Arbeitszimmer – Anmietung
§ 9 EStG
§ 42 AO
Um die geltenden Abzugsbeschränkungen eines häuslichen Arbeitszimmers zu „vermeiden“ (vgl. Arbeitszimmer), werden z.T. „Mietverträge“ mit dem Arbeitgeber über das häusliche Arbeitszimmer abgeschlossen. Durch diese Vertragsgestaltung wird das Arbeitszimmer quasi aus dem „häuslichen Bereich“ herausgenommen. Die Mieteinnahmen werden als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erklärt und die vollen Kosten des häuslichen Arbeitszimmers – d.h. ohne Berücksichtigung der Abzugsbeschränkung – werden als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung geltend gemacht.
Die Mietverhältnisse werden von der Finanzverwaltung steuerlich nicht anerkannt, wenn ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten gegeben ist (§ 42 AO). Davon ist nach Auffassung der Finanzverwaltung stets auszugehen, wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein direktes Mietverhältnis besteht und kein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers für das Vorhandensein eines häuslichen Arbeitszimmers beim Arbeitnehmer nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden kann. Einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten sieht die Finanzverwaltung ebenfalls dann, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, dass mit dem Mietvertrag lediglich bezweckt wird, die Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu umgehen.
In Anmietungs-Fällen wird die steuerliche Anerkennung eines Mietverhältnisses auch versagt, wenn der Ehegatte des Arbeitnehmers Miteigentümer oder Alleineigentümer des häuslichen Arbeitszimmers ist. Das Gleiche gilt bei Untervermietung eines Arbeitszimmers in einer gemieteten Wohnung (vgl. Verfügung der OFD Magdeburg, 31.08.1999 – S 2253 – 38 – St 214 V; FR 1999, 1093 sowie BFH, 10.11.1998 – I B 80/97; BFH/NV 1999, 665).
Mietet der Arbeitgeber einen Raum als Außendienst-Mitarbeiterbüro von seinem Arbeitnehmer an, sind die Mietzahlungen dann nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen und die Arbeitszimmer-Kosten unbeschränkt als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, wenn der Arbeitgeber gleich lautende Mietverträge auch mit fremden Dritten abschließt und die Anmietung des Raums im eigenbetrieblichen Interesse erfolgt. Dieses ist dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer über keinen weiteren Arbeitsplatz in einer Betriebsstätte des Arbeitgebers verfügt (BFH, 19.10.2001 – VI R 131/00, BStBl II 2002, 300 sowie BFH, 20.03.2003 – VI R 147/00, BStBl II 2003, 519).
Praxistipp:
Insbesondere wenn der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber über keinen weiteren Arbeitsplatz verfügt und die Anmietung des „häuslichen Arbeitszimmers“ – wie etwa bei Heim- oder Telearbeitsplätzen – im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt, können die Aufwendungen für das vom Arbeitgeber angemietete Arbeitszimmer in voller Höhe bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden. Es empfiehlt sich, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftliche Vereinbarungen zu treffen. Die Grundsätze der steuerlichen Behandlung hat das Bundesfinanzministerium in einem BMF-Schreiben zusammengestellt (BMF, 13.12.2005 – IV C 3 – S 2253 – 112/05).
Die OFD Münster hat in einer Kurzinformation Nr. 10/2008, DB 2008, 729 zur Behandlung eines Zuschusses des Arbeitgebers zu den Aufwendungen eines Arbeitnehmers für einen Büroraum in seinem Haus oder seiner Wohnung wie folgt Stellung genommen:
„Es häufen sich die Fälle, in denen bei einem Versicherungsunternehmen beschäftigte Arbeitnehmer Zahlungen des Arbeitgebers für die Bereitstellung eines Büros in ihrem Haus oder ihrer Wohnung als Nutzungsentgelt i.S. des § 21 Abs. 1 EStG behandeln und einen Abzug der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen innerhalb der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung begehren.
Der Arbeitgeber, ein Versicherungsverein, bietet seinen Arbeitnehmern zur Senkung von Kosten aus Kapazitätsgründen an, die im Rahmen des Arbeitsvertrags zu leistenden Arbeiten teilweise im häuslichen Arbeitszimmer zu verrichten (außerbetrieblicher Arbeitsplatz). Grundsätzlich teilen sich zwei Mitarbeiter des Vereins einen Arbeitsplatz. In der Zeit, in der ein Mitarbeiter zu Hause tätig wird, steht ihm im Betrieb kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Mit jedem der betroffenen Arbeitnehmer ist eine schriftliche Vereinbarung über die Nutzungsbedingungen des Arbeitsplatzes abgeschlossen worden (Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag i.V.m. der Betriebsvereinbarung vom 01.10.1996). Für die Bereitstellung des Raumes wird den Mitarbeitern ab dem 01.01.2006 aufgrund einer geänderten Betriebsvereinbarung eine Aufwandspauschale von monatlich 30 EUR gewährt. Dem Arbeitgeber ist im Übrigen vom Betriebsstätten-Finanzamt im Wege einer Anrufungsauskunft bestätigt worden, dass seine Zahlungen keinen Arbeitslohn darstellen.
Nach dem BMF-Schreiben vom 13.12.2005 (BStBl I 2006, 4) ist die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung danach vorzunehmen, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung des Büros erfolgt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass in vorliegendem Fall sowohl die Interessen des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers betroffen sind. Die Entscheidung des Betriebsstättenfinanzamts, bei Wertung der in dem o.a. Schreiben aufgeführten Merkmale die Zahlungen des Arbeitgeber wegen der Annahme eines überwiegend betrieblichen Interesses nicht als Arbeitslohn anzusehen, ist nicht zu beanstanden. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Aufwandspauschale automatisch als Nutzungsentgelt i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandeln ist. Eine Zuordnung der Zahlungen zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung setzt ein neben dem Dienstverhältnis gesondert bestehendes Rechtsverhältnis voraus. Die Ausgestaltung der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann nur durch einen schriftlichen oder mündlichen Mietvertrag erfolgen. In den angesprochenen Fällen mangelt es an einem solchen Vertragsverhältnis. Fehlt ein solches zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder wird ein vorhandenes nicht anerkannt, ist die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nicht berührt (Schmidt/Weber-Grellet EStG § 21 Rz 135).
Die Betriebsvereinbarung vom 01.12.2006 und insbesondere die Zusatzvereinbarung zum Anstellungsvertrag zur Errichtung eines außerbetrieblichen Arbeitsplatzes können keinen Mietvertrag ersetzen, sodass insoweit nicht von einem Mietverhältnis auszugehen ist. Die Beantwortung der Frage, ob die Aufwendungen der Arbeitnehmer nach Abzug der Arbeitgeberzahlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit anzuerkennen sind, ist davon abhängig, ob das Büro den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit der Arbeitnehmer darstellt.