Rechnungslegungsanforderungen für Kleinstunternehmen

Am 26. Februar 2009 hat die Europäische Kommission die Abschaffung der Rechnungslegungsanforderungen für Kleinstunternehmen (sog. „micro entities“) vorgeschlagen und in diesem Zusammenhang ein Konsultationspapier zur Überarbeitung der Rechnungslegungsrichtlinien veröffentlicht. Konkret wurde ein Vorschlag zur Änderung der 4. EG-Richtlinie vorgelegt, der den Mitgliedsstaaten die voll umfängliche Abschaffung der Verpflichtung für kleinste Betriebe in der EU zur Erstellung von Jahresabschlüssen ermöglicht.

Die vorgeschlagenen, neuen Bestimmungen sollen dazu beitragen, dass in einem sich verschlechternden Wirtschaftsklima die Belastung von Kleinstunternehmen verringert wird. Gemäß einer Schätzung der Kommission beträgt das Gesamtvolumen möglicher Einsparungen bei Verwaltungslasten ca. 6,3 Mrd. EUR.

Als Kleinstunternehmen sind gemäß dem Vorschlag jene Gesellschaften anzusehen, die an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen zwei der drei folgenden Schwellenwerte nicht überschreiten:

  • 500.000 EUR Bilanzsumme,

  • 1.000.000 EUR Nettoumsatzerlöse, bzw.

  • durchschnittlich 10 Beschäftigte im Geschäftsjahr.

Kleinstunternehmen üben typischerweise keine oder nur sehr eingeschränkt grenzüberschreitende Tätigkeiten aus – sie sind vornehmlich auf lokaler oder regionaler Ebene tätig. Da sie jedoch häufig den selben Vorschriften für Jahresabschlüsse unterliegen, wie sie auch für größere Unternehmen gelten, werden ihnen nach Ansicht der Kommission unverhältnismäßig hohe Lasten auferlegt. Dies gilt es zu korrigieren.

Der Vorschlag war bereits im Europäischen Konjunkturprogramm im November 2008 angekündigt worden und wird jetzt dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat zur Diskussion und Prüfung übermittelt.

Am 31. Juli 2012 wurde schließlich der Entwurf zu Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften bei der Rechnungslegung an die Bundesländer und Verbände versandt.

Mit den vorgeschlagenen Neuregelungen werden die Optionen, die die im April 2012 in Kraft getretene Micro-Richtlinie (Micro-Richtlinie (2012/6/EU)) gewährt, weitestgehend von der Bundesrepublik Deutschland ausgenutzt.

Die vorgeschlagene Neuregelung soll für alle Geschäftsjahre gelten, deren Abschlussstichtag nach dem 30. Dezember 2012 liegt. Der Gesetzentwurf ist ein Beispiel dafür, dass es die Bundesregierung ernst meint mit dem Bürokratieabbau. Die Entlastungen betreffen nach einer Angabe des BMJ etwa 500.000 Kleinstunternehmen.

Mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung sollen Kleinstkapitalgesellschaften Erleichterungen im Bereich der Rechnungslegungs- und Offenlegungsvorschriften gewährt werden: als Kleinstunternehmen gelten dabei solche Unternehmen, die an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen zwei der drei nachfolgenden Merkmale nicht überschreiten:

  1. (1)

    Umsatzerlöse bis 700 000 Euro,

  2. (2)

    Bilanzsumme bis 350 000 Euro sowie

  3. (3)

    durchschnittliche Zahl beschäftigter Arbeitnehmer bis zehn.

Inhaltlich sieht der Gesetzentwurf folgende wesentlichen Erleichterungen im Bereich der Rechnungslegung und Offenlegung vor:

  • Kleinstunternehmen können auf die Erstellung eines Anhangs zur Bilanz vollständig verzichten, wenn sie bestimmte Angaben (etwa zu Vorschüssen und Krediten an Mitglieder der Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane und – im Falle einer Aktiengesellschaft – Angaben zu eigenen Aktien) unter der Bilanz ausweisen.

  • Darüber hinaus werden weitere Optionen zur Verringerung der Darstellungstiefe im Jahresabschluss eingeräumt (z. B. vereinfachte Gliederungsschemata).

Kleinstkapitalgesellschaften können künftig wählen, ob sie die Offenlegungspflicht durch Veröffentlichung (Bekanntmachung der Rechnungslegungsunterlagen) oder durch Hinterlegung der Bilanz erfüllen. Zur Sicherung eines einheitlichen Verfahrens wird die elektronische Einreichung der Unterlagen beim Betreiber des Bundesanzeigers auch für die Hinterlegung vorgeschrieben. Im Fall der Hinterlegung können Dritte – wie in der Richtlinie vorgegeben – auf Antrag (kostenpflichtig) eine Kopie der Bilanz erhalten.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des im Mai 2009 in Kraft getretenen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes§ 241a HGB „Befreiung von der Pflicht zur Buchführung und Erstellung eines Inventars“ mit folgendem Wortlaut in das Gesetz aufgenommen wurde:

„Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 500.000 Euro Umsatzerlöse und 50.000 Euro Jahresüberschuss aufweisen, brauchen die §§ 238 bis 241 HGB nicht anzuwenden. Im Fall der Neugründung treten die Rechtsfolgen schon ein, wenn die Werte des Satzes 1 am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung nicht überschritten werden.“

In § 242 Abs. 4 HGB wird dann wie folgt ausgeführt:

„Die Absätze 1 bis 3 [des § 242 HGB – Pflicht zur Aufstellung] sind auf Einzelkaufleute im Sinn des § 241a [HGB] nicht anzuwenden … .“

§ 141 Abs. 1 AO wurde im Rahmen des BilMoG ebenfalls in diesem Zusammenhang geändert, so dass nunmehr mit Verweis auf §§ 238, 240, 241, 242 Abs. 1 und 243 – 256 HGB eine steuerliche Rechnungslegung vorgeschrieben wird. Mit der Änderung des § 141 AO hat der Steuergesetzgeber klargestellt, dass bei Geltung des § 141 AO und sofern die Grenzen des§ 241a HGB nicht überschritten werden auch die steuerliche Buchführungs- und Bilanzierungspflicht gem. § 141 AO entfallen wäre.

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