Instrumente externer Rechnungslegung
1. Überblick
In Deutschland ist die Rechnungslegung traditionell in die interne und externe Rechnungslegung unterteilt. Diese beiden Teilgebiete wachsen aufgrund der zunehmenden Verschlankung von internen Finanz- und Controllingprozessen zunehmend zusammen. Da beide Dienstleistungen in der Regel „aus einer Hand“ angeboten werden, bedeutet das für den Controller, dass er zunehmend auch Aufgaben aus dem Bereich der externen Rechnungslegung wahrzunehmen hat und sich somit auch mit den Instrumenten und Zwecken der externen Rechnungslegung beschäftigen muss.
2. Adressaten der Rechnungslegung
Wenn Rechnungslegung als kapitalmarktorientiertes Informationsinstrument verstanden wird, muss sie sich daran messen lassen, inwieweit sie den Informationsbedürfnissen der Adressaten gerecht wird. Da es aber eine Vielzahl von Rechnungslegungsadressaten gibt, die unterschiedliche Informationsanforderungen besitzen, ist eine für alle Adressaten und Zwecke gleichermaßen relevante Information nicht möglich und auch nicht beabsichtigt.
Um der Rechenschaftsaufgabe der Rechnungslegung gerecht zu werden, bedarf es einer Konkretisierung der Rechnungslegungsadressaten. Bezüglich dieser Konkretisierung gibt es allerdings unterschiedliche Auffassungen.
So differenzieren Wagenhofer und Ewert zwischen unternehmensinternen und unternehmensexternen Adressaten. Danach zählen z.B. das Topmanagement (und somit vorgelagert das Controlling) sowie an der Geschäftsführung beteiligte Gesellschafter zu den internen Adressaten. Derzeitige und potenzielle Investoren und Stakeholder hingegen werden dem Kreis der externen Adressaten zugerechnet.
Anderer Auffassung sind z.B. Moxter und Ballwieser, die den Adressatenbegriff wesentlich enger fassen. Sie unterscheiden Adressaten streng von Rechenschaftsinteressenten und -empfängern. Nur Adressaten wie z.B. Kapitalgeber oder Anteilseigner können dieser Ansicht zufolge einen rechtlich oder vertraglich durchsetzbaren Anspruch auf Information geltend machen.
In diesem Beitrag wird – sofern möglich und sinnvoll – der ersten Auffassung gefolgt, die das Controlling zu den internen Adressaten von Rechnungslegung zählt.
3. Instrumente der externen Rechnungslegung
3.1 Handelsrechtliche Instrumente
Das handelsrechtlich zu erstellende Rechnungslegungswerk einer Kapitalgesellschaft umfasst:
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den Jahresabschluss bestehend aus Bilanz, GuV und Anhang (§ 264 Abs. 1 HGB) sowie
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den Lagebericht (§ 289 HGB).
Um den Umfang der Rechenschaftslegungspflichten mit der Unternehmensgröße in Einklang zu bringen, enthält § 267 Abs. 1 bis 3 HGB eine Differenzierung in kleine, mittelgroße und große Kapitalgesellschaften. Danach können kleine Kapitalgesellschaften auf eine Erstellung des Lageberichtes verzichten (§ 264 Abs. 1 S. 3 HGB). Ihren Jahresabschluss müssen sie nicht prüfen lassen (§ 316 Abs. 1 HGB). Große Kapitalgesellschaften sind verpflichtet, ihren Jahresabschluss im elektronischen Bundesanzeiger offenzulegen (§ 325 Abs. 2 HGB).
Bei Vorliegen von beherrschendem Einfluss gem. § 290 Abs. 1 bzw. 2 HGB kommen der Konzernabschluss (§ 297 Abs. 1 HGB) und der Konzernlagebericht (§ 315 HGB) des Mutterunternehmens hinzu. Der Konzernabschluss enthält neben Konzernbilanz, Konzern-GuV und Konzernanhang (§§ 313-314 HGB) zwingend die Bestandteile Kapitalflussrechnung sowie Eigenkapitalspiegel. Für Konzernmutterunternehmen besteht bezüglich der Aufstellung einer Segmentberichterstattung ein Wahlrecht. Ferner existieren Instrumente freiwilliger Publizität, wie z.B. Umweltberichte sowie Sozial- oder Ökobilanzen.
Der Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften mit Bilanz, GuV und Anhang soll den Adressaten unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermitteln.
Der Konzernabschluss zeigt den Erfolg einer am Markt operierenden Unternehmensgruppe unter der rechtlichen Fiktion, dass alle Konzernunternehmen ein einziges Unternehmen wären. Verschiedene Konsolidierungsmethoden gleichen dabei Informationsdefizite im Vergleich zu lediglich summierten Einzelabschlüssen aus. So enthält z.B. ein Summenabschluss Verrechnungspreise für konzerninterne Leistungen und Gewinnthesaurierungen und bietet somit die Möglichkeit zur Verlagerung von Gewinnen und Verlusten innerhalb der Gruppe. Als Adressaten gelten insbesondere Aufsichtsrat und Anteilseigner der Muttergesellschaft, aber auch Investoren und Gläubiger von Konzernunternehmen sowie die breite Öffentlichkeit.
Als jüngere Bestandteile des Konzernabschlusses sind Kapitalflussrechnung, Segmentberichterstattung und Eigenkapitalspiegel im HGB inhaltlich nicht geregelt. Sie werden jedoch durch DRS 2, 3 und 7 konkretisiert:
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Bei der Kapitalflussrechnung handelt es sich um eine liquiditätsorientierte Stromgrößenrechnung, die den Konzernabschluss mit detaillierten Informationen über die Finanzlage ergänzt. Sie beruht entweder auf Ein- und Auszahlungen von Bar- und Buchgeld oder wird indirekt durch Rückrechnung periodisierter Größen aus Bilanz und GuV ermittelt.
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Die Segmentberichterstattung dient der Aufgliederung der Rechnungslegungsdaten nach Unternehmensbereichen und regionalen Märkten. Hier ist zwischen dem Management Approach und dem Risk and Reward Approach zu unterscheiden. Im ersten Fall folgt die Abgrenzung der Segmente der internen Organisations- und Führungsstruktur des Konzerns. Beim Risk and Reward Approach erfolgt die Abgrenzung anhand der Chancen- und Risikostruktur der Segmente.
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Der Eigenkapitalspiegel verdeutlicht die Entwicklung der Eigenkapitalbestandteile des Konzerns, indem er auch Eigenkapitaländerungen durch ergebnisneutrale Bewertungsänderungen oder durch Verrechnung von Rücklagen mit dem Bilanzgewinn im Konzern aufzeigt, die in der Konzernbilanz und -GuV nicht ohne weiteres nachvollziehbar sind.
Der Konzernlagebericht ermöglicht schließlich einen konsolidierten Einblick in den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Konzerns. Analog zum Lagebericht als Ergänzung des Jahresabschlusses müssen die Angaben grundsätzlich ohne Rückgriff auf die Angaben im Konzernabschluss verständlich sein.
3.2 Instrumente durch das Bilanzrechtsreformgesetz
Im Gegensatz zum HGB, das durch die Ermittlung eines vorsichtigen, objektivierten, Verlust antizipierenden und ausschüttbaren Gewinns geprägt ist, stellt der Ansatz nach IFRS eine stärker ökonomisch fundierte Abbildung des Unternehmens bzw. der Geschäftsprozesse dar. Das Ziel der IFRS besteht daher vor allem in der Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen für Anleger.
Seit Verabschiedung der so genannten IAS-Verordnung (1606/2002) durch die Europäische Union im Jahr 2002 sind kapitalmarktorientierte Unternehmen in den Mitgliedstaaten der EU ab 2005 verpflichtet, bei der Konzernrechnungslegung internationale Rechnungslegungsstandards (IFRS) anzuwenden.
Hinweis:
Als kapitalmarktorientiert gelten Unternehmen, deren Eigen- oder Fremdkapitaltitel (i.d.R. Aktien oder Schuldverschreibungen) in einem beliebigen EU-Mitgliedstaat zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. Zudem besteht für nicht kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen ein Wahlrecht zur befreienden Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses (§ 315a Abs. 3 HGB). Neben Kapitalgesellschaften gilt dieses Wahlrecht auch für bestimmte Personengesellschaften und Einzelkaufleute (gem. § 264a HGB, § 11 PublG) sowie für einige Branchen (etwa § 340i HGB). Für US-GAAP-Bilanzierer, die einem Börsenlisting in den USA unterliegen, sowie für Unternehmen, die ausschließlich Fremdkapitaltitel emittiert haben, bestand bis 2007 eine Übergangsfrist.
Der befreiende Konzernabschluss enthält alle oben dargestellten Instrumente des HGB-Konzernabschlusses. Da es aber bislang noch keinen befreienden Konzernlagebericht gibt, sind kapitalmarktorientierte deutsche Mutterunternehmen gemäß § 315 HGB i. V. m. § 315a HGB bislang weiterhin zur Erstellung und Veröffentlichung eines HGB-Konzernlageberichts verpflichtet.
Mit dem Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) wurde – neben der befreienden Wirkung von IFRS-Konzernabschlüssen – auch eine befreiende Wirkung für den Jahresabschluss kodifiziert, wobei sich diese ausdrücklich auf die Offenlegung beschränkt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sämtliche deutsche Unternehmen, die ihren Jahresabschluss offen legen müssen, die Möglichkeit haben, neben dem handelsrechtlichen Jahresabschluss auch einen Einzelabschluss nach IFRS für Offenlegungszwecke zu erstellen (§ 325 Abs. 2a HGB).
3.3 Kapitalmarktrechtliche Instrumente
Die kapitalmarktrechtlichen Instrumente können im Ganzen als kapitalmarktrechtliches Informationssystem bezeichnet werden Dieses soll tatsächlichen oder potenziellen Anlegern Kauf- oder Verkaufsentscheidungen erleichtern. Im Wesentlichen lassen sich die nachfolgenden drei Instrumenten voneinander unterscheiden.
3.3.1 Der Emissions-/Börsenzulassungsprospekt
Der Börsenzulassungsprospekt ist eine notwendige Voraussetzung für die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel mit amtlicher Notierung (§ 32 BörsG). Demgegenüber muss der Emissionsprospekt für jedes erstmalige öffentliche Angebot inklusive Freiverkehr und außerbörslichem Wertpapierhandel erstellt werden (§ 8 f. Verkaufsprospektgesetz). Der Börsenzulassungsprospekt enthält sowohl qualitative Angaben über den Emittenten als auch quantitative Angaben über die in Einzel- und Konzernabschlüssen und Kapitalfluss- und Segmentrechnungen abgebildete Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens. Emissions- und Börsenzulassungsprospekt sollen potenziellen Anlegern vor ihrer Kaufentscheidung die Möglichkeit geben, Rendite und Risiko ihrer Anlage abzuschätzen.
3.3.2 Zwischenberichterstattung
Kapitalgesellschaften, deren Aktien zum amtlichen Handel zugelassen sind, müssen Zwischenberichte (Quartals- oder Halbjahresberichte) aufzustellen. Durch eine objektive Darstellung der Finanzlage und des Geschäftsverlaufes sollen Aktienmarktteilnehmer und die Öffentlichkeit Gelegenheit erhalten, über die Entwicklung des Börsenkurses und der Dividendenaussichten sowie über die Entwicklungstrends und Aussichten für das gesamte Geschäftsjahr informiert zu werden.
Unternehmen im Prime Standard der Deutschen Börse, dem Top-Segment des amtlichen Marktes, sind verpflichtet, Quartalsberichte zu erstellen. Regelungen hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Berichte enthalten DRS 16 und die Börsenordnungen (etwa § 63 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse). Ein Listing im Prime Standard ist Voraussetzung für die Aufnahme in einen der Auswahlindizes der Deutschen Börse.
3.3.3 Ad-hoc-Publizität
Im Rahmen der Ad-hoc-Publizität werden Emittenten von Wertpapieren, die zum Handel an einem inländischen organisierten Markt zugelassen sind, verpflichtet, den Anlegern nicht bekannte Tatsachen, die im Tätigkeitsbereich des Emittenten angefallen sind und die wegen ihrer Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf den Börsenpreis erheblich beeinflussen können, unverzüglich zu veröffentlichen (§ 15 Abs. 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)).
Marktteilnehmer sollen durch die Ad-hoc-Publizität schnell in den gleichen Informationsstand versetzt werden, um so nicht zuletzt den Insiderhandel zu vermeiden. Im Zuge des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes wurde mit § 15 Abs. 6 i.V.m. § 37b und § 37c WpHG eine eigene Anspruchsgrundlage geschaffen, die den geschädigten Anlegern bei Verstößen gegen die Ad-hoc-Publizität zu ihrem Recht verhelfen soll.
4. Informationsfunktion einzelner Instrumente
Anders als der Einzelabschluss, der durch eine informationsbeeinträchtigende Gewinnermittlung überdeckt wird, folgen Lagebericht, Konzernabschluss sowie sämtliche kapitalmarktorientierten Instrumente per Definition ausschließlich einen Informationszweck.
Da im Rahmen des Jahresabschlusses zahlreiche Wahlrechte ausgeübt werden können, ist die Forderung nach verlässlicher und objektivierter Information auch durch Informationsergänzung im Anhang nur rudimentär erfüllt. Der Jahresabschluss bietet Managern zudem die Möglichkeit, die grundsätzlich gegebene Entscheidungsrelevanz von Jahresabschlussinformationen zu konterkarieren, indem lediglich über Selbstverständlichkeiten informiert wird, denen es an Entscheidungsrelevanz mangelt. Aufgrund der Zusammenfassung einzelner Daten von Bilanz- und GuV-Posten ist die Jahresabschlussinformation nur in geringem Maße verlässlich.
Trotz feinerer Aggregation lassen sich auch aus Segmentberichten keine generellen Aussagen über den Nutzen dieser Berichterstattung für die Adressaten ableiten. Die Verlässlichkeit der Segmentberichterstattung ist durch die Möglichkeit intersegmentärer Verrechnung und Manipulationsmöglichkeiten eingeschränkt.
Und auch Zwischenberichte knüpfen wie Einzel- und Konzernabschlüsse lediglich an vergangenheitsbezogenen Daten an. Abgesehen von der generell „groben“ Aussagekraft zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage büßen Zwischenberichte zudem durch eine starke Datenkomprimierung an Verlässlichkeit ein.
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass die externe Rechnungslegung unterschiedlichen Informationsbedürfnissen gerecht werden muss und daher eine Informationsverteilung auf verschiedene Instrumente erforderlich ist. Da alle Instrumente – wenn auch auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlicher Güte Informationen vermitteln, lässt sich die Informationsfunktion als gemeinsamer Zweck aller Rechnungslegungsinstrumente bezeichnen.