Rechnungswesen-Lexikon

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Zahlungsunfähigkeit

Die Globalisierung birgt neben den zahlreichen Vorteilen auch Nachteile für die Unternehmen. Die auch im nationalen Geschäftsleben bestehende Gefahr von Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsverzug durch Kunden vervielfacht sich durch vermehrten internationalen Handel. Vor dem Hintergrund zahlreicher Insolvenzen im In- und Ausland muss diese Problematik bei der wirtschaftlichen und rechtlichen Vertragsgestaltung rechtzeitig analysiert und bewertet werden.

1. Zahlungsunfähigkeit

Unter Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) eines Importeurs versteht man das voraussichtlich dauernde Unvermögen, fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen. Erste Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit eines Importeurs im Ausland können Scheck- und Wechselproteste sein. So weit möglich sollten diese Sachverhalte im Rahmen einer umfangreichen Prüfung bereits vor Geschäftsabschluss untersucht werden.

Die Folgen der Zahlungsunfähigkeit des Importeurs sind für den Exporteur erheblich. Falls sich im Zuge der Verwertung etwaiger bestellter Sicherheiten (z.B. Eigentumsvorbehalt) oder aus der Verwertung des Vermögens des Importeurs keine Erlöse mehr erzielen lassen, verbleibt dem Exporteur nur, die Forderung als uneinbringlich abzuschreiben. Auch wenn aus der Vermögensverwertung Erlöse erzielt werden können, bleibt der zeitliche Verzug als Risiko des Exporteurs.

2. Zahlungsverzug

Zahlungsverzug liegt grundsätzlich bei Überschreiten des vereinbarten (spätesten) Zahlungstermins vor. Im Falle des Zahlungsverzuges ist eine Ursachenanalyse seitens des Exporteurs zu empfehlen, um weit reichende eigene Konsequenzen zu minimieren. Im Wesentlichen handelt es sich um zwei mögliche Sachverhalte.

  1. Der Überschreitung des Zahlungsziel kann durch Nachlässigkeit des Importeurs begründet sein. Wichtig ist festzustellen, ob das Überschreiten von Zahlungszielen als Strategie des Importeurs angesehen werden kann, um zinslose Kurzkredite auf diese Weise herbeizuführen.

  2. Der Zahlungsverzug des Importeurs kann auf einem kurzfristigen Liquiditätsverlust beruhen. Entscheidend ist, dass die Zahlungsschwierigkeiten nicht mittelfristig zu einer vollständigen Zahlungsunfähigkeit führen.

3. Wirtschaftliche Folgen

Zahlungsverzug und Zahlungsunfähigkeit können materielle wirtschaftliche Folgen für den Exporteur bewirken. Kommt es infolge des Zahlungsverzuges zu eigenen Zahlungsschwierigkeiten, entstehen erhebliche Aufwendungen für Überziehungszinsen, Kreditverlängerungen oder die Kreditaufnahme zu ungünstigen Konditionen. Bei hohen Außenbeständen und / oder langen Verzugszeiten kann die eigene Liquidität des Exporteurs gravierend beeinträchtigt werden, unter Umständen sogar bis zum (Folge)-Konkurs – so genannter Domino-Effekt. Oftmals sind die Mehraufwendungen für den Exporteur nur durch einen erheblichen Mehrumsatz zu kompensieren.

4. Sicherungsinstrumente im Außenhandel

4.1 Kundenauswahl

Ein entscheidendes Kriterium zur Verhinderung eines Zahlungsausfallrisikos ist bereits im Vorfeld der Geschäftsanbahnung die Kundenauswahl. Prüfungen über Zahlungsmodalitäten, Image, Bonität und Kreditwürdigkeit sind insbesondere bei Neukunden erforderlich. Auch bei Altkunden sollte aus Sicherheitsgründen die Bonität in regelmäßigen Abständen geprüft werden.

Die Durchführung von Bonitätsprüfungen bei ausländischen (Neu-)Kunden gestaltet sich oftmals schwierig und zeitaufwändig. Neben Daten über das Unternehmen des Kunden sind zusätzliche Länder- und Brancheninformationen einzuholen.

Aus Kostengründen ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob die Bonitätsprüfung vom Unternehmen selbst vorgenommen werden soll und kann, oder ob sie alternativ an externe Institutionen (z.B. Versicherungen, Banken) abgegeben werden sollte.

Das Ergebnis der Prüfung dient als zusätzliche Entscheidungsgrundlage darüber, ob eine Geschäftsbeziehung eingegangen wird. Kommt es zu einer Geschäftsbeziehung, können die Ergebnisse der Bonitätsprüfung bei der Formulierung der Vertragsinhalte hinsichtlich verschiedener Sicherungsklauseln hilfreich sein. Neukunden mit geringer Bonität sind im Zweifel stärkere Sicherungsvereinbarungen aufzulegen als langjährigen Kunden mit guter Bonität.

4.2 Vertragsgestaltung

Bei der Vertragsgestaltung sollten verschiedene Teilelemente zur Forderungssicherung aufgenommen werden.

Bei Verträgen, die zwischen in- und ausländischen Unternehmen getroffen werden, ist zu berücksichtigen, ob neben der freien Vertragsgestaltung das UN-Kaufrecht Gültigkeit hat, das eine Rechtssicherheit im internationalen Warenhandel gewährt. Zusätzliche konkret bestimmte vertragliche Sicherungsklauseln sind dennoch unerlässlich. Insbesondere bei Verträgen, die vom UN-Kaufvertragsrecht ausgenommen sind, hängt der Sicherungsumfang von der eigenen Verhandlungsstärke ab.

Neben der Festlegung eines konkreten Zahlungstermins oder Zahlungsziels sollte ein Verzugszinssatz vereinbart werden, der auf die Forderungssumme zu zahlen ist, sobald die Zahlung um einen vereinbarten Zeitraum (beispielsweise 10 Tage) überschritten wird. Weiterhin entscheidend ist die Festlegung des Gerichtstandes auf den Geschäftssitz des Lieferanten.

Eine Sicherungsmöglichkeit ist die Vereinbarung der Lieferung unter Eigentumsvorbehalt. In diesem Fall geht das Eigentum an der Ware erst nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises auf den Kunden über. Der Eigentumsvorbehalt allein bietet im internationalen Geschäftsverkehr oftmals keine ausreichende Sicherheit, sondern bei Grenzüberschreitung wird u.U. der nach deutschem Recht bestellte Eigentumsvorbehalt bedeutungslos. Diese Gefahr besteht insbesondere, wenn keine konkrete Rechtswahl im Vertrag festgelegt wurde. Die Außenhandelsinformationen der Industrie- und Handelskammern können im Vorfeld über die rechtliche Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts in einzelnen Ländern informieren. Zu prüfen ist, ob ähnliche Sicherungsinstrumente im Land des Vertragspartner bestehen.

Als Sicherstellung kann gleichzeitig die Bestimmung der Zahlungsart dienen (Dokumenteninkasso oder Dokumentenakkreditiv mit mehreren Gestaltungsmöglichkeiten). Als ergänzende Sicherstellung kann die Bestellung einer Bankengarantie gefordert werden.

Problematisch bei der Vertragsgestaltung kann in Einzelfällen die Verhandlungsstärke und die damit verbundenen Auflagen seitens des ausländischen Vertragspartners sein. Aus diesem Grund sollten zusätzlich Möglichkeiten der Forderungssicherung über die Außenhandelssicherung des Bundes und der Abschluss von Außenhandelsversicherungen in die Entscheidung einbezogen werden.

4.3 Außenhandelssicherung des Bundes

Im Rahmen der wirtschaftspolitischen Zielsetzung sind Ausfuhrgewährleistungen des Bundes ein Bestandteil der Außenwirtschaft. Die Geschäftsführung hat der Bund einem privaten Mandatarkonsortium unter Leitung der Hermes-Kreditversicherungs-AG übertragen. Die so genannten Hermes-Ausfuhrgewährleistungen des Bundes bieten deutschen Unternehmen die Möglichkeit, ihre Exporte gegen wirtschaftliche und politische Risiken abzusichern. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Ausfuhrbürgschaften und -garantien. Hermesdeckungen werden für Exporte deutscher Unternehmen gewährt, wenn bestimmte Kriterien der Förderungswürdigkeit und eine risikomäßige Vertretbarkeit erfüllt sind. Für die Exportabsicherung ist ein Entgelt in Abhängigkeit von Art, Umfang, Laufzeit des Geschäftes und der Risikoeinstufung des jeweiligen Importlandes zu leisten. Im Schadensfall muss eine Selbstbeteiligung getragen werden.

In den vergangenen Jahren hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die Möglichkeiten der Forderungsabsicherung jedoch erheblich eingeschränkt. Im Einzelfall sollte das aktuelle Merkblatt über die Fördermöglichkeiten des Bundes direkt bei der Hermes-Kreditversicherung AG eingeholt werden.

4.4 Außenhandelsversicherungen

Die Bedeutung privater Außenhandelsversicherungen zur Absicherung kurzfristiger so genannter marktfähiger Risiken nimmt zu, da diese über die Außenhandelssicherungen des Bundes nicht mehr gedeckt sind.

Außenhandelsversicherungen in Form von Exportkreditversicherungen oder Warenkreditversicherungen decken unter bestimmten Voraussetzungen das Forderungsausfallrisiko des Exporteurs und das Zahlungsverzugrisikos. Politische Risiken werden in der Regel von den Versicherungen ausgeschlossen.

Zusätzlich besteht gegen Entgelt die Möglichkeit Bonitätsprüfungen durch die Versicherung durchführen zu lassen. Dies kann sinnvoll sein, wenn Informationsquellen zur Prüfung erforderlich sind, zu denen der Exporteur keinen Zugang hat. Im Einzelfall ist eine Kosten-Nutzen-Abwägung bei der Abgabe von Bonitätsprüfungen an Versicherungen vorzunehmen.

Beim Forderungsausfall entschädigt die Versicherungsgesellschaft dem Exporteur in Höhe des versicherten Forderungsbetrages unter Abzug einer vertraglich festgelegten Selbstbeteiligung.

Vor Versicherungsabschluss sollte festgestellt werden, unter welchen Kriterien die jeweilige Versicherungsgesellschaft das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit anerkennt. Je nach Umfang der zu erbringenden Nachweise über die Aussichtslosigkeit der Zahlung verbleibt als vorübergehendes Restrisiko für den Exporteur der zeitliche Verzug bis zur Entschädigung durch die Versicherung.

Bei einigen Versicherungsgesellschaften kann auch der Zahlungsverzug mitversichert werden. Der Versicherungsfall tritt ein, wenn die Zahlung nicht innerhalb eines im Versicherungsvertrag festgelegten Zeitraums nach Fälligkeit der versicherten Forderung erfolgt ist.

Da die Angebote der Versicherungsgesellschaften in Bezug auf Definition der inhaltlichen und zeitlichen Deckungsgegenstände, Abwicklung und Konditionen ständigen Veränderungen unterliegen, muss an dieser Stelle auf eine Detaildarstellung verzichtet werden.

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