodenkompetenz der Manager.

1.2 Der Controller als Risiko-Manager

Eine ganze Reihe von neuen Aufgabengebieten und Herausforderungen ergeben sich für das Controlling durch neue gesetzliche bzw. rechtliche Vorgaben und Rahmenbedingungen. Zu nennen sich hier vor allem das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmen (KonTraG), das am 01.05.1998 in Kraft getreten ist. Mit dem KonTraG hat der Gesetzgeber die Pflicht der Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften gesetzlich verankert, ein Risikomanagement zu installieren. Insgesamt wurden durch das KonTraG zehn Gesetze beziehungsweise Verordnungen geändert, die schwerpunktmäßig das Aktiengesetz (AktG) und das Handelsgesetzbuch (HGB) betreffen.

Hinweis:

Auslöser und Hintergrund der seit Jahren diskutierten Reformbemühungen waren verschiedene spektakuläre Unternehmenskrisen in der jüngeren Vergangenheit, die nach Auffassung des Gesetzgebers durch fehlendes Risikobewusstsein und nicht ausreichende Kontroll- und Informationsmechanismen verursacht wurden.

Wörtlich spricht der Gesetzgeber dabei von einem „Überwachungssystem“, das dazu beitragen soll, „den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen“ frühzeitig aufzuzeigen. Da sowohl der Wortlaut des Gesetzes als auch dessen Begründung keinen Aufschluss darüber geben, wie das geforderte Überwachungssystem im Detail auszusehen hat, muss sich der Vorstand zur praktischen Umsetzung mit der in § 93 Abs. 1 S. 1 AktG gebotenen Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers an betriebswirtschaftlich gebotenen Gesichtspunkten orientieren. Allerdings wird durch die Formulierung des neuen § 91 AktG verdeutlicht, dass die Einrichtung eines Risikomanagements zur Pflicht des Vorstands als Teil der allgemeinen Leitungsaufgabe gehört.

Aber auch wenn der Gesetzgeber die konkrete Ausgestaltung eines Risikomanagementsystems offen gelassen hat, bietet es sich an, die Aufgaben zur Wahrnehmung dieser Funktion in das Controlling zu integrieren. Controlling als Führungskonzept zur zukunftsorientierten Unternehmenssteuerung mit den Funktionen Planung, Kontrolle, Steuerung und Informationsversorgung kann als Partner des Managements die erforderliche Risikotransparenz sicherstellen.

Die Beherrschung unternehmerischer Unsicherheiten erfordert aber nicht nur die Implementierung eines einseitigen Risikomanagements. Vielmehr muss es auch um eine Betrachtung von Chancen gehen, da ansonsten eine risikoaverse, Chancen auslassende Unternehmensführung zu erwarten wäre.

Dabei müssen Chancen und Risiken sowohl für das gesamte Unternehmen als auch für einzelne Teilbereiche systematisch erkannt, analysiert und gehandhabt werden. Hierzu bedarf es eines Prozesses, der

  • die Erfüllung gesetzlicher Anforderungen sicherstellt, nämlich dass die Risiken einzeln dokumentiert und sachgerecht gehandhabt werden und

  • dabei Chancen konsequent mitbetrachtet, um so eine Eingliederung in die operativen und strategischen Planungsprozesse des Unternehmens zu ermöglichen.

Selbstverständlich ist das Thema Risikomanagement nicht nur für Aktiengesellschaften interessant. Mit der neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) wird Risikomanagement vielmehr auch zum Thema für den Mittelstand.

1.3 Der Controller und das Rating

Aus Basel II ergeben sich unmittelbare Konsequenzen für alle Unternehmen, die sich mittels Bankkrediten fremd finanzieren, denn in Abhängigkeit von der Bonität verändern sich die Finanzierungskosten eines Unternehmen sehr deutlich.

Die Festlegung der Bonität, das Rating, läuft nach bestimmten Regeln ab und bezieht gezielt Informationen aus dem kreditnehmenden Unternehmen ein.

Bedingt durch die steigende Bedeutung des Ratings auf die Kreditkonditionen haben viele Unternehmen die zu erwartenden Ratingprozesse in Verbindung mit Basel II zu einer „Controlling-Sache“ erklärt. Was bedeutet dies für die Controller im Unternehmen?

Im Gegensatz zu den traditionellen, meist bilanzorientierten Kreditwürdigkeitsprüfungen werden beim Bonitätsrating nicht nur quantitative Aspekte (Performance, Profitabilität, Stabilität), sondern auch qualitative Aspekte (Qualität des Managements/Rechnungswesens/Controllings) analysiert. Um auch diese Gesichtspunkte beim Ratingprozess zu berücksichtigen, sind eine effektive Informationsversorgung sowie wirksame Planungs- und Controllinginstrumente erforderlich. Hierzu gehören u.a.:

  • Liquiditätsplanung und -steuerung,

  • Soll-Ist-Vergleich und Analyse der Ertragslage nach Risiko- und Erfolgsfaktoren,

  • Einbeziehung potenzieller Markt- und Wettbewerbsänderungen in die Planung,

  • regelmäßige und zeitnahe Berichterstattung.

Demnach ist das Controlling für die Bereitstellung aller für das Rating benötigten Informationen verantwortlich. Diese Informationen sind gleichzeitig Voraussetzung dafür, Risiken frühzeitig zu erkennen und im Bedarfsfall gegenzusteuern.

1.4 Immaterielle Werte im Controlling

Heute gewinnen immaterielle Werte in vielen Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Wertschöpfungsprozesse basieren immer mehr auf Wissen, Geschäfts- und Kundenbeziehungen, auf dem Bekanntheitsgrad eines Unternehmens, seiner Produkte und Marken sowie vor allem auf seiner Innovationskraft und neuen Technologien.

Die wachsende Lücke zwischen dem Marktwert eines Unternehmens und dem, was in seiner Bilanz als Eigenkapital ausgewiesen wird, zeigt, dass sich immer mehr Werttreiber nicht mehr durch klassische Bewertungsinstrumente erfassen lassen. Daher lassen sich Unternehmen heute nicht mehr ausschließlich auf Basis traditioneller Informationen steuern oder gar extern beurteilen.

Eine intensive Auseinandersetzung mit der Behandlung dieser immateriellen Werttreiber, die im angelsächsischen Sprachraum als Intangible Assets, Intellectual Capital oder Intangibles bezeichnet werden, gehört daher auch in den Bereich des Controllings. Der Controller unterscheidet dabei häufig zwischen den folgenden vier Potenzialgebieten:

  • Unter Humanpotenzial versteht man die Fähigkeit der Organisation, Mitarbeiter so zu entwickeln, dass ihre Kompetenz (Wissen, Fertigkeiten und der Umgang miteinander) den Anforderungen der Arbeit gewachsen ist.

  • Das Markt- und Reputationspotenzial kennzeichnet die Fähigkeit, bei Kunden und Kooperationspartnern die Bereitschaft zu wecken, dauerhafte und vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalten.

  • Das Innovationspotenzial bezieht sich auf die Fähigkeit, Entwicklungs- und Veränderungsprozesse zu initiieren bzw. den Aufbau von Systemkontexten so zu gestalten, dass Selbstentfaltung und damit sozialer Wandel gefördert wird.

  • Grundlage des Finanz- und Controlling-Potenzials ist die Fähigkeit, ausreichende Verfügbarkeit an finanziellen Ressourcen zu gewährleisten. Voraussetzung hierfür ist das Verständnis für betriebswirtschaftliche Prozesse und Beziehungen zu Investoren.

Zur Bewertung der entsprechenden immateriellen Werte setzt der Controller moderne Verfahren ein, die sowohl analytische als auch synthetische Bewertungen ermöglichen:

  • Potenzialbilanzen

  • Effizienzkennziffern

  • Effektivitätskennziffern

  • Portfolios, Indizes und Scorecards als Erklärungs- und Kommunikationssysteme

Der immaterielle Wert eines Unternehmens ergibt sich aus der Multiplikation der Potenziale mit der Effizienz der Nutzung und der Effektivität:

Immaterieller Wert = Potenziale x Effizienz der Nutzung x Effektivität

Der gesamte Unternehmenswert lässt sich schließlich mithilfe folgender Formel bestimmen:

Unternehmenswert = (Buchwert + immaterieller Wert) x Kommunikation

Damit ist der Wert, der Unternehmen (von Investoren und anderen Stakeholdern) zugeordnet wird, nicht nur von der Summe aus Buchwert und immateriellem Wert abhängig. Da die Messung von Kommunikationskenngrößen allerdings sehr schwierig ist, wird oft darauf verzichtet.

1.5 Der Controller im Value based Management

International handelnde Unternehmen werden durch die zunehmende Globalisierung der Märkte und die Liberalisierung der Kapitalmärkte zunehmend gezwungen, auch die Kapitalbeschaffungsseite als einen Wettbewerbsfaktor anzusehen. Dies macht eine Unternehmensbewertung aus der Sicht der Anteilseigner notwendig.

Auch diese Entwicklung stellt das Controlling vor neue Herausforderungen, denn es muss sich neben dem Gewinn als Ergebnisziel auch an der Zielgröße „Unternehmenswert“ ausrichten. Aus dieser Orientierung an den Interessen der Kapitalgeber resultieren zunehmend bedeutsame Anforderungen an das Controlling. Hierzu gehören u.a.:

  • Identifikation aller wichtigen Werttreiber im Unternehmen,

  • Aufbau eines wertorientierten Kennzahlensystems,

  • Definition von übergreifenden wertorientierten quantitativen und qualitativen Steuerungsgrößen,

  • Verknüpfung von wertorientierten Steuerungsgrößen mit wirksamen Anreiz- und Vergütungssystemen,

  • Verbesserung des internen und externen Value Reporting.

Dabei muss sich das wertorientierte Controlling primär mit der Frage nach der Erfolgsentstehung und -messung beschäftigen.

2. Moderne Instrumente des Controllings

Um die skizzierten Aufgaben erfüllen zu können, muss das Controlling die geeigneten Instrumente zur Verfügung haben und einsetzen. Als Controllinginstrumente werden dabei alle betriebswirtschaftlichen und DV-technischen Instrumente verstanden, die zur Wahrnehmung der Controllingaufgaben dienen. Diesbezüglich kann man zwischen Planungs-, Kontroll- und Informationsversorgungsinstrumenten unterscheiden.

Controller haben von Anfang an eine Vielzahl von Werkzeugen für ihre Zwecke eingesetzt. Dabei sind spezielle Controlling-Werkzeuge entstanden oder in anderen Disziplinen der Betriebswirtschaftslehre entwickelte Instrumentarien sind übernommen worden. Da der Controller Methodenkompetenz für sich beansprucht, ist eine seiner Aufgaben, diese Kompetenz durch Kenntnis der verfügbaren Instrumente aktuell zu halten. Damit wird deutlich, dass die „Controlling-Toolbox“ lebt und ständigen Veränderungen unterworfen ist. Die laufend neu entwickelten betriebswirtschaftlichen Methoden sind stets auf ihre Eignung zu überprüfen und gegebenenfalls in die Toolbox einzubeziehen.

Instrument Intensive theoretische Diskussion seit Praktische Verbreitung Einflussfaktoren auf die praktische Verbreitung
+ positiv
– negativ
Prozesskostenrechnung Mitte 1980er niedrig bis mittel
  1. +

    Steigende Kosten in „indirekten“ Bereichen

  2. +

    Steigende Bedeutung des Dienstleistungssektors

  3. Mangelnde EDV-Unterstützung

  4. Bedenken, zwei „parallele“ Kostenrechnungssysteme zu führen

  5. Problematische Koste-Nutzen-Einschätzung im Mittelstand

  6. Theoriestreit verunsichert Praktiker

Target Costing Anfang 1990er niedrig
  1. Festhalten an alten Kalkulationsmechanismen

  2. Breite und Kurzlebigkeit des Leistungsspektrums lassen Target Costing als zu aufwändig erscheinen

Life-Cycle-Costing Anfang 1990er niedrig
  1. Dominanz kurzfristiger Ergebnisoptimierung

  2. Mangelndes Verständnis für Barwertmethoden

  3. Probleme, das Life-Cycle-Stadium zu beurteilen

Wertorientierte Ansätze Anfang 1990er niedrig bis mittel
  1. +

    Allgemeiner Trend zur Strategiequantifizierung

  2. +

    Steigende Bedeutung der Finanzierung über Kapitalmärkte

  3. Dominanz kurzfristiger Erfolgsoptimierung

  4. Methodenvielfalt

  5. Spezifische Eignung einzelner Methoden

Balanced Scorecard Mitte 1990er mittel bis hoch
  1. +

    Hohe intuitive Verständlichkeit

  2. Hohe Anforderungen an die Datenbereitstellung

  3. Software-Investitionskosten

Moderne Controllinginstrumente, die derzeit in der Unternehmenspraxis diskutiert und angewendet werden, sind u.a.:

  • Balanced Scorecard,

  • Benchmarking,

  • Beyond Budgeting,

  • Executive Information System (EIS),

  • Früherkennungs- und Risikomanagementsysteme,

  • Kaizen,

  • Life Cycle Costing,

  • (Multi-)Projektcontrolling,

  • Navigationscockpit,

  • Prozesskostenrechnung,

  • Target Costing und

  • wertorientierte Ansätze.

Bezüglich dieser Aufzählung ist zu berücksichtigen, dass der Entwicklungsstand der Instrumente in der Theorie wesentlich höher ist als in der Praxis. Fast immer erfolgt die praktische Umsetzung mit deutlicher Zeitverzögerung und erreicht nur in seltenen Fällen eine idealtypische Ausprägung.

Abschließend lässt sich noch bemerken, dass die Bemühungen des Controllings hinsichtlich des Einsatzes neuerer Instrumente in der Praxis unterschiedlich weit fortgeschritten sind. Dies lässt sich nicht zuletzt darauf zurückführen, dass die Praxis ein praktikables und gleichsam effizientes System zur Führungsunterstützung unter Berücksichtigung gesetzlicher Verpflichtungen, wettbewerbsbedingter Zwänge und kapitalmarktbasierter Forderungen aufzubauen hat. Auf diese Restriktionen nimmt die Literatur nur selten Rücksicht.

3. Zusammenfassung

Die Controllingpraxis ist seit einigen Jahren durch eine zunehmende Dynamik und Komplexität geprägt. Insbesondere die veränderten Rahmenbedingungen stellen hohe Anforderungen an die Controller. Das Anforderungsprofil des Controllers hat sich durch die Entwicklungen im Unternehmensumfeld dahin gehend verändert, dass er im Laufe der Zeit betriebswirtschaftlicher Berater und Koordinator der Unternehmensführung geworden ist, weg vom „Erbsenzähler“ hin zum Querdenker, Strategen und Innovator.

Controlling ist nach heutigem Verständnis zielorientierte und zukunftsorientierte Unternehmenssteuerung. Dies bedingt, dass das Controlling alle neuen Herausforderungen und Zielsetzungen des Unternehmens rechtzeitig berücksichtigen muss. Controller müssen diese aktuellen Entwicklungen aufgreifen und in bereits bestehende Controllingsysteme integrieren. Ohne eine solche Anpassung wird das traditionelle Controlling den bestehenden Anforderungen nicht mehr gerecht. Eine Weiterentwicklung insbesondere in Richtung Markt- und Wachstumsorientierung ist hierfür ebenfalls zwingende Notwendigkeit.

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