Aufbewahrungspflichten

Normen

§ 257 HGB

§ 147 AO

H 5.2 EStH

Information

Inhaltsübersicht

  1. 1.
  2. 2.
  3. 3.
  4. 4.
  5. 5.
  6. 6.

1. Allgemeines

Jeder, der nach den §§ 140 ff. AO verpflichtet ist, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, ist auch verpflichtet, diese aufzubewahren.

Die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungspflichten sind in § 257 HGB bzw. § 147 AO normiert und werden durch H 5.2 EStH ergänzt.

Die Regelungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Unterlagen

Frist

steuerrechtliche Rechtsgrundlage (AO)

handelsrechtliche Rechtsgrundlage (HGB)

Bücher und Aufzeichnungen

10 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

§ 257 Abs. 1 Nr. 1

Inventare

10 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

§ 257 Abs. 1 Nr. 1

Jahresabschlüsse

10 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

§ 257 Abs. 1 Nr. 1

Eröffnungsbilanzen

10 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

Lageberichte

10 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

§ 257 Abs. 1 Nr. 1

Konzernabschlüsse

10 Jahre

§ 257 Abs. 1 Nr. 1

Konzernlageberichte

10 Jahre

§ 257 Abs. 1 Nr. 1

zum Verständnis erforderliche Arbeitsanweisungen und sonstige Organisationsunterlagen

10 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

§ 257 Abs. 1 Nr. 1

Buchungsbelege

10 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

§ 257 Abs. 1 Nr. 4

empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe

6 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

§ 257 Abs. 1 Nr. 2

abgesendete Handels- oder Geschäftsbriefe (Wiedergaben)

6 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

§ 257 Abs. 1 Nr. 3

sonstige für die Besteuerung bedeutende Unterlagen

6 Jahre

§ 147 Abs. 1 Nr. 1

Eine Einzelauflistung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen finden Sie unter Aufbewahrungspflicht – Übersicht.

Die Unterlagen sind geordnet aufzubewahren. Die Aufbewahrungspflicht als Teil der Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht muss den Anforderungen des § 145 AO genügen, d.h. die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener (kurzer) Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann.

Die Verantwortung für die Beachtung der Aufbewahrungspflichten liegt beim Kaufmann; also beim Inhaber eines Einzelunternehmens, bei den persönlich haftenden Gesellschaftern einer Personengesellschaft, beim Inhaber des Handelsgeschäftes einer atypisch stillen Gesellschaft und bei den zuständigen Organen einer Kapitalgesellschaft.

Die Regelungen zum Ort der Aufbewahrung ergeben sich aus § 146 Abs. 2, 2a und 2b AO.

2. Aufbewahrungsfristen

2.1 Beginn der Frist

Die Aufbewahrungsfrist beginnt nach § 257 Abs. 5 HGB und § 147 Abs. 4 AO mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem

  1. die letzte Eintragung in die Bücher vorgenommen wurde,

  2. das Inventar aufgestellt wurde,

  3. die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt wurde,

  4. die Handels- und Geschäftsbriefe empfangen oder abgesendet wurden,

  5. der Buchungsbeleg entstanden ist oder

  6. die sonstigen steuerlich relevanten Aufzeichnungen vorgenommen bzw. die sonstigen steuerlich relevanten Unterlagen entstanden sind.

Auch bei abweichenden Wirtschaftsjahren beginnt die Aufbewahrungsfrist mit dem jeweiligen Ende des Kalenderjahres.

Soweit im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung Anpassungen der Handelsbilanz erfolgen, beginnt die Aufbewahrungsfrist mit dem Ende des Kalenderjahres der letzten Eintragung – im Regelfall werden die Anpassungen allerdings im laufenden Wirtschaftsjahr vorgenommen; dies berührt die Aufbewahrungsfristen nicht.

Die Aufbewahrungsfrist endet 6 bzw. 10 Jahre nach ihrem Beginn, soweit nicht die Ablaufhemmung zum Zuge kommt (vgl. Tz. 2.2).

2.2 Ablaufhemmung

Nach § 147 Abs. 3 S. 3 AO läuft die Aufbewahrungspflicht (abweichend vom Handelsrecht) nicht ab, soweit und solange die aufzubewahrenden Unterlagen für die Steuer, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, von Bedeutung sind. Steuerhinterziehung bzw. leichtfertige Verkürzung beeinflussen diese Ablaufhemmung nicht (2. Halbsatz); nach § 171 Abs. 7 AO endet die Festsetzungsfrist hier jedoch nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

Da es praktisch unmöglich ist, nur die Unterlagen auszusondern, die lediglich die Steuern betreffen, für die die Festsetzungsfrist abgelaufen ist, führt die gesetzliche Einschränkung „soweit und solange“ in der Praxis häufig dazu, dass sich die Aufbewahrung insgesamt nicht nur nach § 147 AO richtet, sondern sich ebenfalls auf die Regelungen des § 171 AO bezieht.

Mit dem BMF-Schreiben vom 25.10.1977 (BMF, 25.10.1977 – IV A 7-S 0317-23/77, BStBl I 1977, 487) ist im Zusammenhang mit der Möglichkeit, kürzere Aufbewahrungsfristen nach § 147 Abs. 3 S. 2 AO zuzulassen, allerdings festgelegt worden, dass die Erleichterungen nach § 148 AO wie folgt konkretisiert werden:

Nach Ablauf der in § 147 Abs. 3 Satz 1 AO genannten oder der in anderen Steuergesetzen zugelassenen kürzeren Aufbewahrungsfristen brauchen die Unterlagen nur noch aufbewahrt zu werden, wenn und soweit sie

  1. für eine begonnene Außenprüfung,

  2. für eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 AO,

  3. für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen,

  4. für ein schwebendes oder auf Grund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren oder

  5. zur Begründung von Anträgen des Steuerpflichtigen

von Bedeutung sind.

2.3 Liquidation

Im Falle der Liquidation einer Kapitalgesellschaft gelten besondere Aufbewahrungsfristen, die den Regelungen nach dem HGB vorgehen:

Nach § 74 Abs. 2 GmbHG sind nach Beendigung der Liquidation die Bücher und Schriften einer GmbH für die Dauer von zehn Jahren einem der Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung zu geben. Der Gesellschafter oder der Dritte wird beim Fehlen einer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag oder in einem Beschluss der Gesellschafter durch das zuständige Gericht (entsprechend der Handelsregister-Eintragung) bestimmt.

Nach § 273 Abs. 2 AktG sind nach der Abwicklung die Bücher und Schriften einer AG oder KGaA an einem vom Gericht bestimmten sicheren Ort zur Aufbewahrung auf zehn Jahre zu hinterlegen.

3. Aufbewahrungspflichtige Unterlagen

3.1 Aufbewahrung auf Datenträgern

Hinsichtlich der Möglichkeit, aufbewahrungspflichtige Unterlagen auf Datenträgern aufzubewahren (§ 147 Abs. 2 und Abs. 5 AO, § 257 Abs. 3 HGB), vgl. GoBS.

3.2 Bücher und Aufzeichnungen

Aufbewahrungspflichtig sind alle Bücher, die für handels- oder steuerrechtliche Zwecke geführt werden müssen (z.B. auch die Kassenbuchführung und die Lohnbuchführung). Bei einer Offenen-Posten-Buchhaltung übernehmen die Belege die Kontenfunktionen (der Debitoren- und Kreditorenkonten); sie haben somit Buchfunktion.

3.3 Inventare

Zu den Inventar-Unterlagen zählen insbesondere Inventur-Aufnahmelisten und Anlageverzeichnisse.

Auch die Uraufzeichnungen sind aufbewahrungspflichtig, allerdings als sonstige Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO nur 6 Jahre. Die vorbereitenden Aufzeichnungen (Schmierzettel) sind nur aufzubewahren, soweit die Aufnahmelisten nicht vollständig sind.

3.4 Jahresabschlüsse

Die Aufbewahrungspflichten beziehen sich auf Jahres- und Konzernabschlüsse im Sinne der §§ 242 ff. HGB (Bilanz und GuV-Rechnung, bei Kapitalgesellschaften auch Anhang und ggf. Lagebericht) im Original.

Aufbewahrungspflichtig sind auch Eröffnungsbilanzen, die zu Beginn des Gewerbes bzw. der Buchführungspflicht zu erstellen sind.

3.5 Arbeitsanweisungen und Organisationsunterlagen

Zu den Arbeitsanweisungen und Organisationsunterlagen gehören u.a. die Kontenpläne und bei EDV-Anwendungen die Verfahrensdokumentation (vgl. Tz. 6 GoBS).

Zum Umfang der aufbewahrungspflichtigen Unterlagen beim Einsatz elektronischer Registrierkassen vgl. Tz. 3.8.2.

3.6 Handels- und Geschäftsbriefe

Handels- und Geschäftsbriefe sind Schriftstücke oder Dokumente – auch Faxein- und -ausgänge sowie empfangene oder versendete E-Mails zählen dazu – die für die Vorbereitung, für den Abschluss und für die Durchführung oder auch für die Rückabwicklung eines Geschäfts steuerlich von Bedeutung sind. Dies betrifft sowohl empfangene als auch erbrachte Leistungen. Soweit mündlich (z.B. telefonisch) erteilte Auskünfte ohne schriftliche Bestätigung rechtlich wirksam werden, ist eine entsprechende Notiz zu fertigen und aufzubewahren.

Die Regelung des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO geht über die handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht hinaus: mithin ist die gesamte Korrespondenz eines Unternehmens als sonstige Unterlage aufbewahrungspflichtig, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung ist.

3.7 Buchungsbelege

Als Buchungsbelege aufbewahrungspflichtig sind alle Unterlagen zu jedem einzelnen Geschäftsvorfall und seiner Buchung. Dies können Eigen- und Fremdbelege sein. Im Umkehrschluss gilt deshalb der Grundsatz, dass keine Buchung ohne Beleg vorgenommen werden darf.

3.8 Sonstige Unterlagen

3.8.1 Allgemeines

Die sonstigen Unterlagen sind nur aufbewahrungspflichtig, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, also eine Aussagekraft über steuerlich relevante Vorgänge besitzen. Dazu gehören neben den für eine Nachkalkulation erforderlichen allgemeinen Unterlagen (statistisches Material, Preisverzeichnisse oder Speise- und Getränkekarten eines Gastwirts, vgl. FG Baden-Württemberg, 18.02.1997 – 6 V 49/96, EFG 1997, 928-929) auch Bewertungsunterlagen (z.B. Gutachten) sowie Auftrags-, Bestell- und ggf. Angebotsunterlagen.

3.8.2 Kassenbelege bei EDV-Registrierkassen

Als Kassenbelege aufbewahrungspflichtig sind insbesondere:

  1. Kassenbücher,

  2. Kassenbelege,

  3. Kassenberichte,

  4. Finanzberichte,

  5. Tagesendsummenbons,

  6. Kassenkontrollstreifen,

  7. Registrierkassenstreifen und

  8. EDV-Registrierkassenausdrucke (z.B. Warengruppenberichte)

soweit sie eine Buchungsunterlage mit Belegfunktion darstellen (10 Jahre) oder sonst für die Besteuerung von Bedeutung sind (6 Jahre), z.B. zum Nachweis der ordnungsmäßigen Kassenführung.

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erfordern auch bei EDV-Registrierkassen eine schlüssige und nachvollziehbare Dokumentation. Hierzu ist insbesondere die Aufbewahrung folgender Unterlagen erforderlich:

  1. die Bedienungsanleitung,

  2. die Programmabrufe nach jeder Änderung (u.a. der Artikeleinzelpreise),

  3. die vollständige Anzahl aller Rechnungen lt. Rechnungsspeicher,

  4. Protokolle über die Einrichtung von Verkäufer-, Kellner- und Trainingsspeichern etc. sowie

  5. alle weiteren internen Anweisungen zur Kassenprogrammierung (z.B. Anweisungen zum maschinellen Ausdrucken von Proforma-Rechnungen oder zum Unterdrücken von Daten und Speicherinhalten).

Unter den Voraussetzungen des § 93 AO kann auch der Kassenaufsteller als Dritter zur Herausgabe dieser Unterlagen aufgefordert werden.

Aufgrund der technischen Weiterentwicklung von modernen Registrierkassen ist das BMF-Schreiben vom 09.01.1996 zum „Verzicht auf die Aufbewahrung von Kassenstreifen bei Einsatz elektronischer Registrierkassen“ in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder inhaltlich grundlegend überarbeitet worden. An seine Stelle soll ein neues BMF-Schreiben zur „Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften“ treten; der Entwurf dieses Schreibens ist auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums einsehbar. Das BMF-Schreiben vom 09.01.1996 soll zunächst für eine Übergangszeit weiter gelten.

Durch das BMF-Schreiben vom 26.11.2010 – IV A 4 – S 0316/08/10004-07 – ist die Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften geregelt worden. Die Regelungen gelten für die Aufbewahrung der mittels

  1. Registrierkassen,

  2. Waagen mit Registrierkassenfunktion,

  3. Taxametern und

  4. Wegstreckenzählern

(= Geräte) erfassten Geschäftsvorfälle, also insbesondere für alle Betriebe mit Bargeldverkehr (ohne offene Ladenkasse) und das Personenbeförderungs- bzw. Taxigewerbe.

Mit dem o.g. BMF-Schreiben werden die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen die vorgenannten Geräte sowie die mit ihrer Hilfe erstellten digitalen Unterlagen den Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) und den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) entsprechen.

3.8.3 Lohnberechnungen

Zu den aufbewahrungspflichtigen Unterlagen für die Lohnberechnungen zählen – soweit sich die Angaben nicht bereits aus den Lohnkonten (§ 4 LStDV) ergeben – u.a. die Uraufzeichnungen

  1. der Stundenlohnzettel,

  2. der An- bzw. Abwesenheitsbelege (Krankheit, Urlaub) und

  3. der Schichtzettel (z.B. bei einem Taxi-Unternehmen, vgl. FG Münster, 06.09.2001 – 8 K 7080/97 E, EFG 2003, 45).

3.9 Kontoauszüge

3.9.1 Betriebliche und private Kontoauszüge

Betriebliche Konto- und Depotauszüge oder sonstige Bankunterlagen sind in der Regel bereits als Buchungsbelege aufbewahrungspflichtig.

Private Kontoauszüge sind grundsätzlich nicht aufbewahrungspflichtig, es sei denn, es wurden auch betriebliche Vorgänge darüber abgewickelt (vgl. FG Hamburg, 22.03.1991 – VII 164/90, EFG 1991, 636: Ein Arzt mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG hat dem Außenprüfer auf Verlangen regelmäßig die vollständigen Auszüge seines Girokontos, über das neben den betrieblichen auch private Vorfälle abgewickelt wurden, vorzulegen und bei Vernichtung Ersatzbelege zu beschaffen).

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat am 05.03.2008 (7 K 10297/06 B) entschieden, dass der bedingte Vorsatz, der für eine Steuerhinterziehung ausreicht, auch dann gegeben ist, wenn der Steuerpflichtige behauptet, von Einnahmen deshalb nichts gewusst zu haben, weil er die entsprechenden Kontoauszüge in Stapeln von Unterlagen ablegte, was ein leichtes Wiederauffinden unmöglich gemacht habe. Ein Wissen um die Höhe von Einnahmen wird nicht dadurch beseitigt, dass der Steuerpflichtige die zur Zusammenstellung erforderlichen und zu den Geschäftsvorfällen gehörenden Unterlagen verlegt oder sogar vernichtet.

Private Kontoauszüge, über die keine betrieblichen Vorgänge abgewickelt wurden, können allerdings ebenfalls steuerlich von Bedeutung sein, wenn z.B. auf Grund von nicht hinreichend geklärten Einlagen oder Vermögenszuwächsen im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung eine (Bar-)Geldverkehrs- oder Vermögenszuwachsrechnung durchgeführt wird.

Die Finanzbehörde kann grundsätzlich im Rahmen eines Auskunftsersuchens bei einer Bank die Kontoauszüge anfordern, vgl. FG Rheinland-Pfalz, 07.10.1993 – 4 K 1392/91. Die fehlende Pflicht des Steuerpflichtigen, steuerlich bedeutende private Unterlagen oder Urkunden aufbewahren zu müssen, bedeutet nicht, dass sich die Finanzbehörde die zur Aufklärung des Sachverhaltes erforderlichen Unterlagen nicht über einen Dritten beschaffen darf.

Sie hat jedoch dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. So wird z.B. das Ermessen durch das FA mit einem Auskunftsersuchen an eine Bank allein auf Grund hoher ungebundener Entnahmen verletzt, wenn die Vorlage sämtlicher Kontoauszüge für vier Jahre verlangt wird. Bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hätte das FA sich in diesem Fall mit der Vorlage sämtlicher Kontoauszüge zunächst für einen weitaus kürzeren Zeitraum (höchstens ein Jahr) begnügen müssen. Erst wenn bei der Prüfung dieser Auszüge Umstände zu Tage getreten wären, die auf nicht erklärte Vermögensbildung hingedeutet hätten, hätte das Verlangen auf Vorlage von Kontoauszügen auch für weitere Jahre zulässig sein können, vgl. BFH, 23.10.1990 – VIII R 1/86, BStBl II 1991, 277.

3.9.2 Elektronische Kontoauszüge

Auch für das Homebanking (Online-Banking), d.h. die Abwicklung von Bankgeschäften über das Internet, sind die Vorschriften über die Aufbewahrungspflichten, insbesondere die GoBS, zu beachten.

Grundsätzlich ist auch in diesen Fällen der von den kontoführenden Kreditinstituten ausgedruckte Kontoauszug aufzubewahren. Ein Verzicht auf die (als Beleg im Sinne des § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO für 10 Jahre aufzubewahrenden) ausgedruckten Kontoauszüge ist nur möglich, wenn

  1. a)

    der elektronische Kontoauszug als originär digitales Dokument gespeichert wird (vgl. Tz. 9.1.2. der GoBS), d.h.

    1. nach der Übertragung auf den heimischen PC die Daten mit einem unveränderbaren Index gespeichert werden, sodass Manipulationen ausgeschlossen sind (Sicherstellung der Unveränderbarkeit) und

    2. die Daten jederzeit verfügbar sind, lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können (Sicherstellung der Überprüfbarkeit),

und wenn

  1. b)

    ab 2002 die Inhalts- und Formatierungsdaten der elektronischen Kontoauszüge auf einem maschinell auswertbaren Datenträger archiviert werden,

sodass die Voraussetzungen des § 147 Abs. 2 und 6 AO erfüllt sind, vgl. Tz. 8 zu GoBS.

Werden Kontoinformationen zwar in digitaler Form an DV-gestützte Buchführungssysteme übermittelt, sind diese dort aber änderbar oder unterdrückbar, ist die digitale Aufbewahrung nicht ausreichend.

Auch die von den Banken zum Quartalsende gefertigten Rechnungsabschlüsse oder Übermittlungen von Kontoumsatzdaten werden von der Finanzverwaltung als Nachweis der Übereinstimmung der digitalisierten Kontoauszüge mit den Originalbelegen nicht als ausreichend anerkannt, weil die einzelnen Geldbewegungen durch manipulierbare Buchungstexte trotzdem zu einem verfälschenden Bild führen können. Das bayerische Landesamt für Steuern akzeptiert hingegen die vom Kreditinstitut erstellte Übersendung und Aufbewahrung sog. Monatssammelkontoauszüge in Papierform, Vfg. vom 28.07.2010, S 0317.1.1-3/1 St42.

Praxistipp:

Die von der Finanzverwaltung verlangte vollständige Erfüllung aller Voraussetzungen und Nachweise werden in aller Regel nicht erfüllt, sodass auf die Aufbewahrung von Kontoauszügen in Papierform aus Gründen der Beweisvorsorge nicht verzichtet werden sollte.

Dient der Auszug eines privaten Kontos als Beleg für Zahlungsvorgänge (z.B. als Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen) werden die im Online-Verfahren selbst ausgedruckten Kontoauszüge in der Regel anerkannt, soweit keine besonderen Formvorschriften bestehen, z.B. aufgrund eines Zahlungsnachweises durch Beleg des Kreditinstituts nach § 35a Abs. 2 EStG (bis 2007).

3.10 Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers für Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück

3.10.1 Allgemeines

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist ein Unternehmer, der eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1 UStG) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück ausführt, verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. In diesen Fällen hat der Leistungsempfänger die Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Unterlage nach § 14b Abs. 1 S. 5 UStG aufzubewahren, auch wenn er nicht Unternehmer ist oder aber ein Unternehmer ist, der die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet. Einzelheiten ergeben sich aus dem Schreiben des BMF, 24.11.2004 – IV A 5 S 7280 – 21/04.

3.10.2 Pflicht zur Erteilung einer Rechnung

Die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung besteht unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger Eigentümer oder Mieter des Grundstücks ist. Sie gilt auch für leistende Kleinunternehmer, die allerdings die USt nicht offen ausweisen dürfen.

3.10.3 Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück

Leistungen, die zur Rechnungserteilung verpflichten, sind alle Bauleistungen und darüber hinaus alle sonstigen Leistungen im engen Zusammenhang mit einem Grundstück. Ein enger Zusammenhang ist nach R 34 Abs. 2 UStR gegeben, wenn sich die sonstige Leistung nach den tatsächlichen Umständen überwiegend auf die Bebauung, Verwertung, Nutzung oder Unterhaltung des Grundstücks selbst bezieht,
hierzu gehören z.B. (nicht abschließende Aufzählung):

  1. planerische Leistungen (der Architekten, Statiker und Ingenieure)

  2. Leistungen der Bauüberwachung

  3. Abbruch- und Erdarbeiten

  4. Entsorgung von Baumaterial

  5. Aufstellen von Containern oder mobilen Toilettenhäusern

  6. Gerüstbau

  7. Reinigungsarbeiten

  8. Instandhaltungs-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten (z.B. eines Installateurs, Malers etc.)

  9. Gartenarbeiten

  10. Maklerleistungen

3.10.4 Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht auf der Rechnung

Nach § 14 Abs. 1 Nr. 9 UStG muss die Rechnung des Leistenden einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers enthalten. Der Hinweis ist bei Kleinbetragsrechnungen im Sinne des § 33 UStDV (Rechnungsbetrag bis 100 EUR) nicht erforderlich. Das Fehlen des Hinweises auf der Rechnung führt jedoch nicht zu einer Befreiung des Leistungsempfängers von der Aufbewahrungspflicht.

3.10.5 Aufbewahrungspflicht des privaten Leistungsempfängers

Aufbewahrungspflichtig sind die Rechnungen über die erhaltenen Leistungen, Zahlungsbelege (z.B. Kontoauszüge oder Quittungen) oder andere beweiskräftige Unterlagen (z.B. Bestellungen oder Verträge).

3.10.6 Verletzung der Aufbewahrungspflicht nach § 14b Abs. 1 Nr. 5 UStG

Ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht kann bei Vorsatz oder Leichtfertigkeit zu einer Geldbuße von bis zu 500 EUR führen (§ 26a Abs. 1 Nr. 3 UStG i.V.m. § 26a Abs. 2 UStG). Der nichtunternehmerische Leistungsempfänger handelt grundsätzlich zumindest dann leichtfertig, wenn er trotz eines deutlichen Hinweises auf der Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 9 UStG die Rechnung nicht aufbewahrt. Soweit der leistende Unternehmer es zumindest leichtfertig unterlässt, eine Rechnung zu erstellen, kann diese Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden.

3.11 Aufbewahrungspflicht bei hohen Überschusseinkünften

Ab 2010 haben Steuerpflichtige, bei denen die Summe der positiven (nicht mit negativen saldierten) Überschusseinkünfte mehr als 500.000 EUR (bei Zusammenveranlagung pro Ehegatte getrennt) im Kalenderjahr betragen, die Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zugrunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten nach § 147a AO sechs Jahre lang (beginnend mit dem folgenden Kalenderjahr) aufzubewahren.

§ 147a Satz 6 AO verpflichtet den Steuerpflichtigen zudem, Aufzeichnungen und Unterlagen ebenso lange aufzubewahren, wenn ihn die Finanzbehörde für die Zukunft zur Aufbewahrung dieser Unterlagen verpflichtet, weil er seinen Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 S. 3 AO nicht nachgekommen ist (gemeint sind Fälle, in denen anzunehmen ist, dass Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Finanzinstituten existieren, deren Sitz in einem Nicht-DBA-Staat liegt und von dem keine Bereitschaft zu einer entsprechenden Auskunftserteilung besteht; in der praktischen Relevanz ist dieser Teil der Vorschrift durch das BMF-Schreiben vom 05.01.2010, IV B 2-S 1315/08/10001-09 jedoch nahezu bedeutungslos).

4. Verletzung der Aufbewahrungspflicht

4.1 Steuerrechtliche Folgen

Ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten bedeutet, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist und die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung nicht erfüllt sind.

Die Finanzbehörde hat in diesen Fällen die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 S. 2 AO zu schätzen und kann gesetzliche Steuervergünstigungen versagen. Sie kann auch das Führen von Büchern oder Aufzeichnungen erzwingen, in dem sie im Fall einer Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld (§§ 328 AO ff.) androht und festsetzt.

4.2 Strafrechtliche Folgen

Eine Verletzung der Aufbewahrungspflicht kann nach § 283b StGB strafbar sein.

Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, die nach § 257 HGB aufbewahrungspflichtig sind, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseite geschafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt werden, wenn dadurch die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird.

Im Falle einer Überschuldung oder drohenden Zahlungsunfähigkeit oder im laufenden Insolvenzverfahren kann der Straftatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 6 StGB erfüllt sein – dieser führt in der Regel zu einem höheren Strafmaß.

5. Vorlagepflichten

5.1 Vorlagepflichten nach Handels- und Zivilrecht

5.1.1 Vorlegung im Rechtsstreit

Nach § 258 HGB kann ein Gericht im Laufe eines schwebenden zivilen Rechtsstreits auf Antrag (einer der Parteien) oder von Amts wegen die Vorlegung der Handelsbücher einer Partei anordnen, soweit dies der Sachverhaltsaufklärung dienlich ist.

Die Vorlagepflicht bezieht sich jedoch nur auf Handelsbücher, die nach § 257 Abs. 1 Nr. 1 HGB aufbewahrungspflichtig sind.

Durch § 259 HGB wird der Umfang des Einblicks auf die für den Rechtsstreit relevanten Sachverhalte beschränkt.

Unabhängig davon gelten die Regelungen der §§ 415 ff. ZPO zur Beweiskraft und Vorlegungspflicht von Urkunden sowie des § 810 BGB zur Möglichkeit der Einsichtnahme in Urkunden. Der Begriff der Urkunde im Sinne der ZPO und des BGB umfasst auch die Handelsbücher lt. HGB.

5.1.2 Vorlegung bei Auseinandersetzungen

Ein Gericht kann nach § 260 HGB bei Vermögensauseinandersetzungen auch außerhalb eines Rechtsstreits die Vorlage von Handelsbüchern verlangen, und zwar – im Gegensatz zu § 258 und § 259 HGB – mit ihrem gesamten Inhalt, weil bei Vermögensauseinandersetzungen (insbesondere Erbschafts-, Gütergemeinschafts- oder Gesellschaftsteilungsverfahren) in der Regel die gesamten Vermögensverhältnisse relevant sind.

5.1.3 Einsichtsrechte von Gesellschaftern

Ein Gesellschafter einer Personengesellschaft (einer OHG (§ 118 HGB) oder einer GbR (§ 716 BGB) kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, die Handelsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen einen Jahresabschluss anfertigen.

Der Kommanditist einer KG und der stille Gesellschafter sind hierzu grundsätzlich nicht berechtigt; sie können jedoch die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere prüfen (§§ 166 und 233 HGB) oder beantragen, dass ein Gericht bei wichtigen Gründen die Mitteilung eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere anordnet.

Die Geschäftsführer einer GmbH haben nach § 51a GmbHG jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten.

5.2 Vorlagepflichten nach dem Steuerrecht

5.2.1 Unterlagen zur Steuererklärung

Nach § 60 Abs.1 EStDV ist für den Fall, dass der Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG ermittelt wird, der Steuererklärung eine Abschrift der Bilanz (einschließlich Gewinn- und Verlustrechnung) beizufügen, aus der sich der steuerlich anzusetzende Gewinn ergibt. Im Fall der Eröffnung des Betriebs ist auch eine Abschrift der Eröffnungsbilanz beizufügen.

Weichen Ansätze oder Beträge der (Handels-)Bilanz von den steuerlichen Vorschriften ab, so sind diese nach § 60 Abs. 2 EStDV durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften anzupassen. Der Steuerpflichtige kann aber auch eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Bilanz (Steuerbilanz) beifügen.

Soweit nach handelsrechtlichen Vorschriften ein Anhang, ein Lagebericht oder ein Prüfungsbericht zu erstellen ist, so ist eine Abschrift hiervon nach § 60 Abs. 3 EStDV der Steuererklärung ebenfalls beizufügen.

5.2.2 Mitwirkungspflicht im Rahmen einer Außenprüfung

Die Mitwirkungspflicht im Rahmen einer Außenprüfung wird durch § 200 AO konkretisiert. Danach hat der Steuerpflichtige insbesondere

  1. Auskünfte zu erteilen,

  2. Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen,

  3. die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Erläuterungen zu geben,

  4. die Finanzbehörde bei Ausübung ihrer Befugnisse nach § 147 Abs. 6 AO (Einsichtnahme in gespeicherte Daten) zu unterstützen,

  5. die genannten Unterlagen in seinen Geschäftsräumen oder, soweit ein zur Durchführung der Außenprüfung geeigneter Geschäftsraum nicht vorhanden ist, in seinen Wohnräumen oder an Amtsstelle vorzulegen,

  6. einen zur Durchführung der Außenprüfung geeigneten Raum oder Arbeitsplatz sowie die erforderlichen Hilfsmittel unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

Die Einsichtnahme in gespeicherte Daten umfasst auch die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, der Außenprüfung in Papierform erstellte und später durch Scannen digitalisierte Belege über sein Computersystem per Bildschirm lesbar zu machen und zur Verfügung zu stellen. Dieser Verpflichtung kann er sich nicht durch das Angebot des Ausdruckens auf Papier entziehen, BFH, 26.09.2007- I B 53,54/07, BStBl II 2008, 415.
Mit dem Beschluss hat der BFH auch entschieden, dass sich der Datenzugriff der Finanzverwaltung u.a. auf die Finanzbuchhaltung erstreckt und daher der Steuerpflichtige nicht berechtigt ist, gegenüber der Außenprüfung bestimmte Einzelkonten (im Urteilsfall: Drohverlustrückstellungen, nicht abziehbare Betriebsausgaben, organschaftliche Steuerumlagen) zu sperren, die aus seiner Sicht nur das handelsrechtliche Ergebnis, nicht aber die steuerliche Bemessungsgrundlage beeinflusst haben.

Aus Abschnitt 146 AEAO zu § 200 ergibt sich die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, vorhandene Aufzeichnungen und Unterlagen vorzulegen, die nach Einschätzung der Finanzbehörde für eine ordnungsgemäße und effiziente Abwicklung der Außenprüfung erforderlich sind, ohne dass es ihm (dem Steuerpflichtigen) gegenüber einer zusätzlichen Begründung hinsichtlich der steuerlichen Bedeutung bedarf.

Bei Auslandssachverhalten trägt der Steuerpflichtige eine erhöhte Mitwirkungspflicht, § 90 Abs. 2 AO. Es bestehen insoweit besondere Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten, § 90 Abs. 3 AO sowie Tz. 3.3 und 3.4 des BMF-Schreibens vom 12.04.2005 – IV B 4 – S 1341 – 1/05, BStBl I 2005, 570.

Darüber hinaus ergeben sich besondere Vorlagepflichten für Konzerne. Diese haben auf Anforderung insbesondere vorzulegen:

  1. den Prüfungsbericht des Wirtschaftsprüfers über die Konzernabschlüsse der Konzernmuttergesellschaft,

  2. die Richtlinie der Konzernmuttergesellschaft zur Erstellung des Konzernabschlusses,

  3. die konsolidierungsfähigen Einzelabschlüsse (sog. Handelsbilanzen II) der Konzernmuttergesellschaft,

  4. Einzelabschlüsse und konsolidierungsfähige Einzelabschlüsse (sog. Handelsbilanzen II) von in- und ausländischen Konzernunternehmen.

5.2.3 Nicht erzwingbare Sachverhaltsaufklärung

Kommt der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungs- und Vorlagepflicht nach § 200 AO nicht nach, kann die Finanzbehörde u.a. bei Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes die Auskünfte und Unterlagen durch Zwangsmittel (§ 328 AO) erzwingen.

Im Besteuerungsverfahren sind jedoch nach § 393 AO Zwangsmittel gegen den Steuerpflichtigen unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten, insbesondere soweit gegen ihn wegen einer solchen Tat das Strafverfahren eingeleitet worden ist.

Soweit Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden, kann die Finanzbehörde jedoch hinsichtlich der durch den Steuerpflichtigen pflichtwidrig nicht aufgeklärten Sachverhalte den Schätzungsrahmen zu seinen Ungunsten ausüben, soweit sie ermessensgerecht handelt.

5.2.4 Auskunftsverweigerungsrecht Dritter

Der Steuerpflichtige hat als Beteiligter an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken (§ 90 AO). Nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO können andere Personen als der Steuerpflichtige ebenfalls zur Auskunft angehalten werden. Dies soll jedoch erst dann geschehen, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

Die Finanzbehörde kann vom Steuerpflichtigen und anderen Personen (außerhalb einer steuerlichen Außenprüfung) nach § 97 Abs. 1 AO die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren und anderen Urkunden zur Einsicht und Prüfung verlangen. Nach § 97 Abs. 2 AO soll die Vorlage dieser Unterlagen jedoch in der Regel erst dann verlangt werden, wenn der Vorlagepflichtige eine Auskunft nicht erteilt hat bzw. die Auskunft unzureichend ist oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen. Wendet sich die Finanzbehörde zur Sachverhaltsermittlung an Dritte, haben diese ggf. das Recht, Auskünfte zu verweigern.

Angehörige des Steuerpflichtigen im Sinne des § 15 AO haben nach § 101 AO grundsätzlich ein Auskunftsverweigerungsrecht.

Bestimmte Berufsgruppen können nach § 102 AO über die in ihrer beruflichen Eigenschaft erlangten Kenntnisse von einem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen. Dies betrifft insbesondere

  1. Geistliche,

  2. Mitglieder des Bundestages oder eines Landtages,

  3. Verteidiger, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Steuerbevollmächtigte, vereidigte Buchprüfer,

  4. Ärzte, Zahnärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen,

  5. Zeitungs- oder Rundfunkjournalisten.

6. Rückstellung für die Kosten zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen, zu der das Unternehmen gemäß § 257 HGB und § 147 AO verpflichtet ist, ist im Jahresabschluss eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden (BFH, 19.08.2002 – VIII R 30/01, BStBl. II 2003, 131). Die Rückstellung ist in Höhe des voraussichtlichen Erfüllungsbetrages zu bilden. Für diese Sachleistungsverpflichtung sind die Einzelkosten und ein angemessener Teil der notwendigen Gemeinkosten anzusetzen, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe b EStG. Die Kosten der Aufbewahrung hängen vom Umfang der im abgelaufenen Geschäftsjahr entstandenen aufzubewahrenden Unterlagen ab.

Die Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ist nicht abzuzinsen. Für die Abzinsung einer Sachleistungsverpflichtung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchstabe e S. 2 EStG der Zeitraum von der erstmaligen Bildung der Rückstellung bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend. Da die Aufbewahrungspflicht der in § 147 AO und § 257 HGB genannten Geschäftsunterlagen mit dem Entstehen dieser Unterlagen beginnt, ergibt sich kein Zeitraum, für den eine Abzinsung vorzunehmen wäre.

Beispiel:

Der Gewerbetreibende G nutzt einen Raum seines Geschäftsgebäudes, um seine Geschäftsunterlagen aufzubewahren. Für die Aufbewahrung fallen jährlich durchschnittlich

  • anteilige laufende Raumaufwendungen von 600 EUR,

  • durchschnittliche jährliche AfA für das Inventar von 400 EUR und

  • anteilige (mit der Aufbewahrung unmittelbar im Zusammenhang stehende) Personal- und Verwaltungskosten von durchschnittlich jährlich 300 EUR.

G kann zumindest eine Rückstellung i.H.v. 5,5 x (600 + 400 + 300) = 7.150 EUR bilden.

Zu berücksichtigen sind nach Auffassung des BFH vom 18.01.2011 – X R 14/09 – nicht die jährlichen Mietaufwendungen für Archivierungsräume für volle 10 Jahre, sondern lediglich für 5,5 Jahre, da jedes Jahr ein Jahrgang auszusortieren ist. Beriefe sich G auf eine voraussichtliche Verlängerung der Aufbewahrungsfrist, hätte er die tatsächlichen Voraussetzungen dafür darzulegen.
Der BFH entsprach mit dem o.g. Urteil inhaltlich der Auffassung der Vorinstanz, dem Niedersächsischen Finanzgericht vom 21.01.2009 – 3 K 12371/07).
Das FG führte in seiner Begründung dazu aus, dass nicht der gesamte Archivierungsraum in den künftigen Jahren erforderlich sei, sondern sich dieser Bedarf jährlich um 1/10 vermindere. Zum Bilanzstichtag seien Unterlagen 10 Jahre im Archiv aufzubewahren, von denen aber jedes Jahr ein Jahrgang wieder aussortiert werden könne, da die Aufbewahrungsfrist geendet habe. Somit werde am Bilanzstichtag nicht der gesamte Raum für die folgenden 10 Jahre benötigt.
Weiterhin könne nicht berücksichtigt werden, dass nach Ablauf des Bilanzstichtages im Folgejahr ein weiterer zu archivierender Jahrgang an Geschäftsunterlagen entstehe. Die Aufwendungen für nach dem Bilanzstichtag entstandene Verpflichtungen können nach dem zu beachtenden Stichtagsprinzip nicht berücksichtigt werden, da sie wirtschaftlich nicht vor dem einschlägigen Bilanzstichtag veranlasst seien.

Hinweis:

Die Auffassung der Finanzverwaltung ergibt sich aus Verfügungen diverser Oberfinanzdirektionen, u.a.
OFD Hannover, 27.06.2007 – S 2137 – 106 – StO 222/221,
OFD Koblenz, 14.03.2006 – S 2175 A – St 31 1,
OFD Magdeburg, 21.09.2006 – S 2137 – 41-St 211,
OFD Karlsruhe, 04.10.2005 – S 2526 A – St11.

Danach sind insbesondere folgende Kosten nicht rückstellungsfähig:

  1. anteilige Finanzierungskosten für die Archivräume (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchstabe b EStG) – Beschränkung auf Einzel- und notwendige Gemeinkosten),

  2. die Kosten für die zukünftige Anschaffung von zusätzlichen Regalen und Ordnern (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG),

  3. die Kosten für die Entsorgung der Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist,

  4. die Kosten für die Einlagerung künftig entstehender Unterlagen.

Zum Zeitpunkt der erstmaligen Rückstellungsbildung vgl. Bilanzkorrekturen, Tz. 3.2.2

Auch die Verpflichtung zur Anpassung der unternehmerischen EDV-Systeme an die GdPdU (GoBS) ist aufgrund des o.g. Urteil grundsätzlich rückstellungsfähig. Nach Auffassung der Finanzverwaltung setzt die Rückstellungsbildung hierfür allerdings voraus, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung sanktioniert werden kann. Da erst mit Einführung des § 146 Abs. 2 b AO die Festsetzung eines Verzögerungsentgelts als eine konkrete Sanktionsmöglichkeit geregelt wurde, ist die Passivierung einer Rückstellung auch erst mit Anwendbarkeit dieser Norm zulässig. Daher sind erstmals für nach dem 24.12.2008 endende Wirtschaftsjahre Rückstellungen für entsprechende Verpflichtungen aus den GdPdU zu bilden. Das Verbot der Rückstellungsbildung für Kosten, die aktivierungspflichtig sind (§ 5 Abs. 4b EStG), bleibt unberührt.

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