Bauabzugssteuer – Abzugspflichtige Bauleistungen

Normen

§§ 48 ff EStG

Information

1. Vergütungen für Bauleistungen

Ein wesentliches Problem der neuen Bauabzugssteuer besteht darin abzugrenzen, welche der für den in Frage kommenden Personenkreis (Bauabzugssteuer – Leistungsempfänger) erbrachten Leistungen überhaupt von der Besteuerung erfasst werden.
Danach unterliegen Vergütungen für Bauleistungen, die im Inland gegenüber

  • einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder

  • einem Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (§ 2 UStG) erbracht werden,

dem Steuerabzug (§ 48 Abs. 1 Satz 1 EStG).

Unter Bauleistungen sind alle Leistungen zu verstehen, die der Herstellung, Instandsetzung oder -haltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Definition entspricht der Regelung in § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III in Verbindung mit der BaubetrV (Baubetriebe-Verordnung, vgl. Bauabzugssteuer – Baubetriebe-Verordnung), wobei zu den Bauleistungen im Sinne des Steuerabzugs nach § 48 EStG auch die Gewerke gehören, die von der Winterbauförderung gemäß § 2 BaubetrV ausgeschlossen sind.
Der Begriff des Bauwerks ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 21.01.1976 – 4 AZR 71/75) weit auszulegen und umfasst demzufolge nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen. Hierzu gehören Fenster und Türen sowie Bodenbeläge und Heizungsanlagen, aber auch Einrichtungsgegenstände, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind, wie z.B. Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen oder Einbauküchen in Mietwohngebäuden. Ebenfalls zu den Bauleistungen gehören u.a. die Installation einer Lichtwerbeanlage, Dachbegrünung eines Hauses oder der Hausanschluss durch Energieversorgungsunternehmen.

Beispiel:

Die Inhaberin eines Blumenladens lässt im Verkaufsraum eine neue Ladeneinrichtung installieren. Die Vergütung unterliegt dem Steuerabzug nach § 48 EStG, weil die Ladeneinbauten fest mit dem Bauwerk verbunden sind.

Die Regelung ist kompliziert und es wäre daher angebracht, sich vom Finanzamt bestätigen zu lassen, dass gar keine Bauleistung im Sinne des § 48 EStG erbracht wird. So würde bei Verunsicherung darüber, ob es sich um eine Bauleistung handelt oder nicht, Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Erstellung einer Freistellungsbescheinigungen vermieden. Solche „Negativbescheinigungen“ sind aber gesetzlich nicht vorgesehen und werden daher nicht erstellt.
Im Zweifel wird es dann aus Unternehmersicht doch eher anzeigt sein, eine Freistellungsbescheinigung (Bauabzugssteuer – Freistellung) zu beantragen, um „wettbewerbsfähig“ zu bleiben. In der Praxis werden wohl viele Auftraggeber die Auftragsvergabe an das Vorliegen einer Freistellungsbescheinigung des leistenden Unternehmers koppeln.

2. Zusammenhang mit einem Bauwerk

Die in der Baubetriebe-Verordnung aufgeführten Tätigkeiten sind nicht in allen Fällen dem Steuerabzug zu unterwerfen. Voraussetzung für den Steuerabzug ist immer, dass die in der Baubetriebe-Verordnung aufgeführten Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Bauwerk durchgeführt werden, also der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Die Annahme einer Bauleistung setzt voraus, dass sie sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirkt, d.h. eine Substanzveränderung im Sinne einer Substanzerweiterung, Substanzverbesserung oder Substanzbeseitigung bewirkt. Hierzu zählen auch Erhaltungsaufwendungen.

3. Keine Bauleistungen

3.1 Planerische Leistungen

Ausschließlich planerische Leistungen (z.B. von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs- und Bauingenieuren) sind keine Bauleistungen.

3.2 Arbeitnehmerüberlassung

Ebenso ist die Arbeitnehmerüberlassung keine Bauleistung, auch wenn die überlassenen Arbeitnehmer für den Entleiher Bauleistungen erbringen.

3.3 Reinigungs- und Wartungsarbeiten

Die bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen, zum Beispiel Fenstern, stellt keine Bauleistung dar, es sei denn, es handelt sich um eine Nebenleistung zu weiteren als Bauleistung zu qualifizierenden Tätigkeiten. Ein Reinigungsvorgang stellt dagegen dann eine Bauleistung dar, wenn die zu reinigende Oberfläche verändert wird. Die zum Steuerabzug führende Fassadenreinigung gemäß § 2 Nr. 3 BaubetrV liegt z. B. bei Vornahme einer Behandlung vor, bei der die Oberfläche abgeschliffen oder abgestrahlt wird.

Reine Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken stellen keine Bauleistung dar, solange nicht Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden.

3.4 Materiallieferungen

Materiallieferungen, z.B. durch Baustoffhändler oder Baumärkte, sind keine Bauleistungen.

3.5 Weitere Leistungen

Folgende Leistungen fallen ebenfalls nicht unter den Steuerabzug:

  • Anliefern von Beton ohne weitere Verarbeitung

  • Zurverfügungstellen von Betonpumpen und Baugeräten

  • Aufstellen von Material- und Bürocontainern

  • Entsorgung von Baumaterial

  • Aufstellen von Messeständen

  • Gerüstbau

  • Schiffbau

  • Anlegen von Bepflanzungen und deren Pflege

4. Aufteilungsfälle

Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich nur teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es darauf an, welche Leistung im Vordergrund steht, also der vertraglichen Beziehung das Gepräge gibt. Eine Abzugsverpflichtung besteht dann, und zwar insgesamt, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist. Die Nebenleistung teilt jeweils das Schicksal der Hauptleistung. Unerheblich ist die zivilrechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses. Die Abzugsverpflichtung ist nicht auf Werkverträge beschränkt, sondern greift z.B. auch in Fällen, in denen die Bauleistung im Rahmen eines Werklieferungsvertrags (§ 651 BGB) erbracht wird.

Beispiel 1

Die von einem Gastwirt bestellte Theke ist von dem beauftragten Schreiner individuell nach den Wünschen des Auftraggebers geplant, gefertigt, geliefert und vor Ort montiert worden.

Beurteilung:

Bei der Fertigung und Montage handelt es sich um Bauleistungen. Demgegenüber sind Planung und Transport durch den Schreiner nicht als Bauleistungen anzusehen. Sie teilen aber hier als Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung, sodass von der Vergütung insgesamt ein Steuerabzug vorzunehmen ist.

Beispiel 2

Einem Handwerksbetrieb wird eine Maschine geliefert. Der Lieferant setzt die Maschine beim Auftraggeber in Betrieb. Zu diesem Zweck muss beim Auftraggeber eine Steckdose versetzt werden, was durch einen Arbeitnehmer des Lieferanten erfolgt.

Beurteilung:

Ein Steuerabzug ist nicht vorzunehmen, denn die Lieferung der Maschine ist keine Bauleistung. Bei dem Versetzen der Steckdose handelt es sich zwar um eine Bauleistung, die jedoch als Nebenleistung hinter der Lieferung der Maschine zurücktritt.

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